(27.11.2021, 23:17)MZPTLK schrieb: Zum Beispiel gab es lange eine fatale Tendenz bei sogenannten Wirtschaftwissenschaftlern,Danke für die vielen Gedanken. Ich könnte jetzt aus aktuellem Erfahren an mehreren Stellen einhaken, will aber nur anekdotisch den letzten Teil puderzuckern.
die Komplexität der wirklichen Welt auf operationalisierbare Modelle herunterzubrechen,
wo man sich dann mathematisch austoben und 'wissenschaftlich' gerieren konnte.
Das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn man die Modelle - bescheiden - als Modelle verkauft hätte.
Man ist aber hingegangen und hat der Öffentlichkeit und der Politik einen gefährlichen Hokuspokus vorgemacht,
indem man die Modelle als Abbild der komplexen Realität vorgegaukelt
und daraus entsprechende Rezepturen abgeleitet hat.
In meiner Erstsemester-Übungsgruppe zur Kristallographie ist mir von Anfang an einer mit etwas wuscheligen Haaren aufgefallen, der seine Übungsblätter nicht dabeihat, aber sich dann Gedanken macht. Er macht auch Fehler, und - da wir interaktiv arbeiten - sogar vor allen an der Tafel. Der überlegt sich immer schon was: "Wie wäre es aber, wenn es noch eine Spiegelebene gäbe?" Das hält mich jung. In der fünften Übungsstunde fragte er mich, was das denn eigentlich sei, die Modelle. Das habe ich dann in meinen Worten erklärt, spontan, dass es Versuche sind, Teile der Wirklichkeit in berechenbare Formulierungen zu übertragen, an denen man die Auswirkung von Variablen testen kann. Im Anschluss kann man die Wirkungen der Modelle mit den Ergebnissen von Forschung an der Wirklichkeit vergleichen.
Da könnte man glatt versucht sein, abzuleiten, die Wissenschaft bestünde darin, in ihrem elfenbeinernen Wolkenkuckucksturm selbsterschaffene Modelle immer weiter zu erforschen. Eine permanente Diskussion zwischen Modellierern und Erforschern des wirklich Existierenden ist aber der Sinn der Modelle. Die besten Modellierer, mit denen ich enger zusammen war, haben das auch immer so gesehen.
Von der weniger direkt in die Forschung involvierten Bevölkerung werden Modelle überschätzt. Wie auch Animationen. Man lässt sich leicht beeindrucken.