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Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Druckversion

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RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Gertrud - 28.02.2017

(28.02.2017, 01:14)Robb schrieb:
(28.02.2017, 00:37)icheinfachma schrieb: Wenn wir uns nicht auf "Meisterlehren" verlassen wollen, sondern mit Sicherheit sagen können wollen, welche Trainingsmethoden besser sind, müssen wir uns auf Forschung einlassen. Fakt ist, dass es so, wie es im 400m-Lauf aktuelle in Deutschland ist, nicht weitergehen kann / soll.
Mich erinnert die Diskussion an jemanden, der die Elektronik seine Autos untersucht, weil es nicht läuft und dabei übersieht, dass der Motor fehlt.
Früher waren Trainingsforschung, Trainingsmethodik etc. bei weitem nicht so fortschrittlich, trotzdem liefen deutsche 400m Läufer schneller als heute. Deshalb frage ich mich, ob nicht etwas viel grundsätzlicheres falsch läuft.

Der Unterschied war, dass z.B. Gerschler (Zusammenarbeit mit Prof. Reindell) die Pläne gemacht hat und wissenschaftlich enorm gearbeitet hat. 

Gertrud


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Gertrud - 28.02.2017

Das nur mal nebenbei: Das Laktat ist laut Professor Dr. Boutellier negativ geladen, also basisch und nicht sauer. 
Auf Wikipedia habe ich folgendes gelesen: "Laktatazidose (aus Laktat und Azidose, auch Laktazidose) beschreibt einen Krankheitszustand mit niedrigem pH-Wert in Gewebe und Blut (Azidose) durch vermehrten Gehalt von Laktat (dem Anion der Milchsäure). Es handelt sich um eine Sonderform der metabolischen Azidose." Da habe ich Erklärungsbedarf.

Gertrud



RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Gertrud - 28.02.2017

(28.02.2017, 00:16)icheinfachma schrieb:
(27.02.2017, 23:58)Gertrud schrieb: Das war 2008. Die Wissenschaft ist heute schon wieder weiter. Was kommt davon in der Praxis an???
Knallhart Smile

Nein, ich nenne nur die Fakten. Ich bin auch mit 72 Jahren noch sehr wissbegierig und möchte das, was ich mit SuS und einer Athletin trainiere, ganz einfach richtig machen. Es geht mir nur um die Verbesserung von Inhalten, nicht um Denunzierung von Personen.

Es stimmt schon erstaunt, wenn man die 44,9 von Charly Kaufmann 1960 auf Asche sieht und dann die heutige Bilanz in Deutschland bei dem Fundus an Wissenschaft. Es macht mich stutzig, wenn der Trainer eines absoluten ehemaligen Topathleten auf der Strecke sein gesamtes Programm nach einer australischen Studie komplett umgestellt hat und ich diese Umstellung in einer Folie eines deutschen Trainers mit viel Niveau bestätigt bekomme. Mein Gehirn beginnt dann sofort zu rattern, weil ich dann diese Vorstellungen sofort mit den Inhalten einer Fortbildung verglichen habe und sich mir dort ein ganz anderes Bild geboten hat. Das hat mich neugierig gemacht, und ich habe angefangen, sehr intensiv zu recherchieren. Bei Fragen kann ich jederzeit Rücksprache nehmen und mich auch einer intensiven ganz persönlichen Fortbildung (alleine!) unterziehen. Dieses Angebot nehme ich in Anspruch.

Es macht gar nichts, wenn man gewisse Defizite im speziellen Wissen hat. Man sollte als Trainer nur willens sein, diese Lücken zu schließen. Das Beste, was mir passieren konnte, war die Hinwendung zum Mehrkampf und damit der Blick über den Wurf-Tellerrand. Ich bin in der Zwischenzeit bei meinem großen Zeitvolumen in sehr viele Gebiete eingetaucht, die mein gesamtes Spektrum erweitert haben. Ich bin gerade sehr intensiv dabei, mir ein Gebiet der Verletzungsprophylaxe neu zu erarbeiten. Ich werde aber auch permanent durch Recherche wichtiger Quellen "gefüttert". Mein Body-Scannerblick wird dadurch immer schärfer.  

Gertrud


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Lifter2000 - 28.02.2017

Bei dem Begriff "metabolische Azidose" kommt mir noch etwas anderes in den Sinn: Die Ernährungssituation in den Sechzigern war sicherlich eine Andere als heute (Hypothese: weniger sauer). Kann man mit einer eher basischen Ernährung der extremen kurzzeitigen Übersäuerung beim 400m-Lauf entgegenwirken? Kann man gar durch Gabe von Hydrogencarbonat (in magenresistenten Kapseln, um die Kompensationsreaktion im Magen zu vermeiden) ein größeres Pufferpotential schaffen? Wenn ja - wäre das Doping??


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - lor-olli - 28.02.2017

Nette Idee… allein die bei weitem noch nicht vollends verstandenen meatbolischen Prozesse im Körper (in ihrer Wechselwirkung), sowie die individuellen Komponenten werden eine allgemeingültige Aussage erschweren.

Das Ernährung im Sport (aber nicht nur dort) einen erheblichen Einfluss auf unser Leistungsvermögen und unsere Befindlichkeit hat, steht außer Frage - wenn man sich z.B. die Nahrungsaufnahme beim Marathon anschaut sieht man, dass die Spitzenathleten sich sehr gezielt und individuell ihre Verpflegung zusammenstellen. Ich vertrug keine Bananen beim Laufen und konnte auch mit den "Greifschen Energiepacks" nicht glücklich werden (bzw. mein Magen wollte sie partout nicht bei sich behalten…), trotzdem nehmen andere sie zu Hauf ein und fahren gut damit.

Die ayurvedische Medizin baut genau auf solchen Gedanken auf - auch wenn sie es "etwas" anders formuliert - sie hat erstaunlich viel Erfolg in Fällen, wo "unsere" Medizin versagt (Allergien und mehr). Wissenschaftlich belegbar ist aber vieles kaum - auch weil die psychische Komponente einen nicht zu unterschätzen Einfluss hat. Da ist noch Klärungsbedarf.

Zu Robbs Frage "seit wann wird im Sport mit Laktatwerten gearbeitet" sollte man vielleicht anmerken: Genau genommen schon immer denn die Trainingssteuerung erfolgte sehr wohl nach den Aspekten von Umfang, Erschöpfung und Leistungszuwachs. Die Quantifizierung und wissenschaftliche Belege für die Vorgänge erfolgten später und erst dann wurden Grenzen definiert. Vielleicht haben Hary, Harbig und andere schon damals im optimalen Bereich trainiert? Die Ergebnisse jedenfalls könnten das andeuten.

Unsere Physis hat sich in der Moderne (oder hier der Zeit seit wir Sport zum Zeitvertreib machen) nicht oder nur unwesentlich verändert, auch frühe Sportler hatten oft schon eine gute Intuition was ihnen weiter half. Try and error unternehmen wir auch heute noch, auch wenn wir es auf wissenschaftlich fundierter Basis tun - das Individuum ist ein solches, weil es oft sehr eigen reagiert Wink

@ Lifter: Den Versuch mit dem Hydrogencarbonat könntest du gern als Selbstversuch starten - bisher wäre es kein Doping. ALLERDINGS verändert sich der Magensäurespiegel sowieso unter Belastung erheblich (weswegen man unter dieser besser nur leichtverdauliches zu sich nimmt), zum andern hat Hydrogencarbonat nicht nur eine basische Wirkung, sondern zudem noch eine weitere, oft unangenehme im Darm … Wink


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - alex72 - 28.02.2017

Gertrud dateline='heissen sollgeladen 1488242971' schrieb: Das nur mal nebenbei: Das Laktat ist laut Professor Dr. Boutellier negativ geladen, also basisch und nicht sauer. 
Also das ist Quatsch: Laktat ist eine Säure.
was "negativ geladen" heissen soll weiss ich nicht aber jedenfalls kann Laktat nicht basisch sein.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - dht - 28.02.2017

(28.02.2017, 09:24)Lifter2000 schrieb: Kann man gar durch Gabe von Hydrogencarbonat (in magenresistenten Kapseln, um die Kompensationsreaktion im Magen zu vermeiden) ein größeres Pufferpotential schaffen? Wenn ja - wäre das Doping??

Hinsichtlich der Wirkung von NaHCO3 auf die körperliche Leistungsfähigkeit gibt es ja bereits einige Untersuchungen. 
http://suppversity.blogspot.de/search/label/NAHCO3

In wie fern es individuell Leistungssteigerungen hervorruft muss man scheinbar am eigenen Leib testen.  Wink


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - TranceNation 2k14 - 28.02.2017

(28.02.2017, 11:04)alex72 schrieb:
Gertrud dateline='heissen sollgeladen 1488242971' schrieb: Das nur mal nebenbei: Das Laktat ist laut Professor Dr. Boutellier negativ geladen, also basisch und nicht sauer. 

Also das ist Quatsch: Laktat ist eine Säure.
was "negativ geladen" heissen soll weiss ich nicht aber jedenfalls kann Laktat nicht basisch sein.

Doch. Jede Säure ist per se erstmal chemisch neutral und in Wasser spaltet sie sich, indem sie Wassterstoffionen (Protonen) abgibt, was für die Säurefunktion verantwortlich ist. Da diese positiv geladen sind (H+), das Gesamtmolekül aber anfangs neutral war, bleibt der negativ geladene, anionische Rest, auch "Salz der Säure" genannt. In der Organik und tlw. auch Anorganik enden diese i.d.R auf "-at" (Phosphat (von Phosphorsäure), Sulfat (von Schwefelsäure), Carbonat (von Kohlensäure), aber auch Tartrat (von Weinsäure) und Laktat (von Milchsäure)).

Gemäß der Modellvorstellung chemischer und biochemischer Reaktionen ist keine Reaktion endgültig, sondern läuft immer hin und her (Stichwort chemisches Gleichgewicht). Zum Beispiel trennt sich Wasser (H2O) theoretisch in H+ und OH-. Da diese "Reaktion" (strenggenommen Dissoziation) aber von der Umgebung (Waser in Wasser, was sollte da passieren) nicht begünstigt wird, liegt das Reaktionsgewicht stark auf der Seite von H2O und nicht H+ + OH-. Bei starken Säuren (z.B. Salzsäure, HCl), ist das etwas anders, diese dissoziiert in Wasser zu H+ und Cl-, mit starkem Gewicht auf H+ + Cl-. Da aber theoretisch das Gleichgewicht dennoch besteht (wenn auch sehr schwach ausgeprägt), läuft die Gegenreaktion Cl- + H+ zu HCl, wenn auch sehr langam und selten, ab, wobei Cl- da tatsächlich als Base wirkt!

Nun sind organische Säuren wie Milchsäure (vereinfacht hier HLac) nicht so stark wie klassische anorganische. Die Dissoziation von Milchsäure in Wasser (bzw. Zytosol!) zu H+ und Lac- liegt stark auf Seite H+ + Lac-, aber eben nicht vollständig. Daher hat Lakatat (hier: Lac-) basische Eigenschaften (vgl. Rückreaktion oben).

Das mag nun paradox erscheinen, ist aber bei genauem Hinehen logisch: Da das Gewicht stark auf der H+ + Lac- Seite liegt, überwiegt das Bestreben des H+ sich abzuspalten (saure Eigenschaft) das des Lac- sich ein H+ zu fischen (basische Eigenschaft). Daher führt die Akkumulation von Milchsäure im Zytosol zu einer sauren Reaktion.

Keine Quellenangabe, da mir die Suche gerade zu aufwändig ist. Es gibt aber viele Wiki- oder Schulartikel zu den genannten Stichworten.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - icheinfachma - 28.02.2017

(28.02.2017, 01:14)Robb schrieb:
(28.02.2017, 00:37)icheinfachma schrieb: Wenn wir uns nicht auf "Meisterlehren" verlassen wollen, sondern mit Sicherheit sagen können wollen, welche Trainingsmethoden besser sind, müssen wir uns auf Forschung einlassen. Fakt ist, dass es so, wie es im 400m-Lauf aktuelle in Deutschland ist, nicht weitergehen kann / soll.


Mich erinnert die Diskussion an jemanden, der die Elektronik seine Autos untersucht, weil es nicht läuft und dabei übersieht, dass der Motor fehlt.
Früher waren Trainingsforschung, Trainingsmethodik etc. bei weitem nicht so fortschrittlich, trotzdem liefen deutsche 400m Läufer schneller als heute. Deshalb frage ich mich, ob nicht etwas viel grundsätzlicheres falsch läuft.

Ich habe mir schon gedacht, dass du darauf hinauswillst. Aber ich denke, ohne eine gute Trainingsmethodik hätten die Sprinter damals nicht diese Zeiten laufen können, demnach müssen sie damals besser traiiert haben als andere. Die Heterogenität der Trainingsphilosophien war damals sicher viel größer, weil die wissenschaftliche Fundierung als Wegweiser noch nicht da war.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - lor-olli - 28.02.2017

Um mal ein bisschen zu differenzieren…

Ausgehend von der Annahme, dass der "übersäuerte" Körper Krankheiten auslöst und eine Regeneration behindert, "erfand" man die basische Ernährung (kam insbesondere vor recht genau 100 Jahren in Mode, in der Folge erklärten geneigte Mediziner die Übersäuerung zur Ursache vieler Erkrankungen), therapeutische Wirkung einer basischen Ernährung konnte man aber nicht beweisen.

Bei einer echten Azidose (also einer dauerhaften Übersäuerung durch Stoffwechselstörungen, Krankheiten oder langfristiger Fehlernährung) mag die basische Ernährung angezeigt sein, der gesunde Körper stellt aber recht zügig selbstständig ein Gleichgewicht des pH-Wertes (Säuren-Basen-Gleichgewicht) ein. Nach Kaffeegenuss etwa (der selbst leicht sauer ist), findet man im Blut aber Basen… nur soviel zum Metabolismus.

Ob man also durch Bikarbonat den Organismus "trainieren" kann stelle ich mal dahin, eine Alkalose (dauerhafte Basizität) wird der Körper bekämpfen, eine durch sehr häufige Einnahme von Antiazida ("doppelt kohlensaueres Natron" = Natriumhydrogenkarbonat…) verursachte Alkalose kann zu echten Erkrankungen führen. Ob man also eine längerfristige Einnahme zur Leistungssteigerung probieren sollte? Halte ich für genau so problematisch wie 1kg rotes Fleisch wie Kraftsportler das teilweise machen.

Ferner sollte man bedenken, dass sich die messbaren Unterschiede in den Leistungen etwa bei bestimmten Tests
- individuell sehr unterschiedlich zeigen (bis hin zur Wirkungslosigkeit)
- nicht übertragbar auf andere Belastungssituationen sind (die Versuche fanden bisher immer bei Ergometertest im maximalen Ausbelastungsbereich statt)
- im realen Wettkampf die zeitliche Steuerung nicht präzise handhabbar ist (metabole Eigensteuerung, Verdauungsrhytmus, Tageszeiten etc.)

@ icheinfachma,
eine wissenschaftlich fundierte Trainingsmethodik sollte nach heutigem Kenntnisstand definitv der Trainingsmethodik "der Antike" (Wink) überlegen sein, das scheint mit aber wenn ich die Leistungen heute betrachte nicht immer der Fall. Auch früher hat man mit Intuition und einem guten Körpergefühl sicher viel richtig gemacht ( aber natürlich auch gravierende Fehler) und das Athleten wie Hary und Harbig einfach nur physisch so viel besser waren als die Athleten heute, glaube ich auch nicht. Erfahrungswerten im Umgang mit Athleten und deren individuellen Komponenten messe ich eine mindestens so große Bedeutung zu wie neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen.