Leichtathletikforum.com
World Athletics Hyperandrogenismus- und Transgenderregeln - Druckversion

+- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com)
+-- Forum: Leichtathletikforen (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=1)
+--- Forum: Leichtathletik allgemein (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=2)
+--- Thema: World Athletics Hyperandrogenismus- und Transgenderregeln (/showthread.php?tid=1244)

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - lor-olli - 18.10.2018

Man kann es überspitzt zusammenfassen: Die Kritik bezieht sich lediglich auf die statistische Vorgehensweise von Bermon und Garnier, weil die Kritiker keine Biochemiker sind…
(Franklin: PhD in Economics, Camporesi: Senior Lecturer in Bioethics & Society, Betancurt:lecturer in Sport Science & Physical Activity) Im Fall von Betancurt muss man aber anfügen, dass er sich in die Thematik wissenschaftlich tief eingearbeitet hat, selbst wenn es nicht sein eigentliches Fachgebiet betrifft.

Wir haben hier ein klassisches Beispiel wie ein wissenschaftlich kompliziertes und komplexes "Phänomen" in gesellschaftspolitische Mühlen gerät. Kompliziert und komplex ist das Thema weil die Untersuchungen sehr aufwändig und schwierig sind (man muss zeitaktuell die physiologischen und leistungsbezogenen Werte präzise erfassen und eine möglichst nicht zu kleine Probandengruppe finden… /Fehlerrechnung…/) und es obendrein auch die Mitarbeit der betroffenen Athletinnen/Teams braucht.

In gesellschaftpolitischen Fragen ist die Exklusion der Inklusion definitiv ansehenstechnisch unterlegen, weswegen sich viele emotional auf die Seite der Ausgeschlossenen schlagen. Wissenschaftlich unbestritten ist, dass Testosteron auch bei Frauen leistungssteigernd ist und das bei den betroffenen Athletinnen die Testosteronlevel definitv mit die höchsten sind - das wird niemand bestreiten, auch weil es nicht zu widerlegen ist.

Es geht also um die Frage: Wie viel beträgt die Leistungssteigerung und kann man das gesichert bestimmen? Wissenschaftliches Neuland da die Methoden zur präzisen Bestimmung und Analyse der bestimmenden Faktoren (Hormonlevel) noch nicht so lange existieren und bisher vor allem statistisch breit angelegt und allgemein verwendet wurden. Nicht vergleichbar dem Leistungsvorteil von Rückenwind, der mittlerweile recht genau definiert werden kann, versuchen wir den genauen "Fixpunkt des hormonellen Ungerechtigkeitslevels" zu finden - gar nicht so einfach wenn man die geringe Zahl der Betroffenen berücksichtigt und obendrein auch noch Faktoren wie Talent und Training herausrechnen muss. Es gibt durchaus einige Frauen mit hohem Testosteronlevel (unterschiedlichste Faktoren, nicht nur genetisch bedingt sondern auch durch bestimmte medizinisch notwendige Therapieformen) die aber leistungsmäßig den "normalen" Frauen unterlegen sind.

(Bei mir etwa könnte der Rückenwind 20m/s betragen, ich würde Usain Bolt nicht schlagen, selbst wenn er in einem Tunnel bei Windstille liefe Wink ).

Die Frage die es zu entscheiden gilt ist nicht die, OB Testosteron leistungssteigernd bei Frauen wirkt, sondern ab welchem Level wir den "Ungerechtigkeitsfaktor" festlegen. Wir haben das Problem, dass die individuellen Grenzbereiche sehr unterschiedlich ausfallen (wie etwa sieht es mit dem Level an Testosteron Antagonisten aus und wie wirken sie im Zusammenang damit…).

Ich persönlich sehe so etwas wie eine absolute Objektivität in dieser Frage kritisch - Hormonlevel schwanken z.B. im Tagesverlauf, im Alter, durch Krankheiten und mehr - es ist also eher eine Frage unserer Definition von Fairness. Im Zuge der aktuellen Genderdebatte findet hier leider eine sehr unschöne und wenig hilfreiche Vermengung von Interessen statt, wir werden ein Level definieren und Geneigte werden versuchen dieses Level anzufechten, egal wie es ausfällt. So schnell werden wir keine Ruhe bekommen (= eine alle befriedigende Lösung, schließlich geht es hier um viel Geld Wink) Wird in der Summe definitiv nicht helfen die Attraktivität der LA zu steigern!


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - Astra - 18.10.2018

Naja es kann sein, dass es keine befriedigende Lösung gibt, aber kein Ausrichter ist doch gezwungen, die betroffenen Frauen einzuladen, damit man mit einem Weltrekord angeben kann.


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - krebsan - 18.10.2018

Es geht ja noch weiter: https://www.blick.ch/sport/rad/trans-frau-gewinnt-wm-titel-dieses-sieger-foto-spaltet-die-rad-welt-id8984702.html
Wie lar-olli ausführt, ist heute eigentlich Inklusion angesagt, und die Festlegung auf zwei Geschlechter (und Faktoren, die das eindeutig bestimmen) ist immer mehr umstritten. Der Sport hat ein Problem zu lösen, das so eigentlich gar nicht lösbar ist.
Letztlich kann das nur zur Abschaffung der Kategorie Frauen führen, zum Nachteil der meisten Frauen, selbstverständlich. Die Alternativen wären, sich weiterhin durchmogeln mit immer neuen Grenzwerten, die dann wieder hinterfragt und umgeworfen werden. Und/oder die Einführung von Klassifizierungen wie im Behindertensport. Was zwar in gewissen Bereichen interessant wäre (ich hätte beispielsweise gerne Volleyballteams in der unter 180cm-Kategorie plus Seniorenbonus...), aber das öffentliche Interesse selbstverständlich nicht befördert.


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - Atanvarno - 18.10.2018

(18.10.2018, 09:03)krebsan schrieb: Es geht ja noch weiter: https://www.blick.ch/sport/rad/trans-frau-gewinnt-wm-titel-dieses-sieger-foto-spaltet-die-rad-welt-id8984702.html

McKinnon muss aber im Gegensatz zu Semenya aktuell ihren Testosteronwert drücken. Sie hat aber sehr wahrscheinlich dadurch dass sie früher ein Mann war auch in Körperbau und Muskelaustattung Vorteile gegenüber ihren Konkurrentinnen.

Wobei auch die Frage ist, ob Regelungen, dass Trans-Frauen nur mit gedrücktem T-Wert starberechtigt sind, noch lange Bestand haben werden.


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - Jo498 - 18.10.2018

Das Problem war ja im Sport schon lange vorhanden, aber es war fast immer marginal. Die höhere Revelanz mag teilweise Zufall (durch das gehäufte Auftreten gerade in einer bestimmten Disziplin und indirekt vermutlich auch durch schärfere Kontrollen, die gedopten Ostblockfrauen liefen ja vor 40 Jahren schon 1:55) sein, teilweise ist sie der gesellschaftlichen Debatte geschuldet. Dieses Klima wird sich nur ändern, wenn (cis, normaltestosteron oder was immer die nichtdiskriminierende Bezeichnung ist) Frauen beginnen, Druck zu machen. (Problem ist, dass Altfeministinnen wie Germaine Greer, die entsprechend gesellschaftlich-diskursiven Druck machen, wohl zu lange nach dem Motto "Viel Feind', viel Ehr" unterwegs waren, und daher eher isoliert stehen.) Es wird nicht ohne Härten für einzelne Härte/Grenzfälle abgehen, aber man kann nicht (zumal auf einem Gebiet, bei dem niemand ein Recht hat, mitmachen zu dürfen) die Interessen der 99% hintanstellen, um eine kleine Minderheit zu akkommodieren.
Sonst wird der Frauensport nach und nach zerstört werden und eine Klasseneinteilung wie beim Gewichtheben oder Kampfsport ist aus praktischen Gründen nur bedingt möglich (und ich glaube auch nicht, dass das beim Publikum ankäme).


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - gera - 18.10.2018

(04.05.2018, 10:10)gera schrieb: schafft man mehrere Klassen nach Hormonwerten, haben diese Klassen auch Grenzwerte.Also würde es dasselbe Gerangel und dieselben Schummeleien geben um einer Klasse anzugehören.
Wir hätten m.E. dann geanau wieder die Situatuon, die uns jetzt als so ungerecht erscheit.

Wieso wird die Einteilung Mann/Frau nicht nur nach ärztlicher Untersuchung gemacht und nach weiblichen und männlichen Merkmalen vorgenommen.?( wie schon gehabt )
äußere Geschlechtsmerkmale / Eierstöcke / Gebärmutter / Hoden ...
Ich bin mir ncht sicher, ob da alle fragwürdigen Athletinnen da in der Frauenklasse landen würden.

Die unterschiedlichen Hormeonwerte haben zwar Einfluss auf die Leistung, aber lange Beine sind ein Vorteil im Hochsprung, lange Arme sind gut beim Diskuswerfen,...
Wieso also das Problem nicht einfach als gute Eignung, von Natur aus geeignet .. ansehen.

Die jetzigen Bemühungen scheinen mir keine gerechte Lösung zu ermöglichen.

dieser Meinung bin ich immer noch.
Schaffen wir neue Klassen/ neue Grenzwerte  oder begehen Ausgrenzungen, werden nur neue Streitfälle entstehen.
In diesem Falle bin ich für die Beibehaltung der jetzigen Regeln, d.h. m. E. sollte die augenscheinliche Prüfung ausreichend sein. Selbst wenn da immer noch einige durchgehen, dass verträgt die LA.
Verkomplizieren wir die Sache doch nicht unnötig.


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - lor-olli - 18.10.2018

Widerspruch gera, die "Fleischbeschau" gehört schon lange in die Mottenkiste, da sind sich wohl alle einig.

Den wissenschaftlichen Fortschritt hält niemand auf, das "mehr Wissn wollen" ist ein / unser evolutionäres Überlebensprinzip.

Wenn wir Fakten und Befunde haben, nützt uns die "Vogel-Strauß-Taktik" gar nichts, denn die Katze ist aus dem Sack und nichts macht uns mehr verrückt als die Katze von Schrödinger… Außerdem nutzen wir die Kenntnisse und müssen sie nutzen um nicht vollends vor dem Doping zu kapitulieren < DAS ist der Moment, wo ich keinen Sport mehr schauen werde! (Ich muss heute schon den Würgreflex öfter unterdrücken als ich möchte) Wenn die augenscheinliche Prüfung reicht, was hindert Frauen daran ihren Testosteronwerten ein wenig auf die Sprünge zu helfen? (Mit allen Folgen, haben wir aus der Bodybuildingszene gar nichts an Erkenntnissen gewonnen?)

Unser Wissen wird umfangreicher (schneller als in jeder Epoche zuvor), die meisten Thematiken komplexer (haben sich die Sprinter vor einhundert Jahren gefragt welche Auswirkungen Schuhe, leichter Rückenwind, Untergrund, Training haben und wenn ja (natürlich) auf welchem Niveau ? (Aerodynamik, wenn ich das richtig erinnere gab es zwar 1921 bereits das erste aerodynamisch geformte Auto /Tropfenwagen, die Ergebnisse waren allerdings experimentell und noch nicht weitgehend wissenschaftlich untermauert).

Tatsache bleibt, dass unsere Neugier, unser Forschungsdrang die Grenzen der Erkenntnis immer weiter ausdehnt - und damit die möglichen Manipulationen. Ganz sicher, aber sicher auch ganz heimlich werden bereits heute genetische Manipulationen am menschlichen Erbgut vorgenommen - zwar eher noch nach dem Modell "Tropfenwagen", aber das hat gewisse Wissenschaftler nie aufgehalten. Wir wissen nicht einmal wie viele Labore es gibt, geschweige denn was dort alles erforscht wird. Deshalb: Dranbleiben, Nachhaken und die Regelungen und Richtlinien immer wieder anpassen! (Sonst fahren wir noch in 30 Jahren mit den Stickoxid- und Feinstaubbombern der Gegenwart…)


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - highjumper83 - 18.10.2018

Wie krebsan geschrieben hat, wäre die einzig logisch Konsquenz die Männer und Frauenklasse abzuschaffen und nur noch anhand von Hormonwerten und anderen Faktoren klassen einzuteilen. Mann muss ja nicht wie im Behindertensport (gefühlt) 1000 verschiedene Klassen einführen. Eine mögliche Lösung wäre ja zwei Klassen zu machen. Eine mit begrenzenden Faktoren. Wo die Werte halt unter einem festgelegten Wert liegen und eine offene Klasse, wo alle Ahleten rein kommen die über diese Grenze/n liegen.
Damit würde sich dann jeder auf der Welt in einer der beiden Gruppen wieder finden. Ob er dann nun aufgrund seiner restlichen physischen Struktur dort Konkurrenztfähig ist, sei dann dahin gestellt. Eine zufriedenstellenden Lösung für alle wird es nicht geben.


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - gera - 18.10.2018

@ highjumper 83

zwei klassen haben wir doch heute schon,
Männer und Frauen.
Ich befürchte, wenn wir eine Begrenzung von Werten zur Einteilung in die Klassen einführen, das sich dann das ganze unschöne Hickhack genau an diesen Grenzwerten abspilet, egal wo sie liegen.
Was haben wir dann gewonnen?
Ich kann lor-olli verstehen, das man nicht kapitulieren darf, bloß sehe ich da auch keine Lösung, nur eine Verschiebung.


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - Atanvarno - 18.10.2018

(18.10.2018, 08:27)lor-olli schrieb: Man kann es überspitzt zusammenfassen: Die Kritik bezieht sich lediglich auf die statistische Vorgehensweise von Bermon und Garnier, weil die Kritiker keine Biochemiker sind…

Na ja, wenn für eine Statistik Werte erfunden oder doppelt gezählt werden (und das nicht nur ein paar Fällen, sondern je nach Disziplin bei bis zu 30% der Werte), ist das schon sehr fragwürdig und wirft erhebliche Zweifel an der Validität der Ergebnisse auf.

Wie kommst du eigentlich auf Franklin, Camporesi und Betancurt? Die Kritik an der Studie wurde von Roger Pielke, Ross Tucker und Eric Boye formuliert.
 Und es ist nicht nur eine Kritik, sondern die ausdrückliche Forderung an das BJSM, die Studie zurückzuziehen. Das ist die Höchststrafe für eine wissenschaftliche Veröffentlichung.