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Beugt die Knie (oder besser nicht?) - Druckversion

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RE: Beugt die Knie (oder besser nicht?) - MZPTLK - 15.01.2016

(15.01.2016, 11:30)Hinkebein schrieb: Sicherlich war meine Argumentation nicht sehr tiefsinnig. Das kann ein 5 Minuten-Post auch nicht sein. Nochmals, ich sehe die Kniebeugen in erster Linie als Diagnosewerkzeug um Schwachstellen im Körper zu finden. Diese werden dann mit gezielten Übungen bzw.  physiotherapeutischen Maßnahmen beseitig. Diese Vorgehensweise ist sportartunabhängig. Jemand mit protrahierten Schultern, feste Hüften oder anderen Schwachstellen wird keine ordentlichen Kniebeugen hinbekommen. Werden die Schwachstellen behandelt und beseitigt wird er es schaffen und dadurch wird er ein besserer und geschmeidiger Athlet. Wenn ich LA-Spezifisch trainiere kommen andere Übungen hinzu, das ist vollkommen klar. Alles zu seiner Zeit. Diese Vorgehensweise wird übrigens mit vielen Spitzenathleten aus verschiedenen Sportarten praktiziert (Football, Tennis, Baseball, LA).  Sie konnten mich bisher nicht davon überzeugen auf die TKB zu verzichten. Ich glaube das war auch nicht ihre Absicht.

Kannst Du mal in einer ruhige Stunde konkreter und ausführlicher begründen, warum es für bestimmte Leichtathletikdisziplinen keine oder kaum Alternativen zu TKBs gibt und worin die Vor- und Nachteile bestehen?


RE: Beugt die Knie (oder besser nicht?) - Gertrud - 15.01.2016

(15.01.2016, 11:30)Hinkebein schrieb: Sicherlich war meine Argumentation nicht sehr tiefsinnig. Das kann ein 5 Minuten-Post auch nicht sein. Nochmals, ich sehe die Kniebeugen in erster Linie als Diagnosewerkzeug um Schwachstellen im Körper zu finden. Diese werden dann mit gezielten Übungen bzw.  physiotherapeutischen Maßnahmen beseitig. Diese Vorgehensweise ist sportartunabhängig. Jemand mit protrahierten Schultern, feste Hüften oder anderen Schwachstellen wird keine ordentlichen Kniebeugen hinbekommen. Werden die Schwachstellen behandelt und beseitigt wird er es schaffen und dadurch wird er ein besserer und geschmeidiger Athlet. Wenn ich LA-Spezifisch trainiere kommen andere Übungen hinzu, das ist vollkommen klar. Alles zu seiner Zeit. Diese Vorgehensweise wird übrigens mit vielen Spitzenathleten aus verschiedenen Sportarten praktiziert (Football, Tennis, Baseball, LA).  Sie konnten mich bisher nicht davon überzeugen auf die TKB zu verzichten. Ich glaube das war auch nicht ihre Absicht.

Ich habe mal einen Vortrag in Mainz beim DLV bezüglich dieser Problematik gehalten. Daraufhin sagte ein Toptrainer: "Das stimmt zwar wahrscheinlich alles; aber wir verzichten nicht auf die traditionellen gewichtheberischen Übungen, können aber einige dieser Vorstellungen ins Programm nehmen." Hansjörg Holzamer sagte hinterher zu mir: "Dieser Trainer hat aber auch gar nichts verstanden!" Wink Er hat nicht verstanden, dass wir uns im Grunde für eine völlig neue Version der Kraftübungen aussprechen und zwar fachlich untermauert. Wir hätten überhaupt keinen Sinn darin gesehen, einen Florian Schwarthoff oder eine Sabine Braun mit diesen Standard-Gewichtheberübungen zu traktieren. Die Leistungen sprechen für sich, dass es auch anders geht und zwar ohne strukturelle Probleme.

Gertrud


RE: Beugt die Knie (oder besser nicht?) - icheinfachma - 19.01.2016

@Hinkebein: Die Kniebeuge ist den leichtathletischen Bewegungen sehr unähnlich und kann daher auch nicht als Diagnoseinstrument für Schwachstellen eines Leichtathleten dienen.
Ich gebe mal ein Beispiel: Ein Weitspringer hat in der Tiefkniebeuge Probleme, sein Becken in der Frontalebene zu stabilisieren. Derselbe Weitspringer springt aber mit vollkommen stabilem Becken und Rumpf. Er kann vielleicht nicht mit einer schweren Hantel auf dem Buckel in der Hocke stabilisieren, wohl aber explosive Kräfte in den erforderlichen Hüftwinkeln beim Weitsprung hervorragend abfangen. Es ist vollkommen an den Haaren herbeigezogen, hier über die Kniebeuge zu diagnostizieren, sondern man kann Schwachstellen nur durch die Begutachtung der Zieltechnik und der Lauf- und Sprungschule entdecken. Ein umgekehrtes Beispiel: Der Weitspringer hat eine Schwachstelle in den Beinbeugern, die die schnellkräftig-exzentrische Belastung nicht aushalten und darum eine Gefahr für Zerrungen darstellen. Die Kniebeuge kann nicht im geringesten diese Schwachstelle ausmachen, weil die Beinbeuger hier kaum mitarbeiten und schon gar nicht schnellkräftig-exzentrisch. Die Kniebeuge ist eindeutig Gesäß- und Quadriceps-lastig, das sieht man allein an den hypertrophiemäßigen Ausprägungen der Sportler, die ausschließlich diese Übungen trainieren.


RE: Beugt die Knie (oder besser nicht?) - omega - 20.01.2016

Ich denke schon, dass eine TKB als Diagnosewerkzeug eingesetzt werden kann. Sie ist ja auch Bestandteil des FMS. Die Diagnose wird aber wohl eher allgemeine Probleme des Sportlers aufdecken, z.B. Disbalancen, Stabilitätsmängel bestimmter Muskelgruppen. Diese Probleme müssen nicht unbedingt zu leichtathletischen Problemen führen, sollten aber dennoch behoben werden. Die Beinbeuger arbeiten beim runtergehen doch exzentrisch, bei einer Tempo- Kniebeuge sogar schnellkräftig.


RE: Beugt die Knie (oder besser nicht?) - icheinfachma - 20.01.2016

(20.01.2016, 11:19)omega schrieb: Die Diagnose wird aber wohl eher allgemeine Probleme des Sportlers aufdecken, z.B. Disbalancen, Stabilitätsmängel bestimmter Muskelgruppen. Diese Probleme müssen nicht unbedingt zu leichtathletischen Problemen führen, sollten aber dennoch behoben werden.
Wenn die Probleme bei der Ausführung der Kniebeuge nicht zu leichtathletischen Problemen führen, sind es aus leichtathletischer Sicht auch keine Probleme. Wozu soll man mit der Kniebeuge diagnostizieren, wenn man mit der Auswertung der Zielbewegung viel genauer und realistischer diagnostizieren kann?
Zitat:Die Beinbeuger arbeiten beim runtergehen doch exzentrisch, bei einer Tempo- Kniebeuge sogar schnellkräftig.
Die Arbeit der Beinbeuger in der Kniebeuge, sowohl daran bemessen, welche Anteile vordergründig stark exzentrisch belastet werden, als auch hinsichtlich der Kontraktionsgeschwindigkeit, als auch die Tatsache, dass die Beinbeuger bei der Kniebeuge nur unterstützend fungieren ist vollkommen anders als die in im Sprint oder Sprung. Nichtmal, wenn man die Maximalkraft der Beinbeuger bestimmen möchte, ist die Kniebeuge das richtige Mittel. Und selbst die Maximalkraft sagt nur sehr begrenzt etwas über die exzentrische Schnellkraft aus.


RE: Beugt die Knie (oder besser nicht?) - Gertrud - 20.01.2016

(20.01.2016, 11:19)omega schrieb: Ich denke schon, dass eine TKB als Diagnosewerkzeug eingesetzt werden kann. Sie ist ja auch Bestandteil des FMS. Die Diagnose wird aber wohl eher allgemeine Probleme des Sportlers aufdecken, z.B. Disbalancen, Stabilitätsmängel bestimmter Muskelgruppen. Diese Probleme müssen nicht unbedingt zu leichtathletischen Problemen führen, sollten aber dennoch behoben werden. Die Beinbeuger arbeiten beim runtergehen doch exzentrisch, bei einer Tempo- Kniebeuge sogar schnellkräftig.
Die TKB führt zu Dysbalancen und deckt sie nicht auf.

Gertrud


RE: Beugt die Knie (oder besser nicht?) - omega - 20.01.2016

Ein Aspekt ist hier noch nicht genannt worden: Das Training der TKB ist mMn geeignet die Weitsprunglandung stabiler zu machen. Es wird in beiden Fällen, daß gleichmäßige Abfangen einer hohen Last in tiefen Beugewinkeln trainiert.


RE: Beugt die Knie (oder besser nicht?) - icheinfachma - 20.01.2016

(20.01.2016, 19:56)omega schrieb: Ein Aspekt ist hier noch nicht genannt worden: Das Training der TKB ist mMn geeignet die Weitsprunglandung stabiler zu machen. Es wird in beiden Fällen, daß gleichmäßige Abfangen einer hohen Last in tiefen Beugewinkeln trainiert.

Nicht unbedingt, die meisten Weitspringer springen so, dass es der Tiefkniebeuge nicht ähnelt, hier mal ein Infolink: https://www.youtube.com/watch?v=Bx_f4erj_e0&list=PL83CB606B4D6E027E&index=47

Sogar wenn man die Tiefkniebeuge einsetzt, um die Landung vorzubereiten, deckt das die eigentlich wichtigen Bereiche, nämlich Sprint und Absprung, nicht ab. Gleiches gilt für Hochsprung, Dreisprung, Stabhochsprung (der ja aus Beinsicht fast nur ein Sprint ist), Sprint, Hürdenlauf, Speerwurf.

Ich habe kein Problem damit, wenn man UNTER ANDEREM die Kniebeuge einsetzt. Nicht jeder Athlet bekommt von der Kniebeuge Knieprobleme, wenn man sie nur wohldosiert einsetzt. Aber ich denke, es ist falsch, die Kniebeuge ÜBERWIEGEND zu trainieren und als DIE Übung zu huldigen.

Ich denke, diejenigen, die die Kniebeuge so in den Himmel heben, kennen einfach keine Alternativen, sonst hätten sie eine nüchternere und relativierende Sichtweise auf diese Übung. Ich finde, ein Krafttraining für Leichtathleten darf ruhig auch koordinativ anspruchsvoll sein (damit meine ich anspruchsvoller als die Kniebeuge), es sollte Übungen für ALLE Muskelgruppen, die an der Bewegung beteiligt sind, geben und es sollte ein breites Spektrum an Übungen durchgeführt werden, damit alle Anteile der jeweiligen Muskelgruppen beansprucht werden. Ich kann bei Bedarf gern auch Beispiele geben.


RE: Beugt die Knie (oder besser nicht?) - Hellmuth K l i m m e r - 20.01.2016

(20.01.2016, 19:56)omega schrieb: Ein Aspekt ist hier noch nicht genannt worden: Das Training der TKB ist mMn geeignet, die Weitsprunglandung stabiler zu machen. Es wird in beiden Fällen, das gleichmäßige Abfangen einer hohen Last in tiefen Beugewinkeln trainiert.


Das sehe ich erst jetzt (!) auch so wie omega. Idea

Obwohl ich  s o  lange im Weitsprung aktiv war, dachte ich kaum mal an die hohe Belastung bei der Weitsprung l a n d u n g. Dafür mehr an meine LWS ... Angry
Zweifellos können Kniebeugen da mithelfen, kräftige Muskeln zum Abfangen der Belastung beim Landen aufzubauen.
Und muskuläre Dysbalancen dürften beim guten Weitsprungtraining kaum auftreten.

H. Klimmer / sen.


RE: Beugt die Knie (oder besser nicht?) - Gertrud - 20.01.2016

Es gibt Ergebnisse einer Studie dem Sinne nach, die folgendes besagen:

Die rectus femoris-Aktivität war signifikant höher bei Frauen im Vergleich zu Männern in Sprunglandungen. 


Die Aktivität des m. biceps femoris  war signifikant höher bei Männern im Vergleich zu Frauen während der Sprunglandung.

Diese Ergebnisse legen nahe, dass signifikante Unterschiede in der Muskelaktivität des Quadrizeps und Beinbeuger bestehen zwischen Männern und Frauen bei der Durchführung der Sprunglandung. 

Frauen haben ein höheres Risiko für ACL-Verletzungen im Vergleich zu Männern." 

Folglich müssen die Einflussnahmen andere sein. 

Wenn man die Weitsprunglandungen betrachtet, dann sind die Geschwindigkeitsvektoren vollkommen andere als bei der TKB. Es besteht die Frage, wie man die Belastung auf die Kniegelenke erheblich reduzieren kann. Der offene Winkel zwischen Oberkörper und Hüfte fällt bei der Weitprunglandung im Gegensatz zur TKB auf. Zur Analyse sollte man schon sehr präzise hinschauen!!! Auch in der Hinsicht habe ich mal den Rahmen einer DLV-Fortbildung gesprengt. Die Weitsprungaufnahmen der Landung haben mich eindeutig bestätigt.  

Solche Dinge lassen mich nicht ruhen, Übungen auf den Leib zu schneidern, die Hand und Fuß haben und nicht verletzungsträchtig sind. Es gibt natürlich disziplinmäßige Klippen wie z. B. beim Speerwurf, die man einfach abmildern muss. So verhält es sich auch bei der Landung, wo schon enorme Kräfte die Strukturen strapazieren.


Gertrud
von youtube