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Frank Busemann- ein verschwendetes Talent? - Druckversion

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Frank Busemann- ein verschwendetes Talent? - aj_runner - 12.06.2017

Derjenige mit dem größten Selbstzerstörungspotenzial war wohl FRANK Busemann. Schön in seinem Buch nachzulesen, bei den ewigen Helden trotz Bänderriss gewonnen.

edit mod: abgetrennt aus
Junioren - Mehrkampf - Meeting Bernhausen (U18,U20, U23 Quali)



RE: Junioren - Mehrkampf - Meeting Bernhausen (U18,U20, U23 Quali) 10-11.06.2017 - eierluke - 12.06.2017

Ja Busemann, was für ein verschwendetes Talent.
Der Junge, der ohne viel "Firlefanz" aus dem Nichts in die Weltelite stürmte.
Was ihn zunächst so populär machte hat seinen Körper dann womöglich aber ruiniert. Ein bisschen mehr "Firlefanz", geduldiger, gleichmäßiger Aufbau des Athletenkörpers; vielleicht auch mit mehr Augenmerk auf das Training kleinerer, stabilisiernder Muskeln, die einen nicht schneller machen, sondern eher ausbalanciert und stabiler. Plus Haltungsschäden vorbeugen/ korrigieren.

Ein Irres Talent, aber schneller ausgebrannt als ne Sylvesterrakete.
Ich war da nie nah dran, frage mich aber doch immer, ob er bei anderer Karriereplanung nicht Olympiasieger 2000 und erster 9000 Punkte Athlet hätte werden können?

Hat Gertrud das aus der Nähe verfolgt, war Busemann ein verschleudertes Talent oder einfach zu weich für den Zehnkampf?


RE: Junioren - Mehrkampf - Meeting Bernhausen (U18,U20, U23 Quali) 10-11.06.2017 - dominikk85 - 12.06.2017

Busemann hatte auch in allen drei Wurfdisziplinen einfach eine katastrophale Technik  (hat er auch selber zugegeben). Ein paar Leute mit denen ich früher Leichtathletik gemacht habe haben erzählt das sie damals mit ihm zusammen bei kinderwettkämpfen angetreten sind und er damals einfach mal nen Meter weiter gesprungen ist als alle anderen,er war einfach ein überragendes Talent  (vielleicht am ehesten mit Klosterhalfen bei den Frauen jetzt vergleichbar)

ich denke mal das durch  sein Talent und auch den Fokus auf sprintdisziplinen und Weitsprung  (er war ja im Junioren alter glaube ich auch über die Hürden weltklasse) ist einfach das Training der Wurftechnik ein wenig hinten runtergefallen  (auch weil vermutlich bis er 16-17 war es noch nicht klar war ob er MK oder eher sprinter/Weitspringer werden würde).

Er hat sicher danach noch versucht was an der Technik zu tun, aber wenn es einmal falsch drin ist, ist es schwer zu korrigieren.


RE: Junioren - Mehrkampf - Meeting Bernhausen (U18,U20, U23 Quali) 10-11.06.2017 - gera - 12.06.2017

was schlechte Technik angeht, gilt wohl wirklich,
was Hänschen nicht lernt , lernt Hans nimmer mehr.

So wir wohl C.Rath das Speerwerfen auch nicht mehr lernen, wirklich schade.


RE: Junioren - Mehrkampf - Meeting Bernhausen (U18,U20, U23 Quali) 10-11.06.2017 - beity - 12.06.2017

(12.06.2017, 15:05)gera schrieb: was schlechte Technik angeht, gilt wohl wirklich,
was Hänschen nicht lernt , lernt Hans nimmer mehr.

So wir wohl C.Rath das Speerwerfen auch nicht mehr lernen, wirklich schade.


kann jetzt nicht für einzelne Athleten sprechen, aber "werfen" scheint auch eine Talentfrage zu sein.
​Brauchst Du nur in die Grundschule gehen und alle mal einen Schlagball oder meinetwegen Stein werfen lassen.
​Die Unterschiede sind gigantisch. Da fehlen einfach bei einigen ein paar "Verknüpfungen" Big Grin
​Die glaube allerdings, das man im Spitzenbereich Frauen auch ein Untalent im Wurf mit Akribie und Geduld auf kleine 40 Meter bringen kann aber 50 Meter ist dann außerhalb jedlicher Reichweite. Egal wie spitzenmäßig meintwegen Hürdensprint und Weit sind und ob noch passabel die Kugel gestoßen wird.


RE: Junioren - Mehrkampf - Meeting Bernhausen (U18,U20, U23 Quali) 10-11.06.2017 - eierluke - 13.06.2017

Erinnert sich jemand der nah dran war, wie das damals war mit Busemann? Zu weich für die eigenen ehrgeizigen Ziele oder einfach falsch aufgebaut/ belastet?

Ich wunderte mich in den vergangenen Jahren zu lesen, welche geringen Umfänge eaton trainierte, während Schrader und Abele, richtig klotzten - und dauerverletzt waren.


RE: Junioren - Mehrkampf - Meeting Bernhausen (U18,U20, U23 Quali) 10-11.06.2017 - Sebastian - 13.06.2017

(13.06.2017, 05:54)eierluke schrieb: Erinnert sich jemand der nah dran war, wie das damals war mit Busemann? Zu weich für die eigenen ehrgeizigen Ziele oder einfach falsch aufgebaut/ belastet?

Ich wunderte mich in den vergangenen Jahren zu lesen, welche geringen Umfänge eaton trainierte, während Schrader und Abele, richtig klotzten - und dauerverletzt waren.

Naja, ich bin ja nicht der größte Eaton-Freund, aber es ist ja schon ganz offensichtlich, dass der in der Tat ein ganganz seltenes "Jahrhundert-Talent" ist (bzw. war). Da fällt natürlich eine gewisse Dosierung in den Trainingsumfängen leichter als bei den etwas weniger talentierten. Normalerweise sind bei solchen Konstellationen ja die "Ehrgeizigen" meist erfolgreicher als die "Talentierten", aber Eaton war da wohl die Ausnahme Big Grin


RE: Junioren - Mehrkampf - Meeting Bernhausen (U18,U20, U23 Quali) 10-11.06.2017 - Gertrud - 13.06.2017

(13.06.2017, 05:54)eierluke schrieb: Erinnert sich jemand der nah dran war, wie das damals war mit Busemann? Zu weich für die eigenen ehrgeizigen Ziele oder einfach falsch aufgebaut/ belastet?

Ich wunderte mich in den vergangenen Jahren zu lesen, welche geringen Umfänge eaton trainierte, während Schrader und Abele, richtig klotzten - und dauerverletzt waren.

Ich kann nichts zu Frank und seinen Trainingsinhalten sagen. 

Man sollte als Trainer den Bereich Statik des Schützlings nicht unterschätzen, wenn man sich mit "Haut und Haaren" der Sache und dem Athleten verschrieben hat. Ich bevorzuge zur Wissensvermittlung immer kleine, funktionierende Teams. Man muss sozusagen den Athleten aus der "Gefahrenzone" herausholen. Immer wieder durchbrechen alte, abgespeicherte Bewegungsmuster die neu erlernten. Die Summe dieser "Querschläger" macht im Endeffekt die Schwierigkeiten. Da diese Muster immer wieder trotz der neuen Einflussnahme auftreten, nehme ich z. B. diese Klippen in den nächsten Wochen fast vollständig aus dem Programm, um der Achillessehne Ruhe zu gönnen. Außerdem nehme ich ganz spezielle Übungen auch an meiner neuen Maschine für die Prophylaxe ins Programm, die dann sicherlich Spuren hinterlassen. Der Athlet wird ganz speziell und in aller Ruhe und Abgeschiedenheit ohne irgendeinen Störfaktor geschult. Diese Inhalte prägen sich in sein Gehirn hoffentlich als Muster ein. Voraussetzung ist immer, dass der Trainer ganz detailliert weiß, wovon er spricht.

Es gibt bei mir keine "Bolzprogramme". Das ist wohl ein gravierender Unterschied - nicht im speed-endurance Bereich und vor allem nicht im Kraftprogramm oder an Treppen. Quality und Prophylaxe first!!!!!! Es gibt Wiederholungsprogramme unter ganz strikter Aufsicht! Das ist ein himmelweiter Unterschied. Ich mache mich auch vorher über die vulnerablen Stellen bei einer Disziplin schlau wie jetzt als "Neuling im Hürden-Langsprint". Ein Athlet mit einer kleinen Sternumanomalie ist für mich eine besondere Herausforderung, was die Belastung im BWS- und LWS-Bereich anbetrifft. Da "geht es wirklich ans Eingemachte". Mein Anspruch ist, die Fehlerquote möglichst gering zu halten oder noch besser, individuell ganz zu vermeiden.

Ashton Eaton war übungsmäßig und vorbereitend durch die Kampfsportart hervorragend präpariert. Außedem sieht das amerikanische Prinzip keine Bundestrainerlehrgänge vor. Ich halte unser Prinzip von Grund auf für "schwachsinnig", weil die individuelle Betreuung wie bei mir z.B. auch mit dem Hintergrundwissen absolut nicht gewährleistet und vergleichbar ist. Man kann das mal als "Tuchfühlung" machen, aber nicht als Schulung im disziplinären Gesundheitsbereich, der einfach in meinen Händen besser aufgehoben ist.  Wink

Ja, es fällt auf, dass im Zehnkampf viele Athleten "über die Wupper gehen". Wer da nicht nach den Gründen fragt, ist betriebsblind!!! Ich würde sicherlich in der Verantwortung mit solchen Athleten in Klausur gehen und die Fehlerquote drastisch zu senken versuchen.  Wink

Gertrud


RE: Junioren - Mehrkampf - Meeting Bernhausen (U18,U20, U23 Quali) 10-11.06.2017 - lor-olli - 13.06.2017

Ich schätze da kommen wieder eine Reihe von Faktoren zum Tragen… (mal rein aus meinen Beobachtungen heraus)

- Körperbau: ein langer Schlacks in "Leichtbauweise" wie Busemann (1,92/ 86kg eher zehnkampfuntypisch, in der Regel sind ZK-Männer in Kg schwerer als sie Zentimeter über einem Meter groß sind. Eaton war ebenfall leicht, hatte Busemanns Gewicht, aber 7-8 Zentieter weniger) belastet durch die langen Hebel die Strukturen, insbesondere der Gelenke proportional stärker.

- Muskeln bringen nicht nur Kraft, sie schützen den Körper auch (wird jeder Kampfsportler bestätigen …), lang und langsam aufbauendes Krafttraining kräftigt auch Bänder und Sehnen, nicht nur die Muskeln.

- Technik ist gerade im Endbereich der Belastungsfähigkeit (Wettkampf) enorm wichtig, da hatte F.B. Reserven…

- Training von Busemann kenne ich nicht, unterschreibe aber komplett Gertruds These das hier Qualität den unbedingten Vorrang vor Quantität hat (DAS fand ich bei den Konzepten von Eaton sehr gut umgesetzt)

- Die Vielfalt an Bewegungsmechanismen im Zehnkampf erfordern eben nicht nur Kraft und Ausdauer, sondern bedürfen eines ausgeprägten Bewegungsgefühls, das lässt sich nur begrenzt trainieren (wird aber durch körperliche Aktivität in der Kindheit stark gefördert - Artistenkinder fangen mit Balanceübungen an sobald sie laufen können, das bleibt auch im Alter erhalten).

- vom Typus her gibt es die Rationalisten (Eaton) und die Draufgänger (da würde ich Busemann eher einordnen), letztere lassen häufig den Bauch das Tun bestimmen, Eaton hat z.B. Trainingseinheiten verbummelt wenn er sich nicht gut fühlte! (DAS muss ein Trainer akzeptieren können… ob das in den in D so geliebten hierarchischen Strukturen gut funktioniert?)

- Sport, nahezu jeder Sport braucht Talent als Basis (in den verschiedensten Bereichen!) Eaton hatte sie im Übermaß, Busemann war diesbezüglich aber sehr gut dabei, wo genau die Differenzen lagen kann man von außen kaum beurteilen. Schnelligkeit ist für den Sprint ausreichend, in Diziplinen wie dem Speerwerfen ohne gutes Wurfgefühl und Technik aber gefährlich.

Hinterher sind ALLE schlauer…


RE: Junioren - Mehrkampf - Meeting Bernhausen (U18,U20, U23 Quali) 10-11.06.2017 - Solos - 13.06.2017

(13.06.2017, 08:55)Gertrud schrieb:  Außerdem sieht das amerikanische Prinzip keine Bundestrainerlehrgänge vor. Ich halte unser Prinzip von Grund auf für "schwachsinnig", weil die individuelle Betreuung wie bei mir z.B. auch mit dem Hintergrundwissen absolut nicht gewährleistet und vergleichbar ist. Man kann das mal als "Tuchfühlung" machen, aber nicht als Schulung im disziplinären Gesundheitsbereich, der einfach in meinen Händen besser aufgehoben ist.  Wink

Gertrud


Ich kann nicht für die gesamte dt. Leichtathletik sprechen. Aber in den Bereichen, in die ich Einblick habe, laufen die von Dir angeprangerten Lehrgänge keineswegs so ab, dass die Athleten gezwungenermaßen unter strenger Regie des Bundestrainers trainieren und irgendwelche Inhalte aufoktuiert bekommen. Viele Athleten nehmen gemeinsam mit ihren Trainern teil, und trainieren entsprechend mit diesem nach den eigenen Plänen und Abläufen, nutzen jedoch die Bedingungen vor Ort wie Sportmedizin usw., die viele sonst sicher nicht hätten und es kommt zum Austausch mit anderen oder eben nicht. Andere nehmen ohne Trainer teil, arbeiten aber dennoch individuell nach eigenen Vorgaben. Wiederum andere trainieren nach vorhgeriger Abstimmung zwischen Bundes- und Heimtrainer unter Aufsicht des Bundestrainers, in der Regel nach eigenen Plänen. Manchmal läuft die Absprache sicher nicht gut, aber meinem Eindruck nach nicht mehrheitlich. Und wiederum andere nehmen nicht teil, weil sie ihren eigenen Weg gehen möchten. In diesem Fall erscheint es mir nicht so, dass man dafür gesteinigt wird. Allerdings fallen gewisse Förderungen weg, die in jüngster Vergangenheit zunehmend an zentrale Maßnahmen gekoppelt sind. Darüber sind (sollten) jedoch alle vorinformiert sein. Das ist aber sicher nicht dem Bundestrainer bzw. dem DLV alleine, sondern u.a. auch den Förderrichtlinien des DOSB/BMI zuzuschreiben, welche Fördermittel teilweise zweckgebunden ausgeben. Letzteres scheint mir mit der anstehenden "Reform der Leistungssportföderung" zukünftig nicht besser zu werden. Die Sinnhaftigkeit sei dahingestellt.

Gleichwohl ist mir klar, dass es immer wieder Fälle gibt, wo es zu Irritationen und willkürlich erscheinenden Restriktionen bzgl. der Förderung kommt. Die generelle Anwesenheitspflicht bei unmittelbaren Vorbereitungen vor den jährlichen Großereignissen oder die sich jährlich abspielenden Nominierungs-Possen sind ebenfalls diskutabel. Ich glaube aber erstens, dass diese Vorkommnise bei der Masse aller Kader die Minderheit darstellen. Und zweiten sind diese Fälle für Aussenstehende schwer beurteilbar. Jede Medaille hat zwei Seiten und jeder versucht sich ins günbstige Licht zu stellen. Aus diesen Einzelfällen jedoch übergreifende Ableitungen für das Gesamtsystem zu treffen halte ich für grenzwertig seriös.

So weit zumindest mein Eindruck aus einer sicher begrenzten Perspektive.