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Hochsprungtechnik - Druckversion

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RE: Hochsprungtechnik - ThomZach - 21.03.2014

MZPTLK schrieb:Ich bin kein Physiker, trotzdem habe ich es mit der Sondereigenschaft der Fliehkraft noch nicht geschnallt, aber das ist ein Einzelschicksal.

Nee. Massenschicksal. Smile


MZPTLK schrieb:Methodisch ist es natürlich relevant, wie ein Bewegungsimpuls generiert wird. Ich meinte die reine Physik.

Klar! Und was macht man wenn man schon die reine Physik nicht vesteht? Fehler. Sad

MZPTLK schrieb:Alles wird gut.

Aber wann? Mir geht die Zeit aus...


RE: Hochsprungtechnik - ThomZach - 21.03.2014

Warum unterscheide ich Wegung und Bewegung? Weil das Verb „bewegen“ transitiv ist.
Eine Kraft fügt einem Körper Wegung hinzu. Der Körper wird dadurch also be-wegt.
Stammt die Kraft aus dem Körper, dann be-wegt er sich (selbst selbst).
Die Bewegung ist also streng semantisch eine Beschleunigung. Reine Wegung
liegt
dagegen vor, wenn nur die Trägheit mitspielt. Wirken tut sie ja nicht.
Sie ist erhaltene Wirkung.

 
„Bewegen“ ist also nicht gleich „sich bewegen“. Nicht alles was wegt,
bewegt sich selbst oder hat sich bewegt, also in Wegung versetzt.
Meist kam die Kraft von außen.

 
Als die Sprache entstand, hat man auf solche Scharfsinnigkeiten keinen Wert gelegt.
Und nun erschwert uns diese Schlampigkeit das Verständnis der Physik.
Physiker haben leider noch weniger Ahnung von der Semantik, da sie das Bremsen
„Verzögerung“ nennen, was auf hochdeutsch das Aufschieben eines Ereignisses
in die Zukunft bedeutet: Die Abfahrt des Zuges nach Berlin verzögert sich um eine Stunde.
 
Auch sagen viele Menschen, die Erde „dreht sich um ihre eigene Achse“.
Verzeihung, aber Kugeln haben keine eigene Achse.
Und wenn der Mensch eine Pirouette macht, dreht er sich um eine seiner Achsen.
Beim Salto dreht er um eine andere.

Das Verb „drehen“ braucht auch kein „be-„ davor.

Obwohl die Erde eigentlich irgendwann einmal bedreht worden ist.
Und da die Erde sich nicht selbst dreht, sondern nur infolge eines früheren Schubes,
darf man nur sagen, dass sie einfach dreht. Und zwar weder um ihre Achse,
noch um die Sonne. Denn um diese kreist sie. Dass sie dabei auch noch dreht,
darf man nicht mit dem Kreisen verwechseln oder gleichsetzen oder vermengen.
 
Wer jetzt mit den Ohren schlackert oder das Handtuch werfen will, sollte nicht verzagen.
In dem Moment wo er die Physik versteht, sieht er auch ein, warum die falsche Semantik
ihn dabei be-hindert (mit Hinderung belegt) (hat).
 


RE: Hochsprungtechnik - Sotomenor - 22.03.2014

Thomas, Deine Erklärungen zur Zentrifugalkraft sind einleuchtend und nachvollziehbar.

Der Grund für den Kurvenlauf versuche ich darin zu sehen, daß er den KSP, ersichtlich durch die Schräglage, seitlich verschiebt (und damit Drehungen ermöglicht, aber nur welche um Himmels Willen?) und zweitens absenkt, weg von der Matte.
Der abgesenkte KSP erhöht die Stemmlage, und der Körper erhält beim Sprung einen zusätzlichen vertikalen Impuls.

Was kurz vor und beim Sprung passiert kommt mir abenteuerlich vor. Beim Floppspringer von rechts schiebt sich der KSP von links vom Kreisbogen (so gesprungen wärs ein Rückwärtssalto) über die Position senkrecht auf dem Kreisbogen (hier müßte in etwa das gemittelte Maximum der Sprungkraft liegen) auf eine Lage rechts von der Kreislinie.
Als Saldo (mit "d") muß aber der Sprungteil mit dem KSP nach rechts, also zur Latte hin dominieren, damit's der gewünsche Vorwärtssalto wird.

Rätselhaft bleibt mir die Wirkung der Zentrifugalkraft  beim Anlauf trotzdem immer noch. Denn sie wirkt ja, wie Du es auch beschrieben hast, gar nicht nach außen, also sie treibt mich eben nicht direkt zur Latte hin. Sobald ich die Bodenhaftung weg ist, trägt es mich schlicht geradeaus, d. h. was ich vorher als Fliehkraft gefühlt habe ist weg.
Oder ist der Kreislauf des Herrn Fosbury nur ein Plazebo, ein psychogische Vorstellung ohne physikalischen Hintergrund die lediglich das Einleiten der Drehung erleichtern soll?
Natürlich ist die Fliehkraft nur Wahrnehmung der Massenträgheit, die sich gegen die permanente Richtungsänderung der Kreisbahn stemmt. Aber, mal genau genommen, wenn ich auf einem glatten Karussel ausrutsche und zum Rand hin gleite bzw. beschleunige, geht's dann nicht durch den Schwung erstmal fast senkrecht über den Rand hinaus,  und nicht auf der Kreistangente?  hmmmm ... grübel.

Wenn ich mit 30° auf die Matte zulaufe, brauche ich zudem eine Körperdrehung von ca. 120°, damit ich später waagrecht über der Latte liegen kann. Das ist aber wieder was ganz anderes und was einleuchtend Reales.

Viel überlegen/ändern/beeinflussen kann ich beim Hochsprung eigentlich kaum noch was, vor allem nicht im Wettkampfstress. Das meiste muß sitzen. Was man machen könnte wäre einen Anlauf mit Hilfsmitteln markieren, der auf 1 oder 2 cm stimmt. Ich verstehe nicht, wie Weltklassespringer ihre Marken mit der Fuß-vor Fuß-Methode ausmessen. Glauben die, daß sie damit ihren persönlichen Anfangpunkt mit einem Winkel von z. B. 78° zur Ständerlinie exakt treffen? Ist denen eine Streuung von einem viertel oder halben Meter egal?

Ein exakter und optimierter Anlauf könnte aber wenigstens den Hochspringer in die bestmögliche Ausgangssituation bringen. Dazu müßte er aber exakt ausgemessen sein und so wiederholbar im Wettkampf. Und der Hochspringer müßte wissen, daß es der optimale Anlauf für ihn ist. Wer sagt ihm das?

Eine einfache Diskussion wie sich jetzt hier verschiedene Kreisradien (im Anschluß an den geraden Anlaufbeginn) auswirken auf das Sprunggeschehen, natürlich auch die anderen Parameter wie Anlaufgeschwindigkeit und die Anzahl der Schritte, habe ich nirgendwo gefunden.
Eigentlich müßte es hiermit losgehen, denn mit dem einfach so mal Losspringen werden sich möglicherweise im Laufe der Jahre unentdeckte Fehler eingeschlichen haben, die andere Fehler wie ein ungünstiges Anlaufverhalten erzwungen haben usw. Am Ende weiß ich gar nicht mehr wo mein zentraler Fehler liegt.

Bei niedrigeren Höhen (Ü30, Hochspringerinnen Mittelfeld) wird es noch kritischer. Der Schwungbeineinsatz muß noch energischer kommen, weil besagte 120° Drehung zur Waagrechten über der Latte sehr schnell erfolgen muß. Mal irgendwo ein Fingerzeig außerhalb der Fachliteratur, z. B. daß bei niedrigeren Höhen der Anlaufwinkel zu vermindern oder zu vergrößern sei? Fehlanzeige.
Die rasche Drehung mag übrigens tatsächlich ein Manko der Floptechnik sein bei niedrigen Höhen. Ein Thema natürlich bei Ü30.

Bei sehr starken, jungen Springern dominiert die Sprungkraft wohl andere Einflußgrößen so stark, daß es fast schwierig wird, z. B. 2 % Minderleistung auf einen (permanent) ungünstigen Anlauf festzumachen.
Dann heißt es eben die 2,25 m sind sein Limit weil niemand ahnt, daß noch 2 % mehr Höhe möglich wären.
Bei Höhen unter 1,70 allerdings wird die Technik immer wichtiger, d.h. Fehler bzw. suboptimales Verhalten beeinflussen prozentual das Sprunghöhenergebnis viel stärker.
Insofern könnten dann hier manchmal die Jungen von den Alten lernen, mit den vorhandenen Resourcen geizig und optimal umzugehen.

Irgendwo schleicht sich bei mir auch der Gedanke ein daß nicht alles vorhandene Wissen jedem zugänglich gemacht wird.


 


RE: Hochsprungtechnik - ThomZach - 22.03.2014

Sotomenor schrieb:Den Grund für den Kurvenlauf versuche ich darin zu sehen, daß er den KSP,
ersichtlich durch die Schräglage, seitlich verschiebt (und damit Drehungen ermöglicht,
aber nur welche um, Himmels Willen?)

Die Antwort steht ausführlich in meinem Buch, welches durchaus jedem zugänglich ist.
Die Schutzgebühr (20€ gedruckt, 10€ als pdf) geht als Spende an eine Behindertenwerkstatt.
Hier nur lapidar: Im freien Flug hat eine Massen-Rotation  zumindest prinzipiell
nur eine Achse, und die ist nicht identisch mit einer Körperachse (längs, quer, tief),
sondern liegt beim Hochsprung irgendwie aber bestimmbar schräg im Raum.
Sie verläuft natürlich durch den KSP und bewegt sich mit ihm, aber sie ist stabil
in ihren Winkeln zu den Raumkoordinaten.
 
Beim Hochsprung kann man sagen, dass die Achse der Flugrotation annähernd parallel zur
Latte verläuft. Also beim Absprung genau wie bei der Überquerung. Dieser Vorgang überfordert
allerdings das normale menschliche Vorstellungsvermögen. Deshalb kommst Du nicht drauf, dass die
Kurvenneigung uns ermöglicht, schräg zur Latte abzufliegen (um hinter ihr zu landen) und gleichzeitig
quer zur Latte eine Rotation einzuleiten (um derart um sie herum zu rotieren, dass Kopf und Rumpf
tauchen, und die Beine steigen).
 
Beim Aufrichten aus der Kurve rotiert der Körper also zunächst um seinen Stützpunkt am Boden herum.
Und welche Richtung hat dieses Aufrichten? Na seitwärts natürlich, zur Latte hin.
In dem Moment wo ich den Bodenkontakt verliere, wird aus der Stützrotation gesetzmäßig
eine Flugrotation und zwar um eine Achse parallel zur Latte.
Und dies ist beim Abflug die eigene Tiefenachse.
 
Der Kurvenlauf hat also nur einen Zweck:
Beim Absprung das Einleiten eines Seitwärtssaltos zu ermöglichen.
 
Sotomenor schrieb:…und zweitens absenkt, weg von der Matte. Der abgesenkte KSP verschärft die
Stemmlage, und der Körper erhält beim Sprung einen zusätzlichen vertikalen Impuls.

Die Physiker benutzen das Wort „Impuls“ für das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit,
während wir im normalen Leben Impuls mit Stoß oder Schub gleichsetzen, also eine Beschleunigung
meinen. Jedenfalls wird durch das Absenken des KSP der Hubweg verlängert, so dass meine Kraft
länger wirken und einen größeren Impuls erzeugen kann.
 
Sotomenor schrieb:Was kurz vor und beim Sprung passiert kommt mir abenteuerlich vor.
Beim Flopspringer von rechts schiebt sich der KSP von links vom Kreisbogen (so gesprungen
wär‘s ein Rückwärtssalto) über die Position senkrecht auf dem Kreisbogen (hier müßte
in etwa das gemittelte Maximum der Sprungkraft liegen) auf eine Lage rechts von der Kreislinie.

Leider liegt das Kraftmaximum im ersten Drittel des Stützweges, also beim Amortisieren. Das Mittel
liegt tatsächlich bei 2/5 des Weges. Und gegen Ende des Stützweges nimmt die Kraft rapide
ab. Aber: Bei großen Lattenhöhen erreicht der Springer vor dem Abflug nicht einmal die Senkrechte.
Und über sie hinaus sollten nur die gelangen, die weniger hoch springen als sie groß sind.
 
Sotomenor schrieb:Als Saldo (mit "d") muß aber der Sprungteil mit dem KSP nach rechts, also zur Latte hin
dominieren, damit's der gewünschte Vorwärtssalto wird.

Nee. Das ist nicht nötig. Man fliegt auch vorwärts weiter, wenn man mit Rücklage und
Rückwärtsrotation (Auerbacher) abspringt. Trotzdem ist der Gedanke richtig, nämlich methodisch,
denn die meisten Schüler tendieren dazu, steil nach oben zu springen  und dabei die Rotation
in Richtung nahen Ständer einzuleiten, während der Kopf bei kleinen Höhen eigentlich vorwärts und
abwärts geführt werden muss, und die Rotation netto seitwärts um die Latte herum.

Sotomenor schrieb:Rätselhaft bleibt mir die Wirkung der Zentrifugalkraft beim Anlauf trotzdem immer noch.

Sie hat keine Wirkung, weil sie von den Zentripetalkräften abhängt und mit ihnen
ohne Wirkungen verschwindet.
 
Sotomenor schrieb:Denn sie wirkt ja, wie Du es auch beschrieben hast, gar nicht nach außen, also sie treibt mich
eben nicht direkt zur Latte hin. Sobald ich die Bodenhaftung weg ist, trägt es mich schlicht geradeaus,
d. h. was ich vorher als Fliehkraft gefühlt habe ist weg. Oder ist der Kreislauf des Herrn Fosbury
nur ein Placebo, ein psychogische Vorstellung ohne physikalischen Hintergrund, die lediglich
das Einleiten der Drehung erleichtern soll?

Ja. Aber nicht erleichtert sondern erst ermöglicht.

Sotomenor schrieb:Natürlich ist die Fliehkraft nur Wahrnehmung der Massenträgheit, die sich gegen die permanente
Richtungsänderung der Kreisbahn stemmt. Aber, mal genau genommen, wenn ich auf einem
glatten Karussell ausrutsche und zum Rand hin gleite bzw. beschleunige, geht's dann nicht
durch den Schwung erst mal fast senkrecht über den Rand hinaus, und nicht auf der Kreistangente?

Das ist nur Deine subjektive Empfindung als Opfer der Gesetze. Von oben beobachtet kann man
sehen, wie Du tangential unterwegs bist. Und: Auch beschleunigen tust Du nicht, noch wirst Du beschleunigt.
Es sei denn, die Reibung zwischen Dir und der Scheibe schiebt Dich zusätzlich an.

Zwischenstop:
Der Zusammenhang zwischen richtig Kurve und richtig Rotation über der Latte ist nicht Allgemeingut.
Deshalb werden im Unterricht meist Rotation und Kurve völlig falsch gelehrt. Denn:
Erst wenn man die Kurve richtig läuft, kann man richtig rotieren - vorausgesetzt man hat
das richtige Rotieren vorher beidbeinig erlernt.


RE: Hochsprungtechnik - ThomZach - 22.03.2014

Sotomenor schrieb:Wenn ich mit 30° auf die Matte zulaufe, brauche ich zudem eine Körperdrehung von ca. 120°,
damit ich später waagrecht über der Latte liegen kann. Das ist aber wieder was ganz anderes
und was einleuchtend Reales.
 
Aus der Senkrechten im Absprung bis zur Waagerechten über der Latte kippt die Körperlängs-
achse um 90°. Da es sich aber bei richtiger Ausführung  um eine freie Massenrotation handelt,
geht diese weiter und sorgt dafür, dass je nach Höhe sogar wieder die Senkrechte erreicht wird.
 
Sotomenor schrieb:Viel überlegen/ändern/beeinflussen kann ich beim Hochsprung eigentlich kaum
noch was, vor allem nicht im Wettkampfstress. Das meiste muß sitzen. Was man machen könnte
wäre einen Anlauf mit Hilfsmitteln markieren, der auf 1 oder 2 cm stimmt. Ich verstehe nicht,
wie Weltklassespringer ihre Marken mit der Fuß-vor Fuß-Methode ausmessen. Glauben die,
daß sie damit ihren persönlichen Anfangspunkt mit einem Winkel von z. B. 78° zur
Ständerlinie exakt treffen? Ist denen eine Streuung von einem viertel oder halben Meter egal?
 
Man kann gar nicht so genau laufen wie man messen kann. Der Erfolg hängt von der
Feinsteuerung im Rahmen der unvermeidbaren Streuungen ab
Ein Könner hat nicht 1000 oder 10.000 Sprünge im Nervensystem verankert, sondern 100.000.
Und auch dann noch kommt es nicht so sehr auf die Präzision an wie auf die technische Richtigkeit.
Beim Üben wie im WK denkt der Springer an das was er für wichtig und richtig hält, nicht daran,
dass er seine Marken genau trifft. Die Feinkorrekturen während eines Sprungs erfolgen
gemäß seiner optischen Orientierung an den Ständern und vor allem an der Latte.
Und die Korrekturen von Sprung zu Sprung erfolgen teils gemäß Plan (z.B.: „bei jedem Zentimeter
höher auch einen weiter weg“) oder nach Einschätzung der zurückliegenden Sprünge. .
 
Sotomenor schrieb:Ein exakter und optimierter Anlauf könnte aber wenigstens den Hochspringer in die
bestmögliche Ausgangssituation bringen. Dazu müßte er aber exakt ausgemessen sein
und so wiederholbar im Wettkampf. Und der Hochspringer müßte wissen, daß es der optimale
Anlauf für ihn ist. Wer sagt ihm das?
 
Gute Frage. Ich habe einen WK von Raúl Spank vor 2 Jahren gesehen und mit einem
aus dem Jahre 2008 verglichen. Insgesamt war er technisch schlechter geworden und
das Schlimmste war, dass der Ort seines Absprungs sich um einen Meter zur Lattenmitte hin
verschoben hatte, so dass er fast mit dem fernen Ständer kollidierte und an der
seitlichen Mattenkante landete. Ist sein Trainer nicht einmal in der Lage, dafür zu sorgen,
dass er die Latte in der Mitte überquert und entsprechend an der richtigen Stelle abspringt?!
Offenbar zu viel verlangt, sogar vom Athleten. Aber das ging mir meinerzeit auch so.
 
Sotomenor schrieb:Eine einfache Diskussion wie sich jetzt hier verschiedene Kreisradien (im Anschluß
an den geraden Anlaufbeginn) auswirken auf das Sprunggeschehen, natürlich auch
die anderen Parameter wie Anlaufgeschwindigkeit und die Anzahl der Schritte, habe ich
nirgendwo gefunden.
 
Ist auch umfassend viel zu kompliziert abzuhandeln. Es ist aber eigentlich ganz einfach:
Im letzten Schritt muss noch Kurvenlage herrschen. Wenn das nicht gegeben ist, muss
der Radius verkürzt werden. Um dieser Notwendigkeit vorzubeugen, muss man schon
am Anfang dafür sorgen, dass die Ablaufmarke nicht zu weit außen liegt. also direkt auf
Ständerlinie. Bei steigenden Werten kann man dann ja den Radius vergrößern. Das ergibt sich
beim Fortgeschrittenen von alleine.
Bei den Anfängern ist die Krux, dass sie gar keine Gelegenheit bekommen, überhaupt erst
einmal das Durchlaufen einer Kurve zu erlernen. Sie sollen einen guten Anlauf hinlegen und
sind noch nie im Leben eine richtige Kurve gelaufen, kennen das Gefühl nicht, sind nicht damit
vertraut, empfinden es als lästig und unangenehm.
Also machen sie alles falsch. Weichen nach außen aus, laufen eine Kurve, aber an der falschen Stelle
und so liegen die letzten Schritte auf einer Geraden.
 
Sotomenor schrieb:Eigentlich müßte es hiermit losgehen, denn mit dem einfach so mal Losspringen werden
sich möglicherweise im Laufe der Jahre unentdeckte Fehler eingeschlichen haben, die
andere Fehler wie ein ungünstiges Anlaufverhalten erzwungen haben usw. Am Ende weiß ich
gar nicht mehr wo mein zentraler Fehler liegt.
 
Nein. Losgehen muss es mit dem Erlernen der richtigen Landung. Oder wird einem
Flugschüler erlaubt, alleine loszufliegen, ohne die Landung zu beherrschen?!
Nach der Landung kommt der beidbeinig Absprung zum Erlernen der richtigen Rotation.
Und unabhängig davon das Erlernen des richtigen Anlaufens, des richtigen Anlaufweges und
der Kombination mit einem Absprung zur Schere unter Beibehaltung der Kurvenneigung
bis zum Weiterlaufen nach der Landung.
 
Sotomenor schrieb:Bei niedrigeren Höhen (Ü30, Hochspringerinnen Mittelfeld) wird es noch kritischer.
Der Schwungbeineinsatz muß noch energischer kommen, weil besagte 120° Drehung
zur Waagrechten über der Latte sehr schnell erfolgen muß. Mal irgendwo ein Fingerzeig
außerhalb der Fachliteratur, z. B. daß bei niedrigeren Höhen der Anlaufwinkel zu vermindern
oder zu vergrößern sei? Fehlanzeige.
 
Es sucht der Fachmann voll Entzücken
und findet leider nichts als Lücken.
Der Schwungbeineinsatz darf in keinem Fall für die Erzeugung der Flugrotation verwendet werden,
denn er erfolgt durchweg in Richtungen, die mit der richtigen Rotationsrichtung nichts
zu tun haben.
Weder soll der Springer beim Absprung um seine Längsachse drehen, noch um seine
Breitenachse, also rückwärts. Die Tatsache dass man das allerorten zu sehen bekommt,
heißt nicht dass es richtig ist. Die Guten und erst recht Besten machen es anders!

Sotomenor schrieb:Die rasche Drehung mag übrigens tatsächlich ein Manko der Floptechnik sein bei
niedrigen Höhen. Ein Thema natürlich bei Ü30.
 
Richtig! Und noch schwerer als die richtige Rotation zu treffen, ja geradezu
unmöglich ist es, bei der kurzen Flugzeit über der Latte eine Brücke zu machen.
Diese Absicht macht mit Sicherheit das Erlernen aller anderen technischen Elemente unmöglich.
 
Sotomenor schrieb:Bei sehr starken, jungen Springern dominiert die Sprungkraft wohl andere Einflußgrößen
so stark, daß es fast schwierig wird, z. B. 2 % Minderleistung auf einen (permanent) ungünstigen
Anlauf festzumachen. Dann heißt es eben, die 2,25 m sind sein Limit weil niemand ahnt,
daß noch 2 % mehr Höhe möglich wären.
 
Dies trifft auf alle technischen Elemente, ja sogar Feinheiten zu.
 
Sotomenor schrieb:Bei Höhen unter 1,70 allerdings wird die Technik immer wichtiger, d.h. Fehler bzw.
suboptimales Verhalten beeinflussen prozentual das Sprunghöhenergebnis viel stärker.
Insofern könnten dann hier manchmal die Jungen von den Alten lernen, mit den vorhandenen
Ressourcen geizig und optimal umzugehen.
 
Leider ist Können und Wissen zweierlei. Und ohne Wissen kein Vermitteln.


RE: Hochsprungtechnik - MZPTLK - 23.03.2014

Ich glaube, dass hier von Thomas das 'richtige', erfolgreiche Hochspringen - sei es per Flop oder Straddle - auf Topniveau dargestellt wird.

Vielleicht kommen dabei noch die Trainingsinhalte etwas zu kurz: mit welchen Mitteln kann ich mir das Niveau erarbeiten?

Ich hätte natürlich Verständnis, wenn nicht jeder im Rahmen eines Forums 'aus der Schule' plaudern möchte.


RE: Hochsprungtechnik - Hellmuth K l i m m e r - 23.03.2014

(23.03.2014, 11:09)MZPTLK schrieb: Vielleicht kommen dabei noch die Trainingsinhalte etwas zu kurz: mit welchen Mitteln kann ich mir das Niveau erarbeiten?

Ich hätte natürlich Verständnis, wenn nicht jeder im Rahmen eines Forums 'aus der Schule' plaudern möchte.
Diese Meinung erinnert mich an die der MK-Trainerin Gertrude Schäfer:
I c h   suche mir die aus, die ich informieren / weiterbilden möchte, und kostenlos ist das auch nicht ... 
Hier im Forum sollen doch aber möglichst viele (junge ÜL !!!) von den Erfahrungen der Besten (vulgo DDR: "die Weisheit des Kollektivs" ... ) profitieren. ExclamationHuhIdea

H. Klimmer / sen.

PS.: Oder vergaß MZPTLK das entsprechende Emoticon?


RE: Hochsprungtechnik - MZPTLK - 23.03.2014

Hellmuth, ich kann Dich beruhigen, ich bin nicht Gertrude, auch wenn das manchmal so klingen mag. Allerdings fnde ich vieles, was sie beispielsweise über die Themen Verletzungsprophylaxe und Trainingsmethodik sagt, sehr kompetent und kaum strittig.

Ich sehe das mit dem unentgeltlichen Wissenstransfer genauso wie Du, kann aber gut nachvollziehen und tolerieren, wenn jemand - auch ohne Gründe zu nennen - nur bestimmten Leuten einen Blick in seine Wissens-Schatzkiste erlaubt(die Gertrude im Verlauf ihres Forumwirkens allen ja wirklich weit geöffnet hat/te).


RE: Hochsprungtechnik - Sotomenor - 23.03.2014

Thomas, laß mich dir danken auch für die Gründlichkeit, mit der Du mir kompetent geantwortet hast.

Ich hab' mal daraufhin auch Videos von meinen Sprüngen angeschaut und festgestellt, daß mein Körper nach dem Absprung (Sprungfuß 10 - 20 cm über dem Boden) fast noch parallel zur Latte (also Linie Schulter - Schulter rechter Winkel zur Latte) positioniert ist. Auf Youtube Videos von Aktiven-Springern "hängen" die kurz nach dem Absprung fast schon rückwärts zur Latte.
D. h. ich schaff' die Drehung nicht. Kreuzkruzifixverd .... noch mal. Vor Urzeiten, in den 2 m Gefilden, habe ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht um solche "Nebensachlichkeiten".
War noch mal letzten Freitag am Platz, wollte irgendwie vor Budapest noch mal den Anlauf "festigen, hing aber wieder schief über der Latte, wie ich dann auf den Vids sah. Auch bei Sprüngen mit 3 Schritten Anlauf.
Letztenendes sind diese Probleme Auslöser meiner thread-Beteiligung zu diesem Thema. Ich denke man sollte die Zusammenhänge verstanden haben, um auch selber zu Ansatzpunkten für Lösungen zu gelangen.
Zuschauer können mir schon Einiges sagen, aber es geht beim Hochsprung alles so schnell, daß es schon eines sehr geschulten Auges bedarf, zudem hängt es sehr vom Winkel ab, unter dem zugesehen wird, ob Dinge klarer oder schlechter erkannt werden.
Sah mir jetzt nochmal am Wochenende Youtube-Vids an und versuchte das "Geheimnis" zu ergründen, wie technisch perfekte Springer die Drehung hinkriegen, ich glaube es sind schon so 120°. Der Körper rauscht ja mit ca. 30° weiter (auf der Kreisbogentangentialen) auf die Matte, und damit er dann in die Position rückwärts zur Latte gelangt sind zu den 30° nochmals 90° vonnöten.
Die Drehung kann eigentlich nur vom mattennahen Arm und Bein iniziiert werden. Also muß ich wohl auch das Schwungbein viel weiter und energischer fast vor das Sprungbein ziehen, also schräg vor den Körper.
Hab' bei meinen Bemühungen den Wert von Videos und den von Sprüngen mit wenigen Schritten Anlauf so richtig zu schätzen gelernt.


RE: Hochsprungtechnik - Hellmuth K l i m m e r - 23.03.2014

(23.03.2014, 20:28)Sotomenor schrieb: Die Drehung kann eigentlich nur vom mattennahen Arm und Bein initiiert werden. Also muss ich wohl auch das Schwungbein viel weiter und energischer fast vor das Sprungbein ziehen, also schräg vor den Körper.
Genau das isses! Tongue

Wir forderten sogar einen "kreisbogenförmigen" Schwungbeineinsatz, "weg von der Latte" und natürlich ein schnelles, gebeugtes SB. Außerdem hat das Wieder-Absenken des / der Beine eine förderliche Wirkung auf den Drehimpuls (auch um die Längsachse).


Denk dran - in Budapest.


H. Klimmer / sen.