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Hände + Arme beim Sprint - Druckversion

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Hände + Arme beim Sprint - MZPTLK - 07.03.2014

Ich habe nie verstanden, warum seit einiger Zeit viele Sprinter/Innen in Deuschland die Handgelenke steif und die Finger gespreizt führen[img]images/smilies/huh.gif[/img] 
M.E. hat das mehr Nach- als eventuelle Vorteile, vor allem eine mehr oder weniger starke Verkrampfung.

Ausserdem müsste viel mehr Wert auf Armarbeit gelegt werden. Es ist bei etlichen Sprinter/Innen augenfällig, dass zu passiv agiert wird - also nicht mit vollem (Gesamt-)Körpereinsatz - und dadurch die eine oder andere Zehntelsekunde auf der Strecke bleibt. Es gibt seit langer Zeit zielführende Trainingsformen, vor allem auch der Überbetonung.

 


RE: Hände + Arme beim Sprint - Delta - 07.03.2014

Der Vorteil ist, dass die Körperspanung komplett erhalten bleibt. Der Armeinsatz ist sicher nicht die Spezialität vieler Sprinttrainer - je älter der ist - desto mehr weiss er was Sache ist.


RE: Hände + Arme beim Sprint - lor-olli - 09.03.2014

Einfache Übung: im Sitzen oder Stehen mal gezielt die Arme wie in Laufposition anwinkeln und die Handgelenke steif mit gespreizten Fingern halten, dazu die Armbewegung beim Laufen nachahmen. Was jeder sofort selbst merkt: Durch die starke Vorspannung der Unterarmmuskulatur reicht die Spannung bis in den Bizeps, der Arm bildet eine stabile Einheit da er nicht "Schlackert". Die Bewegung aus der Schulter ist bedeutend effektiver, da der Oberkörper ruhig und parallel bleibt. Das hilft insbesondere bei der Kontrolle der Oberkörperposition (langsames aufrichten) nach dem Start.

Wer Kinder trainiert sollte sie mal dazu anhalten und dabei gezielt den Oberkörper beobachten! Manche Nachwuchsathleten führen recht wilde Bewegungen aus, die dem Sprint nicht so zuträglich sind, durch die Armkontrolle (die recht einfach zu gestalten ist), laufen sie plötzlich effektiver.

Eine befreundete Trainerin lässt ihre Schützlinge gezielt so trainieren - wie viel schneller sie sind ist bei Kindern in der Entwicklung nicht so genau zu sagen, ABER es sieht zum einen eher nach Sprinten aus, der Start wird flotter, vor allem aber bleibt diese Grundlage erhalten!  Ist einen Versuch wert und langsamer werden die Kids nicht dadurch Smile

Bei Sprints über mehr als 100m muss man natürlich abwägen ob die Haltung nicht zu Verkrampfungen führt.


RE: Hände + Arme beim Sprint - icheinfachma - 08.12.2014

(Hab diesen Uraltbeitrag ausgegraben, aber ich war im März einfach noch nicht in dem Forum angemeldet und möchte meinen Senf trotzdem hier dazu geben. Außerdem war das Thema wohl sowieso noch nicht ausdiskutiert.)

Wenn die Hände gespreizt werden, ziehen die Streckersehnen der Finger an der Fascia antebrachii, einer flächigen Faszie des Unterarms. Diese Faszie hat auch eine Verbindung in den M. biceps brachii, sodass dieser bei gespreizten Fingern vorgespannt wird. Ein gespannter Bizeps kann die elastische Energie, die er bei der Rückwärtsbewegung des Armes beim Sprint speichert, besser zurückgeben, da gespannte Muskeln stärkere Dehnungsreflexe haben.

Dem entgegen steht die Neigung zum Verkrampfen.

Ich denke bei der Armbewegung sowieso, dass man dort die größten Spielräume bei den einzelnen Athleten hat. Nicht jede Bewegung passt zu jedem Athleten. Ein Bolt profitiert von seiner lockeren Armbewegung, eine Jeter schneidet mit ihren Armen (gespreizte Finger) die Luft förmlich in Scheiben (von vorn betrachtet). Auch sonst: Armbewegungen, die seitlich gehen, haben den Ruf, auch starke transversale Hüftrotationen zu initiieren mit der Folge schiefer Beinbewegungen. Das mag oft stimmen, aber es gibt auch Sprinter, die eine nach diesem Maßstab schreckliche Armarbeit haben, aber trotzdem eine exzellente Hüft- und Beinarbeit, was Rotationen angeht (siehe Sailer). In dem Fall würde ich nichts an der Armbewegung ändern, wenn sie keine Schäden anrichtet.

Um es zusammenzufassen, würde ich also einzeln entscheiden, wie ein Sprinter seine Arme bewegen sollte. Dort kann man nicht sehr stereotyp und generell arbeiten. Ich bin dagegen, die gespreizten Finger hype-artig zu übernehmen, aber ich verteufle sie auch nicht.


RE: Hände + Arme beim Sprint - Hellmuth K l i m m e r - 08.12.2014

(08.12.2014, 17:58)icheinfachma schrieb: Um es zusammenzufassen, würde ich also einzeln entscheiden, wie ein Sprinter seine Arme bewegen sollte. Dort kann man nicht sehr stereotyp und generell arbeiten. Ich bin dagegen, die gespreizten Finger hype-artig zu übernehmen, aber ich verteufle sie auch nicht.
Für mich ist es amüsant, wie an Detailbewegungen/-haltungen (Finger spreizen?, gespannter Bizeps ...) versucht wird, Leistungsverbesserungen zu eruieren. 
Dabei ist viel wichtiger, die präzise, tausendstel Sekunden genaue Koordination der Körperteilbewegungen im Auge zu haben. Als Weitspringer (und beim Dreisprung noch mehr! - wie mir Halloo bestätigen wird) bemerkte ich sehr bald, dass der Schwungbein- und -Armeinsatz (die Koordination der Schwungelemente) mit den Streckaktivitäten von größter Bedeutung ist. H i e r  sollte der Trainer hinschauen; die gespreizten Finger sind nebensächlich!
Bevor man an die Korrektur von Kleinigkeiten geht, ist die Großraummotorik zu beurteilen.

H. Klimmer / sen.


RE: Hände + Arme beim Sprint - decathlonitis - 08.12.2014

(08.12.2014, 18:26)Hellmuth K l i m m e r schrieb:
(08.12.2014, 17:58)icheinfachma schrieb: Um es zusammenzufassen, würde ich also einzeln entscheiden, wie ein Sprinter seine Arme bewegen sollte. Dort kann man nicht sehr stereotyp und generell arbeiten. Ich bin dagegen, die gespreizten Finger hype-artig zu übernehmen, aber ich verteufle sie auch nicht.
Für mich ist es amüsant, wie an Detailbewegungen/-haltungen (Finger spreizen?, gespannter Bizeps ...) versucht wird, Leistungsverbesserungen zu eruieren. 
Dabei ist viel wichtiger, die präzise, tausendstel Sekunden genaue Koordination der Körperteilbewegungen im Auge zu haben. Als Weitspringer (und beim Dreisprung noch mehr! - wie mir Halloo bestätigen wird) bemerkte ich sehr bald, dass der Schwungbein- und -Armeinsatz (die Koordination der Schwungelemente) mit den Streckaktivitäten von größter Bedeutung ist. H i e r  sollte der Trainer hinschauen; die gespreizten Finger sind nebensächlich!
Bevor man an die Korrektur von Kleinigkeiten geht, ist die Großraummotorik zu beurteilen.

H. Klimmer / sen.
Einspruch euer "Merkwürden" Herr Dr. KlimmerWink und Zustimmung was die Großraummotorik betrifft.
 "icheinfachma" weist ja auf die individuale Anwendung hin und andererseits bestimmt doch immer die Summe von Details das Endergebnis.
Und "lor-olli" beschreibt doch ausführlich den Sinn von Armarbeit gerade im Jugendtraining. Frühes lernen in richtiger Ausführung (Armeinsatz) muss später nicht korrigiert werden.
Das müsste doch ganz im Sinne eines Sport-Pädagogen sein.

Gruß decaSmile


RE: Hände + Arme beim Sprint - MZPTLK - 08.12.2014

    Ich denke, man sollte Grundsätzliches beachten :

1. Die Arme sollten im Sinne von horizontal mechanics geführt werden.*  
    Die Wirkung muss immer auf den KSP gehen.
    Zur Erinnerung: der KSP bewegt sich beim Sprint nun mal horizontal.
2. Die Arme und der Rumpf(obere Antriebe) sollten sowohl energetisch wie koordinativ
    die Laufbewegung der unteren Antriebe nicht nur 'begleiten', sondern pushen
*(MZPTLK-Philosophie)
3. Es ist völlig egal, was die Finger tun, solange 1.+ 2. erfüllt sind
4. Wenn die Lockerheit wegen der Fingerhaltung beeinträchtigt wird, gilt: im Zweifel für die Lockerheit

    Das bedeutet Stärkung der oberen Antriebe und der Körpermitte sowie  mehr rotatorisches Arbeiten im Rumpf.
    Aber auf mich hört ja wieder keiner...Sad


 * Dass das keine Selbstverständlichkeit ist, kann man leider allzuoft sogar bei DM beobachten.
    Namen nenne ich aus Gründen der Pietät nicht.


RE: Hände + Arme beim Sprint - Hellmuth K l i m m e r - 08.12.2014

(08.12.2014, 19:12)decathlonitis schrieb: Einspruch Euer "Merkwürden"(???) Herr KlimmerWink und Zustimmung was die Großraummotorik betrifft.
 "icheinfachma" weist ja auf die individuale Anwendung hin und andererseits bestimmt doch immer die Summe von Details das Endergebnis.

Und "lor-olli" beschreibt doch ausführlich den Sinn von Armarbeit gerade im Jugendtraining. Frühes Lernen in richtiger Ausführung (Armeinsatz) muss später nicht korrigiert werden.
Das müsste doch ganz im Sinne eines Sport-Pädagogen sein.

Gruß decaSmile
Ei freilich, deca, 
aber die Summe von unbedeutenden Details, wie die gespreizten Finger, sind nicht relevant für die Endleistung.
Fürs frühe Lernen bin ich auch (mit spätestens 5 J. z. B. schreiben und lesen lernen; MONTESORI: mit 4 1/2!) ganz besonders auch im Sport ("Was Hänschen nicht lernt ..."); mit dem Lerntraining von jungen LA habe ich die meiste Zeit meiner Arbeit an der DHfK verbracht und manches publiziert. Sleepy
Und uns allen ist das Brechen eines motorischen Stereotyps als besonders schwer bekannt. 
Wir in Leipzig (Dr. W. Lohmann u. a.) waren z. B.   f ü r   die Schulung des Dreisprunges schon im Kindesalter (durch freudbetonte Sprünge), aber mit Begrenzung der AL-Länge(!) und auch   g e g e n   das Abspringen "aus Zone", weil die Kinder sehr wohl lernfähig sind und einen "wohl temporierten AL" erlernen können.

H. Klimmer / sen.


RE: Hände + Arme beim Sprint - icheinfachma - 08.12.2014

(08.12.2014, 18:26)Hellmuth K l i m m e r schrieb: Für mich ist es amüsant, wie an Detailbewegungen/-haltungen (Finger spreizen?, gespannter Bizeps ...) versucht wird, Leistungsverbesserungen zu eruieren. 
Dabei ist viel wichtiger, die präzise, tausendstel Sekunden genaue Koordination der Körperteilbewegungen im Auge zu haben. Als Weitspringer (und beim Dreisprung noch mehr! - wie mir Halloo bestätigen wird) bemerkte ich sehr bald, dass der Schwungbein- und -Armeinsatz (die Koordination der Schwungelemente) mit den Streckaktivitäten von größter Bedeutung ist. H i e r  sollte der Trainer hinschauen; die gespreizten Finger sind nebensächlich!
Bevor man an die Korrektur von Kleinigkeiten geht, ist die Großraummotorik zu beurteilen.

H. Klimmer / sen.

Man muss auch in der Lage sein, die Details zu analysieren.

Wie wichtig die Rolle des Bizeps ist, wird klar, wenn man die Armbewegung im absoluten Top-Bereich genau unter die Lupe nimmt (und des Bizeps Anatomie kennt). Dass im Weit- und Dreisprung während mancher Phasen ganz andere Bewegungen nötig sind als im Sprint, versteht sich. Und der Bizeps gehört in der Sprintarmbewegung eben zur Großraummotorik, wenn auch erst auf den zweiten Blick. Seine Aufgabe kann er besser erfüllen, wenn er vorgespannt ist. Wie wichtig Vorspannung sein kann, kennt man aus diversen Wurfdisziplinen. Man kann also die Prinzipien aus dem Weit- und Dreisprung nicht 1:1 auf den Sprint übertragen, oder hebt der Sprinter wie ein Weitspringer z.B. seine Arme über den Kopf, um seiner "Schwungelemente" Herr zu werden? Wohl eher nicht. Und darum mag eine Diskussion über die Fingerhaltung im Weitsprung lächerlich sein, im Sprint ist sie es nicht. Man sollte auch keine Schranken im Denken haben, sondern (wie ich z.B.) jedes Tröpchen Wissen dankbar und begierig einsaugen und es ist auch jedes Wissensquäntchen wert, Beachtung zu finden. Das man bei den Details nicht das Gesamte vernachlässigen darf, bestreitet ja keiner.


RE: Hände + Arme beim Sprint - MZPTLK - 08.12.2014

(08.12.2014, 22:03)icheinfachma schrieb: Wie wichtig die Rolle des Bizeps ist, wird klar, wenn man die Armbewegung im absoluten Top-Bereich genau unter die Lupe nimmt (und des Bizeps Anatomie kennt). Dass im Weit- und Dreisprung während mancher Phasen ganz andere Bewegungen nötig sind als im Sprint, versteht sich. Und der Bizeps gehört in der Sprintarmbewegung eben zur Großraummotorik, wenn auch erst auf den zweiten Blick. Seine Aufgabe kann er besser erfüllen, wenn er vorgespannt ist. Wie wichtig Vorspannung sein kann, kennt man aus diversen Wurfdisziplinen.
Die oft immer noch unterschätzte Rolle und Bedeutung des Bizeps wird vor allem auch deutlich,
wenn man sich ansieht, wann er in Aktion tritt/treten sollte,
nämlich besonders während der  - nicht ganz unbedeutenden - Stützphase der unteren Antriebe. Idea