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ARD: Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik - Druckversion

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RE: ARD: Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik - Atanvarno - 16.08.2015

Sonntägliche Presseschau:

Daily Mail
Russland braucht sich keine Sorgen zu machen, der Präsident der WADA, Sir Craig Reedie, steht fest an seiner Seite wie die Daily Mail berichtet

- er hegt keine Absicht irgendetwas gegen Russland zu unternehmen
- es wird keine Sperren ganzer Länder geben
- er muss in seiner Rolle als WADA-Präsident Diplomatie üben
- schon im April hat Reedie Russland versichert, dass die ARD-Anschuldigungen aus der ersten Doku von historischer, nicht aktueller Bedeutung sind
- die ARD-Enthüllungen waren laut Reedie "schlechte Publicity" für Russland, haben aber nicht die Beziehungen zwischen Russland und der WADA beschädigt

Sunday Times
Weitere Athleten veröffentlichen ihre Blutwerte in der Sunday Times: Robert Harting (nette Geste, aber bei einem Diskuswerfer eher witzlos), Jared Tallent, Robin Schembera, Robert Heffernan und Andre Höhne.

BBC
Laut BBC verhindert die IAAF seit Jahren die Veröffentlichung einer 2011 von der Universität Tübingen erstellten Studie, wonach 29-34% der Teilnehmer der WM 2011 Anti-Doping-Regeln verletzt haben.
Die Studie wurde von der WADA in Auftrag gegeben und finanziert. Die IAAF hatte aber ein Vetorecht bezüglich der Veröffentlichung, weil sie die Befragung der Teilnehmer in Daegu erlaubte.

Ich vermute, dass diese Studie Inhalt von Hajo Seppelts Beitrag in der Sportschau heute Abend sein wird. Die Methodik und die wichtigsten Kennziffern wurden vor zwei Jahren schonmal in der New York Times veröffentlicht.
Ein "Problem" der Studie ist, dass keine direkten Nachweismethoden, sondern ein relativ schwer zu verstehendes statistisches Verfahren für die Erhebung der Daten in einer Befragung genutzt wurde*. Mal sehen ob und wie Seppelt das erklärt (falls es wirklich um diese Studie geht).

*In diesem Diskussionsfaden auf trackandfieldnews.com wird das Verfahren ausführlich diskutiert (und leider zeigt sich, dass die meisten es nicht verstehen und daher die Ergebnisse der Studie nicht anerkennen).


RE: ARD: Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik - lor-olli - 16.08.2015

Ein weiteres Problem ist die Anonymisierung der Befragten (Studie + Befragung 2011 in Daegu).

Aus den Angaben errechneten die Forscher dass "…29 bis 34 Prozent der 1800 Athleten in den zwölf Monaten vor den Wettkämpfen gegen Anti-Doping-Regeln verstoßen hatten." (Übersetzung dt. Quelle > http://www.spiegel.de/sport/sonst/doping-studie-forscher-werfen-iaaf-vertuschung-vor-a-1048341.html )
Das Problem einer solchen Befragung ist, dass die Befragten sicher sein müssen das ihnen keine "Nachteile" aus ihren Angaben erwachsen, zum anderen die Fragen kreuzindiziert sein sollten um Angaben gegenchecken zu können, bzw. unglaubwürdige Angaben herausrechnen zu können. Natürlich lassen sich statistische Bezüge zu anderen Quellen (erfolgte positive Tests, Blutpässe, verpasste Tests etc.) herstellen, sofern man Zugriff auf alle IAAF Daten hat (P.Simon dürfte die haben…). Auch Digel dürfte recht frühzeitig informiert gewesen sein (Tübingen, sind nur ein paar Türen dazwischen).
Die Geheimhaltungserklärung die die Forscher unterschreiben mussten, lässt ebenfalls darauf schließen, dass sie nur so in den Besitz aller relevanten Daten gelangten.

Ist die Datenmenge ("BigData") groß genug, kann man sehr wohl auch auf einzelne Athleten "runterrechnen" mit einer sehr großen statistischen Wahrscheinlichkeit, gerichtsfest wird der Beweis bei einem geschickten Anwalt aber nicht werden / bleiben.

Auch dass das IAAF die Ergebnisse zumindest bis nach der WM unter Verschluss gehalten wissen will, oder auch bis entweder Bubka oder Coe neuer Präsident des Verbandes werden, scheint logisch, könnte doch der neue Präsident mit einem "SuperAufklärerImage" antreten und es ordentlich krachen lassen. (zerschlagen wird vermutlich aber vor allem älteres Porzelan, schließt geht es ja ums Geschäft und die "Neuware" braucht man noch) Ich glaube nicht an die "brutalst mögliche Aufklärung", die würde es nur geben, wenn scheinbar nichts mehr zu retten ist. Aufgeklärt wird dann vermutlich in der Herbst-/Winterpause damit sich der Rauch bis zu Olympia 2016 verzogen hat - altbekanntes Muster.

(P.Simon hat vermutlich weiter verbesserte Tests in der Schublade, er ist aber erfahren genug es nicht mit dem "Holzhammer" zu versuchen, wenn der IAAF neue Testmethoden nicht unterstützt, wird damit auch niemand überführt. Zumindest im Bezug auf Hormondoping ist schon einiges an Nachweis mehr möglich, als heute praktisch angewendet wird)


RE: ARD: Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik - longbottom - 16.08.2015

Das wird laut SID heute in der Sportschau berichtet: http://www.sport1.de/leichtathletik/2015/08/medien-800-m-olympiasiegerin-sawinowa-unter-dopingverdacht


RE: ARD: Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik - W. Kronhard - 16.08.2015

Gut dass ARD das mit den Russen so macht.

Demnächst erscheinen bei der ARD auch ähnliche Berichte über erwischte Kenianer und andere Nationen. 
Aber es geht nicht alles auf einmal.

Bitte, Geduld haben, und damit ich auch diese Berichte nicht verpasse, hier fleissig vorher posten. 


RE: ARD: Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik - Atanvarno - 16.08.2015

Hier nochmal etwas ausführlicher auf sportschau.de

Das hört sich jetzt wieder nach einem deutlich härteren Vorgehen der IAAF gegen russische Athleten an als die Aussagen, die Craig Reedie laut Daily Mail gemacht hat.

@Wlad
Geh davon aus, dass man sich die Übeltäter in der Reihenfolge der Schwere und Häufung der Vergehen vornimmt. Russland scheint sich da einen unangefochtenen Spitzenplatz redlich verdient zu haben.


RE: ARD: Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik - Atanvarno - 16.08.2015

Der arme Nick Davies muss schon wieder Sonntagsarbeit leisten  - die IAAF hat in Rekordzeit eine Erklärung/Stellungnahme zu der 2011er Studie veröffentlicht

- Sensationsjournalismus der ST, die Ergebnisse der Studie sind lange bekannt
- die Studie basiert auf Umfragen, nicht auf "harten" Beweisen oder Geständnissen
- die Wissenschaftler haben versucht die Studie in einem Journal (s. unten) zu veröffentlichen, die Veröffentlichung wurde aber abgelehnt
- die IAAF hat die Veröffentlichung nicht blockiert und hätte auch gar nicht die Möglichkeit dazu
- die IAAF führt eine eigene Studie durch, die auf analytischen Methoden basiert

Athletics Weekly hat noch ein paar ergänzende Aussagen vom UKA Vorsitzenden Ed Warner.

- die Methodologie der Studie genügte strengen wissenschaftlichen Ansprüchen nicht und daher wurde die Veröffentlichung von Science (einem peer-reviewed Journal) abgelehnt.

Diese Aussage wird "Tübingen" sicher nicht auf sich sitzen lassen.


RE: ARD: Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik - Delta - 16.08.2015

Offensichtlich hält man in Tübingen nichts von Abmachungen. Grobe Vertragsverletzungen. Dass man dann auch noch bei Science abgeblitzt ist - zeigt nichts anderes als ein methodisches Versagen bei der Studie. Warum die IAAF überhaupt mit dieser B-Liga Universität zusammenarbeitet erschliesst sich niemanden. Shanghai Ranking irgendwo ab Rang 170.


RE: ARD: Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik - Atanvarno - 16.08.2015

Bei ihrem Versuch Ashenden/Parisotto zu diskreditieren ist die IAAF bereits grandios gescheitert. Ich halte es für nicht unwahrscheinlich, dass sie nach einer Antwort aus Tübingen auch wieder dumm dasteht und zurückrudern müssen.


RE: ARD: Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik - runny - 16.08.2015

(16.08.2015, 16:09)Delta schrieb: Shanghai Ranking irgendwo ab Rang 170.

Achja, die guten alten Uni-Rankings.

Jede Uni die im Shanghai Rating überhaupt auftaucht und in diesem Bereich forscht wird mehr Ahnung von Doping haben als die IAAF.

Tübingen ist in Deutschland führend (Top 5) im Bereich Pharmazie und weltweit easy in den Top 100.


RE: ARD: Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik - Atanvarno - 16.08.2015

Um Delta und Wlad auch mal eine Freude zu machen Wink

Die Tübinger-Studie in Daegu war nicht die einzige RRT-Studie zum Thema Doping, die in den letzten Jahren durchgeführt wurde.

Zitat:The second study drawn on by De Hon and his colleagues used the so-called Randomised Response Technique (RRT) of posing questions to a group of more than 400 German Olympic-level athletes in 2007.
[...]
According to De Hon, in this exercise, the proportion who admitted doping was estimated at 20-39 per cent.
Quelle

Delta muss sich jetzt natürlich entscheiden, ob er RRT als Untersuchungsinstrument grundsätzlich ablehnt, oder es für den Fall, dass deutsche Athleten belastet werden, doch anerkennt Big Grin