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Hürdensprint - Schnelligkeitsvoraussetzungen - Druckversion

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RE: Diamond League 2025 - Silesia, 15./16.08.2025 - Pargon - 17.08.2025

Zu den Kurzhürden Frauen: 
Gail Devers ist über viele Jahre sowohl die 100m flach als auch die 100m Hürden gleichermaßen ambitioniert gelaufen. Damit bietet sie repräsentative Vergleichswerte zumindest für ihre eigene Person. Ihre Bestzeiten sind 10,82 und 12,33. Das ist eine Differenz von 1,51 und vergleichbare Diskrepanzen hatte sie oft. Die Hürdentechnik von Devers kann ich nicht beurteilen, weil ich keine Ahnung von der Disziplin habe, aber irgendwo wird die verhältnismäßig große Differenz hergekommen sein. 

Devers ist mit einer Körperlänge von 1,60m den kleineren Sprinterinnen zuzuordnen. 

Mir stellt sich die Frage, wie viele (potenzielle) sub 11,50-Sprinterinnen überhaupt auf die Idee kommen, die 100m Hürden (auch) zu laufen. Zudem muss man entsprechende Trainer/ -innen finden. In unserem Kreis gab es zu meiner aktiven Zeit so gut wie keine Hürdenläufer/ -innen, aber im Flachsprint immer volle Teilnahmefelder. Das lag auch an der Verfügbarkeit entsprechend ausgebildeter TuT.

Gibt es eigentlich einen eigenen Thread für das Thema? Lohnt sich ja fast 'ne Abspaltung.


RE: Diamond League 2025 - Silesia, 15./16.08.2025 - S_J - 17.08.2025

(17.08.2025, 10:36)Pargon schrieb: Mir stellt sich die Frage, wie viele (potenzielle) sub 11,50-Sprinterinnen überhaupt auf die Idee kommen, die 100m Hürden (auch) zu laufen. Zudem muss man entsprechende Trainer/ -innen finden. In unserem Kreis gab es zu meiner aktiven Zeit so gut wie keine Hürdenläufer/ -innen, aber im Flachsprint immer volle Teilnahmefelder. Das lag auch an der Verfügbarkeit entsprechend ausgebildeter TuT.

Ich würde wagen zu behaupten, dass es üblicherweise zu spät sein wird, wenn man mit einer 100m-Zeit von 11,5s darüber nachdenkt, auch mal Hürden zu laufen.

In der U16 werden die meisten ja mittlerweile durch den Blockwettkampf dazu ermutigt, Hürden zu laufen, und im Idealfall vorher auch zu trainieren. Auch in der U18 gehört es meines Erachtens nach dazu, noch den gesamten Disziplinblock Sprint abzudecken, bevor man sich später auf eine einzelne Strecke spezialisiert. Aber das erfordert eben Geduld und Vertrauen in den langfristigen Trainingsprozess.

Aber ansonsten gibt es in der Breite dann tatsächlich das Problem, dass sich ein Teufelskreis ergibt, ähnlich wie beim Stabhochsprung: Es wird nicht trainiert, es gibt keine Athleten, es gibt keine Wettkämpfe, für die man es trainieren könnte, es gibt keine Trainer mit eigener Erfahrung, die dadurch dann weniger motiviert sind, sich das Wissen und die notwendige Kompetenz anzulernen... und dann trainieren sie es nicht und der Kreislauf geht weiter.

Und wenn man dann noch gutes Hürdentraining sucht, wird es tatsächlich sehr dünn. Bei den Landesmeisterschaften im Block und Mehrkampf der jüngeren Altersklassen sieht man recht deutlich, wo Hürden sinnvoll trainiert wurden und wo nicht. Und das sind dann ja auch nur die Vereine, die es überhaupt trainiert und im Wettkampf gelaufen sind...

Dazu kommt, dass viele Trainer natürlich dann auch Angst davor haben, den Kindern die Angst zu nehmen. Ich hatte schon öfter Kinder in meinem Training, die zuerst Angst vor den Hürden hatten, aber dann in dem oder spätestens dem nächsten Jahr angefangen haben, Meistertitel im Hürdenlauf einzusammeln. Es geht alles. Thumb_up


RE: Diamond League 2025 - Silesia, 15./16.08.2025 - Mattili - 17.08.2025

(17.08.2025, 03:59)Gertrud schrieb:
(17.08.2025, 02:08)Mattili schrieb: Cindy Roleder hatte eine Differenz von 0.87s, nur mal so in den Raum geworfen.

Die ist zwar die 100m sehr selten gelaufen, aber das gilt auch für andere Hürdensprinterinnen.
Einen pauschalen Umrechnungsfaktor gibt es hier also nicht.

Visser hat jetzt nicht den gewöhnlichsten Karriereverlauf. Dass man mit 28 Jahren noch einmal einen solch massiven Sprung macht, ist jetzt eher nicht die Regel. Wie es scheint braucht man dafür einfach einen Wundertrainer, der ein Patentrezept zu haben scheint.

Die Rechnung stimmt so nicht ganz. Die 100m sind nicht so relevant bei ihr. Sie lief die 200m in 23.35. Das entspricht in etwa einer 100m-Zeit von 11.50. Wenn man dann 12,59 in Relation setzt, ergibt das 1.09. Das ist realistischer. Ich müsste folglich meine Tabelle angleichen. Die beiden schnellen Zeiten (100m Hürden, 200m) sind aus dem Jahr 2015, die schlechtere 100m-Zeit erzielte sie 2013. 

Gertrud

Weil die 100m-Zeit nicht ins Bild passt, nehmen wir einfach die 200m Zeit und nehmen einen Umrechnungsfaktor, der auf ein gewünschtes Ergebnis passt? Ich weiß ja nicht wie seriös das nun noch ist.

Die Rechnung kann ich auch: Jessica Biance Wessoly lief 2024 beim gleichen Wettkampf 100m und 200m. 11,39s und 22.50s. Rechne ich das auf Roleders 23,35s um, komme ich auf ein 100m-Equivalent von 11,82s.

Wie gesagt, das ist mir nun alles wirklich etwas zu abstrakt, um zu einem brauchbaren Ergebnis zu kommen. Solche Rechnungen sind bestenfalls Annäherungen und werden individuellen Athleten nicht im Ansatz gerecht.


RE: Diamond League 2025 - Silesia, 15./16.08.2025 - TranceNation 2k14 - 17.08.2025

Interessanter ist doch, warum Roleder über den 100H erst richtig durchstartete, als sie sich eigentlich auf den Siebenkampf konzentrieren wollte. Und zB ihre 60 m, 200 m, 60 H und 100 H PBs gleichermaßen steigerte... könnte zB am schnelligkeitsorientierten Mehrkampftraining liegen Huh


RE: Diamond League 2025 - Silesia, 15./16.08.2025 - Mattili - 17.08.2025

(17.08.2025, 14:41)TranceNation 2k14 schrieb: Interessanter ist doch, warum Roleder über den 100H erst richtig durchstartete, als sie sich eigentlich auf den Siebenkampf konzentrieren wollte. Und zB ihre 60 m, 200 m, 60 H und 100 H PBs gleichermaßen steigerte... könnte zB am schnelligkeitsorientierten Mehrkampftraining liegen Huh

Perspektivwechsel, anderer Trainingsansatz, klar, damit einhergehend sicher auch Schnelligkeit. Vielleicht einfach Opfer eingefahrener Routine. Jedes Hundertstel ist wichtig und Roleder hatte damit sicher alles richtig gemacht, wenngleich es ja leider eher ein Intermezzo für sie blieb.
Nach dem Siebenkampf war sie etwa zurück auf dem alten Niveau. Ob das nun Verletzungen waren oder der alte Trainingstrott, wer weiß das schon. Ich hoffe die Trainer haben es im Hinterkopf behalten.


RE: Diamond League 2025 - Silesia, 15./16.08.2025 - Gertrud - 17.08.2025

(17.08.2025, 14:12)Mattili schrieb:
(17.08.2025, 03:59)Gertrud schrieb: Die Rechnung stimmt so nicht ganz. Die 100m sind nicht so relevant bei ihr. Sie lief die 200m in 23.35. Das entspricht in etwa einer 100m-Zeit von 11.50. Wenn man dann 12,59 in Relation setzt, ergibt das 1.09. Das ist realistischer. Ich müsste folglich meine Tabelle angleichen. Die beiden schnellen Zeiten (100m Hürden, 200m) sind aus dem Jahr 2015, die schlechtere 100m-Zeit erzielte sie 2013. 

Gertrud

Weil die 100m-Zeit nicht ins Bild passt, nehmen wir einfach die 200m Zeit und nehmen einen Umrechnungsfaktor, der auf ein gewünschtes Ergebnis passt? Ich weiß ja nicht wie seriös das nun noch ist.

Die Rechnung kann ich auch: Jessica Biance Wessoly lief 2024 beim gleichen Wettkampf 100m und 200m. 11,39s und 22.50s. Rechne ich das auf Roleders 23,35s um, komme ich auf ein 100m-Equivalent von 11,82s.

Wie gesagt, das ist mir nun alles wirklich etwas zu abstrakt, um zu einem brauchbaren Ergebnis zu kommen. Solche Rechnungen sind bestenfalls Annäherungen und werden individuellen Athleten nicht im Ansatz gerecht.

Es gibt keine Formel - leider. Man muss sich schon Anhaltspunkte basteln. Vielleicht hat sie auch nicht im ausgeruhten Zustand an den 100m-Sprints teilgenommen? Mit 11.8 eine 23,35 zu sprinten, ist schon sehr sportlich.

Ansonsten muss man die Technik nach Kriterien durchforsten und sehen, wo das meiste Verbesserungspotential liegt. Es kann auch in Bereichen außerhalb der Schnelligkeit und Technik liegen. Das ist Filigranarbeit und Auge fürs Detail. Ich habe sehr gute Vorlagen für einen Strukuranteil vorliegen, der aber auch sehr individuell gehandhabt werden sollte. Bei solchen Angaben sollte man als Trainer das Potential haben, nicht auf Übungen aus dem Olympischen Gewichtheben zu kommen. Diese Fehlerquellen durchdringen immer wieder den Praxisanteil auch als Ursache nicht passgenauer Belastungsmuster und folgender Verletzungen.

Vielleicht kann man irgendwann die KI bemühen, schneller als jeder Mensch in der Analyse zu sein, wie das MRT schneller teilweise bei Krebs diagnostiziert als der beste Arzt - wer weiß??? Es kommt einfach auf den besten Input der gezielten Fragen an, was man für die besten Marker der Leistung hält. 

Wenn ich falsch liege, ändere ich sofort meine Konzepte und passe an. Ich werde mit Sicherheit nicht die NZB-Technik einer Tobi Amusan lehren, weil sie vulnerabel ist.

Gertrud


RE: Diamond League 2025 - Silesia, 15./16.08.2025 - Sprunggott - 17.08.2025

(17.08.2025, 02:08)Mattili schrieb: Cindy Roleder hatte eine Differenz von 0.87s, nur mal so in den Raum geworfen.

Die ist zwar die 100m sehr selten gelaufen, aber das gilt auch für andere Hürdensprinterinnen.
Einen pauschalen Umrechnungsfaktor gibt es hier also nicht.

Visser hat jetzt nicht den gewöhnlichsten Karriereverlauf. Dass man mit 28 Jahren noch einmal einen solch massiven Sprung macht, ist jetzt eher nicht die Regel. Wie es scheint braucht man dafür einfach einen Wundertrainer, der ein Patentrezept zu haben scheint.

Cindy konnte in Top Form vor der WM 2015
30m fly 3,11s - 100m 11,38s - 150m 16,6s - 200m 23,2s

Interessanter und erkenntnisreicher wäre eine Teilzeitanalyse
Blush


RE: Hürdensprint - Schnelligkeitsvoraussetzungen - trackwatchnds - 17.08.2025

Ich poste die Datei mit den Vergleichszeiten (aktualisiert) nochmal hier, da sie thematisch deutlich besser hier reinpasst, als in den anderen Thread.
Man kann sich definitiv in Einzelfallanalysen "verlieren", was auch völlig legitim ist, wenn man Individuen leistungstechnisch optimieren möchte. Meiner Meinung nach ist es aber weit mehr als eine Tendenz und schlicht nicht zu ignorieren, wenn man sich die Top 50 All-Time in ihren Ausprägungen ansieht: 

- Mittelwert der Leistungsdifferenz: 1,03s (8%)
- Leistungsdifferenz in Zeit und prozentual unterscheiden sich nicht zu den aktuellen Top 10 Europäerinnen (exkl. Visser, Kambundji & Skrzyszowska, da in Top 50 inkludiert)

Weitere Erkenntnisse sowie Hypothesen lassen sich im Thread "Sichtbare Trainingsinhalte" in Beitrag #84 betrachten.
Link: hier

Sprunggotts Beitrag zu Roleders "echten" Fähigkeiten passt da wunderbar dazu und ist in ähnlicher Form wahrscheinlich für viele der Athletinnen gültig. Die 100m Flach-Zeiten sind tendenziell unterrepräsentiert.

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Ebenfalls absolut interessant sind die Biomechanical Reports der Leeds Beckett University anlässlich der WM 2017 in London. Schöne Darstellungen und u. a. individuelle Teilzeiten der Zwischenhürdenintervalle.
Die Datei scheint zu groß für den Anhang, allerdings ist die Datenbank im Research Centre noch online verfügbar: hier