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Fußmuskulatur und Weitsprung - Druckversion

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RE: Fußmuskulatur und Weitsprung - Solos - 15.08.2016

Gertrud, nennst du bitte kurz Theorie und/oder Wissenschaftler auf den du dich beziehst? Danke.


RE: Fußmuskulatur und Weitsprung - MZPTLK - 15.08.2016

Ich denke, man sollte unterscheiden zwischen den Bewegungen,
wo der KSP aus hoher Geschwindigkeit über den ganzen fixen Fuss abrupt umgelenkt wird
- also z.B. beim Weitsprung oder beim Speerwerfen...
und den Bewegungen, wo nur der Vorderfuss 'weicheren' Druck macht
- Sprint, Hammerwerfen...

Ist es möglich, die auftretenden Kräfte im ersten Fall durch Training so zu kompensieren,
dass es nicht zu Statikproblemen und habituellen Luxationen kommt?

Da kommt wieder unsere heutige Lebensweise ins Spiel:
Ich bin sehr skeptisch, wenn von kleinauf bewegungsarme Kinder mit ihrem labilen Bewegungsapparat
von Sportlehrern auf harten Böden gequält werden. Angry

Selbst wenn der aktive Bewegungsapparat entwickelt ist, 'hinkt' der passive hinterher.
Dies ist/war bei den in der Natur und unter anderen Lebensbedingungen au(ge)wachsenen Kindern
- früher auch in Deutschland - wesentlich günstiger.


RE: Fußmuskulatur und Weitsprung - Gertrud - 15.08.2016

(15.08.2016, 10:31)MZPTLK schrieb: Ich denke, man sollte unterscheiden zwischen den Bewegungen,
wo der KSP aus hoher Geschwindigkeit über den ganzen fixen Fuss abrupt umgelenkt wird
- also z.B. beim Weitsprung oder beim Speerwerfen...
und den Bewegungen, wo nur der Vorderfuss 'weicheren' Druck macht
- Sprint, Hammerwerfen...

Es kommt immer noch die individuelle Disposition dazu, die uns zum Handeln zwingen sollte. Die Kräfte sind je nach diesen Bedingungen völlig andere und somit unser Handlungsbedarf auch ein sehr unterschiedlicher. 
Zitat:Ist es möglich, die auftretenden Kräfte im ersten Fall durch Training so zu kompensieren,
dass es nicht zu Statikproblemen und habituellen Luxationen kommt? 

Ja, genau das ist möglich, wenn man innovativ ist und über die entsprechenden Grundlagen verfügt. Man kann nicht jahrelang Kräfte produzieren und keine Gegenkräfte entwickeln. Das muss scheitern. Am Wie scheiden sich die Geister?  Wink Es ist wie mit der TKB, wo man nicht die richtigen "Alternativen" kennt und somit auch nicht einsetzen kann. Ich war und bin immer an der punktgenauen Trefferquote interessiert. Wenn man die eingrenzenden Bedingungen nicht kennt, kann man auch nichts entwickeln. Seht mal, gleich bilde ich mich autodidaktisch wieder wenigstens fünf Stunden fort! Das ist vielfach mein Mindest-Tagespensum. Wenn man das mit Herz und Verstand macht, kommt man auch zu vernünftigen Resultaten. 

Ich war gerade mit zwei Schülern für 1,5 Stunden in meinem Keller und habe wieder neue Übungen auf den Leib geschneidert konstruiert. Ich lasse keine Ausweichbewegungen, die schaden könnten, zu. Wir haben hier unsere Ruhe ohne irgendeine Störung. Auch ich bin dann 1,5 Stunden enorm konzentriert. Ich hasse diese "Rudelveranstaltungen" in den Krafträumen. Ich achte sehr genau auf die Dispositionen und die disziplinären Erfordernisse.  Da gibt es auch Aufnahmen vorher - nachher, wo man die Verbesserungen sehr gut sieht. Da spare ich kein Körperteil aus. Vor allem werden auch die Füße in diese Korrekturen ganz stark einbezogen.

Man ist hier in vielen Dingen dermaßen auf dem Holzweg, dass es unglaublich ist. Man muss sich z. B. nur Vision Gold ansehen, welcher Unsinn da manchmal verzapft wird. Hansjörg und ich schlagen die Hände über dem Kopf zusammen ob so viel Dummheit in einigen Übungen, weil diese Aufnahmen auch Multiplikatorenwirkung haben. Ich katalogisiere unentwegt und dokumentiere diesen "Mist"!!!  Ich sage aber absolut nichts mehr dazu, weil ich die Kraft, die ich beim Schwimmen gegen diesen Strom vergeude, woanders brauche. 

Gertrud



RE: Fußmuskulatur und Weitsprung - La Vicu - 25.09.2016

Bin gerade durch Zufall auf diesen Thread gestoßenBin gerade durch Zufall auf diesen Thread gestoßen! Dazu einige Anmerkungen:

@ MZPTLK: Wie soll ich das physikalisch verstehen, den KSP umzulenken? Fehlen da nicht einige Zusatzbegriffe?

@ Gertrud: Ich vermisse die Antwort auf Solos‘ Frage. Die würde mich persönlich auch sehr interessieren.

@ Schaaaffi: Die Suche kannst du vergessen. Wie soll man um alles in der Welt empirisch-experimentell die Funktion der Fußmuskulatur bei irgendwelchen Sprüngen untersuchen? Es ist schon schwer genug, dies mit den Muskeln der Ober- und/oder Unterschenkel so hinzubekommen, dass die Befunde frei von Artefakten sind. Aber bei den Fußmuskeln? Wie oder wo soll man da Sensoren für kinematische, goniographische, elektromyographische oder sonstige Datenerhebungen befestigen, die Grundlage für Bewegungsanalysen sein könnten? Da wirst du allenfalls theoretisch-spekulative Modelle finden, die keinen höheren objektiven Wert besitzen als Einzelbeobachtungen visueller Art gewürzt mit subjektiven Begutachtungen.


RE: Fußmuskulatur und Weitsprung - Gertrud - 26.09.2016

Nur so viel zum Nachdenken und Nachmachen: Man nehme ein Handtuch und verwringe es! Es biegt sich daraufhin. Dann kann man die "Kuppe" mit sehr viel Gewicht belasten. (stammt nicht von mir!). In diesem Sinne sollte man die Füße "vernünftig belastet" trainieren.

Sicherlich sollten Sie beim Weitsprung auch die unterschiedlichen Fußaufsatzformen (aktiv, weniger aktiv) berücksichtigen (Eine biomechanische Analyse des Absprungs beim Weitsprung - Anne Huber).

Es finden enorme Belastungen am Fuß aus den unterschiedlichen Perspektiven statt - hier nur eine davon. Das sollte klarmachen, dass Krabbeln im Sand absolut wenig bringt und dazu noch zusammenhanglos ist. Anhand dieser Aufnahme kann man im Vergleich von Heike Drechsler sehen, wo bei ihr enormes Verbesserungspotential lag. Ihre teilweise schlechte Landung hing mit der lateralen defizitären Absprungposition zusammen. Man sollte die Zubringerübungen überdenken!!! Wir arbeiten teilweise zu wenig akribisch. Auch hier ist die individuelle Einstellung vonnöten und vor allem zu finden. Das ist eine Sisyphusarbeit erster Güte. Solche Dinge kann man nur individuell ausrichten. In solchen Dingen arbeiten wir noch ganz am Anfang!!! Ich habe eine Menge an Forschungsvorschlägen im Kopf; aber solche Dinge sind nicht wirklich gefragt, weshalb unser Verletzungspotential dermaßen hoch ist. Man geht nicht wirklich ans "Eingemachte", sondern bleibt beim Alt-Hergebrachten. Auch in der Absprungphase von H.D. sollte das Absprungbein noch etwas adduziert sein und das Schwungbein entsprechend regulieren.

Gertrud


RE: Fußmuskulatur und Weitsprung - MZPTLK - 26.09.2016

(25.09.2016, 20:36)La Vicu schrieb: @ MZPTLK: Wie soll ich das physikalisch verstehen, den KSP umzulenken? Fehlen da nicht einige Zusatzbegriffe?


Beim Weitsprung wird teilweise  Horizontal- in Vertikalgeschwindigkeit umgelenkt, bei Topleuten über 3 m/sek.
Das geht natürlich auf Kosten der Vo(minus 1-2 m/Sek.)
Bei Markus Rehm ist das noch extremer, bei seiner Anlaufgeschwindigkeit 'dürfte' er niemals 8,40 springen können.
Der einzige 'Zweibeiner', der aus der Weltklasse der letzten Jahrzehnte heraussticht, ist Robert Emmiyan,
Er war der einzige von über 100 Topspringern, der mit einer Anlaufgeschwindigkeit von 9,70  8,24 springen konnte.

Bob Beamon hatte eine optimale Umlenkung bei seinen 8,90 bei einer Anlaufgeschwindigkeit von 10,90 m/sek.(Schmolinsky 1973).

Für 8,24 muss z. B. mit V0x(horizontal) 8,80, mit VOz(vertikal) 3,52 abgeflogen werden.
Bei 8,90 genügen 3,43.

Wenn man so will, wird nicht nur der KSP, sondern auch die Körperlängsachse 'umgelenkt, indem zwecks Stemmens vor dem Absprung eine Rücklage eingenommen wird, die sich vor allem durch Einsatz des Schwungbeins korrigiert.

Frauen springen bei gleicher Anlaufgeschwindigkeit fast immer weniger weit als Männer.

Stefan Letzelter hat dazu vor einiger Zeit sehr aufschlussreiche Daten und Berechnungen durchgeführt.


RE: Fußmuskulatur und Weitsprung - Gertrud - 26.09.2016

(26.09.2016, 08:56)MZPTLK schrieb: Stefan Letzelter hat dazu vor einiger Zeit sehr aufschlussreiche Daten und Berechnungen durchgeführt.

Man muss aber doch sehen, dass bei Prothesenträgern die gesamte Fuß- und Unterschenkelmuskulatur fehlt. Man kann doch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Die Elastizität ist doch eine ganz andere und damit auch die Weite. Somit ist das Absprungverhalten sicherlich ein ganz anderes. Daher fehlt auch ein sehr wichtiger Baustein bei den Behinderten und wird durch eine enorme Elastizität der Prothese ersetzt. 

Letztens sagte mir einer, dass der Absprungwinkel bei Rehm wesentlich geringer sei?! 

Gertrud


RE: Fußmuskulatur und Weitsprung - MZPTLK - 26.09.2016

(26.09.2016, 10:16)Gertrud schrieb:
(26.09.2016, 08:56)MZPTLK schrieb: Stefan Letzelter hat dazu vor einiger Zeit sehr aufschlussreiche Daten und Berechnungen durchgeführt.



Man muss aber doch sehen, dass bei Prothesenträgern die gesamte Fuß- und Unterschenkelmuskulatur fehlt. Man kann doch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Die Elastizität ist doch eine ganz andere und damit auch die Weite. Somit ist das Absprungverhalten sicherlich ein ganz anderes. Daher fehlt auch ein sehr wichtiger Baustein bei den Behinderten und wird durch eine enorme Elastizität der Prothese ersetzt. 

Letztens sagte mir einer, dass der Absprungwinkel bei Rehm wesentlich geringer sei?! 

Die Prothese kann wesentlich mehr Energie zurück geben, wie man gemessen hat.
Dadurch kommt es zu anderen Wirkungsspitzen, einhergehend mit anderen Winkeln.


RE: Fußmuskulatur und Weitsprung - gera - 26.09.2016

was die Umlenkung von horz. in vertikale Geschwindigkeit angeht, muß für einen WR-Sprung viel mehr vertikale Geschwindigkeit entwickelt werden. Aus horz. Anlauf- V und Sprungkraft entwickelte Carl Lewis etwa eine vertikale Geschwindigkeit von 4,68 m/ s.

Dafür ist natürlich viel Fußkraft nötig.

In der von Gertrud bereits angesprochenen Doktorarbeit ( Uni Tübingen ) von A.Huber stehen viele praktisch genommenen Meßwerte.
Der Durchschnittsspringer mit V,Anl. = 9,52 m/s ( Tab.4.2 ) , einem Stemmwinkel von 27,1 Grad ( Tab.4.4) und einem Abflugwinkel von 20,2 Grad ( Tab.4.9)  springt damit 7,12 m weit. ( Tab.4.1)
Dabei entwicickelt er eine horizontale V= 3,48 m/ im Mittel. ( Tab.4.6)
<< ( mit diesen Werten ergibt meine Berechnungsformel eine Weite von 7,20 m )

Nach meinen theoretischen Berechnungen der Sprungweite , erklärt in
www.leichtathletikimwandelmitnbl-site.de
( IV/ D )
würde dieser Durchschnittsathlet mit den Werten Huber bei optimalen Stemm- und Abflugwinkel für seine V,Anl. und Kraftwerte
eine Weite von 7,33 m erzielen können, dabei wäre die horz. V = 3,66 m/s

Aber man kann natürlich auch springen wie bisher.


RE: Fußmuskulatur und Weitsprung - MZPTLK - 26.09.2016

(25.09.2016, 20:36)La Vicu schrieb: @ Schaaaffi: Die Suche kannst du vergessen. Wie soll man um alles in der Welt empirisch-experimentell die Funktion der Fußmuskulatur bei irgendwelchen Sprüngen untersuchen? Es ist schon schwer genug, dies mit den Muskeln der Ober- und/oder Unterschenkel so hinzubekommen, dass die Befunde frei von Artefakten sind. Aber bei den Fußmuskeln? Wie oder wo soll man da Sensoren für kinematische, goniographische, elektromyographische oder sonstige Datenerhebungen befestigen, die Grundlage für Bewegungsanalysen sein könnten? Da wirst du allenfalls theoretisch-spekulative Modelle finden, die keinen höheren objektiven Wert besitzen als Einzelbeobachtungen visueller Art gewürzt mit subjektiven Begutachtungen.
Exakt.
Man kann natürlich Drücke im Zeitverlauf messen und die Belastung auf das Fussinnere grob ableiten,
aber es kommt neben der vertikalen auch eine horizontale Komponente dazu.
Selbst wenn man genauere Daten hätte, was damit anfangen?
Rückschlüsse auf besseres, gesünderes Springen ziehen?
Wohl kaum.