Teil 2/4 Leistung theoretisch
Heckhausen bietet einen gut elaborierten psychologischen Leistungsbegriff an
und nennt 5 Bedingungen, die auch psychologische Universalien zu sein scheinen:
1. Ein Handlungsergebnis muss erzielt sein oder erzielbar, es muss objektivierbar sein und Aufgabencharakter haben.
2. Handlungen und ihr Ergebnis müssen auf einen Masstab der Schwierigkeit und/oder der Kraftaufwendung beziehbar und danach beurteilbar sein.
Die Masstäbe können in unterschiedlichen Bezugsnormen verankert sein
Die Bezugsnormen können Aufgaben-inhärent, grundgesetzt, sozial und individuell sein.
Soziale Bezugsnormen beruhen auf dem Vergleich mit den Handlungsergebnissen Anderer,
individuelle Bezugsnormen auf dem Vergleich mit eigenen früheren Handlungsergebnissen.
3. Handlungen müssen in ihren Ergebnissen gelingen oder misslingen können.
Die Aufgabenanforderungen müssen zwischen den Randbereichen des zu leichten und des zu schweren
hinsichtlich der zu überwindenden Schwierigkeit ud des aufzubringenden Kraftaufwandes liegen.
Aufgabentätigkeiten, die weder das erreichte Fähigkeitsniveau herausfordern
noch einen merklichen Aufwand an Kraft und Ausdauer erforderlich machen,
sind für den Tätigen nicht leistungsthematisch.
4. Ein Masstab der Schwierigkeit und/oder des Kraftaufwandes für eine Aufgabentätigkeit
muss vom Handelnden als eine für ihn verbindliche Tüchtigkeit übernommen sein,
das heisst als Indikator für seiine persönliche Tüchtigkeit anerkannt sein.
5. Das Handlungsergebnis muss vom Handelnden selbst verursacht sein,
das heisst sowohl von ihm beabsichtigt wie zustande gebracht worden sein.
Handlungsergebnisse, die sich unbeabsichtigt ergeben, unter Zwang oder durch Zufall,
mit Hilfe oder Behinderung von aussen kommen, rechnet man sich leistungsthematisch nicht zu,
man hält sich selbst nicht dafü verantwortlich.
Fähigkeit ist ein über die Zeit weitgehend stabiler, bzw. kalkulierbarer Ursachenfaktor im Handelnden.
Anstrengung ein variabler.
Im Gegensatz zur eigenen Fähigkeit kann der Handelnde über die von ihm aufgewandte Anstrengung
von Situation zu Situation frei verfügen.
Fähigkeits-zentrierte oder Anstengungs-zentrierte Leistung - jede hat ihre verbindlichen Tüchtigkeitsmasstäbe,
Gütemasstäbe versus Anstrengungmasstäbe, die beide auf unterschiedlichen Bezugsnormen beruhen können.
Für die Koppelung von Leistungsachweis und Chancenzuteilung, bzw. Honorierung
sind Beurteilungsmasstäbeaufgrund von angemessenen Bezugsnormen erforderlich.
Für alle Verhaltens- und Urteils-leitenden Wertaussagen/Prinzipien gilt aber,
dass man daraus zwar Einzelfall-bezogene Masstäbe ableiten kann,
aber keine allgemeingültigen, verbindlichen.
Wenn man nämlich die Vielfalt von Tätigkeiten und Qualifikationen nimmt,
so kann man die Forderung nach gleichförmigen und einheitlichen Masstäben zur Leistungsbeurteilung
nur als absurd bezeichnen.
Selbst innerhalb identischer Tätigkeitsbereiche können die im Einzelnen erforderlichen Qualifikationen
so unterschiedlich sein, dass mehrere Masstabsdimensionen in Betracht gezogen werden müssten.
Heterogenität der Leistungsmasstäbe ist deshalb die Regel - ausser z.B. bei bestimmten Sportarten.
Eine Kritik an supra-/interindividuellen Leistungsmasstäben ergibt sich vor allem auch aus Folgendem:
Angenommen, ein einheitlicher Leistungsmasstab wäre herstellbar und praktiziert,
dann wären die psychologischen Folgen dramatisch:
1. Die Wahrnehmung der sozialen Ungleichheit wäre weit penetranter.
2. Soziale Tätigkeitshierarchien würden forciert und fixiert,
so dass die Möglichkeiten leistungsthematischer Selbsterfüllung für die Meisten infrage gestellt würden.
Die soziale Bezugsebene der leistungsthematischen Selbst- und Fremdbewertung
würde die Aufgaben-inhärente und die individuelle Bezugsnorm in den Hintergrund drängen
und damit Realisierungsmöglichkeiten persönlicher Befriedigung beschneiden.
Jeder sähe sich veranlasst, sich mit allen übrigen Personen und Gruppen zu vergleichen,
statt auch und vor allem Befriedigung in der Bemeisterung individueller und aufgaben-inhärenter Anspruchsniveaus zu finden.
Er sähe sich ständig in einem eng umschriebenen Bereich innnerhalb der gesamten Tüchtigkeits-Inhalte eingekeilt,
was je nach Lokalisierung der eigenen Leistungsmöglichkeiten zu fatalistischer oder resignativer Selbstwertbelastung führte.
Angesichts der Folgen eines einheitlichen Leistungsmasstabs möchte man in die Unzulänglichkeiten der überall verbesserungswürdigen Vielfalt und Heterogenität von Leistungsmasstäben und und ihren Zuteilungsfolgen zurück.
Man sieht dann geschärfter die Sach-immanente Vielfältigkeit und Pluralität leistungsthematischer Lebensräume
mit all ihren Eigenständigkeiten und Unvergleichlichkeiten, die viele leistungsthematische Realisierungsmöglichkeiten eröffnen,
die auf individuelle Tüchtigkeitspotentiale mehr oder weniger fair zugeschnitten sein können.
Aber: die Heterogenität der Leistungsmasstäbe wirft in ihrer Konkretisierung eine Fülle von Fragen auf,
die schwer und kaum je - bei wissenschaftlichem Anspruch - befriedigend gelöst werden können.
Die Masstäbe sind fast durchweg auf einem vorwissenschaftlichen Niveau von common sense konstruiert.
In der Regel gibt es dann mehr oder weniger willkürliche Masstab-Setzungen, die sich historisch verfestigen
und im Zuge allmählich sich wandelnder Qualifikations-Anforderungen immer revisionsbedürftiger werden.
Neckel/Dröge/Somm nennen 5 Bewertungsrahmen der Leistungsdiskussion:
1. Arbeit: Vollzug einer Tätigkeit. Leistung besteht in Mühe/Anstrengung, Geschicklichkeit, Schnelligkeit.
2. Gesellschaft: Leistung fürs Gemeinwohl
3. Sache: Fachliche Qualifikation und Qualität als Leistungsmasstab
4. Markt: Verkäuflichkeit von Leistungs-Ergebnissen
5. Person: Persönliche Authentizität, Selbstverantwortung, Selbstentwicklung als Leistung,
wenn und insofern diese einen Aufwands- und Aktivitäts-Bezug haben
Unterschiedliche Sozialgruppen favorisieren verschiedene Leistungsbegriffe und Leistungsverständnisse.
Somit treten diese in Konkurrenz und Widersprüche oder schliessen sich sogar aus.
In immer mehr Berufen werden Begriffe wie Teamfähigkeit, emotionale Intelligenz, Kreativität und
Selbst-Verantwortung als Leistungsanforderung thematisch
Ausser Fachwissen werden Persönlichkeitseigenschaften immer wichtiger.
Delegitimiert werden Statusgewinne, die als Belohnung für blossen Konformismus erscheinen.
Niedrig Qualifizierte beschränken ihren Arbeits-zentrierten Leistungsbegriff auf die eigene Soziallage.
Eine Verallgemeinerung ihrer Leistungskriterien gelingt ihnen nicht.
Damit fehlt ein Vergleichsmasstab zu anderen Sozialgruppen.
Das Arbeits-orientierte Leistungsverständnis steht vor dem Problem, an Wertschätzung zu verlieren,
wenn/umsomehr es für den Geschäftserfolg irrelevant(er) wird.
Besondere Irritationen löst das bei denjenigen aus, für die Arbeit eine Prozessleistung ist
und die sich von einem reibungslosen und unauffälligen Arbeitsvollzug Anerkennung versprechen.
Wird die Leistungsqualität von Arbeit gar erst/nur durch Beiträge zu Markterfolgen bescheinigt,
fallen Prozess-'Leistungen' potentiell ins ins ökonomische und symbolische Nichts
- und mit ihnen auch ihre Träger.
Der Rahmen der Arbeit wird besonders betont von den Gruppen der Verkäuferinnen und der niedrigqualifizierten Sozialhilfeempfängerinnen.
Sie bringen weder die kulturellen Ressourcen für einen Bezug auf Selbstverwirklichung und Authentizität mit,
noch können sie selbst - adäquate - Markt-Erfolge erreichen.
Sie betonen die harte und aufopferungvolle Arbeit für ihren Begriff von Leistung,
was ihnen in ihrer Lage in der Sozial-Hierarchie Sinn gibt/geben soll.
Erfolge müssen selbst erarbeitet und individuell zurechenbar sein.
Bem Leistungsbegriff, der positive Effekte für die Gesellschaft impliziert,
stehen für die Marktorientierten moralische Selbstverpflichtungen bei der Leistungserbringung
unter dem Vorbehalt, dass sie das wirtschaftlich-rationale, erfolgsorientierte Handeln zumindest nicht stören.
Die Aufwandsdimension und sogar das Fachwissen verliert an normativer Kraft am stärksten bei jenen Sichtweisen,
die sich in der Bewertung von Leistung alllein am Markterfolg orientieren.
Wer auf die sach-liche Qualität einer Tätigkeit als Leistungskriterium wert legt,
der wird eine prioritäre Orientierung am Markterfolg als Entwertung beruflicher Ansprüche empfinden.
Das Markt-orientierte Leistungsverständnis fühlt sich auf der Höhe der Zeit.
Arbeits- und Sach-orientierte Leistungsbegriffe treten immer weiter zurück.
Es kann - wie auch das der Selbstverwirklichung - heute besonders gute Artikulations- und Anwendungsbedingungen finden.
Angehörige höherer gesellschaftlicher Schichten, in denen die Bewertungsmuster Person und Markt
zentrale Bedeutung für das eigene Leistungsverständnis haben,
verallgemeinern ihre Perspektive mit weit höherer Selbstverständlichkeit.
Vor allem bei jüngeren und höher qualifizierten Personen spielt der Bewertungsrahmen der Person eine wichtige Rolle,
bei älteren und geringer qualifizierten ist dieser von geringer Bedeutung.
Auch hochqualifizierte Arbeitslose beziehen sich oft auf dieses Bewertungsmuster,
indem sie ihre Lage rationalisieren und alibisieren mit dem Hinweis auf konsequente Bemühung um Authentizität.
Voswinkel sieht eine funktional differenzierte Gesellschaft, die verschiedene Teilsysteme aufweist,
welche verschiedenen Logiken/'Codes' folgen:
- In der Wirtschaft ist die Zahlung zentral
- In der Wissenschaft das Kriterium der Wahrheit
- In der Politik Macht, Einfluss, Zustimmung der Mehrheit
Empirisch schwierig, aber normativ wird klar:
Die Orientierung an Logiken, die für das Teilsystem fremd oder unangemessen erscheinen,
wird als nicht akzeptabel oder zumindest nicht als funktionl bewertet:
- An Zahlungen orientiertes Verwaltungshandeln wird als Korruption gesehen
- Wenn Wirtschaft sich an Macht koppelt, wird Wettbewerbsverzerrung befürchtet
- Wenn Politiker sich an Wahrheit orientieren, wird es kaum geglaubt, bzw. für dumm gehalten
- Wenn Wissenschaft sich an Zahungen orientiert, kann es für modern und praxisnah gehalten werden
Dimensionen des Leistungsbegriffs nach Voswinkel:
1. Aufwand
- Ressource: Talent, Qualifikation
- Einsatz: Anstrengung, Belastung
2. Ergebnis
- Sachlich: Menge, Qualität
- Sozial: Problemlösung, gesellchaftliches Verdienst
- Ökonomisch: Ertrag, Gewinn
Wegen der Vielfalt und Umstrittenheit der Dimenionen und Kriterien handelt es sich bei der Leistung
um eine hochkomplexe und unbestimmte Kategorie.
Deshalb sind relativ eindeutige Leistungsindizes notwendig, um die Komplexität zu reduzieren,
und zwar gerade dann, wenn das Leistungs-Prinzip gesellschaftliche Ungleichheitsrelationen
auch miikrosozial, also im Nahbereich sozialen Vergleichs legitimieren soll.
Beispiele: Schulnoten, Tabellen im Sport, Intelligenztests, Ratings, Akkordwerte,
Punkte in Arbeits- und Lesitungsbewertungssystemen, Credit Points,
Mengen-, Produktivitäts- und Umsatzkennziffern,
Accounting, Benchmarking, Ratingagenturen, Analysten und Börsenkurse...
All diese Messverfahren von Leistung beruhen auf hochgradiger Komplexitätsreduktion.
Deshalb wird das, was als Leistung gilt, wesentlich davon bestimmt, wie die Messverfahren ausgestaltet sind.
DiejenigenLeistungsdimensionen, die sich leicht messen lassen,
haben einen strukturellen Vorteil, als Leistungsmass anerkannt zu werden.
Schwerer haben es die sogenannten 'weichen' Kriterien:
Qualität der Arbeit, Problemlösung, gesellchaftlicher Nutzen, Einhaltung profssioneller Normen, usw.
Die Aufmerksamkeit wird also auf quantitativ messbare und in Zahlen auszudrückende Leistungsdimensionen gelenkt, während andere vernachläsigt werden.
Aus der betribelicen Praxis ist dieser Effekt ebenso vertraut wie an der Art, wie Schüler lernen.
Nämlich oft vorrangig im Hinblick darauf, was Noten-förderlich ist.
Daher prüfen Tests und Evaluationen nicht nur eine Leistung, sondern sie definieren eigentlich erst,
was als Leistung zu gelten hat und was nicht.
Zugespitzt: Was nicht getestet wird, das zu leisten lohnt sich nicht.
Effizienz?
Humanität?
Zukunft?
Es sind diverse Themen angeklungen, die noch eingehender erörtert werden müsen:
3. Zurechnung von Leistung
4. Das Prinzip Gerechtigkeit
5. Das Leistungs-Prinzip
6. Leistung in Bildung und Beruf
7. Das Prinzip Hoffnung
8. Leistungs-Motivation
9. Leistung im Sport
10. Das Prinzip Verantwortung
editiert vom admin wegen "kaputten" Steuerzeichen - wir haben bei einigen Beiträgen immer mal wieder dieses "Phänomen"! Können es im Moment aber noch nicht verhindern, weil es sporadisch auftritt!
Heckhausen bietet einen gut elaborierten psychologischen Leistungsbegriff an
und nennt 5 Bedingungen, die auch psychologische Universalien zu sein scheinen:
1. Ein Handlungsergebnis muss erzielt sein oder erzielbar, es muss objektivierbar sein und Aufgabencharakter haben.
2. Handlungen und ihr Ergebnis müssen auf einen Masstab der Schwierigkeit und/oder der Kraftaufwendung beziehbar und danach beurteilbar sein.
Die Masstäbe können in unterschiedlichen Bezugsnormen verankert sein
Die Bezugsnormen können Aufgaben-inhärent, grundgesetzt, sozial und individuell sein.
Soziale Bezugsnormen beruhen auf dem Vergleich mit den Handlungsergebnissen Anderer,
individuelle Bezugsnormen auf dem Vergleich mit eigenen früheren Handlungsergebnissen.
3. Handlungen müssen in ihren Ergebnissen gelingen oder misslingen können.
Die Aufgabenanforderungen müssen zwischen den Randbereichen des zu leichten und des zu schweren
hinsichtlich der zu überwindenden Schwierigkeit ud des aufzubringenden Kraftaufwandes liegen.
Aufgabentätigkeiten, die weder das erreichte Fähigkeitsniveau herausfordern
noch einen merklichen Aufwand an Kraft und Ausdauer erforderlich machen,
sind für den Tätigen nicht leistungsthematisch.
4. Ein Masstab der Schwierigkeit und/oder des Kraftaufwandes für eine Aufgabentätigkeit
muss vom Handelnden als eine für ihn verbindliche Tüchtigkeit übernommen sein,
das heisst als Indikator für seiine persönliche Tüchtigkeit anerkannt sein.
5. Das Handlungsergebnis muss vom Handelnden selbst verursacht sein,
das heisst sowohl von ihm beabsichtigt wie zustande gebracht worden sein.
Handlungsergebnisse, die sich unbeabsichtigt ergeben, unter Zwang oder durch Zufall,
mit Hilfe oder Behinderung von aussen kommen, rechnet man sich leistungsthematisch nicht zu,
man hält sich selbst nicht dafü verantwortlich.
Fähigkeit ist ein über die Zeit weitgehend stabiler, bzw. kalkulierbarer Ursachenfaktor im Handelnden.
Anstrengung ein variabler.
Im Gegensatz zur eigenen Fähigkeit kann der Handelnde über die von ihm aufgewandte Anstrengung
von Situation zu Situation frei verfügen.
Fähigkeits-zentrierte oder Anstengungs-zentrierte Leistung - jede hat ihre verbindlichen Tüchtigkeitsmasstäbe,
Gütemasstäbe versus Anstrengungmasstäbe, die beide auf unterschiedlichen Bezugsnormen beruhen können.
Für die Koppelung von Leistungsachweis und Chancenzuteilung, bzw. Honorierung
sind Beurteilungsmasstäbeaufgrund von angemessenen Bezugsnormen erforderlich.
Für alle Verhaltens- und Urteils-leitenden Wertaussagen/Prinzipien gilt aber,
dass man daraus zwar Einzelfall-bezogene Masstäbe ableiten kann,
aber keine allgemeingültigen, verbindlichen.
Wenn man nämlich die Vielfalt von Tätigkeiten und Qualifikationen nimmt,
so kann man die Forderung nach gleichförmigen und einheitlichen Masstäben zur Leistungsbeurteilung
nur als absurd bezeichnen.
Selbst innerhalb identischer Tätigkeitsbereiche können die im Einzelnen erforderlichen Qualifikationen
so unterschiedlich sein, dass mehrere Masstabsdimensionen in Betracht gezogen werden müssten.
Heterogenität der Leistungsmasstäbe ist deshalb die Regel - ausser z.B. bei bestimmten Sportarten.
Eine Kritik an supra-/interindividuellen Leistungsmasstäben ergibt sich vor allem auch aus Folgendem:
Angenommen, ein einheitlicher Leistungsmasstab wäre herstellbar und praktiziert,
dann wären die psychologischen Folgen dramatisch:
1. Die Wahrnehmung der sozialen Ungleichheit wäre weit penetranter.
2. Soziale Tätigkeitshierarchien würden forciert und fixiert,
so dass die Möglichkeiten leistungsthematischer Selbsterfüllung für die Meisten infrage gestellt würden.
Die soziale Bezugsebene der leistungsthematischen Selbst- und Fremdbewertung
würde die Aufgaben-inhärente und die individuelle Bezugsnorm in den Hintergrund drängen
und damit Realisierungsmöglichkeiten persönlicher Befriedigung beschneiden.
Jeder sähe sich veranlasst, sich mit allen übrigen Personen und Gruppen zu vergleichen,
statt auch und vor allem Befriedigung in der Bemeisterung individueller und aufgaben-inhärenter Anspruchsniveaus zu finden.
Er sähe sich ständig in einem eng umschriebenen Bereich innnerhalb der gesamten Tüchtigkeits-Inhalte eingekeilt,
was je nach Lokalisierung der eigenen Leistungsmöglichkeiten zu fatalistischer oder resignativer Selbstwertbelastung führte.
Angesichts der Folgen eines einheitlichen Leistungsmasstabs möchte man in die Unzulänglichkeiten der überall verbesserungswürdigen Vielfalt und Heterogenität von Leistungsmasstäben und und ihren Zuteilungsfolgen zurück.
Man sieht dann geschärfter die Sach-immanente Vielfältigkeit und Pluralität leistungsthematischer Lebensräume
mit all ihren Eigenständigkeiten und Unvergleichlichkeiten, die viele leistungsthematische Realisierungsmöglichkeiten eröffnen,
die auf individuelle Tüchtigkeitspotentiale mehr oder weniger fair zugeschnitten sein können.
Aber: die Heterogenität der Leistungsmasstäbe wirft in ihrer Konkretisierung eine Fülle von Fragen auf,
die schwer und kaum je - bei wissenschaftlichem Anspruch - befriedigend gelöst werden können.
Die Masstäbe sind fast durchweg auf einem vorwissenschaftlichen Niveau von common sense konstruiert.
In der Regel gibt es dann mehr oder weniger willkürliche Masstab-Setzungen, die sich historisch verfestigen
und im Zuge allmählich sich wandelnder Qualifikations-Anforderungen immer revisionsbedürftiger werden.
Neckel/Dröge/Somm nennen 5 Bewertungsrahmen der Leistungsdiskussion:
1. Arbeit: Vollzug einer Tätigkeit. Leistung besteht in Mühe/Anstrengung, Geschicklichkeit, Schnelligkeit.
2. Gesellschaft: Leistung fürs Gemeinwohl
3. Sache: Fachliche Qualifikation und Qualität als Leistungsmasstab
4. Markt: Verkäuflichkeit von Leistungs-Ergebnissen
5. Person: Persönliche Authentizität, Selbstverantwortung, Selbstentwicklung als Leistung,
wenn und insofern diese einen Aufwands- und Aktivitäts-Bezug haben
Unterschiedliche Sozialgruppen favorisieren verschiedene Leistungsbegriffe und Leistungsverständnisse.
Somit treten diese in Konkurrenz und Widersprüche oder schliessen sich sogar aus.
In immer mehr Berufen werden Begriffe wie Teamfähigkeit, emotionale Intelligenz, Kreativität und
Selbst-Verantwortung als Leistungsanforderung thematisch
Ausser Fachwissen werden Persönlichkeitseigenschaften immer wichtiger.
Delegitimiert werden Statusgewinne, die als Belohnung für blossen Konformismus erscheinen.
Niedrig Qualifizierte beschränken ihren Arbeits-zentrierten Leistungsbegriff auf die eigene Soziallage.
Eine Verallgemeinerung ihrer Leistungskriterien gelingt ihnen nicht.
Damit fehlt ein Vergleichsmasstab zu anderen Sozialgruppen.
Das Arbeits-orientierte Leistungsverständnis steht vor dem Problem, an Wertschätzung zu verlieren,
wenn/umsomehr es für den Geschäftserfolg irrelevant(er) wird.
Besondere Irritationen löst das bei denjenigen aus, für die Arbeit eine Prozessleistung ist
und die sich von einem reibungslosen und unauffälligen Arbeitsvollzug Anerkennung versprechen.
Wird die Leistungsqualität von Arbeit gar erst/nur durch Beiträge zu Markterfolgen bescheinigt,
fallen Prozess-'Leistungen' potentiell ins ins ökonomische und symbolische Nichts
- und mit ihnen auch ihre Träger.
Der Rahmen der Arbeit wird besonders betont von den Gruppen der Verkäuferinnen und der niedrigqualifizierten Sozialhilfeempfängerinnen.
Sie bringen weder die kulturellen Ressourcen für einen Bezug auf Selbstverwirklichung und Authentizität mit,
noch können sie selbst - adäquate - Markt-Erfolge erreichen.
Sie betonen die harte und aufopferungvolle Arbeit für ihren Begriff von Leistung,
was ihnen in ihrer Lage in der Sozial-Hierarchie Sinn gibt/geben soll.
Erfolge müssen selbst erarbeitet und individuell zurechenbar sein.
Bem Leistungsbegriff, der positive Effekte für die Gesellschaft impliziert,
stehen für die Marktorientierten moralische Selbstverpflichtungen bei der Leistungserbringung
unter dem Vorbehalt, dass sie das wirtschaftlich-rationale, erfolgsorientierte Handeln zumindest nicht stören.
Die Aufwandsdimension und sogar das Fachwissen verliert an normativer Kraft am stärksten bei jenen Sichtweisen,
die sich in der Bewertung von Leistung alllein am Markterfolg orientieren.
Wer auf die sach-liche Qualität einer Tätigkeit als Leistungskriterium wert legt,
der wird eine prioritäre Orientierung am Markterfolg als Entwertung beruflicher Ansprüche empfinden.
Das Markt-orientierte Leistungsverständnis fühlt sich auf der Höhe der Zeit.
Arbeits- und Sach-orientierte Leistungsbegriffe treten immer weiter zurück.
Es kann - wie auch das der Selbstverwirklichung - heute besonders gute Artikulations- und Anwendungsbedingungen finden.
Angehörige höherer gesellschaftlicher Schichten, in denen die Bewertungsmuster Person und Markt
zentrale Bedeutung für das eigene Leistungsverständnis haben,
verallgemeinern ihre Perspektive mit weit höherer Selbstverständlichkeit.
Vor allem bei jüngeren und höher qualifizierten Personen spielt der Bewertungsrahmen der Person eine wichtige Rolle,
bei älteren und geringer qualifizierten ist dieser von geringer Bedeutung.
Auch hochqualifizierte Arbeitslose beziehen sich oft auf dieses Bewertungsmuster,
indem sie ihre Lage rationalisieren und alibisieren mit dem Hinweis auf konsequente Bemühung um Authentizität.
Voswinkel sieht eine funktional differenzierte Gesellschaft, die verschiedene Teilsysteme aufweist,
welche verschiedenen Logiken/'Codes' folgen:
- In der Wirtschaft ist die Zahlung zentral
- In der Wissenschaft das Kriterium der Wahrheit
- In der Politik Macht, Einfluss, Zustimmung der Mehrheit
Empirisch schwierig, aber normativ wird klar:
Die Orientierung an Logiken, die für das Teilsystem fremd oder unangemessen erscheinen,
wird als nicht akzeptabel oder zumindest nicht als funktionl bewertet:
- An Zahlungen orientiertes Verwaltungshandeln wird als Korruption gesehen
- Wenn Wirtschaft sich an Macht koppelt, wird Wettbewerbsverzerrung befürchtet
- Wenn Politiker sich an Wahrheit orientieren, wird es kaum geglaubt, bzw. für dumm gehalten
- Wenn Wissenschaft sich an Zahungen orientiert, kann es für modern und praxisnah gehalten werden
Dimensionen des Leistungsbegriffs nach Voswinkel:
1. Aufwand
- Ressource: Talent, Qualifikation
- Einsatz: Anstrengung, Belastung
2. Ergebnis
- Sachlich: Menge, Qualität
- Sozial: Problemlösung, gesellchaftliches Verdienst
- Ökonomisch: Ertrag, Gewinn
Wegen der Vielfalt und Umstrittenheit der Dimenionen und Kriterien handelt es sich bei der Leistung
um eine hochkomplexe und unbestimmte Kategorie.
Deshalb sind relativ eindeutige Leistungsindizes notwendig, um die Komplexität zu reduzieren,
und zwar gerade dann, wenn das Leistungs-Prinzip gesellschaftliche Ungleichheitsrelationen
auch miikrosozial, also im Nahbereich sozialen Vergleichs legitimieren soll.
Beispiele: Schulnoten, Tabellen im Sport, Intelligenztests, Ratings, Akkordwerte,
Punkte in Arbeits- und Lesitungsbewertungssystemen, Credit Points,
Mengen-, Produktivitäts- und Umsatzkennziffern,
Accounting, Benchmarking, Ratingagenturen, Analysten und Börsenkurse...
All diese Messverfahren von Leistung beruhen auf hochgradiger Komplexitätsreduktion.
Deshalb wird das, was als Leistung gilt, wesentlich davon bestimmt, wie die Messverfahren ausgestaltet sind.
DiejenigenLeistungsdimensionen, die sich leicht messen lassen,
haben einen strukturellen Vorteil, als Leistungsmass anerkannt zu werden.
Schwerer haben es die sogenannten 'weichen' Kriterien:
Qualität der Arbeit, Problemlösung, gesellchaftlicher Nutzen, Einhaltung profssioneller Normen, usw.
Die Aufmerksamkeit wird also auf quantitativ messbare und in Zahlen auszudrückende Leistungsdimensionen gelenkt, während andere vernachläsigt werden.
Aus der betribelicen Praxis ist dieser Effekt ebenso vertraut wie an der Art, wie Schüler lernen.
Nämlich oft vorrangig im Hinblick darauf, was Noten-förderlich ist.
Daher prüfen Tests und Evaluationen nicht nur eine Leistung, sondern sie definieren eigentlich erst,
was als Leistung zu gelten hat und was nicht.
Zugespitzt: Was nicht getestet wird, das zu leisten lohnt sich nicht.
Effizienz?
Humanität?
Zukunft?
Es sind diverse Themen angeklungen, die noch eingehender erörtert werden müsen:
3. Zurechnung von Leistung
4. Das Prinzip Gerechtigkeit
5. Das Leistungs-Prinzip
6. Leistung in Bildung und Beruf
7. Das Prinzip Hoffnung
8. Leistungs-Motivation
9. Leistung im Sport
10. Das Prinzip Verantwortung
editiert vom admin wegen "kaputten" Steuerzeichen - wir haben bei einigen Beiträgen immer mal wieder dieses "Phänomen"! Können es im Moment aber noch nicht verhindern, weil es sporadisch auftritt!