Leichtathletikforum.com
Ernährung während des Zehnkampfes - Druckversion

+- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com)
+-- Forum: Spezial (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=7)
+--- Forum: Ernährung und Gesundheit (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=11)
+--- Thema: Ernährung während des Zehnkampfes (/showthread.php?tid=277)

Seiten: 1 2 3


Ernährung während des Zehnkampfes - Hinkebein - 16.06.2014

Wie sehen denn Ernährungspläne während eines Zehnkampfes aus? Im Ausdauerbereich wird die Nahrungsaufnahme ja exakt geplant. Im Mehrkampf doch sicherlich auch?

Was würdet Ihr wann empfehlen?


RE: Ernährung während des Zehnkampfes - lor-olli - 16.06.2014

Das ist schwierig mit den Empfehlungen weil

- es sehr davon abhängt, was der indviduelle Körper unter Belastung verträgt
- Zehnkämpfe sich unterschiedlich lange hinziehen, unterschiedliche Pausen entstehen (größere Wettkämpfe mit unterschiedlichen Leistungsniveaus können sich extrem ziehen)
- die äußeren Bedingungen noch wichtiger sind als bei einem Marathon (Temperatur / Feuchtigkeit)
- es auch einen Bezug zur sonstigen Ernährung des Sportlers gibt (keine Experimente während des Wettkampfes!)
- es wichtig ist schon während des Trainings auszuprobieren, ob bestimmte "Happen" während einer Belastung Probleme bereiten (ich hatte eine Athletin die Energieriegel nicht vertrug / erbrach…)

Ein paar Faustregeln mit denen ich ganz gut gefahren bin.
 
- die Nahrung schon ein paar Tage vorher anpassen (wenigst Süßigkeiten aber z.B. Nüsse, Protein z.B. mageres Fleisch - Soya unbedingt vorher testen, mineralreich auch beim Trinken, am Tag vor dem Wettkampf Kohlehydrate für die Glykogenspeicher)
- Wettkampftag: das Frühstück so früh wie möglich einnehmen (Müsli / Vollkorn nur wenn man es verträgt), damit der Körper Zeit hat bis zum Start die Nahrung zu verwerten. (fällt den Morgenmuffeln immer besonders schwer)
- Ausreichend essen ohne zu "Völlen", ist der Magen / Darm zu voll, kostet die Verdauungsarbeit unnötige Energie (von anderen Problemen ganz abgesehen)
- den Tag über kontinuierlich kleine Happen essen, so dass weder Hunger noch Druckgefühl entstehen (Bananen, Energieriegel, Joghurt etc.), gilt auch beim Trinken.
- in den Mittagspausen habe ich immer nur leicht gegessen, andere "richtig", aber das wird auch durch die Pausenlänge bestimmt. (bei 3 Stunden kann man auch gut essen).
- vor den Läufen / Sprüngen besser nichts essen, während der Würfe ist das unproblematischer.
- die Verpflegung vorbereiten (in mundgerechte Portionen verpacken, so das sie auch nicht zerdrückt oder zu heiß wird) damit man sich während des Wettkampfes nicht darum kümmern muss.
- etwa alle 90 Minuten (Magenrhytmus) eine Kleinigkeit hält den Insulinspiegel in einem vernünftigen Bereich.

Der Körper verbraucht an zwei Tagen durchaus bis zu 8000 Kalorien (oder mehr bei schweren Athleten), die kann man nicht während des Wettkampfes kompensieren, schon gar nicht verdauen!
Da der Schlaf wichtig ist, sollte man vor dem Schlafengehen / nach dem Wettkampf rechtzeitig essen, aber keine "Tour de France - Portionen! (Energiereich aber leichtverdaulich, wenig Fett, keine Hülsenfrüchte, Vollkorn nur wenn man es verträgt). Die Portion so wählen, dass man bequem schlafen kann. Die Muskeln brauchen Zucker, den der Körper aber besser aus Kohlehdraten holen sollte, Eiweiß / Protein, Mineralien (um Krämpfe zu vermeiden, besonders am zweiten Tag), Fett dagegen während des Wettkampfes nicht. (hochwertige pflanzliche Öle z.B. am Abend mit / zum Salat sind aber gut).

Die wichtigste Faustregel: die Gedanken vorher machen, 1-2 kg in den Tagen vor dem Wettkampf "zulegen" sind normal (und hinterher wieder weg). Nur essen was man verträgt / ausprobiert hat. Trinken immer schluckweise, aber regelmäßig und in der Summe ausreichend (z.B. bei großer Hitze).

Der große Unterschied zum Ausdauerbereich ist der, dass man nicht im aeroben Bereich arbeitet, der längere Ausdauerbereich erfordert die genaue individuelle Anpassung der Energieversorgung während der Ausübung (Glykogenspeicher vs. Fettverbrennung), Zehnkämpfer sind Schnellkraftsportler und essen in den Pausen - die Umschaltung auf die "Fettverbrennung" bei leeren Glykogenspeichern ist nicht tragend - man kann ja "gleich wieder" essen. (der Marathon befindet sich genau in der zeitkritschen Phase, da das Verdauungssystem länger braucht die Speicher wieder aufzufüllen als der Wettkampf dauert, der Körper muss an die "Reserven" / das Fett gehen)


RE: Ernährung während des Zehnkampfes - MZPTLK - 16.06.2014

Lor-Olli, setzen, 1.
Damit können wir den Thread schliessen.
Es ist alles gesagt.

Nur nicht von allen.Big Grin


RE: Ernährung während des Zehnkampfes - decathlonitis - 16.06.2014

(16.06.2014, 19:54)MZPTLK schrieb: Lor-Olli, setzen, 1.
Damit können wir den Thread schliessen.
Es ist alles gesagt.

Nur nicht von allen.Big Grin
Verflixt,
der Saukerl hat wieder alles so ausführlich so richtig gesagt, und so verdammt schnell, da kommt selbst MZ.... nicht hinter her und mir fehlt sowieso eine Woche Vordenkzeit.
Trost finde ich nur etwas vom Sieg der teutschen Balltreter.
Sleepy


RE: Ernährung während des Zehnkampfes - MZPTLK - 16.06.2014

Deca, nicht grämen, das ist Lor-Ollis ureigenes Metier.
Deine Stunde schlägt schon auch noch, Du brauchst nur einen Thread TKB eröffnen...Big GrinBig GrinBig Grin
Das gibt ein Gemetzel! Tongue


RE: Ernährung während des Zehnkampfes - Hinkebein - 17.06.2014

Dank an lor-olli .

Aber schließen würde ich hier noch nicht.

Vielleicht können wir ja noch ein kleine Rezeptsammlung aufmachen für eigene Getränkemischungen bzw. Riegel? Macht das jemand selbst?

Bei meinen altersbedingten Ausflügen auf die Marathonstrecke habe ich mir etwas Maltodextrin gekauft und das mit Wasser gemischt. Ich habe das gut vertragen und das war auch viel günstiger als irgendwelche Sportgetränke.

Habt ihr eine ZehnkampfspezialmischungBig Grin? Natürlich nur legalThumb_up


RE: Ernährung während des Zehnkampfes - lor-olli - 17.06.2014

@ deca, mzptlk
vielleicht beruhigt es die Herren, dass ich das Thema Erährung nicht ganz freiwillig "beackert" habe (Magentechnisch bedingt...)! Wink
Außerdem finde ich es richtig in einem solchen Forum (wir wollen doch, dass hier möglichst viel Leben stattfindet…), dass wichtige Fragen auch beantwortet werden (und mancher Leistungseinbruch kommt auch von schlechter / falscher Ernährung, wie ich bestätigen kann!). Und ich bin ein geduldiger Zuhörer, wenn meine Expertin "vom Leder zieht". (Darf man leicht untergewichtigen Ökotrophologinnen eigentlich vertrauen  Huh )

@ Hinkebein
mit den Rezepten ist das so eine Sache - ich z.B. vertrug Bananen nicht so gut, weder beim 10-Kampf noch beim Marathon (Sodbrennen), die sind aber von der Zusammensetzung und leichten Verdaulichkeit besonders geeignet. Ich bin auch kein Freund der Mixturen vom Lauf- (mir fällt hier nichts freundliches ein) Greif, nix für Gourmets, physiologisch natürlich gut, verdauungstechnisch eher "heftig" (Konzentration kann Magenkrämpfe verursachen).

Ein Rezept gegen das bisher keiner rebelliert hat und welches schnell Energie spendet, Durst löscht und nicht belastet: Joghurt mit dünnflüssigem (nicht kristallisiertem) Honig. Geschüttelt ist es eher flüssig und lässt sich gut trinken, die Zucker im Honig sind sehr schnelle Energiespender, das Eiweiß des Joghurts (keinen Magermilchjoghurt!) sättigt, aber eben leicht. Ich habe während des Wettkampfes nie sehr viel gegessen, mehr aus Kalkül denn aus Hunger… (andere musste man bremsen)


RE: Ernährung während des Zehnkampfes - Delta - 27.06.2014

(17.06.2014, 08:29)lor-olli schrieb: @ deca, mzptlk
vielleicht beruhigt es die Herren, dass ich das Thema Erährung nicht ganz freiwillig "beackert" habe (Magentechnisch bedingt...)! Wink
Außerdem finde ich es richtig in einem solchen Forum (wir wollen doch, dass hier möglichst viel Leben stattfindet…), dass wichtige Fragen auch beantwortet werden (und mancher Leistungseinbruch kommt auch von schlechter / falscher Ernährung, wie ich bestätigen kann!). Und ich bin ein geduldiger Zuhörer, wenn meine Expertin "vom Leder zieht". (Darf man leicht untergewichtigen Ökotrophologinnen eigentlich vertrauen  )

Verstehe ich sehr gut. Mein Tipp

Teigwaren vor dem Wettkampf es ist wie im Fussball die Speicher müssen gefüllt sein. (Normale Portion)

Salz: geht sehr oft vergessen.  Bouillon oder japanische Nudelsuppe 
unbedingt dabei haben.

(Nudelsuppe  Vor dem Speerwerfen einnehmen präventiv für den 1500 m Lauf und vor dem Hochsprung je nach Zeit auch vor dem 400 m Lauf)

Flüssiger Honig mit Tee einnehmen.

Unbedingt bis max 30 Min. nach dem Wettkampf nochmals eine kleine Portion  Teigwaren zu sich nehmen. Energiespeicher müssen sofort wieder gefüllt werden.

Achtung Spezialpräparate wie "Energiedrinks/Riegel" vor dem Wettkampf unter  intensiver Belastung testen nicht alle vertragen das.


RE: Ernährung während des Zehnkampfes - T-Willy - 23.08.2014

ich habe eine Frage an die Praktiker:
Habt ihr schonmal probiert,am Wettkampftag nur zum Frühstück auf Kohlenhydrate zu verzichten?Stattdessen leichtverdauliches Protein und hochwertige Fette!
Zumindest in der Theorie ist es so,dass ein kohlenhydratreiches Frühstück die Neurotransmitterbalance hin zum Inhibitorischen verschiebt,und zwar für längere Zeit!
Das bedeutetu.A.  eine geringere Dopamin und Noradrenalinproduktion und höhere Serotoninspiegel,
was eigentlich schon als leistungshemmend diskutiert wird!
Und die Glykogenspeicher sollten ja am Wettkampftag schon voll sein aufgrund der Ernährung in den Tagen  vor dem Wettkampf....
Dass man bei so einem  Vorgehen auch eine gewisse Eingewöhnungsphase bräuchte,denk ich aber schon!
Theoretisch müssten die Glycogenspeicher ja locker für den 100m-Lauf reichen,und danach kommen erstmal Sprung und Wurf,wo die Energie ja primär aus den intramuskulär gespeicherten Phosphaten  erzeugt  wird!
Hat jemand damit schon Erfahrungen freiwilliger oder unfreiwilligerBig Grin Art?


RE: Ernährung während des Zehnkampfes - lor-olli - 25.08.2014

Die Art der Ernährung während eines Zehnkampfes ist nicht so kritisch wie z.B. während eines Marathons. Ernährungsgewohnheiten müssen für einen halbwegs leistungsorientierten Marathonlauf nahezu immer verändert werden, da sich die Ernährung sonst während des Wettkampfes auswirkt und nicht mehr korrigiert / kompensiert werden kann!

Ein Zehnkampf ist streng genommen ein Ausdauerwettkampf mit mehreren Leistungsspitzen, denn man "hängt" ja zwischen den Diziplinen nicht nur rum. Ich habe immer Kohlehydrate zum Frühstück gebraucht, denn über zwei Tage ist das psychologische Element der Nahrungsaufnahme nicht zu vernachlässigen!

Die theoretischen Überlegungen zum "kohlenhydratreichen" Frühstück sind insofern etwas übertrieben, da die Mengen, die man vor dem 100m Lauf zu sich nimmt, allenfalls den Hunger fern halten, aber nicht "sättigen" sollen. Ich kenne aber auch ein paar Athleten, die fast gar nicht frühstückten, allenfalls flüssig (auch Kohlehdrate), da ihnen die frühe Zeit überhaupt nicht entgegen kommt. Leichtverdauliche Proteine und hochwertige Fette haben ein kleines Problem, sie stillen kaum den Hunger! (Kann man ausprobieren, einfach mal mageres Steak ohne Beilagen essen… der Hunger kommt schnell wieder) 

Die Grundüberlegungen zur Ernährung sind aber richtig, doch ich persönlich halte den Weg der "dauerhaften Nahrungsanpassung" für gangbarer. Der Körper gewöhnt sich an Nahrungsaufnahme, Zusammensetzung, aber auch z.B. an den Geschmack. Während eines Marathons schüttete ich mir auch schon mal wenig geschmackvolle Drinks rein, der Fokus liegt halt auf dem Lauf weil man läuft…

Im Zehnkampf kommt aber noch ein Moment hinzu, welches man nicht unterschätzen sollte: die Psychologie! Gute Leistungen können sogar echten Hunger überlagern (wenn wir schon bei den Hormonen sind …), wogegen man misslunge Leistungen durch die Belohnung mit einem schmackhaften Happen mildern kann. Über zwei Tage ist das komplex, denn ein schlechter Wettkampf sollte nicht zur "Süssigkeiten-Orgie" verkommen Wink.

Insgesamt sollte man sich über die Erbährung nur VOR dem Wettkampf Gedanken machen müssen, Essen während des Wettkampfes sollte einem gewissen Automatismus folgen, dazu ist es gut zu erkennen wann sich Hunger einstellt. Kohlehydrate zum Frühstück etwa, sind für gewöhnlich "Leistungsanschubser" (Insulinspiegel), wenn man auf sie verzichten möchte sollte man das ebenfalls trainieren.

Gibt es für die Verschiebung der Neurotransmitterbalance durch kohlehydratreiches Frühstück / Ernährung - auch unter dem Aspekt einer schweren körperlichen Belastung! - eine Quelle? (aus reinem Interesse!)
Unter Ruhe-/Normalbedingungen könnte ich dies nachvollziehen, aber unter Belastung sind die Schwankungen der verschiedenen Pegel schon erheblicher, wie wirkt sich eine solche "Manipulation" der Neurotransmitterbalance auch unter dem zeitlichen Aspekt (48h) aus? Gilt dieser Verzicht auf Kohlehydrate nur für das Frühstück? Für eine gesunde Verdauung sollte die Nahrung über zwei Tage schon ausgewogen sein?! Trotzdem interessanter Aspekt!