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Was ist Doping? - Druckversion

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RE: Was ist Doping? - said88 - 21.07.2016

Wohl wahr, bei rationaler Analyse kann man nur den Kopf schütteln. 
Und doch hab ich bspw. die 9,83 von Ben Johnson 1987 oder den 800m Endlauf von Seoul vermutlich schon mindestens 100mal angeschaut! 
Das "auf Null setzen" aus meinem letzten post war eher auf die korrupten Strukturen in Verbänden wie FIFA oder IAAF gemüntzt. Ein Neuanfang mit unvorbelastetem Personal? Die Frage wäre nur wie lange es dauert bis alles wieder ist wie heute. 

In einem anderen Thread wurde Geld als Begründung für 2jährige WMs angeführt. Das stimmt garantiert. Und dann wundert man sich über Doping?


RE: Was ist Doping? - lor-olli - 21.07.2016

@said88
sorry, ich wollte hier kein Wissensquiz veranstalten, ich habe den Begriff angeführt weill er sehr schön die Problematik des Begriffes "Natürlich" aufzeigt. Ursprünglich diente er Biologen (Skandinavien, Anfang 20. Jahrhundert) dazu die Unberührtheit der Natur von menschlichen Einflüssen zu klären, schnell stellte man fest, dass EIN Begriff nicht reichte - zu weit und weitgehend war "unser" Einfluss schon.

Ein Urwald etwa stellt den Inbegriff der Natürlichkeit dar, eine moderne Großstadt das Gegenteil. EIn Neugeborenes war zu den Anfangszeiten dieser Definition ebenfalls "natürlich", heute ist es manchmal schon vorgeburtlich mit der Natürlichkeit vorbei. Eine andere Frage ist die der gezielten Manpulation - die wäre dann nicht natürlich, trotzdem akzeptieren wir "Reparaturen" (Operationen). Schwieriger wird es z.B. bei der Antwort, ob ein 10 mal operiertes Knie noch natürlich ist Wink  - es gibt vermutlich zumindest keine unnatürliche Leistungssteigerung gegenüber einem gesunden Knie…

Nehmen wir also die Leistungsteigerung als Kriterium, die nicht auf natürlicher Nahrung und “hartem" Training erwächst, für Doping? Auch hier werden wir keine endgültige Antwort finden - nur eine Annährung an ein Ideal. Aber das ist dann auch ein Abbild unseres gesamten Lebens, wir ächten Mord, er kommt aber trotzdem vor und wir leben damit, wir kennen die Auswirkungen von Umweltzerstörung und zerstören sie dennoch - jeder einzelne von uns und jeden Tag, einfach durch unseren Lebensstil.

Doping werden wir trotzdem nicht freigeben, genau so wenig wie z.B. medizinische Manipulationen (Und das betrifft nicht nur Gentechnik, z.B. wenn jemand eine gerissene Achillessehne mit Carbonfaserverstärkten Filamenten "verbessern" würde - man forscht schon dazu). Doping ist eine Grauzone und ob einzelne Doping-Maßnahmen dramatischere Folgen haben als manche Trainings sei dahin gestellt, aber Doping rüttelt an einem Gefühl das Menschen zu eigen ist, dem Sinn für Fairness und dem Wunsch nicht betrogen zu werden. (Das es auch hier Nuancen gibt ist klar, dennoch kennen sogar hartgesottene Verbrecher diese Kriterien…) Geben wir Doping frei, setzen wir diese Kriterien außer Kraft - Sport wird zum Spektakel wie Wrestling oder Bodybuilding. Die haben auch ihre sportlich-physische Komponente, die aber nicht die zentrale Bedeutungshoheit hat, hier regieren eher Geschäft und Eitelkeit.

Fürs Doping braucht man aber nicht einmal bezahlten Sport, Eitelkeit / Egoismus und Geltungssucht reichen Wink


RE: Was ist Doping? - RalfM - 21.07.2016

Dieses Forum ist nach meinem Verständnis eingerichtet worden, um miteinander zu reden. Der User Said88 benutzt es, um gegeneinader zu reden.

Das ist ihm freigestellt, so lange die Moderatoren zustimmen, und die sind ganz demokratisch-langwillig.

Man muss Leuten wie Said88 nicht antworten.


RE: Was ist Doping? - lor-olli - 22.07.2016

Gera, schießt Du nicht ein wenig über das Zel hinaus?
Ich kann nicht erkennen, dass said88 hier als reiner Gegenredner agiert, er hat aber sicher bei weitem nicht alle Argumente die hier schon genannt wurden gelesen (er hat bereits geschrieben, dass ihn manche Antworten doch ganz schön fordern!). Wir können uns auf einen elitären Standpunkt des "hatten wir schon geklärt" zurückziehen, oder eben auch neue User in die Diskussion  integrieren, das Dopingproblem werden wir hier weder lösen noch ansatzweise umfänglich klären können - die Diskussion lebt Wink

Wichtig ist für mich auch, das Bewusstsein für die Problematik des Doping aufrecht zu erhalten - in den Zeiten wo eine Sperre Russlands allgegenwärtig in den Medien präsent brauche ich das nicht tun Wink ABER wir werden sehen, wie geneigte Interessengruppen schon in Rio versuchen werden, "das Thema" abzuhaken. Es ist genau diese Haltung, dieses Vorgehen, welches Doping immer wieder aufkommen lässt - das Bewusstsein verblasst schnell! Mich würde z.B. ein ehrliches Statement von Gatlln wirklich interessieren, aber sein Bewusstsein habe ich diesbezüglich ehrlich gesagt abgeschrieben! Umso wichtiger wird es sein, dass der Zuschauer zu schärfen - ohne Publikum und Verdienst verschwindet auch "ein Gatlin"… (ich oute mit mal als Optimist, ok, zumindest ansatzweise…)


RE: Was ist Doping? - gera - 22.07.2016

lor-olli ,

ich glaube, Du hast hier die Namen verwechselt.
Ich habe zu diesem Thema bisher gar nichts gesagt, Du meinst bestimmt Ralph M.


RE: Was ist Doping? - Pollux - 22.07.2016

(21.07.2016, 16:52)MZPTLK schrieb:
(21.07.2016, 16:16)said88 schrieb: Schon der Anspruch Leistungssport betreiben zu wollen ist nicht "natürlich ".


Woher kommt denn der Wille dazu?
Aus unserem tiefsten Inneren wie so Vieles, über das wir bei rationaler Analyse den Kopf schütteln.
Wir sind eben Zwitterwesen mitten in der Evolution mit allen Widersprüchen.
Und das ist eben natürlich, nicht wahr, Pollux?


Was sagte Said nochmal? Schon der Anspruch, Leistungssport betreiben zu wollen, sei nicht ‚natürlich’. 

Ich unterschreibe den Satz auch nicht. Aber wieso sollte der Rekurs auf natürliche Antriebe ein Grund zum Kopfschütteln sein? Isst der Mensch, weil er Hunger hat? Oder weil ihm seine Digitalanzeige signalisiert: „Es wäre effizient, mit dem Eiweiß-Nachschub nicht zu lange zu warten.“ Der Mensch kann nur Zwecke in seinem Handeln etablieren, weil er sich von Natur aus immer schon auf Zwecke ausgerichtet erfährt. Es gibt also elementare Naturbedingungen des Handelns. Zu diesen kann er ein vernünftiges Verhältnis gewinnen - und vielleicht sogar über die Tauglichkeit von Digitalanzeigen nachdenken. 

Daher zum Sport. Hast du einen Leistungssportler gesehen, der einen nicht-natürlichen Anspruch auf Leistungssport erfahren hat. Solche Leute gingen mehrheitlich zum Sport, weil ihnen oft danach gewesen ist. Weil sie - öfters als andere Menschen- einen Bewegungsdrang verspürt haben. (Während andere Leute vielleicht eher den Drang verspüren, Blumen zu betrachten und Gedichte darüber zu verfassen) Zu dem „natürlichen“ Anspruch“ setzt sich auch jener Sportler, der sich zum Leistungssport ‚entscheidet’, in ein Verhältnis. Und erst in diesem Verhältnis kommen dann jene anderen (rationalen) Maßstäbe zur Geltung, die einen Leistungssportler weiter machen lassen. 

Die rationalen Maßstäbe verlieren aber nicht den Bezug zu dem „natürlichen“ Anrtrieb. Es sei denn, man hat irgendwann „keinen Bock mehr.“ Der Mensch ist aber kein Zwitterwesen, wie du behauptest, sondern in ihm zeigt sich u.a. das Spannungsverhältnis von Natur und Vernunft. 

PS: Als handelndes Wesen ist er deshalb aber nicht bloß Natur. Denn die Natur handelt, entwirft, plant und entscheidet nicht. Und wenn du sagst: Sie tut dies doch, eben als Mensch – dann ist das eine metaphorische Redeweise, die vielleicht mit der metaphysischen Aussage konform geht, dass Natur die Tendenz hat, über sich selbst hinauszuweisen. Diese Auffassung hat Tradition, aber auch sie unterstellt keine Identität. 

:ALTEROBERRADIKALINSKI:


RE: Was ist Doping? - said88 - 22.07.2016

@lor-olli: ich hab schon alles gelesen, das "das ganz schön fordern" trifft's da eher. Wenn's arg - ich nenn's mal- philosophisch wird, tu ich mich immer sehr schwer. Ich hab's eher mit den Zahlen und klaren Fakten. Dennoch waren alle Antworten auf meine Frage (bis auf RalfM)  sehr interessant. Es ist ein sehr schwieriges Thema, zu dem es wohl  keine klaren Antworten gibt.


Noch kurz zu dem Leistungssport . OK, das kann schon "natürlich" sein. Wie gesagt, ich hatte selbst lange den Traum von einem WR. Aber ich wäre da schon viel früher dran gescheitert als bei der Frage Doping ja oder nein. Ich glaube spätestens beim Thema Sauerstoffzelt oder Höhentraining wäre mir der Gedanke gekommen: "ist das noch normal was ich hier tue?" 

(ich hab hier leider nur ein tablet , und da ist es sehr schwierig für mich etwas länger zu schreiben).

@RalfM: anderen nahelegen mir nicht zu antworten? Was eine Fr...


RE: Was ist Doping? - lor-olli - 22.07.2016

@ gera: mea culpa, ich kann mir gar nicht erklären wieso mir das passiert ist!? RalfM's Beitrag ist ja auch nicht so lang, dass man darüber den Namen vergessen könnte Wink

@said88: Tja, immer wenn man eine Begründung für etwas sucht welches auch auf unserem "Menschsein" fußt, wird es schwierig mit der "Einfachheit der Zahlen" - wir sind einfach komplexe Organismen und einige von uns auch kompliziert Wink
Leistung und Sport in der Beziehung Leistungssport stellen ja eine relativ neue Definition des Sports dar, der Begriff ist in einem stetigen Wandel.

@pollux:
Dein Einwand zum Leistungssport als "natürlich" ist mir schon des öfteren durch den Kopf gegangen. Ist die Motivation wirklich  immer intrinsisch? In unserer Gesellschaft vermutlich überwiegend, wie sieht es z.B. in einigen Regionen Afrikas aus, wo das Laufen oft eine der wenigen Möglichkeiten ist der Armut zu entkommen? Überwiegt hier wirklich das reine Interesse an der Bewegung? Oft fängt das Leben mit dem Laufen an, wenn ein Kind zur Schule läuft. Talent ist natürlich ein starker Motivator, besser zu sein als andere ein Teil des "Überlebenskampfes". Stutzig wird man, wenn man z.B. eine Aussage wie die von Tim Wiese (Fußballtorwart / Bremen) hört: "Fußall hat mich nie interessiert, ich fand's langweilig, aber man konnte mit wenig Arbeit viel Geld verdienen" Eine "Fußball-sportliche" Einstellung und Motivation? Wink (Dann wundert mich gar nichts mehr…)


RE: Was ist Doping? - Pollux - 22.07.2016

(22.07.2016, 12:15)lor-olli schrieb: @pollux:
Dein Einwand zum Leistungssport als "natürlich" ist mir schon des öfteren durch den Kopf gegangen. Ist die Motivation wirklich  immer intrinsisch? In unserer Gesellschaft vermutlich überwiegend, wie sieht es z.B. in einigen Regionen Afrikas aus, wo das Laufen oft eine der wenigen Möglichkeiten ist der Armut zu entkommen? Überwiegt hier wirklich das reine Interesse an der Bewegung? Oft fängt das Leben mit dem Laufen an, wenn ein Kind zur Schule läuft. Talent ist natürlich ein starker Motivator, besser zu sein als andere ein Teil des "Überlebenskampfes". Stutzig wird man, wenn man z.B. eine Aussage wie die von Tim Wiese (Fußballtorwart / Bremen) hört: "Fußall hat mich nie interessiert, ich fand's langweilig, aber man konnte mit wenig Arbeit viel Geld verdienen" Eine "Fußball-sportliche" Einstellung und Motivation? Wink (Dann wundert mich gar nichts mehr…)

Bewegungsdrang kann negiert, unterstützt und gefördert werden. Er steht im Kontext von kulturellen Einordnungen. In einer buddhistisch geprägten Kultur wird man den Bewegungsdrang weniger in leistungssportliche Richtungen lenken... 

Vielleicht gibt es bei uns tatsächlich Fußballer, die man zum Fußball gezwungen hat. Und die irgendwann festgestellt haben: „Ich kann es viel besser als diejenigen, die diese Sache fasziniert. Und als es dann noch Kohle dafür gab, bin ich halt bei dieser Sch... Tätigkeit geblieben. Ich hoffe nur, dass es bald vorbei ist!“ 

Ich halte das nicht für die Normalsituation. Aber darunter verstehe ich nicht „Gesetzmäßigkeit“.  Wink


RE: Was ist Doping? - MZPTLK - 22.07.2016

@ Pollux: Spannungsverhältnis von Natur und Vernunft..hmm.
Was bedeuten bei Dir diese Begriffe?

Es gibt auch Spannungsverhältnisse zwischen Natur-Repräsentanten und zwischen Vernunftrepräsentanten.
Wo hört Natur auf, wo fängt Vernunft an Huh

Die Natur handelt, entwirft, plant und entscheidet übrigens.
Aber nicht weitersagen.