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Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Druckversion

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RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - DerC - 14.08.2018

(14.08.2018, 10:15)muffman schrieb:
(14.08.2018, 09:23)dominikk85 schrieb: Und diese Leute kann man dann trotz guter 10m PB auch nicht wirklich gebrauchen (also z.b einem 10.30/20.90 läufer) da dann schon klar ist das die Veranlagung fü Speed endurance unterentwickelt ist.

Vielleicht ist nicht die Veranlagung für Speed-Endurance unterentwickelt, sondern die Speed-Endurance Programme?

Genau das ist in vielen Fällen wahrscheinlich der Fall. Deswegen macht es meist auch wenig Sinn, nur die 200m als Maßstab zu nehmen, die ja schon eine große Schnelligkeitsausdauerkomponente enthalten.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - DerC - 14.08.2018

Nochmal ein wenig Statistik mit einigen ausgewählten deutschen 400m Läufern

Wenn wir das 400m Potenzial die Faustformel von C. Hart nehmen (200m Zeit +1)*2+3,5 kommen wir auf

Nachme  Jahrgang  200m PB  400 PB  400 Potenzial

Gaba             88     20,88    45,63      45,26
Trefz             92     21,24    45,70     45,94
Schneider      92     21,02    45,82     45,54
Gladitz           94     20,66     45,94    44,82
Dammermann 97     21,56    45,94    46,62
Schlegel         98     21,76i    45,95    46,84
Junker           93     21,03     46,17    45,56
Sanders         98     21,70     46,45    46,70

Ginge man nur von diesen Daten aus, würde das bedeuten, dass einige die 200/400 Umsetzung einigermaßen ausgereizt haben. Wenn aber schon für 100 und 200 suboptimal bzgl Schnelligkeitsausdauer trainiert wird, wofür einiges spricht, könnte in einigen Fällen auch noch größere Potenziale da sein.
Dann haben wir die Mängel bei Kontinuität und Stabilität der Leistung, die wir von dieser und vorherigen Jahren kennen. Spricht auch für mangelnde Ausdauerbasis bzw. dafür dass die Leistungen nicht mit nachhaltigen Trainingsmitteln erreicht wurden, sondern kurzfristig mit Geknüppel auf zu geringer Basis.

Weiter müsste man Dammermann, Schlegel und Sanders nur aufgrund der Zeiten sofort den Umstieg auf die 800 empfehlen, zu langsam über 200, aber gute Umsetzung auf 400. (Hat es irgendeiner der drei mal probiert?) Natürlich sind da gewaltige Fehlerquellen drin, habe die Winddaten bei den 200 nicht dabei, Schlegel 200er ist aus der Halle, wäre draußen vermutlich einiges schneller, und und und.
Wieder finde ich Junkers Daten interessant: Seine 200m PB ist aktuell und bei 0,5 m Gegenwind gelaufen, dazu passt dann sein VL Split der EM dann ganz gut, bei ihm war aufgrund dieser Daten auch Steigerungspotenzial zu vermuten.

Dann haben wir die Mängel bei Kontinuität und Stabilität der Leistung, die wir von dieser und vorherigen Jahren kennen. Spricht auch für mangelnde Ausdauerbasis bzw. dafür dass die Leistungen nicht mit nachhaltigen Trainingsmitteln erreicht wurden, sondern kurzfristig mit Geknüppel auf zu geringer Basis.

Nebenbei: Was ist eigentlich mit Gladitz los, dem einzigen aktuellen Sub45 Mann (in der Theorie)? Recht früh einen 200er auf PB Niveau, dann einmal 400 unter 47 für DM Quali und dann kein Einzelstart bei der DM?


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - dominikk85 - 14.08.2018

Ok kann natürlich sein das bereits für die 200 schlecht trainiert wird. Was wäre denn eine gute 100 auf 200m Umsetzung?

was müsste eigentlich ein 10.30 Läufer auf 200 laufen?  Wenn die deutschen da Defizite haben müsste man es ja sehen. Wobei das auch auf den Typ ankommt. Bolt ist z.b langsamer als 100×2, ein Michael Johnson oder ramil gulieyev dagegen deutlich schneller.

daher würde ich anhand von Bolt sagen das 100×2  durchaus akzeptabel ist, auch ne Zehntel oder 2 langsamer (Sprich 10.30/20.80), aber noch langsamer sollte es nicht sein.


Läufer, Abstand zu 100*2 Zeit (SBs)

200m läufer
Platini +0.19
Müller-0.20
bryan -0.16
erewa -0.45
gladitz -0.52

100m Läufer
Pohl +.66
Domogala +.36
jakubcyk +.52
Kranz +.41
reus (pbs) +0.27

unsere 100m "Spezialisten" sind da also wirklich schlecht, die eher auf die 200 orientierten dagegen durchaus solide.

vielleicht sind wir da auch zu spezialisiert durch die Regel nur ein Start plus staffel. Bei top leuten sind doch kombinierer (100/200, 200/400) normal.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - UliH. - 14.08.2018

(14.08.2018, 13:44)DerC schrieb: Weiter müsste man Dammermann, Schlegel und Sanders nur aufgrund der Zeiten sofort den Umstieg auf die 800 empfehlen, zu langsam über 200, aber gute Umsetzung auf 400. (Hat es irgendeiner der drei mal probiert?) Natürlich sind da gewaltige Fehlerquellen drin, habe die Winddaten bei den 200 nicht dabei, Schlegel 200er ist aus der Halle, wäre draußen vermutlich einiges schneller, und und und.

Die Bestzeit von Marvin Schlegel über 200m beträgt 21,20s.
Manuel Sanders finde ich mit 200 cm und ca. 85 kg für die Mittelstrecke zu unvorteilhaft.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - DerC - 14.08.2018

(14.08.2018, 16:31)UliH. schrieb: Die Bestzeit von Marvin Schlegel über 200m beträgt 21,20s.
Manuel Sanders finde ich mit 200 cm und ca. 85 kg für die Mittelstrecke zu unvorteilhaft.
Danke für die Infos. 
Hat mich bei Schlegel auch schon gewundert, dann habe ich vermutlich die Freiluft Zeit nicht gesehen. 21,2 ergibt dann nach der Faustregel ein Potenzial von etwa 45,9. Ich schrieb ja auch, "nur von den Zeiten her" - in der Praxis kann wie im Fall Sanders die Physis dagegen sprechen. Viele haben eben auch nicht die Mentalität für die 800.

Aber bevor man von dem, was man durch verbessern der spezifischen Ausduaer über 400 erreichen kann, unrealistische Wunder erwartet, sollte man u. U. eben über die 800 nachdenken.

Thomas Schneider war ja auch immer hintenraus stark über die 400 wenn ich mich richtig erinnere, aber für den hätten die 800 von Statur und Laufstil denke ich auch nicht gepasst.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - icheinfachma - 14.08.2018

Die Trainingsphilosophie von Clyde Hart ist recht ausdauerlastig.

In einem US-Leichtathletikforum schrieb ein Trainer, dass er die Trainingspläne ausprobiert habe mit der Folge eines Leistungsrückganges und einer erhöhten Verletzungsanfälligkeit. Seine erfolgreichsten Athleten sind Sanya Richards-Ross und Michael Johnson gewesen. Beide waren sehr gute 200m-Läufe, sie ist im Olympiafinale vorn mitgelaufen (und hatte auch eine 100m-PB unter 11s), er ist Weltrekordler gewesen.

Dem gegenüber kann man z.B. die Trainingsphilosophie von Marita Koch stellen, die mal aussagte, dass ihr Trainer und sie die 400m als Sprint sahen und auch entsprechend trainiert haben. In der unmittelbaren Vorbereitung lief sie 300er im Wettkampftempo und das war auch eine Teststrecke. Sie wunderte sich, als Marie Perec, die auch bei Marita Kochs Trainer später trainerte, berichtete, sie sei Überdistanzen im Vorbereitungstraining gelaufen.

@Gertrud: Man kann auch mit 300ern in die Energiebereiche der Zielgerade kommen, nicht beim ersten, aber z.B. beim letzten bei 3x300m. Es kommt auf die Pausenlänge an. Jeder Lauf wird schwerer und saurer als der vorhergehende, selbst bei 20min Pause zwischen den Wiederholungen. Außerdem gibt es auch 400m-Läufer, die 350er laufen, was dann insbesondere bei 3x350m die Laktattoleranz sehr intensiv trainiert. Nicht jeder hat allerdings den mentalen Mumm dazu, dreimal fast die Wettkampfstrecke im Wettkampftempo zu laufen in einer Trainingseinheit, zumal es einem danach auch sehr schlecht geht.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Atanvarno - 14.08.2018

Zu Harts Athleten zählten auch Jeremy Wariner (Mehrfacher Olympiasieger und Weltmeister), Darold Williamson (Staffelolympiasieger) und Greg Haughton (Olympiadritter), ist also nicht so, dass sein System nur für Johnson und Richards-Ross funktioniert hätte.
Die Baylor University hat unter Hart über Jahre hervorragende 4x400m-Staffeln bei den NCAA's gehabt.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - icheinfachma - 14.08.2018

Vllt. ist es auch gar nicht korrekt, von der Philosophie Harts zu sprechen. Vielleicht ist er auch besonders gut darin, dass jeweilig passende Training für den Athleten zu finden. Er schrieb ja mal, dass das Geheimnis nicht im Trainingsplan liegt, sondern darin, zu wissen, wann man etwas hinzufügen oder weglassen müsse, kurzum - wie man das Training auf den Athleten abstimme.

"The secret is not in the workout or training, it is in why you are doing it or the time of year you are doing it. You need to know when to implement it, when to back off, when to add to it - you need to know why and analyse it."


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - DerC - 14.08.2018

(14.08.2018, 21:11)icheinfachma schrieb: Die Trainingsphilosophie von Clyde Hart ist recht ausdauerlastig.

Hart hat die schnellen 300er und 350er auch drin. Es ist gar nicht so ausdauerlastig. Er hat halt diese recht langsamen Intervalle drin, die er TempoEndurance nennt.

Es ist aber natürlich typabhängig.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - dominikk85 - 14.08.2018

Klingt auf jeden Fall nicht nach Spaß für den Athleten Smile