(23.06.2014, 22:21)Atanvarno schrieb: @MZPTLKNatürlich nicht grundsätzlich wirkungslos, siehe Mahatma Gandhi. Aber er hatte es mit den Engländern zu tun und nicht mit schwerkriminellen Massenmördern, die ihn sehr früh zu Tode befördert hätten.
Hältst Du passiven Widerstand für grundsätzlich wirkunglos? Ist der, der unter keinen Umständen einen Menschen töten würde, in deinen Augen nicht couragiert, also feige?
Es ist eine Frage der Eskalation, und unter bestimmten Umständen scheiden sich eben die Geister. Die einen(die Allermeisten) ergeben sich, wenige Hartgesottene handeln. Dabei liegen Courage und Feigheit ein ziemliches Stück weit auseinander. Ich würde die Masse nicht unbedingt feige nennen. Kant sagt: Ich kann, weil ich will, weil ich muss.
Es gab früher bei den Kriegsdienstverweigerer-Verhandlungen
folgendes immer wieder gern genommene Beispiel:
Ein feindliches Flugzeug ist im Begriff, auf Ihre Heimatstadt, wo Ihre Mutter wohnt, Bomben abzuwerfen. Sie haben eine Flugabwehrkanone in Reichweite, wie handeln Sie?
Wenn ich jetzt antworte, dass ich den Flieger abschiessen würde, werde ich als KDV nicht anerkannt, wenn ich als grosser Pazifist meine Mutter sterben lasse, glaubt mir das die Kommission nicht.
Wenn ich (bis etwa 1990) politisch argumentiere, indem ich sage: lieber rot als tot, kann ich dabei auch auf die Möglichkeiten passiven Widerstands verweisen, der die Okkupation erträglicher machen,
transformieren und irgendwann vielleicht sogar abschaffen kann.
Aber das hängt natürlich wieder von der Courage der Masse ab, als Einzelakteur kann ich so nicht viel ausrichten.
Als die DDR-Bürger in der Spätphase immer demotivierter wurden, war eine (Re-)Aktion die innere Kündigung, der Dienst nach Vorschrift, das (Selbst-)Organisieren, das Phlegma, usw. - wenn man so will, passiver Widerstand.
Das hatte ein nicht zu unterschätzendes Absinken der Produktivität und damit der Wirtschafts- und Finanzkraft der DDR zu Folge.
Und die erste geglückte Revolution auf deutschem Boden ist vor allem auch deswegen erfolgreich und friedlich verlaufen, weil die DDR sich um Lichtjahre von 1000jährigen Reich unterschied.
Sehr aufschlussreich sind auch die jahrelangen Diskussionen unter den Widerständlern gegen die Naziführung, da gab es eine grosse Bandbreite an Überlegungen und Strategien, und ohne die Eskalation der Verbrechen und ohne Stauffenberg wäre wahrscheinlich alles nur akademisch geblieben.