25.04.2015, 21:37
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.04.2015, 21:39 von icheinfachma.)
(25.04.2015, 11:05)La Vicu schrieb: Im Hinblick auf eine „Muskelverkürzung“ sollte man präzisieren. In der Regel wird der Begriff benutzt, um eine verminderte Dehnfähigkeit zu beschreiben. Diese hat aber mit einer Verkürzung irgend welcher Muskelabschnitte wenig zu tun. Die funktionelle Länge eines Muskels lässt sich nicht durch Dehntests und das dabei auftretende Spannungsgefühl feststellen, sondern muss durch Krafttests (MVCs in unterschiedlichen Dehnungszuständen) diagnostiziert werden.
Der Muskeldehnungsreflex ist eine Reaktion des Muskels auf eine unvorhergesehene Verlängerung (Dehnung) des Muskels durch eine äußere Kraft. Bei der Abwärtsbeschleunigung des Beines bis zum Bodenkontakt handelt es sich jedoch um eine Willkürkontraktion der beteiligten Muskeln. Diese werden seitens der Koordinationszentren im Hirn durch eine Vorausinnervation (Gamma-Innervation) auf die für die Aktion notwendigen Längen- bzw. Dehnungszustände vorbereitet. Dabei berücksichtigen diese Koordinationszentren die jeweiligen Dehnungs- und Längenzustände der Muskeln, so dass die Muskeln (insbesondere bei Aktionen in einem konstanten Umfeld wie beim Sprint) nicht auf unvorhergesehene Störgrößen durch Dehnungsreflexe antworten müssen. D.h., die Koordinationszentren „wissen“ durch vorherige Aktionen um die morphologischen Zustände der Muskeln, so dass die von den Zentren losgeschickten Kontraktionsbefehle daraufhin angepasst sind.
Ein regelmäßig angewendetes Dehntraining verbessert die Muskeldehnfähigkeit durch Anpassungen seitens der gedehnten Person an die Dehnungsspannungsempfindung. In bisherigen umfangreichen Studien zur Wirkung des Dehntrainings konnte keine Beseitigung von „Muskelverkürzungen“ oder ein langfristiges überdauerndes Absenken der passiven Muskelspannung nachgewiesen werden.
Mir ist der Unterschied zwischen der funktionellen Muskellänge und der Dehnbarkeit durchaus bewusst, zu dem Thema habe ich mich schon vor längerer Zeit auführlich belesen. Auch was ein Dehnungsreflex ist, brauchst du mir nicht erklären.
Du schreibst, dass in der Abwärtsbeschleunigung kein Dehnungsreflex wirkt. Das ist falsch. Es findet durch das gleichzeitige Nacht-unten-beschleunigen des Oberschenkels und das trägheitsbedingte Auspendeln des Unterschenkels eine schnelle Vergrößerung des Kniewinkels statt. Dadurch wirkt ein Dehnungsreiz auf die ischiocruralen Muskeln. Die bremsen das Auspendeln ab, bevor eine völlige Kniestreckung bis zum Gelenkanschlag erreicht wird.
Vgl.:
-THE DYNAMIC LOAD ON HAMSTRING MUSCLES DURING SPRINTING, Yu Liu et al., ohne Jahresangabe (aber nach 2009)
-EMGs aus Relative activity of hip and knee extensors in sprinting - implications for training, Wiemann et al., 1995
Anschließend wird der Kniewinkel bis zum Erreichen des Bodenkontaktes sogar wieder verkleinert. Der Dehnungsreflex hat auch den Effekt, dass das Bein anschließend mit großer Kraft unter dem Körper durchgezogen wird.