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Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Druckversion

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RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - icheinfachma - 28.02.2017

Ich würde nochmal was zu der Säure sagen, weil es da Unklarheiten gab und die bisherigen Beiträge für Chemie-Unkundige wohl schwer nachvollziehen zu waren. Ich habe fünf kurze Lektionen niedergeschrieben, die sich nach der 1. Redoxtheorie ausrichten. Die 1. Redoxtheorie (neben der 2. und 3. Redoxtheorie) ist die einfachste und daher für den Chemieanfänger geeignete Modellvorstellung von Säuren und Basen:


Lektion 1 - Säuren:

Säuren sind Molekülsubstanzen, die in wässriger Lösung in einfach positiv geladene Wasserstoffionen und negativ geladene Säurerestionen (Säure-Rest-Ionen) dissoziieren (=sich aufspalten). Eine reine Säure (nicht mit Wasser gemischt), liegt also immer in molekularer ungeladener Form vor, eine mit Wasser gemischte Säure dagegen liegt in dissoziierter Form (geladene Ionen) vor. Beispiele:

Chlorwasserstoff (~Salzsäure) [dissoziiert in Wasser in] Wasserstoffion + Chloridion
HCl <-> H+ + Cl-

Schwefelsäure [dissoziiert in Wasser in] 2 Wasserstoffionen + 1 Sulfation
H2SO4 <-> 2H+ + SO4-

Milchsäure [dissoziiert in Wasser in] Wasserstoffion + Laktation
C3H6O3 <-> H+ + C3H5O3-

(Exkurs: Im Muskel wird 1 Glucosemolekül C6H12O6 unter Energiefreisetzung in 2 Milchsäuremoleküle umgewandelt. Jedes der (ungeladenen) Milchsäuremolekül dissoziiert in der wässrigen Lösung des Sarkoplasmas sofort in 1 positiv geladenen Wasserstoffatom und 1 negativ geladenes Laktation.)

(Die Pfeil, Indizes und Plus- / Minuszeichen sind von mir etwas unbeholfen dargestellt, aber hier gibt es die Sonderzeichen nicht)


Lektion 2: Basen

Basen sind Ionensubstanzen, die aus einfach negativ geladenen Hydroxidionen (OH-) und positiv geladenen Ionen (z.B. Metallionen) bestehen. Sie lösen sich in Wasser ebenfalls in ihre Ionen auf, liegen aber auch als Feststoff ohne Wasser bereits in Ionenform vor. Beispiele (Ionengleichung):

Natriumhydroxid [besteht aus den Ionen] Natriumion + Hydroxidion
NaOH <-> Na+ + OH-

Calciumhydroxid [besteht aus den Ionen] Calciumion + Hydroxidion
Ca[OH]2 <-> Ca2+ + 2 OH-


Lektion 3: pH-Wert

Der pH-Wert einer wässrigen Lösung gibt an, ob eine wässrige Lösung sauer, neutral oder basisch ist. Das bedeutet:

-Liegen Hydroxidionen in der wässrigen Lösung vor (weil darin eine Base gelöst wurde), ist der pH-Wert größer als 7. Man spricht von einer basischen Lösung.

-Liegen Wasserstoffionen in der wässrigen Lösung vor (weil darin eine Säure, wie z.B. Milchsäure gelöst wurde), ist der pH-Wert kleiner als 7. Man spricht von einer sauren Lösung.

-Liegen weder Hydroxidionen noch Wasserstoffionen in der wässrigen Lösung vor, ist der pH-Wert genau 7. Man spricht von einer neutralen Lösung.


Lektion 4: Neutralisationsreaktion

Unter der Neutralisationsreaktion versteht man die chemische Reaktion einer Säure mit einer Base. Als Reaktionsprodukt entsteht immer ein Salz und Wasser.

Säure + Base --> Salz + Wasser.

Salzsäure + Natriumhydroxid --> Natriumchlorid (=Kochsalz) + Wasser

Milchsäure + Natriumhydroxid --> Natriumlaktat + Wasser


Denkt man sich Säure, Base und Salz als Ionen, wird klar, was womit reagiert hat:

[Säurerestion + Wasserstoffion] + [Metallion + Hydroxidion] --> [Metallion + Säurerestion] + [Wasser]

[Chloridion + Wasserstoffion] + [Natriumion + Hydroxidion] --> [Natriumion + Chloridion] + [Wasser]

[Laktation + Wasserstoffion] + [Natriumion + Hydroxidion] --> [Natriumion + Laktation] + [Wasser]



Das Säurerestion der Säure ist also mit dem Metallion der Base zum Salz reagiert:

Säurerestion + Metallion --> Salz

Chloridion + Natriumion --> Natriumchlorid

Laktation + Natriumion --> Natriumlaktat


Das Wasserstoffion der Säure hingegen hat stets mit dem Hydroxidion der Base reagiert, wodurch sich beide zu einem Wassermolekül verbunden haben:

H+ + OH- --> H2O


Da durch die Neutralisationsreaktion die Wasserstoffionen und Hydroxidionen miteinander zu Wasser reagiert haben, sind diese Ionen verschwunden oder wurden "neutralisiert". Reagieren eine je gleich Menge an Wasserstoffionen (saure Lösung) und Hydroxidionen (basische Lösung) zu Wasser, liegt hinterher eine neutrale Lösung vor, weil die Ionen verschwunden sind. Es gibt daher auch keine Lösung, in der OH- und H-IOnen gleichzeitig vorliegen. Sie neutralisieren sich sofort gegenseitig, sodass hinter nur die Ionen übrig sind, die vorher in der Überzahl vorlagen.


Lektion 5: Säuren und Basen in der anaeroben Glykolyse

Unter Sauerstoffeinfluss kann das Glucosemolekül im Mitochondium  (Sarkosom) der Muskelfaser oxidiert werden. Da die Energie der Ausgangsstoffe höher ist als die Energie der REaktionsprodukte, wird bei der REaktion Energie frei, die zur Muskelkontraktion genutzt werden kann.

Glucose + Sauerstoff --> Kohlenstoffdioxid + Wasser


Unter Sauerstoffmangel wird 1 Glucosemolekül dagegen anaerob (ohne Sauerstoff) in 2 Milchsäuremoleküle aufgespalten (ebenfalls unter Energiefreisetzung).

1 Glucose --> 2 Milchsäure


Die ungeladene (also elektrisch neutrale) Milchsäure als Säure dissoziiert in wässriger Lösung (Sarkoplasma der Muskelfaser) in ein einfach negativ geladenes Laktation und ein einfach positiv geladenes Wasserstoffion.

Milchsäure (elektrisch neutral) --> Laktation (-) + Wasserstoffion (+)
Milchsäure (pH-neutral) --> Laktation + Wasserstoffion (sauer)


Das Sarkoplasma und das Blutplasma halten sogenannte Puffersysteme bereit. Das sind chemische Systeme, die in der Lage sind, basische oder saure Lösungen zu neutralisieren. Gibt man zum Blutplasma Hydroxidionen oder Wasserstoffionen hinzu, ändert sich der pH-Wert des Blutplasmas nicht, weil die Puffersysteme durch besondere Reaktionen die Hydroxid- oder Wasserstoffionen neutralisieren. Dabei entstehen Salze.

Wasserstoffion + Laktation + [Puffersystem] --> Laktation+ [Puffersystem mit neutralisiertem Wasserstoffion]

Wenn die Puffersysteme ausgelastet sind, können keine weiteren Wasserstoffionen mehr abgepuffert werden und der pH-Wert des Blutplasmas sinkt. Das geht mit Übelkeit und Unwohlsein einher. Bevor man stirbt, bricht man aus Übelkeit und Erbrechen das Training aber bereits freiwillig ab :-D

Der Laktatwert des Blutes gibt die Konzentration an Laktationen im Blut wieder. 1 mol entspricht 10 hoch 6 mal minus 23 Teilchen. 24mmol / liter sind also 24*0,001*10^6*23 Laktationen in einem Liter Blut. Der Laktatwert entspricht nicht der Übersäurerung des Blutes. Solange das Puffersystem puffert, steigt der Laktatwert, aber es gibt keine Übersäurerung. Erst wenn das Puffersystem ausgelastet ist, übersäuert das Blut.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - TranceNation 2k14 - 28.02.2017

(28.02.2017, 15:32)icheinfachma schrieb: Laktation

Teufel Cool


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - icheinfachma - 28.02.2017

(28.02.2017, 15:51)TranceNation 2k14 schrieb:
(28.02.2017, 15:32)icheinfachma schrieb: Laktation


Teufel Cool

Tongue


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - MZPTLK - 28.02.2017

Jetzt, wo wir alles über Säuren, Basen und Nichten wissen, werden wir 2018 wieder ne 4x4 in der Nähe des DR haben Teufel


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Robb - 28.02.2017

(28.02.2017, 19:54)MZPTLK schrieb: Jetzt, wo wir alles über Säuren, Basen und Nichten wissen, werden wir 2018 wieder ne 4x4 in der Nähe des DR haben Teufel


Oder sie müssen alle mit Milchpumpen laufen.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - icheinfachma - 28.02.2017

(28.02.2017, 19:54)MZPTLK schrieb: Jetzt, wo wir alles über Säuren, Basen und Nichten wissen, werden wir 2018 wieder ne 4x4 in der Nähe des DR haben Teufel


Naja alles wäre ein bisschen hochtrabend. Das war der Stoff, den ich in der 8. Klasse in Chemie hatte. Also etwas, dass man von einem Sportmedizin-orientierten Sportwissenschaftler schon erwarten kann. Ich weiß es ja schließelich auch alles noch, obwoh ich vor 6 Jahren in der 8. Klasse war. Alles über Säuren und Basen geht dann doch deutlich über das hier hinaus. Zumal ich einiges hier sogar bewusst vereinfacht habe ;-)


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - MZPTLK - 28.02.2017

Ichvereinfachma?


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - icheinfachma - 28.02.2017

Mein Beitrag hat nicht die Absicht, dein Eindruck zu vermitteln, dass simple chemische Zusammenhänge die Probleme allein lösen. Aber da einige mit Chemie Probleme hatte, denke ich, dass ich einigen Leuten, die sich für Wissenschaft und Leistungsphysiologie des Sports interessieren, eine Hilfestellung gebe, sodass sie sich weiter in ihre Recherchen stürzen können. Wer mit dem Beitrag nichts anfangen kann, sei dazu eingeladen, ihn zu überspringen :-)

Es sind alle großen Probleme der Menschheit und des Sports aus multikausalen Bedingungsgefügen erwachsen. Die Zusammenhänge sind komplex und verworren. Die Biochemie wird ihren kleinen Beitrag leisten können, Sportökonomen mögen auf anderen Wegen die unzufriedenstellenden Leistungen anpacken, Sportphysiotherapeuten und -orthopäden werden an der Verletzungsprävention arbeiten. In ihrer Gesamtheit können die Mosaiksteine aller Teildisziplinen dann etwas bewirken. Wenn man aber von vornherein ausschließt, wird das nichts. Wir wollen vom aktuellen Stand her nach vorn. Wenn uns dabei das, was frühere Trainer besser gemacht haben, hilft - gerne. Aber nichtsdestotrotz sollte man auch die andere Teilgebiete des Sports ausschöpfen und optimieren, wo es nur geht.

Also die Dinge, die z.B. Gertrud und ich ansprechen, sind nicht alternativ zu euren Vorschlägen gemeint, sondern idealerweise sich gegenseitig ergänzend.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - MZPTLK - 28.02.2017

Das war überhaupt nicht ignorant oder ablehnend gemeint, im Gegenteil.
Und mit Deiner multidisziplinären Herangehensweise hast Du natürlich vollkommen recht.
Ich jedenfalls lese alle Deine Beiträge mit Interesse und Gewinn  Danke
und bin gespannt auf Deine weitere Entwicklung. Thumb_up


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - icheinfachma - 28.02.2017

Hab grad den TExt nochmal korrekturgelesen: 1 Mol sind natürlich 6*10 hoch 23 Teilchen und nicht 6*10 hoch minus 23 Teilchen. Wollte das nicht so stehenlassen.