Leichtathletikforum.com
Schutz von Athleten vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt - Druckversion

+- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com)
+-- Forum: Leichtathletikforen (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=1)
+--- Forum: Leichtathletik allgemein (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=2)
+--- Thema: Schutz von Athleten vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt (/showthread.php?tid=6242)

Seiten: 1 2 3 4 5 6


RE: Schutz von Athleten vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt - Tankward - 14.07.2025

Mich würden mal Beispiele aus der Praxis interessieren die aus der Erfahrung der TuT hier bewährt sind um die Prävention zu verbessern.

Habt ihr z.b. sowas wie Athletensprecher? Ansprechpartner für AuA die nicht TuT sind, z.b. beim Verein, Verband oder sogar designierte Eltern? Wie bindet ihr die Eltern sonst generell mit ein? Wie ist das bei nicht mehr jugendlichen AuA wo die Gruppen oft kleiner sind und es auch mal Situationen gibt wo ein TuT mit einem/ einer AuA auf einen Wettkampf oder ähnliches zu zweit fährt etc. 

Meine ehrenamtliche Trainererfahrung beschränkt sich auf Fußballjungs im Alter von 6-11 und da waren z.b. immer Eltern dabei. Egal ob Training, Spiel, Turnier oder "Trainingslager". Gleichzeitig haben wir als Trainer darauf geachtet einfach immer zu zweit mit der ganzen Mannschaft unterwegs zu sein und wenn es mal 1 on 1 Gesprächsbedarf gab wurde das unter Anwesenheit der Eltern besprochen.


RE: Schutz von Athleten vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt - Diak - 14.07.2025

(Heute, 06:07)Tankward schrieb: Mich würden mal Beispiele aus der Praxis interessieren die aus der Erfahrung der TuT hier bewährt sind um die Prävention zu verbessern.

Habt ihr z.b. sowas wie Athletensprecher? Ansprechpartner für AuA die nicht TuT sind, z.b. beim Verein, Verband oder sogar designierte Eltern? Wie bindet ihr die Eltern sonst generell mit ein? Wie ist das bei nicht mehr jugendlichen AuA wo die Gruppen oft kleiner sind und es auch mal Situationen gibt wo ein TuT mit einem/ einer AuA auf einen Wettkampf oder ähnliches zu zweit fährt etc. 

Meine ehrenamtliche Trainererfahrung beschränkt sich auf Fußballjungs im Alter von 6-11 und da waren z.b. immer Eltern dabei. Egal ob Training, Spiel, Turnier oder "Trainingslager". Gleichzeitig haben wir als Trainer darauf geachtet einfach immer zu zweit mit der ganzen Mannschaft unterwegs zu sein und wenn es mal 1 on 1 Gesprächsbedarf gab wurde das unter Anwesenheit der Eltern besprochen.

wir haben sowohl Athletensprecher als auch Ansprechpersonen für das Thema Prävention. Wir klären bei jeder Trainerausbildung und jährlich bei Kadermaßnahmen und nach Möglichkeit bei Jugendfreizeiten auf. 

Vielen Dank für die vielen aufrichtigen und engagierten Beiträge hier, die zeigen, dass das Thema durchaus endlich mehr ins Bewusstsein kommt. Nach jahrelangem Verschweigen und Wegsehen und Jahrhunderten patriarchaler Machtstrukturen ist es doch sehr verständlich, dass es - zudem bei einem auch schambehafteten Thema - Zeit braucht, ein gutes Gefühl dafür zu entwickeln, wie wir mit einer gesunden Nähe mit den Schutzbefohlenen umgehen, denn ohne Nähe können wir nicht gut arbeiten. Während dieses Prozesses ist sicher besser, vorsichtiger zu sein als vielleicht nötig. Auch ist völlig verständlich, dass wir einen etwas unterschiedlichen Zugang haben, wenn wir gleichzeitig das ganze Spektrum besprechen: zwischen Unsicherheiten im Spannungsfeld von Nähe und Distanz und der Verfolgung von Wiederholungstätern, die mehrfach insitutuionell geschützt Gelegenheit bekamen, Kinder zu vergewaltigen. 

Uns allen wünsche ich, dass wir ohne Angst miteinander und vor allem mit unseren Kindern und Jugendlichen umgehen können. (Ggf. auch körperliche) Nähe ist elementar für jede pädagogische Arbeit und viele verbieten sich aus Angst und Unsicherheit Dinge, die für alle völlig natürlich und für viele Kinder und Jugendliche wichtig wären. Eigentlich ist es nicht so schwer: Wenn Jugendliche Umarmungen, sei es aus Begeisterung oder auf der Suche nach Trost oder freundlicher Nähe, suchen, dann sollte es völlig normal sein, wenn wir diese Nähe geben. Wenn ich unsicher bin, ob eine Umarmung gerade angemessen wäre, dann frage ich oder mache eine entsprechende Geste. Ritualisierte Umarmungen, die von Trainern oder auch Gleichaltrigen ausgehen, sollten reflektiert und ggf. unterlassen werden. 
Die oft zitierten Hilfestellungen sind auch gut lösbar, man kann auch hier fragen und Alternativen anbieten. 

Kinder und Jugendliche haben ein extrem feines Gespür dafür, aus welchem Motiv sich Menschen ihnen nähern. Wenn die sagen, jemand nähere sich ihnen "komisch", "unangenehm", "eklig", dann stimmt das - von den selten Fällen abgesehen, wo das durch falsche Bezichtigungen gekippte Machtgefälle genutzt wird. Zurück zur Umarmung heißt das, prüfe Dein Motiv, wenn Du umarmen möchtest: bist Du sicher, gerade im Sinne des/r anderen zu handeln oder tut Dir gerade die Nähe gut? Wer sich da ehrlich macht, gewinnt viel Sicherheit zurück. 

Wir brauchen eine Übereinkunft, mit welcher Haltung wir einander Begegnen wollen, wie wir unsere Fürsorge wahrnehmen, nicht aber, welche Gesten, Ansprachen, Verhaltensweisen "erlaubt" sein sollen, wie hier ja schon dargestellt wurde. Manches muss sich dabei noch entwickeln. Es wir empfohlen, Autofahrten zu zweit zu meiden, in manchen Instiutionen sollen die verboten werden, woanders müssen Eltern Einverständniserklärungen unterschreiben. Mir scheint, hier sollte ein Gespräch reichen: Schutzbefohlene "müssen" nie alleine mit dem/r Trainer:in sein, aber sie sollten es dürfen, wenn sie und die Eltern das für angemessen halten und Vertrauen besteht. 

Aus meiner Praxis als Lehrer, Trainer und Ansprechperson weiß ich, dass sehr viel getan wäre, wenn wir eine bessere Kultur des Hinsehens etablierten und unser Miteinander so gestalteten, dass Sorgen und Wünsche gut besprochen werden können.


RE: Schutz von Athleten vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt - Roy Schmidt - 14.07.2025

Und trotz der ganzen Ansprechpartner für jegliche Sachverhalte werden Briefe, die eben jene Zustände ansprechen vom geschätzten Vorstand einfach weggelächelt...


RE: Schutz von Athleten vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt - CoachnEngineer - 14.07.2025

(Heute, 08:45)Diak schrieb:
(Heute, 06:07)Tankward schrieb: Mich würden mal Beispiele aus der Praxis interessieren die aus der Erfahrung der TuT hier bewährt sind um die Prävention zu verbessern.

Habt ihr z.b. sowas wie Athletensprecher? Ansprechpartner für AuA die nicht TuT sind, z.b. beim Verein, Verband oder sogar designierte Eltern? Wie bindet ihr die Eltern sonst generell mit ein? Wie ist das bei nicht mehr jugendlichen AuA wo die Gruppen oft kleiner sind und es auch mal Situationen gibt wo ein TuT mit einem/ einer AuA auf einen Wettkampf oder ähnliches zu zweit fährt etc. 

Meine ehrenamtliche Trainererfahrung beschränkt sich auf Fußballjungs im Alter von 6-11 und da waren z.b. immer Eltern dabei. Egal ob Training, Spiel, Turnier oder "Trainingslager". Gleichzeitig haben wir als Trainer darauf geachtet einfach immer zu zweit mit der ganzen Mannschaft unterwegs zu sein und wenn es mal 1 on 1 Gesprächsbedarf gab wurde das unter Anwesenheit der Eltern besprochen.

wir haben sowohl Athletensprecher als auch Ansprechpersonen für das Thema Prävention. Wir klären bei jeder Trainerausbildung und jährlich bei Kadermaßnahmen und nach Möglichkeit bei Jugendfreizeiten auf. 

Vielen Dank für die vielen aufrichtigen und engagierten Beiträge hier, die zeigen, dass das Thema durchaus endlich mehr ins Bewusstsein kommt. Nach jahrelangem Verschweigen und Wegsehen und Jahrhunderten patriarchaler Machtstrukturen ist es doch sehr verständlich, dass es - zudem bei einem auch schambehafteten Thema - Zeit braucht, ein gutes Gefühl dafür zu entwickeln, wie wir mit einer gesunden Nähe mit den Schutzbefohlenen umgehen, denn ohne Nähe können wir nicht gut arbeiten. Während dieses Prozesses ist sicher besser, vorsichtiger zu sein als vielleicht nötig. Auch ist völlig verständlich, dass wir einen etwas unterschiedlichen Zugang haben, wenn wir gleichzeitig das ganze Spektrum besprechen: zwischen Unsicherheiten im Spannungsfeld von Nähe und Distanz und der Verfolgung von Wiederholungstätern, die mehrfach insitutuionell geschützt Gelegenheit bekamen, Kinder zu vergewaltigen. 

Uns allen wünsche ich, dass wir ohne Angst miteinander und vor allem mit unseren Kindern und Jugendlichen umgehen können. (Ggf. auch körperliche) Nähe ist elementar für jede pädagogische Arbeit und viele verbieten sich aus Angst und Unsicherheit Dinge, die für alle völlig natürlich und für viele Kinder und Jugendliche wichtig wären. Eigentlich ist es nicht so schwer: Wenn Jugendliche Umarmungen, sei es aus Begeisterung oder auf der Suche nach Trost oder freundlicher Nähe, suchen, dann sollte es völlig normal sein, wenn wir diese Nähe geben. Wenn ich unsicher bin, ob eine Umarmung gerade angemessen wäre, dann frage ich oder mache eine entsprechende Geste. Ritualisierte Umarmungen, die von Trainern oder auch Gleichaltrigen ausgehen, sollten reflektiert und ggf. unterlassen werden. 
Die oft zitierten Hilfestellungen sind auch gut lösbar, man kann auch hier fragen und Alternativen anbieten. 

Kinder und Jugendliche haben ein extrem feines Gespür dafür, aus welchem Motiv sich Menschen ihnen nähern. Wenn die sagen, jemand nähere sich ihnen "komisch", "unangenehm", "eklig", dann stimmt das - von den selten Fällen abgesehen, wo das durch falsche Bezichtigungen gekippte Machtgefälle genutzt wird. Zurück zur Umarmung heißt das, prüfe Dein Motiv, wenn Du umarmen möchtest: bist Du sicher, gerade im Sinne des/r anderen zu handeln oder tut Dir gerade die Nähe gut? Wer sich da ehrlich macht, gewinnt viel Sicherheit zurück. 

Wir brauchen eine Übereinkunft, mit welcher Haltung wir einander Begegnen wollen, wie wir unsere Fürsorge wahrnehmen, nicht aber, welche Gesten, Ansprachen, Verhaltensweisen "erlaubt" sein sollen, wie hier ja schon dargestellt wurde. Manches muss sich dabei noch entwickeln. Es wir empfohlen, Autofahrten zu zweit zu meiden, in manchen Instiutionen sollen die verboten werden, woanders müssen Eltern Einverständniserklärungen unterschreiben. Mir scheint, hier sollte ein Gespräch reichen: Schutzbefohlene "müssen" nie alleine mit dem/r Trainer:in sein, aber sie sollten es dürfen, wenn sie und die Eltern das für angemessen halten und Vertrauen besteht. 

Aus meiner Praxis als Lehrer, Trainer und Ansprechperson weiß ich, dass sehr viel getan wäre, wenn wir eine bessere Kultur des Hinsehens etablierten und unser Miteinander so gestalteten, dass Sorgen und Wünsche gut besprochen werden können.
100% Zustimmung, gerade zu dem Teil, dass es ebenso wenig zielführend ist, auf Nähe im Umgang mit Kindern und Jugendlichen gänzlich zu verzichten.


RE: Schutz von Athleten vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt - muffman - 14.07.2025

Danke Diak.


RE: Schutz von Athleten vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt - dominikk85 - 14.07.2025

Gewisse schutzkonzepte muss man imo heutzutage einfach haben und das müssen auch die Trainer akzeptieren.

Ich kann verstehen das Viele Vereine bedenken haben weil es immer schwieriger wird freiwillige zu finden die bereit sind bzw beruflich und familiär zeit haben training zu leiten und die will man natürlich nicht mit Pädo Vorwürfen vergraulen (da haben vereine bei denen das training an einem einzigen freiwilligen hängt angst das der beleidigt reagiert und man dann gar keinen mehr hat), aber da muss man halt wege finden das den Trainern zu kommunizieren ohne das es als Vorwurf/Verdacht klingt. Da muss man den Trainern halt klar machen das sie auch sich selbst schützen wenn bestimmte dinge eingehalten werden.


Also nicht sagen "wir denken das du kinder anfasst", sondern "das ist heutzutage ein heikles thema und mit dem Konzept werden nicht nur kinder geschützt sondern auch du  und der verein gegen vorwürfe".

Ich glaube nicht mal das Viele Vereine die sich da nicht rantrauen ignorant sind oder es ihnen egal ist, sie wissen schon das das wichtig ist, haben aber angst sich da ranzutrauen und gegebenenfalls leute zu vergraulen die sich angegriffen fühlen oder denen bereits das thema unangenehm ist.

Aber man muss sich heutzutage damit beschäftigen, einfach weggucken und so tun als existiere das Problem nicht geht nicht mehr.


RE: Schutz von Athleten vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt - MikeStar - 14.07.2025

Ich würde gerne mal zwei Beispiele zur Diskussion einstellen, wenn das in Ordnung ist. 

Das erste Beispiel wäre eine Beobachtung, die ich vor kurzem selbst am Rande mitbekommen habe. Es geht hierbei nicht um körperliche Gewalt, sondern mögliche sexualisierte Bevormundung.

Das zweite wäre ein Fallbeispiel aus einer Compliance Schulung zum Umgang mit Schutzbefohlenen, das ich aber auf den Sport umschreiben kann. 

Wenn keine Einwände kommen, würde ich später die Beispiele zur Diskussion stellen.


RE: Schutz von Athleten vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt - S_J - 14.07.2025

(Vor 1 Stunde)MikeStar schrieb: Ich würde gerne mal zwei Beispiele zur Diskussion einstellen, wenn das in Ordnung ist. 

Das erste Beispiel wäre eine Beobachtung, die ich vor kurzem selbst am Rande mitbekommen habe. Es geht hierbei nicht um körperliche Gewalt, sondern mögliche sexualisierte Bevormundung.

Das zweite wäre ein Fallbeispiel aus einer Compliance Schulung zum Umgang mit Schutzbefohlenen, das ich aber auf den Sport umschreiben kann. 

Wenn keine Einwände kommen, würde ich später die Beispiele zur Diskussion stellen.

Fände ich zumindest interessanter als hier ständig auf prominente Fälle zu verweisen, zu denen momentan keiner etwas sagen kann / möchte / darf.  Thumb_up

Ggf. in einem neuen Thread?


RE: Schutz von Athleten vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt - MikeStar - 14.07.2025

Ich schreibe mal hier, ggf. kann / soll es einer der Mods gerne ausgliedern, ok?

1. 
Ein Trainer lässt eine junge Sportlerin - ich schätze sie auf 12-13 Jahre alt - nicht zum Training zu mit der Anmerkung, dass die Kleidung nicht dem Alter angemessen und viel zu knapp sei. Die Kleidung bestand aus einer sehr knappen Sporthose und einem bauchfreien Sport-Top.
In einer augenscheinlich älteren Trainingsgruppe trainierte eine andere junge Frau auf der anderen Seite des Sportplatzes in ähnlich knapper Kleidung. 
Später habe ich dann das Mädchen in längerer Kleidung trainieren sehen.

2. 
Ihr erlangt Kenntnis davon, dass ein Trainer (19 Jahre) sich in einer beidseitig einvernehmlich sexuellen Beziehung mit einer Athletin (13 Jahre) seiner Trainingsgruppe befindet. Wie geht ihr vor?

Im späteren Verlauf wurde die Fragestellung erweitert:

Im Gespräch erlangt ihr Erkenntnis, dass sich beide sich der Strafbarkeit der Situation bewußt sind und die Eltern beider Beteiligten die Beziehung nicht unterbinden. 
Welche Maßnahmen sind einzuleiten?

Anmerkung zur 2. Fragen: Alle Teilnehmer waren sich aus juristischer Sicht einig, dass sie tätig werden müssen, da es sich um eine Straftat handelt und ein Nichthandeln auf die Institution zurückfallen könnte. Auf zwischenmenschlicher Ebene waren die Meinungen hingegen sehr unterschiedlich, insb. da eine Teilnehmerin sogar selbst zugegeben hat, mit 12 Jahren einen 18-jährigen Freund gehabt zu haben den sie später auch geheiratet hat und sie zwar die juristische Seite nachvollziehen würde, aber selbst halt weiß, dass es funktionieren kann.