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Doping freigeben? - Druckversion

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RE: Doping freigeben? - Atanvarno - 30.08.2015

(30.08.2015, 10:31)MZPTLK schrieb: Btw: Du jammerst immer über die Ignoranz bezüglich Deiner Ausführungen zum Hochsprung. Sehr viele Leser, mehr Gäste als User, haben aus diesem Thread schon gedruckt, die Multiplikation Deines Wissens dürfte sehr gross sein.
Das trifft auch für diverse andere Themen hier zu. 

Ich kann bestätigen, dass mir gedruckte Auszüge aus dem Thread "Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's" untergekommen sind, die an Nicht-Forumsleser mit der Bemerkung

"Auszüge...... für " Fortbildung(en)" sehr lesenswert!!!

komplett... zum Nachdenken noch lesenswerter !!!"

weitergeleitet worden waren.


RE: Doping freigeben? - Pippen - 30.08.2015

(30.08.2015, 09:45)Atanvarno schrieb: Du möchtest also ein Kontrollsystem aufbauen, um vorher gesetzte Grenzwerte zu kontrollieren und Athleten bei Verletzung dieser Grenzwerte vom Wettkampf auszuschließen.

Was genau ist da besser, einfacher oder ehrlicher als in der aktuellen Situation?

Schlimmer ist auf jeden Fall, dass deine Variante erheblich gesundheitsschädlicher für die Sportler ist (denn wie von ap-hh richtig gesagt, wird sich jeder an die gesetzten Grenzwerte herandopen)

1. Besser als die derzeitigen Dopingregeln wäre die Rigorosität und Präzision. Man mißt nicht mehr das Doping, sondern den Effekt! Wenn ein Oberschenkelmuskel zwischen x und y wiegen darf, wenn es zwischen x und y rote Blutkörperchen im Blut geben darf, wenn ein Arm nur noch zwischen x und y lang sein darf usw. usf., dann braucht man den Athleten nur noch OBJEKTIV VERMESSEN, es spielt keine Rolle mehr, was/wie einer nimmt und mit was er es verschleiert, um dahin zu kommen. Damit hören die Spekulationen und Relativierungen auf, a la "Ach, die Schippers ist doch garantiert...", einfach weil' keine Rolle mehr spielt und das heißt: Fokusierung auf den Sport!

2. Man vermeidet damit kein Doping - das klappt ohnehin nicht - aber man vermeidet das hyperbolische Dopen, ein trifftiger Einwand gegen jede Dopingfreigabetheorie. Wenn einer nur 1,8m groß ist und die Grenze bei 2,5m liegt, dann kann er nur bis dahin dopen, ein Mehr an Doping bringt gar nicht. Damit soll verhindert werden, dass 50 Jahre nach einer Dopingfreigabe Gestalten in der Form: halb Pferd, halb Mensch, halb Terminator die 100m unter 5s laufen.


RE: Doping freigeben? - Atanvarno - 30.08.2015

(30.08.2015, 14:33)Pippen schrieb: 1. Besser als die derzeitigen Dopingregeln wäre die Rigorosität und Präzision. Man mißt nicht mehr das Doping, sondern den Effekt!

Aber ähnliches leistet doch aktuell der Blutpass und soll zukünftig der Steroidpass leisten. Man misst den Effekt und muss nicht mehr das Mittel finden.
D.h. die Dopinganalytik bewegt sich in diese Richtung und wird dadurch besser.


RE: Doping freigeben? - icheinfachma - 30.08.2015

Würde Doping in der Leichtathletik legalisiert werden, würde ich mich definitiv von dem Sport abwenden. Es gibt für mich noch weitere interessante Tätigkeitsfelder außerhalb der Leistungssportforschung oder einer Trainertätigkeit, wie zum Beispiel die sportmedizinische und biomechanische Forschung im Freizeit- und Gesundheitssport. Es wäre nur schade um die Leichtathletik, ist sie doch ein Paradies für den biomechanisch und trainingswissenschaftlich Interessierten. Mich fasziniert besonders, mich gleichzeitig mit der Theorie der Leichtathletik zu beschäftigen und sie zu trainieren. Das hätte mit legalisiertem Doping keinen Anreiz mehr - wozu die Biomechaniken und Trainingsprinzipien einer versauten Sportart verstehen, wozu Wettkämpfe bestreiten, wo die Mitstreiter legal gedopt sind?


RE: Doping freigeben? - Sebastian - 31.08.2015

Naja, ich kann Pippens Grundanliegen durchaus nachvollziehen, auch wenn ich die Argumentation etwas krude finde:-)

Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass die gegenwärtige Situation für einen "sauberen" Athleten deutlich schwerer zu ertragen ist, als es ein "fairer" Wettstreit auf Augenhöhe wäre. Wenn ich genau weiß, dass einige meiner Mitkonkurrenten "Stoffen bis zum Abwinken" und die Gefahr erwischt zu werden gen 0 tendiert oder, noch schlimmer, der Erwischte (hallo Herr Gatlin) später wieder kommt (und das noch nichtmal dem Anschein und Anstand geschuldet reumütig) und mir mit NOCH besseren Leistungen eine lange Nase dreht, wird meine Motivation doch bestenfalls eingeschränkt sein.

Man könnte also durchaus argumentieren, dass eine Legalisierung von Doping sogar POSITIVE medizinische Aspekte hätte, da eine medizinische Betreuung deutlich koordinierter und wesentlich weniger "verschämt" erfolgen könnte.

Setzt man noch dazu Grenzwerte, die eine Gesundheitsgefährdung (nach momentanem Wissensstand zumindest) nahezu ausschließen, wäre das doch in Ordnung. Ebenso in Ordnung wäre es dann doch, sich an diesen (ungefährlichen) Grenzwert heranzutasten, etwa so in der Tat wie weiland Bjarne Riis (Mr. Ketchup) im Radsport.

Und auch heute habe ich doch faktische Begrenzungen in einigen Berufen. Bin ich größer als 1,85(oder 1,88?) darf ich eben kein Marinesoldat im U-Boot sein. Bin ich größer als 2 Meter wird es ganz schwer mit dem Formel-1 Cockpit und bin ich kleiner als 1,60 (und ja ich kenne Muggsy Bogues) wird es ziemlich knifflig mit der NBA-Karriere.

Auch normale Berufe haben unterschiedliche Belastungserwartungen: Der Maurer oder Berufskraftfahrer ist solchen körperlichen Anstrengungen ausgesetzt, dass er das garantiert nicht mehr mit 65 "ohne weiteres" aus dem Ärmel schüttelt. Auch hier sind über Arbeitsschutzbestimmungen etc. "Grenzwerte" bzw. Umfelder geschaffen worden, in denen man eben diese Berufe doch (hoffentlich) ohne "bleibende Schäden" durchführen kann, wieso sollte das in einer Dopingdebatte nicht auch möglich sein?

Ich will hier wohlgemerkt absolut nicht FÜR eine Dopingfreigabe argumentieren, mir wäre ein lückenloses Aufklärungssystem mit entsprechend strikten Konsequenzen auch deutlich lieber, aber die bisherigen Argumente GEGEN die Freigabe in diesem Thread hier überzeugen mich nunmal leider bisher nur wenig, von irgendwelchen Einschüben über Evolution, menschlicher Natur und sonstigen Dingen auf der Meta-Ebene mal ganz abgesehen  


RE: Doping freigeben? - Atanvarno - 31.08.2015

Wenn es Grenzwerte gibt, muss man kontrollieren und bei Verletzung der Grenzwerte sanktionieren (und zwar mit gleichem Aufwand und Umfang wie bisher - sonst könnte ein Athlet ja im Training über die Grenzwerte gehen und sich zum Wettkampf wieder ins erlaubte Niveau bringen) - auch in diesem System wird es Betrüger geben, die versuchen ihre Konkurrenten zu übervorteilen

Wo darin der Vorteil gegenüber dem aktuellen System liegt, habe ich immer noch nicht verstanden.


RE: Doping freigeben? - Sebastian - 31.08.2015

Ich rede ja auch bewusst nicht von eventuell damit verbundene Kosten oder dem logistischen Aufwand. Die wären sicherlich absurd hoch (wahrscheinlich zu hoch um sowas eh jemals durchzusetzen)

Aber ich müsste ja nie kontrollieren WAS genommen wird, sondern nur, dass ein gesundheitlich "unbedenklicher" Rahmen nicht überschritten wird. Das wäre ja auf jeden Fall deutlich einfacher und "fairer" zu bewerkstelligen, als irgendwelchen extrem neuen und effizienten Medikamenten hinterherzurennen, die ich dann doch nicht verifizieren kann, DAS stößt mir halt extrem sauer auf, der momentan real existierende Grad an Betrug und Ungerechtigkeit.

Ich muss dazu halt auch sagen, dass ich "nur" extrem interessierter Leichtathletikfan bin, ohne jedwede aktive Vergangenheit, Trainerexpertise oder sonstwas.
 Es fällt mir nicht so ohne Weiteres ein, alle Athletinnen und Athleten sofort gegen alles und jeden in Schutz zu nehmen. Bei Leistungen wie von Eaton (Jahrhunderttalent hin oder her) oder aktuell Schippers brech ich halt nicht sofort in Jubel aus. Nein, das soll jetzt KEINE Dopinganschuldigung sein, aber ich mach mir bei solchen Leistungen dann halt doch so meine Gedanken und fühle mit von vornherein chancenlosen Athletinnen und Athleten (ob die jetzt sauber(er) oder einfach nur weniger talentiert sind kann ich nicht beurteilen) 


RE: Doping freigeben? - runner24 - 31.08.2015

(31.08.2015, 09:54)Sebastian schrieb: Man könnte also durchaus argumentieren, dass eine Legalisierung von Doping sogar POSITIVE medizinische Aspekte hätte, da eine medizinische Betreuung deutlich koordinierter und wesentlich weniger "verschämt" erfolgen könnte.

In der deutschen Geschichte gab es schon Ärzte, die dieser Meinung waren und entsprechend die Mittel applizierten, zum Teil sogar auf Kassenrezept. Sie mussten zur Kenntnis nehmen, dass nicht wenige Sportler darüber hinaus weitere Mittel einwarfen, entweder schwarz oder parallel bei einem weiteren Arzt, den viel hilft viel.


RE: Doping freigeben? - lor-olli - 31.08.2015

Mir fehlt bei vielen Überlegungen einfach das grundlegende, strategische Denken…
Bevor ich überlege Doping freigeben, alles so belassen, Doping noch rigoroser ahnden muss doch die Frage stehen: WAS IST DAS ZIEL? Schon allein hier wird es knifflig! Nicht wenige Zuschauer wollen allein das Spektakel, der "intellektuelle Ansatz" die "philosophisch etischen Gedanken" gehen an ihnen "voll vorbei" - eigentlich geht ihnen die LA "am A… vorbei", sollen wir solche Menschen überhaupt in die Überlegungen einbeziehen (ich möchte ja eher sagen: schaut doch die Nachmittagsprogramme auf RTL2 und Co, denn diese Zuschauer finden niemals den Weg in ein Stadion!)

Blieben die Fachleute und sportlich Interessierten: Die wollen vor allem schönen Sport sehen, ohne das Gefühl zu haben, dass ähnlich wie im Motor"sport" oder Fußball alles nur eine Frage der Absprachen und des Geldes sind. (Absprachen? Damit meine ich den Teil des Einflusses, den mittlerweile der Fußball z.b. über Lobbyarbeiter und Industrieverflechtungen auf den öffentlich rechtlichen Rundfunk und noch viel mehr auf die kommerziellen Sender nimmt!)

Aber auch Fachleute sind sich nicht einig! In der LA geht es mittlerweile ebenfalls um viel Geld und z.B. Bolt und sein Mananement wünschen sicher keine Änderungen, ebensowenig die Sportartikelhersteller, die mit ihren Werbeausgaben nicht unerheblichen Einfluss haben.

Insgeheim wünschen sich auch die Top-Leute, dass es in der LA sauberer zugeht, allerdings müsste man die Dopingkontrollen drastisch verschärfen und wirksamer gestalten (das Geld ließe sich auftreiben), doch das hat zwei Seiten, die eine wäre sicher ein sauberer Sport, die andere, dass in einigen Bereichen die Leistungen, teilweise deutlich, zurückgingen UND das immer wieder und viel stärker als bisher Dopingsünder auffliegen, dass Problem Doping wäre nicht wie bisher gehandthabt mit ein paar schönen Worten zuzukleistern.

Die zurückgehenden Leistungen wären ein Problem in einer Sportart, wo es nicht um Haltungsnoten geht, sondern um unmittelbar vergleichbare Leistungen, also auch im Vergleich zu älteren Leistungen. Es wäre obendrein ein Problem "Sensationen" zu verkaufen, wenn keine Rekorde mehr fallen würden (würden sie sicher noch, aber deutlich weniger und wohl auch nicht mehr "programmierbar"). Robert Harting spricht in seinem Video an, was auch viele Spitzenathleten denken (naja, Gatlin wohl eher nicht Wink), viele aber nicht aussprechen wollen, da sie bei offener Kritik um ihre Privilegien fürchten. Um Privilegien fürchten? Ja, denn die größten Nutznießer dieses Systems sind nicht die Sportler, sondern Verbände, Funktionäre und Industrie und die drei zu vergrätzen macht das Sportlerleben nicht einfacher!

Zweiter Gedanke: Doping freigeben? Das würde nur funktionieren, wenn man es komplett frei gibt, jede Manipulation ist erlaubt. Warum? Weil jede Grenze nur ein Verschieben des Status Quo ist, es wird immer versucht werden, die Grenzen zu übertreten, wenn man sich einen Vorteil davon verspricht! Wenn man also keine "Monster" in der LA sehen möchte, kann man Doping nicht freigeben und Limits wären einfacher durchzusetzen, wenn wir sie eher runter- als raufsetzen. Konsequent jede Manipulation unterbinden und streng ahnden (wer dopt wird gesperrt, ohne wenn und aber und ohne die Möglichkeit Strafen zu verkürzen. Verbände mit 5 erwischten Athleten erhalten eine Einjahressperre), vertraglich abgesicherter Regress bei Zuwiderhandlung. Das ist einfacher, weil wir diese Maßnahmen und Test bereits haben - sie müssen nur konsequenter umgesetzt werden, jede partielle Freigabe erfordert das Festlegen neuer Kontrollmechanismen und Werte und zwar in einer Diskussion diametral kontroverser Positionen - sehe ich nicht kommen!

Wir sind hier nicht bei "Wünsch Dir Was", sondern bei "So isses" Wink


RE: Doping freigeben? - gera - 31.08.2015

genau  lor-olli ,
" so isses "