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Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Druckversion

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RE: Verletzte DLV-Athleten 2018 - Jo498 - 19.04.2018

Der Ermüdungsbruch vor zwei Jahren war bei einem anderen Trainer und meines Wissens im Mittelfuß. Das ist leider bei weiblichen Teenagern, besonders im Mittel/Langstreckenbereich sehr häufig und, zynisch formuliert, kam es bei Reh sogar relativ spät. Meinem laienhaften Verständnis nach sind das meistens eher unspezifische Sachen aufgrund der insgesamt zu hohen Belastung. Ein Unterschied (und darin liegt wohl auch die Gefahr, Sachen nicht so leicht zu erkennen) zu den Schnellkraftdisziplinen ist bei der Langstrecke "steter Tropfen höhlt den Stein".
Aus den Berichten ersehe ich gar nicht, ob es sich überhaupt immer um dasselbe Bein gehandelt hat. Ob ein Zusammenhang zwischen der Knöchelverletzung im Winter und der erneuten Verletzung besteht, sollte man aber selbstverständlich untersuchen. Es wäre allerdings fatal, jetzt schon einen schwachen Punkt zu etablieren, der über Jahre immer wieder Probleme bereiten könnte.


RE: Verletzte DLV-Athleten 2018 - Gertrud - 19.04.2018

(19.04.2018, 09:37)Jo498 schrieb: Es wäre allerdings fatal, jetzt schon einen schwachen Punkt zu etablieren, der über Jahre immer wieder Probleme bereiten könnte.

Es scheint aber, für den Außenstehenden eine Disposition zu geben. Ob es Überbelastung oder falsche Belastung oder beides ist, kann man natürlich aus der Ferne nicht sagen. 

Es gibt eine Stelle z.B. am Mittelfuß, die laut Medizineraussage erst zwischen 15-21 Jahren synostisiert (ebenso am Oberschenkelknochen erst mit 16-24 Jahren...). Wenn man das alles nicht kennt, kann man Belastungen auch nicht richtig dosieren bzw. auch keine richtige Prophylaxe vornehmen.

Ich arbeite ganz eng z.B. bei meinem Schützling mit der Mutter (ehemalige Krankenschwester, Vater Neurochirurg) zusammen. Er hat gesagt: "Was hat Frau Schäfer mit meinem Sohn gemacht, dass sich der Rücken so stark (Trichterbrust) verbessert hat." Ich kenne seinen Körper aus dem FF. Die Skoliosen (Verschiebung lateral, aber auch in den drei Ebenen in Rotation und in Kombination) bedürfen einer ganz strengen Unterweisung und permanenten Kontrolle. Ich passe die Gesamtbelastung an und verzichte zugunsten der Körpergesundung auf manches Laufprogramm. Mich treibt keiner mit irgendwelchen Meisterschaften und Kaderzugehörigkeiten.

Ich ließ und lasse jedem Athleten bei mir diese individuelle Betreuung zukommen; ansonsten gebe ich den Athleten ab. 

Gertrud


RE: Verletzte DLV-Athleten 2018 - Jo498 - 19.04.2018

Nochmal: Wissen wir überhaupt, ob bei Reh Mittelfuß 2016, Knöchel jetzt im Winter (was wohl wirklich ein Unfall war, keine Fehlbelastung) und Wadenbein jetzt gerade überhaupt am selben Bein/Fuß waren? Ich weiß es nicht.

Ungeachtet dessen habe ich bei Reh den Eindruck, dass schon noch Luft für eine etwas professionellere Betreuung wäre. Das hat sich mit dem jetztigen Trainer wohl schon verbessert, aber gerade bei med./orthopäd. usw. Sachen sollten für Kaderathleten doch beste Analysen/Beratung/Betreuung zur Verfügung stehen. Es wäre tragisch, wenn sich so ein Riesentalent wegen Verletzungsplagen nicht weiterentwickeln könnte.


RE: Verletzte DLV-Athleten 2018 - Jo498 - 19.04.2018

Ergänzung (da Bearbeiten nicht mehr möglich) Nach dem LA.de Beitrag war bei Reh der Ermüdungsbruch vor 2 Jahren im linken Fuß, der Bänderriss an Weihnachten war im linken Knöchel, jetzt ist es das rechte Wadenbein. Auf den ersten Blick sehe ich als außenstehender Laie keinen Zusammenhang, allenfalls vielleicht eine allgemeine Traingsbelastung, die insgesamt an/über der Grenze liegt.


RE: Verletzte DLV-Athleten 2018 - Gertrud - 19.04.2018

Ich habe den großen Vorteil, dass ich Pensionärin und halt besessen von der Verletzungsprophylaxe im Leichtathletikbereich bin. Ich habe im Laufe von weit über 40 Jahren auf diesem Gebiet enormes Material gesammelt und füge fast täglich neue Inhalte hinzu. Ich betreibe das Ganze weltweit. Auf manchen Gebieten ist auch Deutschland in einer führenden Position. Man muss diese Menschen nur ausfindig machen. Ich hatte letztens Verbindung zu einem wahnsinnig guten Fachmann im Thoraxbereich aufgenommen, von dem ich enorm viel gelernt habe. Manchmal lassen mich die Gedanken nicht los, bevor ich Lösungen z.B. für meinen Schützling habe. Ich habe gerade im letzten Jahr viel Geld für Equipment ausgegeben. Die Verletzungsrate im DLV könnte mit "Röntgenblick" enorm verbessert werden. Mir reicht manchmal aufgrund meines Wissens ein Blick hinsichtlich Korrektur. "I have a dream!" (um mit M. L. King zu sprechen)  Wink

Ich habe den Wunsch, noch einmal einen "verrückten" Athleten mit all meinem Wissen gesund nach oben zu bringen, der sich weitab von ungesunden Einflüssen bewegen möchte. Da würde es keine Zeitverschwendung geben!!! Zudem habe ich ganz eigene Vorstellungen von passgenauem Equipment. Danach könnte man die landläufigen Krafträume ausrangieren. 

Ich spreche sehr gerne in Vergleichen, um meine Philosophie zu verdeutlichen. Ich möchte - wie das in Holland beim MRSA-Virus durch Schleusen vor den Stationen in Krankenhäusern im Gegensatz zu Deutschland geschieht - den Athleten vorher hinsichtlich schlechter Einflüsse immunisieren, weil es einfach Verletzungen dann nur sehr eingeschränkt gibt. Manchmal muss der Athlet aber infiziert werden, um die Nachteile am eigenen Leib zu spüren und geheilt zu sein. Beispiel: Wenn die Verletztenquote in DLV-Lagern teilweise ansteigt, wird etwas falsch gemacht. Solche bitteren Erfahrungen möchte ich ausschließen und diesen Umwegen eine sehr gute Philosophie nach genauen Erkenntnissen entgegensetzen. Ich möchte bei Schützlingen immer auf der Höhe des besten Wissens um ihre Körper sein.

Ich käme z.B. niemals auf den Gedanken, einen Werfer hier im näheren Umfeld zu einem anderen Trainer zu schicken, weil ich die Verletztenstatistiken im Detail kenne.  

Gertrud


RE: Verletzte DLV-Athleten 2018 - Gertrud - 20.04.2018

Wo liegen die Ursachen für so viele Ausfälle durch Verletzungen? Es kommt ein Athlet mit allen seinen individuellen Klippen zu uns, die es zu umschiffen gilt. Dann sollte das Übungsprogramm auf dem neuesten Stand sein. Das ist mein Anspruch.

Ich vergleiche dieses Trainer-Schützling-Verhältnis immer mit einer Person, die ohne Führerschein und Fahrpraxis Auto fährt. Diese beiden Eigenschaften vergleiche ich mit Trainerscheinen und autodidaktischer Fortbildung. Es gibt "Naturtalente" unter den Trainern, die von der Intuition leben und keinen Schaden anrichten, es gibt Menschen, die ohne Führerschein ein Auto beherrschen. 

Wir sollten an allen Ecken und Kanten an unserem Wissen und unserer Praxis schrauben, um ausreichend gewappnet zu sein. Ich sehe sehr viele Trainer, die eigentlich nicht über das notwendige Knowhow verfügen. Ja, es gibt auch eine Menge an Trainern im Topbereich in Amt und Würden, obwohl sie eigentlich nicht dahin gehören!!! Viele würden meinen Tests nicht standhalten. Da liegt die eigentliche Crux. Man muss einfach den Finger in die Wunden legen, um Fortschritte zu erzielen.

Ich passe mich permanent neuen Herausforderungen an. Ich habe mir in den letzten zwei Jahren das Knowhow über 400m/ 400m Hürden angeeignet und innerhalb meines Trainernetzwerkes enorme Fortschritte erzielt. Ich lerne sehr viel und lasse mich auch korrigieren durch solche, die es besser wissen. Ich will in dem Bereich sehr gut werden, um meinem Schützling das notwendige Rüstzeug mitzugeben. Ich bin auf dem Weg, mir wie Gerd Osenberg eine Disziplin nach der anderen zu erschließen - und das in gesunder Form. Man kann auch in diesen beiden Disziplinen enormen Schaden anrichten, wenn man die Metabolik nicht beherrscht. Da bin ich auf einem ganz speziellen Weg abseits des deutschen Mainstreams. Ich richte mich international aus, weil der deutsche 400m-Bereich vor allem bei den Männern einfach nicht erfolgreich ist und das nicht ohne Grund. Im Zuge einer falschen Metabolik produziert man dann auch orthopädische Einschnitte. Wenn das vorherige Wissen auf solidem, gesundem Fundament steht, können neue Disziplinen ebenfalls gesund andocken und erschlossen werden. Beispiel: Ich habe einen tollen Nachbarn, der Handwerker (Installateur und Heizungsbauer) war. Er hat ein solches fundiertes Wissen, dass er auch in Nachbarschaftshilfe meine Standuhr mit Westminster-Glockenschlag in der Lage ist zu reparieren. Ich helfe ihm wieder auf einem anderen Gebiet. - Der Transfer kann bei sehr gut geschulten Trainern auch einfach besser gelingen. 

Gertrud
Hart, aber herzlich wie immer!  Wink


RE: Verletzte DLV-Athleten 2018 - TranceNation 2k14 - 20.04.2018

(20.04.2018, 07:04)Gertrud schrieb: Im Zuge einer falschen Metabolik produziert man dann auch orthopädische Einschnitte.

Ohne Häme, könntest du das bitte weiter ausführen?


RE: Verletzte DLV-Athleten 2018 - Gertrud - 20.04.2018

(20.04.2018, 08:47)TranceNation 2k14 schrieb:
(20.04.2018, 07:04)Gertrud schrieb: Im Zuge einer falschen Metabolik produziert man dann auch orthopädische Einschnitte.
Ohne Häme, könntest du das bitte weiter ausführen?

Wenn man Athleten in den falschen Sparten (speed, speed endurance und special endurance) platt trainiert und die speziellen Pausenlängen nicht einhält, häufen sich Verletzungen. International trainiert man vollkommen anders. Ich habe sehr gründlich diese Parameter begutachtet. Es gibt Trainer, die selbstkritisch sogar im absoluten Topbereich aufgrund einschlägiger Studien ihre Programme geändert haben.

Gertrud


RE: Verletzte DLV-Athleten 2018 - icheinfachma - 20.04.2018

(19.04.2018, 12:11)Jo498 schrieb: Ergänzung (da Bearbeiten nicht mehr möglich) Nach dem LA.de Beitrag war bei Reh der Ermüdungsbruch vor 2 Jahren im linken Fuß, der Bänderriss an Weihnachten war im linken Knöchel, jetzt ist es das rechte Wadenbein. Auf den ersten Blick sehe ich als außenstehender Laie keinen Zusammenhang, allenfalls vielleicht eine allgemeine Traingsbelastung, die insgesamt an/über der Grenze liegt.
Es kann auch durch das Umknicken mit dem linken Fuß als unbewusstes Schon-Bewegungsmuster der linke Fuß ent- und der rechte mehr belastet werden, sodass in der Folge der Ermüdungsbruch am rechten Fuß entsteht. Es muss nicht am selben Fuß sein, wie der Bänderriss, ich sehe auch keinen Grund, warum ein Bänderriss später direkt zu einem Ermüdungsbruch führen sollte.


RE: Verletzte DLV-Athleten 2018 - icheinfachma - 20.04.2018

(20.04.2018, 08:47)TranceNation 2k14 schrieb:
(20.04.2018, 07:04)Gertrud schrieb: Im Zuge einer falschen Metabolik produziert man dann auch orthopädische Einschnitte.

Ohne Häme, könntest du das bitte weiter ausführen?
Ich kann dazu nur ergänzen, dass der größte Risikofaktor für Muskelfaserrisse / Muskelzerrungen zentralnervale und muskuläre Ermüdung ist. ATP gilt als "Weichmacher" der Muskeln und ein ermüdetes ZNS kann die Muskeln nicht mehr optimal koordinieren. Darum geht es also, wenn Gertrud schreibt, man soll die Pausen nicht zu kurz gestalten.  Bei einem konkreten Verletzungsfall kommen dann natürlich immer mehrere Risikofaktoren zusammen, z.B. unzureichende Vorbereitung durch Krafttraining, Technikfehler, Fehlstellungen, ... .