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RE: Hochsprungtechnik - Atanvarno - 15.03.2015

(15.03.2015, 15:39)MZPTLK schrieb:
(15.03.2015, 15:33)gera schrieb: aber das der Rotary jump zerlegt wurde, ist wohl eher deine persönliche Meinung Sad
Es war wohl der Flop Invers gemeint ?
Nein, auf Seite 1 in diesem Thread (in den aus dem alten Forum übernommenen Beiträgen) geht es auch um geras rotary jump. Die Formulierung "zerlegt" habe ich zurückgenommen.


RE: Hochsprungtechnik - ThomZach - 15.03.2015

(15.03.2015, 14:19)MZPTLK schrieb: Ich nenne das jetzt mal 'Orientieren zur Latte', und das ist eine Selbstverständlichkeit und Notwendigkeit für gelungene Sprünge.
Hier herrscht eine gewisse Unklarheit über das was beim Absprung in Bezug auf Rotationen wirklich vorgeht.
Die Tatsache dass man für die richtige Flugrotation selber sorgen muss, bedeutet nicht, dass man dafür unbedingt Kräfte aufbringen oder abzweigen muss.
Vielleicht hilft hier ein Blick in eine andere Sportart weiter. Ein Eiskunstläufer(Springer) leitet für seine Luftpirouetten Rotationen um die Längsachse ein und trotzdem trifft er seinen KSP mit dem Sprung-Abstoß voll. Weil nämlich die Rotation schon vor dem Absprung erzeugt wird. Teilweise auch noch während, aber nicht auf Kosten des Absprungs.
Beim Hoch- und Weitsprung haben wir die Reibung am Boden, die den Körper aus der Rücklage (Straddle) oder Seitlage (Flop) aufrichtet. Dies erzeugt automatisch eine Flugrotation. Schon reines Umfallen aus dem Stand erzeugt einen Salto wenn man nur weit genug fällt. Und dies geschieht ohne gesonderten Kraftaufwand. Nochmal: Kraft würde es kosten, es zu vermeiden.
Wenn ein Springer mit wenig Kraft bei einer geringen Höhe eine sinnvolle Rotation  um die Latte erzeugen will, muss er diese natürlich aus seiner Sprungkraft füttern, indem er den KSP deutlich von hinten oder/und außen verfehlt. Er kann und sollte aber den Absprung auch schon so gestalten, dass dank geeignetem Anlaufweg seitliches oder rückliches Stemmen entsteht, aus welchem sich aufzurichten eine Rotation erzeugt, die seinem Überquerungswert zuträglich ist.
Je größer die erreichten Höhen aber werden, desto geringer wird natürlich der Rotationsimpuls im Verhältnis zum Abflugimpuls. Das Aufrichten geschieht dann viel schneller, nämlich nicht mehr während einer langen Stützzeit von über 0,22s sondern in weniger als 0,15s. Es entsteht also ein entsprechend größerer Drehimpuls, so dass dieser nicht mehr aus der Sprungkraft gespeist werden muss. Die Theoretiker hatten also schon Recht, als sie meinten, beim Flop sei die Rotation gratis. Nur: Beim Straddle war/ist sie es dann auch, denn es geht um den Vorgang des Aufrichtens aus der Stemmlage (beim Flop seitlich) in die Senkrechte oder gar darüber hinaus.
Insoweit die Rotation von Schwungelementen erzeugt wird, ist in Bezug auf Kraftverluste zu beachten, dass sie dem Höhengewinn nicht einfach  dadurch schon zugutekämen, dass man auf ihren Beitrag zur Rotation verzichtet.
Mit meinem Doppelarmschwung erzeuge ich daher nicht nur eine Mehrbelastung der Sprungmuskulatur, um sie per Reflex (DVZ) zusätzlich zu stimulieren. Ich werfe die Arme auch hoch, wodurch sie im Moment des Abstoßes nicht mehr zu meiner Körpermasse gehören, vielleicht sogar an ihr hochziehen. Die Armarbeit wirkt sich auch darauf aus, dass das Aufrichten aus der Stemmlage massiver und schneller erfolgt, also mehr Rotation erzeugt, ohne dass dies auf Kosten des Absprungstoßes ginge.
Aber jetzt kommt’s. Als ich eines Tages im Training altersschwach (59j) nicht mehr über 1m70 kam, musste ich per Video feststellen, dass meine tolle Flugrotation vollkommen verschwunden war. Ich war nicht mehr in der Lage sie zu erzeugen. Nicht einmal bei niedrigsten Höhen. Nicht mal bei 1m20!!! Und in meiner Selbstwahrnehmung merkte ich gar nicht davon. Es fühlte sich an wie immer, also tadellos. Ich wusste also nicht einmal, wie ich es all die Jahre in Teufels Namen angestellt hatte.
Im Video sah ich wie ich absprang, die Überquerungshaltung einnahm und ohne Drehung immer wieder einfach abstürzte. Das Nachziehbein kam einfach nicht hoch. Und das kostet mich natürlich mehr als 10cm Höhe. Ich konnte machen was ich wollte. Probierte alles Mögliche aus. Plötzlich war ein Sprung richtig und gut und ich dachte: „Aha. Das ist es jetzt.“ Beim nächsten Versuch war alles wieder weg. Wieder und weiterhin war ich in einem Sumpf aus Irrtümern verloren. In meinem Garten ging die Sonne unter, ich demontierte die Schreibtischlampe und legte sie vor die Latte auf den Boden um sie anzustrahlen. Ich war buchstäblich erblindet. Jammerte vor mich hin wie ein Kind das sich ungerecht bestraft fühlt.
Nach gefühlten 10 Stunden (es waren sicher mindestens 6) hatte ich mir irgendwas zurechtwurschtelt. Eigentlich war ich in Form und hatte den WR-M55 vor Augen hatte. Ein Woche später beim Wettkampf schaffte ich ihn tatsächlich. Es sah im Video sogar gut aus, aber ich weiß, dass es mehr schlecht als recht war. Und im Training ging die Hölle weiter, so dass ich die Hallen-WM in Linz sausen ließ. Und das Jahr verging ohne dass ich auf den Trichter kam. Mögliche Rekorde blieben aus, bis ich 60 war. Und weiter bemühte ich mich verzweifelt. Mit dem Wissen, was ich heute habe, nachdem ich den Knoten endlich zum Platzen brachte, wäre ich damals wahrscheinlich 1m85 anstatt nur 1m80 gesprungen (in Riccione WM sogar nur 1m76). Denn tatsächlich hatte ich meine Sprungkraft dadurch dezimiert dass ich sie für die Herstellung der Flugrotation missbraucht habe.
Wann aber durchbrach ich die Mauer des Mysterium? Als ich verstand, dass bestimmte Bewegungsabsichten nur für Höhen über 2m richtig waren. Und für Altherren- und Kinderhöhen ganz was anderes zu tun ist. Was bei großen Höhen nur eine kleine Abweichung von der Geraden ist, muss bei kleinen Höhen bewusst übertrieben werden.
Ich hatte zum x-ten Mal verzweifelt mein Hochspringerdasein beendet, also ruhen lassen, bis ich mit 65 zufällig wieder Blut leckte. Und wieder stand ich vor demselben ungelösten Problem. Von 10 Sprüngen war bestenfalls einer gut.
Zufällig hab ich zwei davon auf Video und schaute sie mir immer wieder staunend an, denn ich stocherte weiter im Trüben. Jeder vernünftige Mensch hätte hingeschmissen. Nicht so ich!
Als ich die Lösung endlich hatte, fiel es mir schwer, die entsprechenden Bewegungen zuverlässig auszuführen, also eigentlich neu zu erlernen und wettkampffest zu machen. Daher u.a. mein häufiges Scheitern. Ich hätte mehr Trockenübungen machen müssen, wollte es aber unbedingt immer wieder über der Latte erleben. Ungeduld aus Verzweiflung. Und so blieb es unzuverlässig.
Durch die technischen Mängel habe ich wahrscheinlich auch Schaden am Knie genommen, denn so schlecht wie in den letzten 2 Jahres ging es ihm noch nie seit der OP 1973.
Jetzt sieche ich den 70ern entgegen und werde nicht noch einmal aufhören sondern dran bleiben. Mal sehn was ich mit meinem neuen Können und Wissen in der nächsten Zeit noch erreichen kann. Die technischen Details beschreibe ich gerne, aber jetzt reicht‘s erst mal. LG, Thom
Ob das hier alles überhaupt jemanden interessiert? Egal...


RE: Hochsprungtechnik - MZPTLK - 15.03.2015

(14.03.2015, 10:57)MZPTLK schrieb:
(14.03.2015, 10:37)gera schrieb: ...ich habe mir zum Hochsprung eigene Gedanken gemacht, und so z.B. einen neuen Sprungstil, den " rotary jump " vorgeschlagen.
Genügende Vorwärtsrotation kann doch auch - besonders bei grösseren Höhen -
durch das Abzweigen beim Absprunghebeln, vor allem durch die Extremitäten initiiert werden Huh
@ Thomas: Super super super kann ich da nur sagen! Thumb_up
Jetzt wird Vieles klarer.
Der Hinweis, dass Rotation schon vor dem Absprung erzeugt wird, bedeutet  im Grunde keine neue Erkenntnis,
der Punkt gerät aber wohl oft aus dem Blickfeld.

Ich habe dazu aber einen kleinen Einwand:
Du nimmst das Beispiel der Eiskunstläufer-Sprungpirouette,
um diesen Effekt zu illustrieren.
Da findet doch aber eine Rotation um die Körperlängsachse,
und nicht wie besonders beim Rotary Jump eine um die Querachse statt.

Ich hatte(s.o) vermutet, dass beim RJ bei grösseren Höhen eine geringere Abzweigung benötigt wird,
die Vorwärtsrotation könnte zum Haupttanteil aus der Armansteuerung während der (finalen) Absprungphase resultieren?

Du hattest Ähnliches bezüglich gelungener Armarbeit beim Straddle gesagt..


RE: Hochsprungtechnik - matthias.prenzlau - 15.03.2015

Sehr interessant! Danke dafür! Gruß Matthi


RE: Hochsprungtechnik - ThomZach - 15.03.2015

(15.03.2015, 17:19)MZPTLK schrieb: Ich habe dazu aber einen kleinen Einwand:
Du nimmst das Beispiel der Eiskunstläufer-Sprungpirouette,
um diesen Effekt zu illustrieren.
Da findet doch aber eine Rotation um die Körperlängsachse,
und nicht wie besonders beim Rotary Jump eine um die Querachse statt.
Richtig. War ja auch nur n Beispiel um das Denken zu öffnen. Aber bei meiner Straddle-Erleuchtung für Greise kommt es auch vor. Siehe später...
Zu Gera's RJ hab ich hier alles gesagt und werde nicht drauf zurückkommen. Da müsste ich wieder von vorne anfangen, weil ich es längst vergessen habe.


RE: Hochsprungtechnik - ThomZach - 15.03.2015

In der Basis-Theorie vereinen sich alle Teil-Impulse beim Abflug zu einem Gesamtimpuls. Das gilt auch für Rotationen. Jede Mischrotation wird im Flug grundsätzlich zu einer Einheits-Rotation um eine in ihren Winkeln zum Raum (Koordinaten) stabilen Achse, die mit dem KSP durch den Raum wandert. Siehe Erdachse und Ekliptik. Es gibt aber ein zweites Gesetz, nach welchem eine Achse auch kippen kann. (Auch die Erdachse taumelt über die Jahrtausende.) Und zwar umso deutlicher, je mehr die Form des Körpers sich von einer Kugel entfernt und je unregelmäßiger ihre Masse verteilt ist.
Wenn man einen Bleistift gleichzeitig zwischen den Fingern um seine Längsachse quirlt und dabei zu einem Salto in die Luft wirft, entsteht ein echter Schraubensalto (kein einfacher Diagonalsalto, wo also einfach nur die Längsachse eines länglichen Körpers diagonal zur Rotationsachse liegt).
Und so funktionieren Schraubensaltos.
Während aber beim Flop ein halber gestreckter Salto mit einer minimalen Verfälschung um die Körperlängsachse gefragt ist (Drehweg 180°:70° aber Drehimpuls zigfach mehr Salto als Schraube), ist der Tauchwälzer halb Salto halb Schraube, also eine Art Diagonal-Luftrolle.
Bei großen Höhen richtete ich die Rotation bewusst nach vorne und hielt dann den Körper beim Absprung schräg zu dieser Achse, so dass ein schräger Salto entstand. Alles paletti.
Jetzt wo ich kaum noch 30cm hoch fliege (Gipfelhöhe minus Abflughöhe) sieht das ganz anders aus. Da ist die Vorwärtsrotation infolge des Aufrichtens, welches ja auch immer langsamer wird, bei weitem nicht genug, um die Überquerung ökonomisch zu gestalten. Auch wenn ich noch so viel Arbeit reinpacke. Ich kann ja gar nicht mehr nach oben abstoßen, wenn ich dabei schon massiv an der Vorwärtsrotation für die Überquerung arbeiten muss. Die Rotation muss also auf ganz andere Weise erzeugt werden als früher. Und vielleicht/wahrscheinlich war das früher ja auch gar nicht so perfekt wie ich mir eingebildet habe. Schließlich war ich ja 1972 auch voll von der Rolle. Jedenfalls erzeuge ich jetzt während der letzten zwei Schritte, also vom drittletzten zum letzten Bodenkontakt eine energische Wende um die Senkrechte (Längsachse).
Und die nehme ich dann als Rotation mit in den Flug, nachdem ich sie mit der Vorwärtsrotation gemischt habe. Und jetzt steigt das Nachziehbein wie gewünscht. Kopf und Rumpf tauchen und das Becken dreht gleichzeitig um seine Längsachse, wodurch das abgespreizte Sprungbein steigt. Damit die Längsrotation aber nicht zu früh (schon beim Abheben) dafür sorgt, dass ich die Brust zur Latte wende, muss ich die Brust beim vorletzten Bodenkontakt weit von der Latte abwenden und dazu die Füße entsprechend anders aufsetzen. Bei einigen Sprüngen von Valerie Brumel ist das auch zu erkennen, wenn er im vorletzten Kontakt auf dem gebeugten Schwungbein kauert, und sich dessen Knie weit nach außen dreht. Und auch ihm ist 1964 das Können verloren gegangen, denn in Tokyo war er technisch einfach grottenschlecht. Wer weiß schon wirklich was er kann?
Jetzt kann ich die wenige Sprungkraft die ich noch habe voll für den Höhengewinn einsetzen und sorge für genügend Rotation – vorwärts mit den Armen, die das Aufrichten verstärken, und seitwärts mit der vorweggenommenen Schraube. Und jetzt fühlt sich alles wieder an wie 2m20.


RE: Hochsprungtechnik - matthias.prenzlau - 15.03.2015

Sehr interessant! Danke dafür! Gruß Matthi


RE: Hochsprungtechnik - unruh - 19.03.2015

Hallo Thomas, ich habe mich bemüht deine Erklärungen zu verstehen. Was die nötigen Rotationen zur Lattenüberquerung angeht, wirst du recht haben.Andere Beschreibungen die schon einmal hier im Forum gemacht hast, was eine gute Technik anbelangt kann ich nicht begreifen.
Du schreibst am 15.2.2014 " was kümmern mich die Berechnung von Tempi, Winkeln.."
am 13.2 2014  " das Tempo wird immer höher,je länger die Kraft wirkt...die andere Möglichkeit die Stützzeit zu verlängern ist, langsamer anzulaufen und steiler abzuspringen "
 
Bringt nicht eine längere Stützzeit auch eine längere Absprungzeit und damit eine kleinere Absprunggeschwindigkeit ?
Auch wenn die Ausnutzung der Sprungkraft beim Wälzer besser als beim Flop sein sollte, der Flop bringt aber die höhere vertikale Absprunggeschwindigkeit oder nicht ?
Zurückschauend auf deine Meinungsäußerungen zum Hochsprung auch weshalb Deutschland keine guten Springer mehr hat, willst du eher
rückwärts zu alten Techniken
Die Frage kann doch nur sein,was machen die anderen besser als wir. Wenn wir nur überholte Techniken wieder haben wollen, springen  unsere Atleten bald nur noch 2,10 m aber das 10 Jahre verletzungsfrei.


RE: Hochsprungtechnik - Atanvarno - 19.03.2015

(19.03.2015, 15:45)unruh schrieb: Zurückschauend auf deine Meinungsäußerungen zum Hochsprung auch weshalb Deutschland keine guten Springer mehr hat, willst du eher
rückwärts zu alten Techniken
Thomas hat hier und an anderen Stellen vieles zu einer guten Floptechnik gesagt und auch diese hervorragende Flop-Lehrvideo erstellt

(15.03.2015, 13:05)ThomZach schrieb: Korrigierte Fassung Flop-School:
https://youtu.be/3JmkyiTQkco



RE: Hochsprungtechnik - ThomZach - 19.03.2015

Lieber Unruh. Wenn Du mich richtig verstanden hättest, dann hättest Du auch Recht.
Wenn ich aber zurück will, dann zu dem was Richtig war und ist. Und zurück,
weil das was heute gemacht wird, für mich verstiegen ist. Eben falsch.
Alles Neue was nach der Perfektion kommt, ist an ihr gemessen doch schlecht. Oder?
Zum Zitat bezgl. Tempi und Winkel: Kann nicht von mir sein, außer ironisch.
Keiner weiß darüber mehr als ich. Schau in mein Buch, da sind sie alle erfasst und berechnet -
für mehr als 200 verschiedene Sprünge. Wollte hier eine Seite als Beispiel einfügen.
Datei ist aber zu groß. Buch als pdf kostet 11€ als Spende an meine Behindertenwerkstatt.