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Wettkampftaktik - Versuche in den technischen Wettbewerben - Druckversion

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Wettkampftaktik - Versuche in den technischen Wettbewerben - AndyI - 10.08.2018

Moin, 

mir ist bei der EM jetzt schon des Öfteren speziell bei den deutschen Athleten aufgefallen, dass nach einem sehr guten ersten Versuch lange nichts mehr kommt oder sogar gar keine Steigerung - z.B. Hoffmann, Gierisch, Storl... im Moment Hussong. 

Könnte es nicht eine Taktik sein, sich nach einem sehr guten Verusch über 1-2 Versuche zu erholen und "frischer" in den 3./4. zu starten? Für die Zuschauer natürlich nicht optimal. 

Was würde dafür/dagegen sprechen?

Grüße


RE: Wettkampftaktik - Versuche in den technischen Wettbewerben - dominikk85 - 10.08.2018

Es gab schon Leute die versuche ausgelassen haben


RE: Wettkampftaktik - Versuche in den technischen Wettbewerben - AndyI - 10.08.2018

Klar, danke, das ist mir schon klar.

Aber generell ist dieses "Zocken" ja eigentlich nur im Hochsprung und Stabhochsprung etabliert. Ich frage mich eben, ob das nicht auch in anderen technischen Disziplinen Sinn machen könnte.


RE: Wettkampftaktik - Versuche in den technischen Wettbewerben - longbottom - 10.08.2018

(10.08.2018, 20:34)AndyI schrieb: Moin, 

mir ist bei der EM jetzt schon des Öfteren speziell bei den deutschen Athleten aufgefallen, dass nach einem sehr guten ersten Versuch lange nichts mehr kommt oder sogar gar keine Steigerung - z.B. Hoffmann, Gierisch, Storl... im Moment Hussong. 

Könnte es nicht eine Taktik sein, sich nach einem sehr guten Verusch über 1-2 Versuche zu erholen und "frischer" in den 3./4. zu starten? Für die Zuschauer natürlich nicht optimal. 

Was würde dafür/dagegen sprechen?

Grüße

Das gibt es ja auch. Röhler hat zum Beispiel gestern einen Versuch ausgelassen.

Allerdings sollte man das schon ein bisschen differenzierter betrachten. Gierisch hat im ersten Versuch gleich PB von 14,45 Meter gesprungen und dann später noch 14,39 Meter und 14,34 Meter. Das waren alles Versuche in ihrem oberen Leistungsbereich und sicher kein Nachlassen.

Hussong war nach ihrem Wurf mit den Nerven am Ende und das wurde immer stärker, je mehr sich abgezeichnet hat, dass sie Gold quasi sicher hat. Die hatte ja bei späteren Versuchen schon Tränen in den Augen. Die Konkurrenz hat sie ja auch nicht gerade unter Druck gesetzt. Wink


RE: Wettkampftaktik - Versuche in den technischen Wettbewerben - Sebastian - 10.08.2018

Spontan würde ich sagen, dass das bei Hoch und Stabhoch sogar sehr sinnvoll und strategisch geraten ist. Siehe z.B. heute die Bulgarin. Die ist so ein Hungerhaken (nicht despektierlich gemeint), die hätte sicher nicht genug Kraft für alle Höhen gehabt, dann noch ein Fehlversuch eingestreut und zack, gehst du ganz ohne Medaille nach Hause.
Da halt die Anzahl der Fehlversuche zählt, ist Pokern hier ganz offiziell auch von oben gewollt (oder zumindest toleriert)

Bei den Würfen oder Vertikalsprüngen ist es eigentlich nur dann sinnvoll, wenn man wie Hussong heute oder Valerie Adams früher so turmhoch überlegen ist, dass keine wirkliche Gefahr besteht, da ja auch der 2. beste Wurf/Stoß/Sprung zählt. Wenn man sich sicher ist zu gewinnen, kann man mal auslassen, oder nach einem besonders emotionalen Versuch (im 3. gerade noch den Endkampf erreicht oder sowas) mal den 4. zum "Sammeln" auslassen. Allgemien gesprochen: Ein Auslassen in diesen Disziplinen kommt eher nicht so gut an, siehe Harting, Christoph Cool


RE: Wettkampftaktik - Versuche in den technischen Wettbewerben - dominikk85 - 10.08.2018

Imo macht das nur wenig Sinn, denn man weiß ja nie welcher Versuch der beste wird. Die Würfe sind technisch hoch komplex, die individuellen Unterschiede der Würfe liegen weniger in der Energie die man reinsteckt, die eigentlich bei einem Werfer immer recht ähnlich ist, sondern wie man selber seine Positionen und das Gerät trifft und da kann jeder Versuch der perfekte sein.

mit dem HS kann man das nicht vergleichen, da das pokern dabei ja den Gegner zwingt seine Taktik anzupassen oder wenigstens zu überdenken. Taktik gibt es dagegen bei den würfen kaum, da gibt es nur voll drauf bei jedem Versuch. Und 6 Würfe innerhalb einer dreiviertel Stunde sind ja nun energetisch nicht wirklich allzu fordernd für einen hochleistungssportler, was bei sprüngen aufgrund der Anzahl der versuche (beliebig viele, aber sicher so im Schnitt 9-10 wenn man gewinnen will) und der Belastung selber anders ist.


RE: Wettkampftaktik - Versuche in den technischen Wettbewerben - Delta - 10.08.2018

Im Final wenn man die letzten 8 erreicht sollte man am Schluss 4 - 5 gültige auf dem Blatt haben. Die beiden ersten und die beiden letzten Würfe/Sprünge (Drei/Weit) sollten wenn immer möglich auf dem Blatt sein.
Athleten die in den ersten 3 Würfen/Sprüngen 1-2 ungültige haben sind potentielle Kandidaten für Totalausfall. Im Osten werden diese Werte systematisch gesammelt über alle Wettkämpfe und oft auch in den Training Serien.
Wenn man Resultatblätter detaillierter anschaut - können die wenigsten Deutschen Athleten zulegen in den Versuchen 5 und 6 - das war schon mal anders. Man schaue sich mal die Siege von Lars Riedel an.

Pokern funktioniert zu über 95% nicht. Egal ob Sidorowa 4.75 auszulassen - maximaler Fehler.
Holzdeppe mit zu grosser Anfangshöhe obwohl er in der aktuellen Saison schon 3x einen Nuller hatte. In Eugene, Paris und einem Deutschen Meeting. Typ Beratungsresistent.


RE: Wettkampftaktik - Versuche in den technischen Wettbewerben - lor-olli - 11.08.2018

PB im ersten verändert oft auch die Psyche, das aufkommende Glücksgefühl darf die nötige Aggression für eine Steigerung nicht stören oder gar unterdrücken (individuell), tut es aber in der Praxis beinahe natürlich.

Bei großen Wettkämpfen sind die Abläufe im Wettkampf speziell (siehe die langen Unterbrechungen durch Läufe gestern beim Dreisprung), einen Rhytmus kann man trainieren, wenn er aber so oft durcheinander gebracht wird oder der Wettkampf sich lange zieht muss man mental die Steigerung "drauf haben" - das geht leichter wenn es knapp zugeht.

EIne PB im Ersten zeigt aber auch, dass die Vorbereitung auf den Wettkampf optimal war, das ist nicht zwangsläufig noch steigerunsfähig - bei sehr jungen Athleten eher als bei erfahrenen (Muster prägen sich ein).

Auffällig ist aber schon, dass es vielen Athleten anderer Nationen deutlich besser gelingt die Saisonbestleistung auf dem sportlichen Höhepunkt abzurufen (lässt sich ganz gut an den PBs erkennen)

Wettkampfhärte holt man sich aber nicht im Training sondern in der Praxis > siehe Grauvogel im 7-Kampf und andere Athleten die z.B. in den High Schools der USA sehr oft "ran müssen".


RE: Wettkampftaktik - Versuche in den technischen Wettbewerben - AndyI - 11.08.2018

(10.08.2018, 22:10)dominikk85 schrieb: Imo macht das nur wenig Sinn, denn man weiß ja nie welcher Versuch der beste wird. Die Würfe sind technisch hoch komplex, die individuellen Unterschiede der Würfe liegen weniger in der Energie die man reinsteckt, die eigentlich bei einem Werfer immer recht ähnlich ist, sondern wie man selber seine Positionen und das Gerät trifft und da kann jeder Versuch der perfekte sein.

Danke. Das war für mich jetzt relativ entscheidend. 

Meine Grundüberlegung ging davon aus, dass man es vielleicht eben nicht hinbekommt, eine immer ähnliche Energie (physisch & psychisch) in einen Wurf/Sprung zu stecken. Daraus entstand die Idee, dass man 1-2 auslässt und im nächsten dann wieder voll da ist. 
Wäre natürlich mal spannend, da Auswertungen von den Finals zu sehen, in welchem Versuch die besten Weiten erreicht werden.


RE: Wettkampftaktik - Versuche in den technischen Wettbewerben - dominikk85 - 11.08.2018

Ein richtig guter erster ist immer optimal. Wenn du dann gekontert wirst ist das psychologisch natürlich noch brutaler, aber das muss der andere erstmal schaffen und selbst wenn wäre so ein Konter in jeder Runde hart