Leichtathletikforum.com
World Athletics Hyperandrogenismus- und Transgenderregeln - Druckversion

+- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com)
+-- Forum: Leichtathletikforen (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=1)
+--- Forum: Leichtathletik allgemein (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=2)
+--- Thema: World Athletics Hyperandrogenismus- und Transgenderregeln (/showthread.php?tid=1244)

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - benutzer - 18.10.2018

wenn ich das richtig verstehe müsste ein "Ungerechtigkeitsfaktor" eingeführt werden.
Wissenschaftlich berechnet nach messbarer Leistungssteigerung je Disziplin im verhältnis zu den Hormonwerten.
Was wäre die Folge?
die jetzigen Werte würden als zulässige Werte nach unten gesenkt werden um Gerechtigkeit zu verbessern.
Jetzt stehen vielleicht 10 Athletinnen in Verdacht ungerechtfertigte Vorteile zu haben.
Nach niedrigeren Grenzwerten sollen dann villeicht 1000 Athletinnen ausgeschlossen werden?


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - Robb - 18.10.2018

Mich interessiert, was passiert mit Athletinnen, die die Grenzwerte übertreffen, aber trotzdem nicht besser sind als die Konkurrenz? Wer also trotz "Illegaler" Werte die 800m nur in 2.02 läuft, muß trotzdem gebremst werden? Andererseits, falls eine Frau 2020 7.50m weit springt und überhöhte Werte hat, wäre das ok, weil sie erst nach Einführung der Regelung auftauchte? Oder wird dann für jede Disziplin nachgebessert, in der eine Semenja die Weltklasse verputzt?


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - Atanvarno - 18.10.2018

- ja, der Grenzwert gilt unabhängig von der Leistung. Wenn du dopst und trotzdem nur 2:02 läufst, ist das auch nicht erlaubt

- ja, die 7,50m Springerin könnte starten. Nochmal - auch im Weitsprung gab es in der Bermon-Studie Athletinnen mit sehr hohen T-Werten Trotzdem konnte kein signifikanter Leistungsvorteil nachgewiesen werden. T scheint also (den Ergebnissen der Studie nach) im Weitsprung nicht so stark zu wirken (eine marginale Wirkung reicht dem CAS nicht aus!)


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - Robb - 18.10.2018

Es kann aber genausogut sein, dass es im Weitsprung momentan eben keine Semenja gibt. Mit hohen Werten allein springst du keine 7,50, du brauchst auch entsprechendes Talent.


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - lor-olli - 19.10.2018

@Atanvarno,
Du bist ein fleißiger Quellen"angeber" und ich bin ein fleißiger Leser, ich bezog mich auf Deinen post #150 im thread…

Zu Deiner Kritik, natürlich sehe ich die Schwächen der Studie, dass ist aber insofern nicht verwunderlich, da das zu Grunde liegende Quellenmaterial (Blutproben, Leistungswerte etc.) eher mickrig sind - nicht verwunderlich bei den wenigen betroffenen Athletinnen. Das man eine solche Studie fast immer bemängeln kann liegt zum Teil auch an unserem "Glauben" an die Unbedingt der Validität großer Datenmengen (kulminiert letztlich im Glauben an Big Data, nur können nur ganz wenige Unternehmen wie google, Facebook, twitter und natürlich - wie Cambridge Analytics Wink - damit etwas anfangen).

Eine nicht weg zu diskutierende Tatsache, bei aller berechtigter Kritik, ist aber der Umstand, dass wir die betroffenen Athletinnen mit ihren Gegnerinnen nach Belieben Katz und Maus spielen sehen und sie ihr wahres Potenzial vermutlich nicht offenbaren. Vermutlich, weil dann die Einnahmequelle unter Umständen blitzartig versiegen würde… oder würde da noch jemand zuschauen?

Mein eigentliches Anliegen hier war aufzuzeigen, dass heute sehr oft von geneigter Seite frühzeitig versucht wird ein nicht genehme Studie, bzw. ihre Ergebnisse so früh wie möglich zu diskreditieren. Bezahlte Gegengutachten die erst einmal die Diskussion aufweichen, verlagern, abwiegeln und dies so lange, bis es um den Kern des ursprünglichen Anliegen kaum noch geht. Beispiele? Kernkraft (vor Tschernobyl), Diesel"gate", Energiewende… Es müssen auch nicht immer konkrete Gegner eines wichtigen Anliegens sein, in der "Me Too" Debatte mischen so viele mit und kochen ihr eigenes Süppchen (und sei es nur für die Erwähnung in irgendwelchen social media accounts), dass das eigentlich eminent wichtige Grundanliegen verwässert wird bis nicht mehr das eigentliche Anliegen diskutiert wird, sondern die Frage : wer darf hier eigentlich mitreden?… sorry, off-topic

Zum Thema zurück: Wir sehen das Problem - und die Chancenungleichheit ist ein Problem - und können oder wollen uns nicht über Konsequenzen einigen. Geht es um Gerechtigkeit? Jede Festlegung wird einen Teil der Betroffenen unbefriedigt zurücklassen und wer sind hauptsächlich Entscheidenden? Nicht-Betroffene alte Männer Teufel ‌Was würde rauskommen, wenn nur aktive Athletinnen entscheiden würden, würden wir die Frage hier dann überhaupt diskutieren?

Diese Mechanismen der Gesellschaft betreffen nicht nur den Sport sondern alle gesellschaftlichen Fragen! Empfehlung für einen kurzen Gedankenanstoß: Technology Review 11.2018 > David Graeber über die Zunahme der Bullshit-Jobs
(Kurz: Wir haben es uns bequem eingerichtet und wollen die eigentlichen, viel bedeutenderen Fragen, wie bedingungsloses Grundeinkommen etc. gar nicht diskutieren)


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - Atanvarno - 19.10.2018

@lor-olli
Eine Quellenangabe von dir wäre auch nett gewesen. Du beziehtst dich auf https://bjsm.bmj.com/content/52/7/420 (leider nur gegen Geld lesbar), ich auf https://drive.google.com/file/d/1v-AENZFjP8vvlLmfwq3e_Qtmn-xLKxzt/view

F/B/C kann ich nicht lesen, aber aus deinen Äußerungen schließe ich, dass die Stoßrichtung der Kritik eine andere ist als bei T/P/B.

Zitat:Mein eigentliches Anliegen hier war aufzuzeigen, dass heute sehr oft von geneigter Seite frühzeitig versucht wird ein nicht genehme Studie, bzw. ihre Ergebnisse so früh wie möglich zu diskreditieren. Bezahlte Gegengutachten die erst einmal die Diskussion aufweichen, verlagern, abwiegeln und dies so lange, bis es um den Kern des ursprünglichen Anliegen kaum noch geht

Nun ist aber Ross Tucker, einer der Autoren der Kritik an der Studie, ein starker Verfechter für die Einführung von T-Grenzwerten

Zitat:So going back to the premise that women’s sport is the PROTECTED category, and that this protection must exist because of the insurmountable and powerful effects of testosterone, my opinion on this is that it is fair and correct to set an upper limit for that testosterone, which is what the sport had before CAS did away with it.
Quelle


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - Atanvarno - 25.03.2019

(21.09.2018, 22:20)Atanvarno schrieb: Ein unabhängige Expertengruppe, die dem Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zuarbeitet, hat sich in einem offenen Brief an die IAAF gewendet und fordert die IAAF auf, ihre neuen Hyperandrogenismusregeln nicht in Kraft zu setzen,da diese diskriminierend und ein Verstoß gegen die Menschenrechte der betroffenen Frauen sind.

https://www.ohchr.org/Documents/Issues/Health/Letter_IAAF_Sept2018.pdf

Das Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen hat jetzt (auf Antrag Südafrikas) offiziell eine Resolution verabschiedet, in der Länder aufgefordert werden sicherzustellen, dass Sportverbände "davon Abstand nehmen Regeln und Maßnahmen zu entwickeln und durchzusetzen, die Frauen zwingen oder unter Druck setzen unnötige, erniedrigende und schädliche medizinische Prozeduren über sich ergehen zu lassen"

UN Human Rights Council warns IAAF's proposed Semenya ruling could breach international law

Die IAAF antwortet sinngemäß: Der Autor des Resolutionstextes hat nicht verstanden, worum es bei den Hyperandrogenismusregeln geht

IAAF criticises United Nations Human Rights Council for passing Semenya resolution containing "generic and inaccurate statements"


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - Küstenkrebs - 25.03.2019

(25.03.2019, 15:28)Atanvarno schrieb: IAAF criticises United Nations Human Rights Council for passing Semenya resolution containing "generic and inaccurate statements"


Darin heißt es seitens der IAAF:

"To do this, it is necessary to ensure the female category in sport is a protected category, which requires rules and regulations to protect it, otherwise we risk losing the next generation of female athletes, since they will see no path to success in female sport."

Deswegen bin ich für die Abschaffung der Männerklasse und ihren Ersatz durch eine neue "Offene Klasse", in der alle starten dürfen. Damit wird klarer gestellt, dass es nicht darum geht, Männer und Frauen zu trennen sondern eine speziell geschützte Frauenklasse zu erhalten - entsprechend Jugend- und Altersklassen.

Praktisch sollen dann auch Frauen bei den Männern antreten können und wenn denn eine Top-Athletin einen Trainigswettkampf machen möchte, kann sie durchaus auch bei weniger starker Männerkonkurrenz gewinnen.


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - lor-olli - 27.03.2019

(25.03.2019, 23:12)Küstenkrebs schrieb: Praktisch sollen dann auch Frauen bei den Männern antreten können und wenn denn eine Top-Athletin einen Trainigswettkampf machen möchte, kann sie durchaus auch bei weniger starker Männerkonkurrenz gewinnen.

Du denkst da also an eine Paula Radcliffe im deutschen Männermarathon… Im Ernst, auch wenn wir dies für eine durchaus gangbare Lösung halten, von den geneigten Beschwerdeführern würde diese genau so rigoros abgelehnt. Man sollte sich vor Augen halten, dass es vielen hier nicht um eine "wissenschaftlich haltbare Gerechtigkeit" geht, sondern um eine gesellschaftspolitische Diskussion. Man muss sich nur die Beiträge zur "Gendergerechtigkeit" genauer anschauen, da werden harte Fakten wie equal payment, mit eher unsinnigen wie einer genderfreien Sprache vermischt. (Nicht falsch verstehen, Sprache ist ein mächtiges Werkzeug und eine Sensibilisierung durchaus wünschenwert, aber eine vorgegebene, zwangsweise Regelung? Ich sehe schon die bewussten Übertreibungen kommen… BSP: The Life of Brian Wink )

In Zeiten da jeder - unabhängig von der Qualifikation - in Debatten im Internet mitmischt, wird es zunehmend schwieriger ein zielgeführte Diskussion zu erreichen. (In der Diskussion um den Brexit gab es von Anbeginn an Menschen die ganz klar die Folgen faktenbasiert aufgezeigt haben - in der Masse der populistischen Schreihälse gingen sie einfach unter) Ich fürchte das IAAF wird es hier nicht einfach haben, da bei JEDER Regelung zunehmend auch ordentliche Gerichte, politische Interessenvertreter und "Selbstdarsteller des Internetzeitalters" sich einmischen werden.

Ich kann mir derzeit nicht vorstellen, dass man sich mit einer einfachen Festlegung der Grenzwerte wird durchsetzen können. Ein Blick in die Dopingdiskussion zeigt, dass selbst die deutlichsten Doping"vergeher" nicht um schwachsinnige Argument verlegen sind UND Gehör finden…


RE: CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf - Atanvarno - 27.03.2019

In bin mir zu 100% sicher, dass der Hyperandrogenismusfall Ende April im Sinne Semenyas entschieden wird. Die IAAF hat nichts in der Hand außer einer handwerklich schlecht gemachten Studie (s. oben) und steht gegen eine starke gesellschaftliche Strömung  (s. UNHRC-Resolution).

Die Diskussion um DSD-Athleten wie Semenya ist aber nur der Anfang. Im nächsten Schritt wird es um Transgenderathleten gehen. Aktuell müssen diese ihre Testosteronwerte vor einem Start in der Frauenklasse drücken. Es gibt aber auch da schon Genderaktivisten, die das als unzulässigen und schädlichen Eingriff sehen und sich dafür aussprechen, dass diese Frauen ohne medizinische Senkung des T-Spiegels in der Frauenklasse starten dürfen (in Kanada ist das bereits der Fall).
Aber auch mit erzwungener Senkung des T-Spiegels kann ein erheblicher Leistungsvorteil von MTF-Transgender gegenüber Cis-Frauen nicht ausgeschlossen werden, s. On Transgender athletes and performance advantages

Vielleicht wird es da erst zu einem Umdenken kommen, wenn eine MTF-Transgender Frau eine Cis-Frau im Boxring oder dem Oktagon erschlagen hat.