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Lombardsches Paradoxon - theoretische Erörterung - Druckversion

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RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - La Vicu - 23.04.2015

(22.04.2015, 21:48)MZPTLK schrieb: Danke, La Vicu. Das scheint ja was zu sein.
Aber könntest Du das nicht in ein paar Sätzen zusammen fassen?
Ich bin sicher nicht der einzige den ganzen Tag mit vollkommen anderen Themen befasste Berufstätige, der andere Prioritäten setzen muss.

Was genau willst du in ein paar Sätzen zusammengefasst haben?


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - Gertrud - 23.04.2015

(23.04.2015, 12:14)La Vicu schrieb: Wenn du neue Erkenntnisse in dein Training einbauen willst, bleibt dir nichts anderes übrig. Glaub nicht, ein anderer würde diese Beschäftigung für dich übernehmen; denn keiner weiß, wonach du suchst - falls du überhaupt suchst.

Wenn man als Trainer/in gut werden will, bleibt es einem nicht erspart, permanent nach neuen Feldern zu suchen und immer wieder zu integrieren. Das L.P. ist ein Puzzlestück unter vielen. Man darf die Gesamtheit nie aus dem Auge verlieren. Sich wie beim Autofahren der Zielbewegung step by step zu nähern, sollte unser Ziel sein. Jeder Athlet ist anders genau wie jedes Auto. Wenn ein Auto eine Platten hat, repariert man auch nicht das ganze Auto. Schwachstellen zu erkennen und zu beseitigen, erfordert eine Menge Detailwissen. Man muss sicherlich nicht das Rad neu erfinden. Man kann auch Kenntnisse übernehmen, aber man muss wirklich viel selbst für seinen Erfolg tun. 

Das L.P. genau zu quantifizieren, ist sicherlich schwierig. Da hat auch Wiemann zugegeben, weil die Muskeln nicht immer nur straight, sondern auch schon mal um die Ecke gehen. Man kann sich der Wahrheit wahrscheinlich nur annähern.

Gertrud


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - MZPTLK - 23.04.2015

(23.04.2015, 12:20)La Vicu schrieb: Was genau willst du in ein paar Sätzen zusammengefasst haben?
Ich mache Dir weder bei der Zahl der Worte noch bei der Auswahl der Publikationen Vorschriften.
Wer bin ich denn, wir sind hier auch nicht bei Wünschdirwas.

Ich appelliere nur an Dich, das zum Thema von Dir gelesene möglichst kompakt darzustellen, so dass es auch der Otto Normaltrainer nachvollziehen kann.

Sollten an der einen oder anderen Stelle Nachfragen kommen, kann man ja immer noch nachliefern
oder sich selbst die Mühe machen, das Thema anhand der Originalliteratur zu vertiefen.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - icheinfachma - 23.04.2015

Nach 4 Monaten der Abwesenheit und einer ereignisreichen Zeit melde ich mich zurück Smile


Ein ganzes Training nach dem Lombard'schen Paradoxon ausrichten - warum nicht? Wir wissen, dass die ischiocruralen Muskeln die wichtigsten Kniestrecker im Sprint jenseits des Startabschnittes sind und nicht der Quadriceps. Francis hat sein Training nach dem Lombard'schen Paradoxon ausgerichtet und das nicht ohne Erfolg (Quelle auf Nachfrage per Mail). Warum also nicht fragen: "Wie machen es die Erfolgreichen?" Stattdessen wird hier vorrangig einen Schritt zurückgegangen und ein Zusammenhang, der bereits nachgewiesen ist, in Frage gestellt. Wir dürfen nach zwei Jahrzehnten gerne einen Schritt weiter gehen und uns fragen, wie wir die wichtige Erkenntnis des Lombard'schen Paradoxons im Sprint sinnvoll umsetzen können.

Wir werden auch in weiteren 4 Monaten nicht herausgefunden haben, ob sich Wiemann geirrt hat, indem wir den Menschen mit Känguruhs, Flusspferden und Mofas vergleichen. Auf der Ebene, auf der in diesem Thema diskutiert wird, nämlich auf einer wissenschaftlichen, haben uns Wiemann und seinesgleichen nämlich einiges voraus.

Vielleicht werden wir mehr herausfinden, wenn wir Ideen und Fragen zu den motorischen Fragestellungen zusammentragen. Denn wir wissen, dass es gerade im Sprint nicht nur auf die Muskelkraft ankommt, sondern auch auf die intermuskuläre Koordination. Wie bringen wir Muskelketten dazu, gut abgestimmt zu arbeiten? Welche Zusammenhänge kennen wir zwischen der muskulären Kniestabilisation und den Ischios? Welchen Wissensstand haben wir zu Beinbeugerzerrungen und wie können wir das im Training berücksichtigen? Warum gibt es keine leistungsmäßigen Unterschiede zwischen Sprintern mit einem gewichtheberischen Krafttraining und solchen, die besonderen Wert auf Beinbeugerkrafttraining legen? Wir können diese Themen sehr viel besser greifen, anstatt uns monatelang in den Schwanz zu beißen.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - Gertrud - 23.04.2015

Wir werden erfolgreicher sein, je mehr wir die Bewegungen spezifizieren. Die L.P.-Betrachtungsweise ist sehr sprintspezifisch und deshalb sehr zielführend. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nicht nur punktuell schauen sollten, sondern jede Aktion hat auch Hilfsmuskeln nötig. Wenn ich muskulär in Langsrichtung die Hauptakteure sehe, dann sind daneben die lateralen Muskulaturen wichtig für die seitliche Stabilität vor allem in der Bodenkontaktphase, die erst die "Hauptmuskeln" effektiv arbeiten lassen. So sollten wir die Dinge immer im Kontext sehen. Auch das erst macht Oszillation aus, die man bei Bolt so herrlich in der "Becken-Acht" (mein Ausdruck) sieht. Hier wird teilweise die "Betonhüfte" trainiert.

Wo es hier bei Trainern oft hakt, ist primär nicht das Wissen um diese Dinge, sondern die praktische Umsetzung. Man tut sich hier sehr schwer, die Bedingungen in Übungen zu transferieren. Wir haben das vor 25 Jahren (!!!) bei Sabine weitgehend schon umgesetzt. Wichtig ist vor allem, dass diese Dinge automatisiert werden, um die nervalen Verbindungen zu stimulieren, was oft Monate benötigt. 

Gertrud


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - MZPTLK - 24.04.2015

(23.04.2015, 22:49)icheinfachma schrieb: Nach 4 Monaten der Abwesenheit und einer ereignisreichen Zeit melde ich mich zurück Smile
Ein ganzes Training nach dem Lombard'schen Paradoxon ausrichten - warum nicht? Wir wissen, dass die ischiocruralen Muskeln die wichtigsten Kniestrecker im Sprint jenseits des Startabschnittes sind und nicht der Quadriceps. Francis hat sein Training nach dem Lombard'schen Paradoxon ausgerichtet und das nicht ohne Erfolg (Quelle auf Nachfrage per Mail). Warum also nicht fragen: "Wie machen es die Erfolgreichen?" .

Willkommen zurück! Wir hatten schon Entzugserscheinungen.
Deine Fragestellungen finde ich gut, auch Gertruds Ergänzungen.
Teilweise etwas unkonkret, aber das kann ja noch werden.

Woher 'wissen' 'wir', dass die Ischios die die wichtigsten Kniestrecker sind?
Ist mir da was an Beweisen durch die Lappen gegangen?
Dass die Ischios früher teilweise 'underrated' waren, hatte ich schon oft betont.
Und dass man damit eine Reserve von 1-1,5 Zehntel herauskitzeln kann, ebenfalls.
Das ist kein paradoxes Mysterium.

Tu mir bitte einen Gefallen und lasse Charlie Francis aussen vor.
Mir fällt kein von ihm trainierter Sprinter ein, der ungedopt war.
Johnson, Issayenko, Mc Coy, Jones, Montgomery, usw..
Mc Coy ist extra nach Österreich 'abgehauen', wo man damals noch sehr Hustensaft-affin war.
Der deutsche Kugelstosser Kalman Konya hatte es genauso gemacht.Angry
Seit über 10 Jahren hat Francis nicht mehr gewirkt(Krankheit, Tod 2010).
Er muss also sehr früh mit 'LP' -Training angefangen haben,
oder er hat aus anderen Überlegungen mehr Augenmerk auf die Ischios gelegt.


Ich gehe davon aus, dass Spitzensprinter ungedopt und ohne 'LP' um die 10,0 laufen können.
Rechnet man den Hustensaft rein, kommen Zeiten um die 9,8 raus.

Mit 'LP' wären wir bei 9,65-9,70....


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - La Vicu - 24.04.2015

(24.04.2015, 12:04)MZPTLK schrieb: Woher 'wissen' 'wir', dass die Ischios die die wichtigsten Kniestrecker sind?


Erst einmal hat doch icheinfachma von den „... wichtigsten Kniestrecker(n) im Sprint jenseits des Startabschnittes..." gesprochen. Das relativiert deine Frage schon einmal etwas.

Aber die Frage meinerseits ist, wieso im Zusammenhang mit den Ischios beim Sprint immer nur von der kniestreckenden Funktion dieser Muskeln (bei leicht gebeugtem Kniegelenk und bei „Führung“ des Endes der freien kinematischen Kette) geredet wird? Die Ischios sind beim Sprint die wichtigsten hüftstreckenden Muskeln, aber nur solange Vortrieb zu erzeugen ist. Dass sie dabei gleichzeitig auch kniestreckend wirken (nur bei leicht gebeugtem Knie wohlgemerkt), scheint doch sinnvoll, würden sie doch sonst die Funktion der  Vastus-Gruppe in der Stützphase beeinträchtigen. Sobald der Bodenkontakt am Ende der Stützphase verloren geht, verlieren die Ischios ihren Aktionsauftrag.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - v.b. - 24.04.2015

Guten Tag.
Motorische Programme:
… die Reihenfolge der Einzelimpulse und relative Impulsabstände.
 …die Reihung der Muskelaktivierungen und die Proportionen ihrer zeitlichen Abstände
zueinander.
… die zeitliche Dauer der bewegungssteuernden Muskelaktivitäten, die durch die Verhältnisse
der Einschaltdauer der Einzelimpulse festgelegt werden.
… die Relation der während der Ausführung der Bewegung erzeugten Muskelkräfte…
Mir gefehlt:
„Einströmende Reize (Afferente  Innervation) werden grundsätzlich mit bereits bekannten aus dem Gedächtnis auf ihren Neuheitswert, ihre Gefährlichkeit oder auch Unsinnigkeit hin mit schon gespeicherten Erfahrungen verglichen, es findet also eine Verbindung zwischen Gedächtnis und FR (Formatio reticularis) statt. Bei Meldung unbekannter Reize wird ein sog. Orientierungsreflexausgelöst, der die Aktivität des Gehirns tonisch anhebt, wodurch ein adäquates Reagieren auf Neues möglich wird.“ (LURIJA 1998).
Ich möchte aber nicht, über die Richtigkeit einer oder andere Theorie der Bewegung Lehre streiten, mir gefehlt  der Ausdruck  „Gefährlichkeit des Reizes“.
Das Beispiel: Tiefstart.  Die Kraftentfaltung  von Hüft – Kniestreckung Muskeln, und resultierende Körpergeschwindigkeit dürfen  der gesamte Organismus nicht gefährden.  Wenn, die Hüftbeugemuskeln zu schwach  sind um entsprechend schnell das Schwungfuß nach vorne zu befördern  und erste Bodenkontakt auf,  oder vor dem Körperschwerpunktprojektion  zu ermöglichen, dann: wird horizontale  Körpergeschwindigkeit reduziert, und - oder die Kraftentfaltung  von Hüft – Kniestreckung Muskeln gehemmt.
Generell: Voraussetzung für höhere horizontale Körpergeschwindigkeit ist: schnellerer Beförderung des Schwungfußes nach vorne. „Gefährlichkeit des Reizes“  - wenn es nicht stattfindet, dann landet der Organismus auf die Nase.
EMG der IMG.
Nach das Ende des Bodenkontaktes muss der Fuß nach vorne übertragt werden. Wenn Hüftbeuger zu schwach ist, wird die Belastung für Hüftbeuger durch „Anfersen“ reduziert.  Der Beinschwerpunkt wird näher zu  Drehachse (Hüftgelenk) gebracht.  Also: IMG soll früher aktiv sein.
Es ist kein Geheimnis dass, die Anzahl von Sarkomere in die Serie, durch das Training, beeinflussbar ist.  Mehrere Sarkomere hinter einander – spätere Erreichung kritische Sarkomere Länge – spätere Auslösung des Muskel Dehnung Reflexes – spätere elektrische Aktivität des Muskel.
Die EMG der IMG Studien beweisen dass IMG elektrisch aktiv ist.   
Lombardischer Paradoxon….  Beuger streck…  und wo? Hinter  dem Körperschwerpunktprojektion  ?


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - icheinfachma - 24.04.2015

(24.04.2015, 12:04)MZPTLK schrieb: Woher 'wissen' 'wir', dass die Ischios die die wichtigsten Kniestrecker sind?
Ist mir da was an Beweisen durch die Lappen gegangen?
Dass die Ischios früher teilweise 'underrated' waren, hatte ich schon oft betont.
Und dass man damit eine Reserve von 1-1,5 Zehntel herauskitzeln kann, ebenfalls.
Das ist kein paradoxes Mysterium.
Genau diese Diskussion hat uns (nein euch) vier Monate lang ergebnislos beschäftigt. Ich würde sie deswegen sein lassen. Aber es geht mir auch um ganz andere Fragen, die ich soeben gepostet habe.

Zitat:Tu mir bitte einen Gefallen und lasse Charlie Francis aussen vor.
Mir fällt kein von ihm trainierter Sprinter ein, der ungedopt war.
Seit über 10 Jahren hat Francis nicht mehr gewirkt(Krankheit, Tod 2010).
Ich meinte Stephen Francis. Er trainiert 80 Leistungssprinter und -hürdenläufer, darunter den zweifachen Weltrekordhalter Asafa Powell, Veronica Campbell-Brown, Sherone Simpson, Kaliese Spencer, ... und ist brandaktuell aktiv. Ich glaube schon, dass wir von ihm eine Scheibe abschneiden können. Auffällig ist die geringe Verletzungsanfälligkeit seiner Sprinter. Ich habe ein Dokument vorliegen, das sich mit seinem Training auseinandersetzt und außerdem noch ein ausführliches Interview mit Glen Mills (Trainer von Usain Bolt) enthält.

Zitat:Ich gehe davon aus, dass Spitzensprinter ungedopt und ohne 'LP' um die 10,0 laufen können.
Rechnet man den Hustensaft rein, kommen Zeiten um die 9,8 raus.

Mit 'LP' wären wir bei 9,65-9,70....

Interessant, das erklärt die geringen Leistungsunterschiede zwischen den Sprintern, die ihre Beinbeuger kräftig mittrainieren und denen, die es nicht tun. Aber kann z.B. ein Justin Gatlin, der sehr schwach entwicklete Beinbeuger zu haben scheint (im Verhältnis zu Gesäß, Adduktoren und Quadriceps) wirklich damit 9,7x laufen? Warum kommt sein Trainer nicht auf die Idee, noch mehr rauszuholen? Geht es vielleicht gar nicht um Hypertrophie, sondern viel mehr um IK? Warum dann eine Quadricepshypertrophie?

Es geht mir aber auch um die Frage, wie wir die rückseitige Muskelkette konditionieren können, dass sie effektiv zusammenspielt; um die Kniestabilisation durch Ischios (hier besteht ein Einfluss auf den Rotationsgrad der Tibia gegen das Femur), Beinbeugerzerrungen.

Ich mache einen Vorschlag zum Thema Kniestabilisation:

-Unser Knie wird wahrscheinlich zweierlei stabilisiert: Unser Vastus medialis pars obliquus bewirkt vermutlich, dass die Patella bei einer Kniestreckung nicht durch die anderen Vastus-Anteile zu sehr nach lateral gezogen wird. Er ist wohl besonders aktiv bei geringen Winkeln zwischen der Verlängerung des Femur kniewärts und der Tibia. Die zweite Form der Stabilisation ist wahrscheinlich die Stabilisation des Tibia-Fibula-Verbundes gegen Rotation gegenüber des Femur. Wichtig ist M. popliteus aus der tiefen Beugerloge. Weiterhin kann M. gastrocnemius durch seine dorsomedial und dorsolateral am Femur befindlichen Ursprünge durch verschiedenstarke Kontraktion beider Anteile einen Einfluss auf die Rotation nehmen. Die Mm. ischiocrurales haben einen Einfluss auf die Tibia-Fibula-Rotation und die drei hüftgelenksumspannenden Teile (Semitendinosus, semimembranosus, biceps femoris caput longum) auf die Rotation des gesamten Beines. Ihre Ansätze sind im Bildanhang ersichtlich.

-Das Ideal ist ein weder nach innen- noch nach außen rotiertes Bein. Wir haben oft das Fehlerbild der Außenrotation in der Phase zwischen Kniehubposition und Bodenkontaktphase. Vgl. meinen Video-Upload: Fraser mit Außenrotation, Jeter in kribbelgänsehauterzeugender Perfektion. https://vid.me/SYGZ Während der Bodenkontaktphase dreht sich das Bein wieder in die normale Position. Probleme sind eine durch außenrotierten Fußaufsatz begünstigte Überpronation und eine seitliche Belastung des Knies.

Ich schlage folgende Lösung vor:
Wir denken uns eine Dehnübung: Im einbeinigen Stand liegt das nach vorn  angehobene, gestreckte Spielbein auf einem Hocker auf. Durch Vorbeugen dehnen wir unsere Beinbeuger des Spielbeines. Wir stellen fest, dass bei Innenrotation des Beines die lateralen Anteile (biceps fem. cap. longum) und bei Außenrotation die medialen Anteile (semitendinosus, semimembranosus) stärker gedehnt werden. Gleiches gilt übrigens für ein Nachhintenschieben der Spielbeinbeckenhälfte (lateral stärkere Dehnung) oder ein Nachvornschieben derselben (medial stärkere Dehnung).
Bei den Sitzmenschen (Schüler, ...) sind wohl aus irgendeinem Grund die lateralen Anteile verkürzter als die medialen. Meine Hypothese: Die verkürzten lateralen Anteile erfahren in der Abwärtsbeschleunigung des Beines bis zum Bodenkontakt einen stärkeren Dehnungsreflex, kontrahieren infolgedessen stärker (als die medialen Anteile) und sind dominant, bewirken also die Außenrotation. Demnach wäre ein Dehntraining der lateralen Ischiocrurales-Anteile und evtl. ein Krafttraining für die medialen Anteile zielführend für eine gerade Beinführung.  Weiterhin können wir durch häufige Wiederholung Bewegungen einschleifen. Ständige Korrektur bei Lauf-ABC-Übungen wie Quick Legs und B-Skipping wäre sicher auch gewinnbringend.

Ich bin gespannt auf eurer Wissen zu diesem Thema: Vielleicht können wir meinen Ansatz weiterentwickeln, vielleicht müssen wir ihn aber auch verwerfen.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - Gertrud - 24.04.2015

(24.04.2015, 14:02)icheinfachma schrieb: Interessant, das erklärt die geringen Leistungsunterschiede zwischen den Sprintern, die ihre Beinbeuger kräftig mittrainieren und denen, die es nicht tun. Aber kann z.B. ein Justin Gatlin, der sehr schwach entwicklete Beinbeuger zu haben scheint (im Verhältnis zu Gesäß, Adduktoren und Quadriceps) wirklich damit 9,7x laufen? Warum kommt sein Trainer nicht auf die Idee, noch mehr rauszuholen? Geht es vielleicht gar nicht um Hypertrophie, sondern viel mehr um IK? Warum dann eine Quadricepshypertrophie?

In dem Bereich geht es teilweise um Übungsausführungen, ob die eine oder andere Seite dominiert. 

Zitat:Es geht mir aber auch um die Frage, wie wir die rückseitige Muskelkette konditionieren können, dass sie effektiv zusammenspielt; um die Kniestabilisation durch Ischios (hier besteht ein Einfluss auf den Rotationsgrad der Tibia gegen das Femur), Beinbeugerzerrungen.

Man sollte den Fußeinfluss nicht unterschätzen.

Zitat:Ich mache einen Vorschlag zum Thema Kniestabilisation:
-Unser Knie wird wahrscheinlich zweierlei stabilisiert: Unser Vastus medialis pars obliquus bewirkt vermutlich, dass die Patella bei einer Kniestreckung nicht durch die anderen Vastus-Anteile zu sehr nach lateral gezogen wird. Er ist wohl besonders aktiv bei geringen Winkeln zwischen der Verlängerung des Femur kniewärts und der Tibia. 

Die Dominanz im Training des Longumanteils bei vielen ist offensichtlich. Der individuelle Q-Winkel wirkt zudem. Hier stellt sich die Frage nach Veränderung.

Zitat:Die zweite Form der Stabilisation ist wahrscheinlich die Stabilisation des Tibia-Fibula-Verbundes gegen Rotation gegenüber des Femur. Wichtig ist M. popliteus aus der tiefen Beugerloge. Weiterhin kann M. gastrocnemius durch seine dorsomedial und dorsolateral am Femur befindlichen Ursprünge durch verschiedenstarke Kontraktion beider Anteile einen Einfluss auf die Rotation nehmen. Die Mm. ischiocrurales haben einen Einfluss auf die Tibia-Fibula-Rotation und die drei hüftgelenksumspannenden Teile (Semitendinosus, semimembranosus, biceps femoris caput longum) auf die Rotation des gesamten Beines. Ihre Ansätze sind im Bildanhang ersichtlich. 

Nicht zu vergessen ist das teilweise individuell sehr ausgeprägte Tibiaplateau.

Zitat:-Das Ideal ist ein weder nach innen- noch nach außen rotiertes Bein. Wir haben oft das Fehlerbild der Außenrotation in der Phase zwischen Kniehubposition und Bodenkontaktphase. Vgl. meinen Video-Upload: Fraser mit Außenrotation, Jeter in kribbelgänsehauterzeugender Perfektion. https://vid.me/SYGZ Während der Bodenkontaktphase dreht sich das Bein wieder in die normale Position. Probleme sind eine durch außenrotierten Fußaufsatz begünstigte Überpronation und eine seitliche Belastung des Knies. 

Besser wäre ein Vergleich im vollen Max-Sprint-Bereich. Da ist Usain Bolt vorbildlich. Es ist immer die Frage, von welcher Seite man das "Pferd" aufzäumt: von oben nach unten oder unten nach oben. Die Auswirkungen sind enorm.

Glauben Sie mir, auch Sie werden die beidbeinige, tiefe Kniebeuge aus den Köpfen vieler Sprinttrainer nicht ausradieren können! Mich stört´s mittlerweile gar nicht mehr. Nur kann ich dann das Weinen über den Abstand zur absoluten Weltspitze nicht mehr hören.

Gertrud