Leichtathletikforum.com
Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Druckversion

+- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com)
+-- Forum: Leichtathletikforen (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=1)
+--- Forum: Training im Spiegel der Sportwissenschaft (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=21)
+--- Thema: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen (/showthread.php?tid=2730)



RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 30.05.2022

Die Verletzungshäufigkeit im DLV bei den Protagonistinnen und Protagonisten gibt mir über die Ursachen der Misere zu denken. Ich verstehe eine Sache überhaupt nicht. Der DLV hat ein Gesundheitsmanagement installiert. Ich mache hier seit Jahren oft vorher auf die Verletzungsträchtigkeit hin. Es passieren aus meiner Sicht immer wieder dieselben Fehler. Konsequenz für das Training nach meinen Recherchen der Übungsbeurteilung: nichts… Wie ist das möglich???

Ich habe bereits vor 30-40 Jahren mit dem Paradigmenwechsel begonnen und Veränderungen sukzessive eingeleitet und verbessere immer wieder temporär und konstruiere anhand meines verbesserten Wissens. Der DLV kann sicherlich von oben nicht alles regeln. Er kann aber einen Wissensumschwung in den Fortbildungen auf breiter Front einleiten. Dazu sollten die BT auf neuestem Stand sein (???). Die Heimtrainer sollten natürlich autodidaktisch arbeiten. Wer sich auf andere verlässt, ist in den meisten Fällen verlassen. 

Es wird auch hier in Deutschland von den verschiedenen Stellen sehr viel und auch Gutes an Studien, Literatur... geboten. Die Frage ist nur: Wer macht sich die Mühe, diese Informationen zu lesen und setzt sie in die Praxis um???  Wink ‌Solange Fortbildungen teilweise im DLV und in den Landesverbänden nicht auf höchstem Niveau in der Verletzungsprophylaxe angeboten werden und das Trainingsgut vor Ort nicht besser wird, ändert sich an unserer Statistik gar nichts.

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 01.06.2022

Webers bester Wurf gestern in Ostrava:


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 05.06.2022

Das kann doch alles nicht so schwierig sein.

Nehmen wir mal den Mehrkampf, dann würde ich in verantwortlicher Position von oben so recherchieren und verfahren:

1. Aus welchem "Stall" kommen die Verletzten?
2. Wer ist als Trainer/in verantwortlich?
3. Handelt es sich um Trainer- oder Athletenfehler?
5. Welche Verletzungen kommen gebündelt vor?
6. Handelt es sich um Trainingsfehler oder um Fehler in der Lebensweise?
6. Welche Übungen schützen den Bereich ausreichend?
7. Welche Lebenweisen sollten Voraussetzung für Verletzungsfreiheit garantieren?

Nehmen wir mal den aktuellen Frauenbereich Sprint:

Lückenkemper hat den Hamstringbereich mit Tape versehen. L. Mayer hat Hamstring-Rezidive häufig. Kaden hat einen Sprint wegen der Hamstrings gedrosselt absolviert. Burghardt hat einen Wettkampf wegen einer Verhärtung an den Hamstrings abgesagt. Ich würde die Frage nach den Übungen, die angewendet werden, und nach der Vorbereitung auf einen Wettkampf hinsichtlich Wirkungsweise stellen. Werden die Hamstrings protektiv adäquat vorbereitet? Bei der Häufigkeit von Zufällen zu sprechen, scheint mir nicht angemessen zu sein.

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 05.06.2022

Einige AuA sollten auch mal daran denken, dass es nach multiplen Verletzungen für das spätere Leben wichtig ist, die Reißleine zu ziehen. Wenn die medizinische Abteilung nur noch die Trainingsmöglichkeiten eingrenzt, ist es spätestens Zeit, sich dem normalen Leben zu widmen. Dann kommt es nur noch auf die Pflege des Körpers an und nicht mehr auf hohe Belastungen. Daher bin ich als Trainerin so konsequent, keinen "orthopädischen Schrott" bewusst zugunsten einer temporär begrenzten Leistung zu produzieren. Meine akribisch konstruierten Übungen lassen eine schlechte Strukturbehandlung nicht zu und werden immer aufs Neue angepasst. Ich würde irgendwann in solchen Situationen immer Klartext sprechen.

Das Leben nach dem Sport kann manchmal noch Jahre dauern. Wenn man dann vorher die Ressourcen schon komplett aufbraucht, bleibt für ein gutes Leben nach dem Sport vielleicht nicht mehr viel übrig. Dann kommt sicherlich Wehmut auf. Mit dem Beruf sehe ich das in ähnlicher Weise. 

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - MZPTLK - 05.06.2022

Ich höre immer nur Hamstrings, Hamstrings und kein Ende.
Wir hatte hier schon vor vielen Jahren darüber gesprochen.
Merken einige Trainer noch was?


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 05.06.2022

(05.06.2022, 20:55)MZPTLK schrieb: Ich höre immer nur Hamstrings, Hamstrings und kein Ende.
Wir hatte hier schon vor vielen Jahren darüber gesprochen.
Merken einige Trainer noch was?

Die Wissenschaft geht natürlich weiter. Es ist eine unheimliche Arbeit, akribisch die passgenauen Übungen zu den vulnerablen Stellen zu konstruieren. Ich habe den Eindruck, dass nur ganz wenige TuT sich genau damit befassen. Man muss bei gesunder Übungskonstruktion natürlich den Strukturpart, aber auch die Gesamtzusammenhänge sehen und beachten. Ich habe selbst mehrere Tabellen entwickelt, die diese Gesamtsituation detailliert erfassen. 

Es gibt aber auch AuA, die immer wieder die Mainstreamübungen trotz Warnung in den Mittelpunkt stellen. Nur einsichtige AuA lassen sich umstellen. Andere arbeiten sich immer wieder an den Verletzungen ab. Es gibt halt auch Hamstringübungen, die sehr viel kurzfristig bringen, aber eben auch Verletzungen verursachen, weil sie statisch und strukturell nicht exakt sind.

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - MZPTLK - 05.06.2022

Die Hams sind viel schwächer und wesentlich weniger auftrainierbar als die Körperstrecker.
Man wollte/will die Hams 'aufholen' lassen, nachdem man ihre Streckfunktion vermutetet oder entdeckt hatte.
Das Experiment läuft nun schon seit vielen Jahren, mit oft mehr Schaden als Nutzen.

Ich hatte eine maximal mögliche Verbesserung von 10 bis 15 Hundertstel angenommen,
aber nur dann, wenn Start- und Beschleunigungsphase und Schrittlänge nicht leiden.


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 06.06.2022

(05.06.2022, 22:39)MZPTLK schrieb: Die Hams sind viel schwächer und wesentlich weniger auftrainierbar als die Körperstrecker.
Man wollte/will die Hams 'aufholen' lassen, nachdem man ihre Streckfunktion vermutetet oder entdeckt hatte.
Das Experiment läuft nun schon seit vielen Jahren, mit oft mehr Schaden als Nutzen.

Ich hatte eine maximal mögliche Verbesserung von 10 bis 15 Hundertstel angenommen,
aber nur dann, wenn Start- und Beschleunigungsphase und Schrittlänge nicht leiden.

Früher hat man das Verhältnis mit 3:2 angenommen. Man hat heutzutage einen höheren Anteil der Hamstrings wesentlich im Sprint angepasst und dann noch nach Funktionsweise differenziert. Eigentlich kann man sie gar nicht miteinander vergleichen, da unterschiedliche Strukturen gelenkübergreifend an den Bewegungen beteiligt sind. Zudem liegt eine Dominanz unterschiedlicher Strukturbereiche in der Reihenfolge der Arbeitsweise im Anspringen vor. Bestimmte Strukturen sind wirkungslos, wenn andere nicht vorwegmarschieren. Solche Einflussnahmen sind zeitlich vorgelagert. Wenn die Hamstrings 120% an Arbeit übernehmen, knallt´s ebenfalls. Das punktuelle Treffen der entscheidenden Hamstringstellen ist sehr stark wissensabhängig. Wenn man über das entsprechende Wissen verfügt, kann man auch vernünftige Übungen installieren, muss allerdings auch selbst entsprechendes Material konstruieren. 

Entscheidend ist, dass man handlungsmäßig die vulnerablen Stellen in der Protektion temporär und winkelabhängig trifft. Zudem ist dieses Unterfangen auch belastungsabhängig unterschiedlich. Da geht´s richtig ans Eingemachte.

Ich würde heute niemals mehr solche Trainingsinhalte im Kraftbereich z.B. im Mehrkampf planen, indem die Ausführungen aber ohne meine permanente Kontrolle in anderen Hände liegen, weil oft der Kenntnisstand erheblich differiert und somit die Ausführungen ganz genau der Kontrolle bedürfen. Zudem werden dann auch oft aus Kenntnisdefiziten heraus unterschiedliche Übungen vor allem im Ausführungsbereich favorisiert. Oft muss man bei der Betrachtung der Trainerqualität nur auf die Verletzungen der Schützlinge im Hamstringbereich schauen. Es kommt auch oft zu diesen Hamstringverletzungen, wenn technisch nicht präzise gearbeitet wird. 

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - MZPTLK - 06.06.2022

3:2 auch im Optimalbereich ist utopisch, aus den von Dir genannten Gründen nicht funktional und unverantwortlich.
Einige wollen wohl in Kürze Modulationen herbeitrainieren.


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 06.06.2022

(06.06.2022, 01:00)MZPTLK schrieb: 3:2 auch im Optimalbereich ist utopisch, aus den von Dir genannten Gründen nicht funktional und unverantwortlich.
Einige wollen wohl in Kürze Modulationen herbeitrainieren.

Das war früher so und zwar beides im konzentrischen Bereich; heute hat man den Hamstringbereich stark angeglichen. Ich habe mich heute noch lange mit einer sehr guten Sprinterin um die 88er-Seoul-Zeit unterhalten. Sie meinte, dass sie kaum bei den Sprinterinnen diese Häufung an Hamstringverletzungen früher hatten.

Es gibt eben nicht die eine wirkungsvolle Hamstringübung bei vier Hamstringanteilen. 

Jetzt muss ich mal ketzerisch werden: Die Kraft, die man in Team-Gedanken bei einer Individualsport fälschlicherweise aus meiner Sicht steckt, sollte man besser fachlich in die wichtigen Programme stecken. WinkThumb_up

Gertrud