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Legenden in der Sandgrube oder auch eingeladene (gedopte) Altstars - Druckversion

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RE: Legenden in der Sandgrube oder auch eingeladene (gedopte) Altstars - icheinfachma - 11.08.2018

Die Westathleten nahmen laut einem Buch, dass ich vor längerer Zeit gelesen hab (Titel leider nicht mehr bekannt) dieselben Dosen ein wie die Ostathleten, allerdings nur halb so viele Kuren pro Jahr, da es dort Wettkampfkontrollen gab, bei denen die Athleten nicht sicher immer sein konnten, dass sie vom Verband gedeckt werden. Die Ostsportler dagegen bestritten auch bis auf den Saisonhöhepunkt ihre Wettkämpfe im Ostblock, wo es keine Dopingkontrolle gab. Sie konnten auch in der Wettkampfphase weiter dopen.

In der BRD wurde auch systematisch gedopt, aber in kleinen Zellen, was die Aufarbeitung erschwert. Es wurde auch nicht so protokolliert wie in der DDR. Der jüngste Fall von Doping war in der BRD eine 14-Jährige Schwimmerin, während der jüngste Fall in der DDR 13 Jahre alt war. Es gab demnach auch in der BRD Doping für Jugendliche. Allerdings ist nichts genaues über die Anzahl gedopter Jugendlicher in der BRD bekannt.

Als die bekannte westdeutsche Siebenkämpferin aufgrund ihres Dopings jung starb (was die Affäre um Doping-Professor Klümper, der sie behandelte, auslöste), positionieren sich die Athletensprecher des DLV gegen Doping und gaben an, dass sie es nicht guthießen, dass die Funktionäre des DLV den Fall und die verwickelten Strukturen nicht aufarbeiteten. Viele Jahre später stellte sich heraus, dass diese beiden Athletensprecher ebenfalls gedopt waren - sie wollten durch die öffentliche Positionierung gegen Doping den Anschein erwecken, sie seien sauber. Nichtmal solchen Sportlern, die Doper und Dopingstrukturen anprangern, kann man vertrauen.

Dass der DLV das Dopingforschungsinstitut FKS Leipzig und das in Kreischa übernahm, und man im FKS noch 1992 bei einer Polizeirazzia Dopingmittel im Wert von 2 Mio. Mark fand (im Keller in Panzerschränken), passt gut in die Dopinghistorie des DLV. Das FKS heißt heute IAT. Der Dopingarzt von Jan Ulrich und Team war eine Zeit lang Leiter für die Abteilung Sportmedizin im IAT. Aber natürlich forscht das IAT heute nur noch zur Biomechanik und Trainingswissenschaft. Viele Sportler, die vor der Wende in der DDR Weltklassen waren, wurden nach der Wende noch besser oder hielten ihr Nivau - da aber selbstverständlich dann ohne Doping (Drechsler, van Almsick als prominenteste Bsp.). Das erste was der BRD-Innenminister nach der Wende tat, war, den DDR-Sportchef Ewald einzladen, um sich das DDR-Sportsystem incl. Dopingsystem erklären zu lassen. Man wollte das Wissen einverleiben. Durch die Übernahme der Forschungseinrichtungen samt Personal, der Trainer und Mediziner hat man das auch erreicht. Da passt es gut, dass man auch die DDR-Rekorde in die BRD-Bestenliste importiert hat.

Es ist richtig, dass es in der DDR ein Staatsdoping und Zwangsdoping gab, aber man sollte nicht vergessen, dass auch im Westen in der Hinsicht regelrechte Menschenrechtsverletzungen begangen wurden. Es fehlt vielen aufgrund ihrer nationalen Brille an ausgewogener Urteilskraft, auch durch die Manipulation durch Massenmedien ist der Blick vieler getrübt. Lektüre (z.B. über die Dopingvergangenheit der DDR wie der BRD) hilft, sich der Illusionen zu entledigen. Oder wie Prof. Simon (Sportmedizin Uni Mainz) sagte: Saubere Sportler sind nicht zu schützen. Schade um den olympischen Sport.


RE: Legenden in der Sandgrube oder auch eingeladene (gedopte) Altstars - lor-olli - 11.08.2018

@icheinfachma, und die Essenz Deines posts ist??

Ich habe Zehnkampf betrieben, zur gleichen Zeit als Hingsen und Co den Sport auf die Spitze trieben, ich kenne einige Doper persönlich und es war einfach an das Zeugs zu kommen, Ärzte und Funktionäre und einige Trainer waren behilflich - nicht nur in D, auch in GB! Einige der ehemaligen "Weggefährten" sind heute Sportinvalide, da verzichte ich gern auf die Punkte die mich schneller, weiter, höher gebracht hätten und begnüge mich mit den knapp über 7000 Punkten. Meine Skepsis wurde auch durch einen Trainer bestärkt der selbst Pharmakologe und Mediziner war.

Reue, Einsicht oder Selbstanklage? Bei vielen der Beteiligten absolut nicht, sicher ein Jammern bei denen, denen es schwer geschadet hat, aber Aufarbeitung?

Ich persönlich sehe die Aufarbeitung vor allem als persönliche Aufarbeitung, an der Betrugsmentalität hat und wird sich nichts ändern, was sich ändern kann ist die striktere und ausgeklügeltere Verfolgung und Ahndung des Dopings - aber nicht nur bei Athleten, sondern bei ALLEN Beteiligten bis hin zu Ministern die Medaillen "fordern", dass war in den 80er schon einmal Auslöser für die unsaubere, durch Wegsehen geduldete Vorgehensweise.

Altstars die heute zum Thema lieber schweigen erklären sich in einigen Fällen auch dadurch, dass sie auch später für das vereinigte D antraten, oder dem Staatsdoping zum Opfer fielen, teilweise auch weil sie sich Kritik zu äußern nicht trauten - da ist Schweigen viel einfacher. Einige sitzen bis heute sogar als Moderatoren im Fernsehen, fragt man sie öffentlich folgt Schweigen, fragt man sie privat (also ohne Zeugen), werden einige richtig pampig - was also wäre von einer Aufarbeitung zu erwarten? Jedenfalls nicht das was ich erwarten würde, man braucht sich nur andere Sportarten anzuschauen (Radsport wie eh und je, Fußball hat "nie gedopt" alle wissen aber besser, Gewichtheben ohne UM denkbar?).

Die Frage ist doch die, ob es gelingt einen Mentalitätswechsel, nicht zuletzt bei den Zuschauern (die immer noch zuhauf bei der Tour de France stehen) zu erreichen!? Eine Gesellschaft die 80 Liter Alkohol pro Kopf und Jahr (auch über Kinder, Alte und Abstinenzer gemittelt!) und Zigarettenkonsum für "normal" hält, die eine Menge illegales (Gras, Koks, Heroin, Psychopharmaka - nicht verschrieben) verbraucht stimmt mich nicht sonderlich zuversichtlich. Und selbst jene die all dieses meiden wollen oft das Spektakel "um jeden Preis" - oder warum schauen so viele die grotesken Spektakel des Motor"sports"?

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, ich sehe nur keinen Willen (oder keinen ausreichend starken). Man schaut Seppelt und lästert über seine etwas ungeschickte Vorgehensweise und schaut dann anschließend wieder Radsport… (bei dem mittlerweile viele Insider einsehen, dass es so wie es läuft besser nicht weitergeht)


RE: Legenden in der Sandgrube oder auch eingeladene (gedopte) Altstars - icheinfachma - 12.08.2018

Die Essenz meines Beitrages ist, dass es mich stört, dass sich einige darüber echauvieren (sogar Posts dazu eröffnen), wenn eine Heike Drechsler, Franziska van Almsick oder Karolin Witt im Studio sitzt, aber sich überhaupt nicht daran stören, wenn diverse Bahnradfahrer(innen) oder Gewichtheber mit einem größeren Oberschenkelumfang als Profibodybuilder(innen) im Studio sitzen, die nicht offiziell des Dopings überführt wurden.

Ich halte diese einseitige Sichtweise für naiv bis ignorant - aber typische der Zuschauer will ver****** werden.


RE: Legenden in der Sandgrube oder auch eingeladene (gedopte) Altstars - DerC - 12.08.2018

(11.08.2018, 22:28)lor-olli schrieb: Die Frage ist doch die, ob es gelingt einen Mentalitätswechsel, nicht zuletzt bei den Zuschauern (die immer noch zuhauf bei der Tour de France stehen) zu erreichen!? Eine Gesellschaft die 80 Liter Alkohol pro Kopf und Jahr (auch über Kinder, Alte und Abstinenzer gemittelt!) und Zigarettenkonsum für "normal" hält, die eine Menge illegales (Gras, Koks, Heroin, Psychopharmaka - nicht verschrieben) verbraucht stimmt mich nicht sonderlich zuversichtlich. Und selbst jene die all dieses meiden wollen oft das Spektakel "um jeden Preis" - oder warum schauen so viele die grotesken Spektakel des Motor"sports"?
Die Zusammenhänge zwischen Dogengebrauch im Alltag und Doping sind kaum so eng, wie du das hier andeutest. Motivation und Ziele sind häufig völlig unterscheidlich. Drogen werden häufig aus Langeweile genommen, aus Neugier, zur (vermeintlichen oder realen) Verbesserung der Lebensqualität ... oft mehr eine Art Erlebnisorientierung als Leistungsoptimierung. Dazu wird gerade bei legalen Drogen durch den Konsum niemand zwingend betrogen ... und dem Steuerentfall bei illegalen Drogen könnte der Staat ja ein besseres legales Angebot entgegensetzen.

Da sollte man eher auf den Zusammenhang zwischen einer Betrugsmentalität (z. B. Steuerhinterziehen als Kavaliersdelikt, legale Steuertricks als Normalität) und Doping schauen ... da wird man eher fündig.

Motor"sport" hat viel mit der Automobilfaszination zu tun ... so lange der motorisierte Individualverkehr in dem akltuellen Ausmaß gefördert wird, wird sich da kaum was ändern. Zusammenhang mit Doping eher schwach, zudem ich wie viele andere diese Spektakel nicht als Sport im engeren Sinne sehe.

Anspruchsdenken von Zuschauern und Medien muss sich ändern, es muss anders mit der absoluten Leistung umgegangen werden. Die 47,6 von Koch kann ich nicht mehr sehen, dass die immer noch eingeblendet werden ...


RE: Legenden in der Sandgrube oder auch eingeladene (gedopte) Altstars - Angerländer - 12.08.2018

Die Verhaltensweisen im Sport sind das Spiegelbild der Verhaltensweisen unserer Gesellschaft. Ich habe schon lange die Illusion vom „anständigen“ Menschen verloren.
Natürlich gibt es sie. Die Anständigen. Es gab sie immer: Jesus von Nazareth, Gandhi, Mutter Theresa und einige Wenige mehr. Aber grundsätzlich sucht jeder Mensch nur seinen Vorteil. Selbst die Moralapostel unserer Gesellschaft nutzen ihre vermeintliche moralische Überlegenheit ausschließlich dazu, um sich über andere zu erheben. Um „besser“ zu sein als andere.

Insofern kann ich jeden dopenden Sportler verstehen. Es geht häufig nicht nur um Ehre und Ruhm. Es geht vor allem um viel Geld. In unserer Gesellschaft wird sich ständig verglichen. Bereits im Kindesalter gilt es, „hast du was, bist du was“. Man kann sich also Anerkennung erkaufen. Als Sportler, indem ich mit Geld und einem entsprechenden Umfeld (Doping), zu Höchstleistungen befähigt werde. Als Nicht-Sportler, indem ich mir mit Geld Konsum leisten kann, den sich nicht jeder leisten kann.
Als Sportler, wie auch als Nicht-Sportler erziele ich durch Ausnahmeleistung Anerkennung und Neid.

Wer sich hier nicht wiederfindet, der kann von sich behaupten, zu einem kleinen Kreis der Auserwählten zu gehören. Die allermeisten Menschen leben aber im ständigen Konkurrenzkampf um Anerkennung. Sei es im Kindergarten, in der Schule, in der Uni, im Berufsleben und eben im Sport. Selbst nicht-berufstätige Frauen buhlen darum, wer den reichsten Mann mit dem bestbezahlten Job hat, der ihr das größte Haus, den größten SUV und die besten Klamotten kaufen kann.

Den anderen zu verurteilen ist einfach. Oftmals ist das Vergehen des anderen offensichtlich und wird im besten Fall medial ausgeschlachtet. Da kann man sich der Verurteilung wunderbar anschließen, und sich auf der Seite der Ankläger, Richter und Henker fühlen. Das eigene Fehlverhalten bleibt Gott-sei-Dank im Verborgenen.

Natürlich würden diese Verhaltensweisen die wenigsten Menschen zugeben. Wir haben ja alle eine weiße Weste. Und man fühlt sich gerne überlegen. Meine Erfahrung aber beweist mir immer wieder, dass wir Menschen nun einmal so sind wie wir sind. Wir können nicht anders (auch wenn wir gerne dem Ideal des vollkommenen Menschen entsprechen würden).

Deshalb behaupte ich einfach mal, dass fast alle unter uns, die die Möglichkeit hätten, durch ein wenig Zugabe von leistungssteigernden Mittelchen, im Weltspitzensport um Medaillen mitkämpfen zu können, diese Mittelchen auch nehmen würden. Möglichst risikolos natürlich.
Zum Glück fehlt den meisten unter uns aber das nötige Talent, um überhaupt in die Nähe der Spitzenleistungen zu kommen. Und deshalb fällt es uns auch so leicht, die „bösen“, dopenden Sportler zu verurteilen.


RE: Legenden in der Sandgrube oder auch eingeladene (gedopte) Altstars - Atanvarno - 12.08.2018

Ich teile diese pessimistische Sicht auf den Menschen nicht, halte sie teilweise für eine Schutzbehauptung mit der das eigene unmoralische Verhalten entschuldigt werden soll, weil ja die ganze Welt so verkommen ist. Sie ist es nicht und es lohnt sich für die moralischen Standards die unserer Gesellschaft zugrunde liegen zu kämpfen und dazu zählt auch der Anti-Doping-Kampf.


RE: Legenden in der Sandgrube oder auch eingeladene (gedopte) Altstars - muffman - 12.08.2018

ok, lor-olli. Radsport schauen und unterstützen ist nicht ok, aber Leichtathletik schauen ist in Ordnung.
Bin mal afk, lachen.


RE: Legenden in der Sandgrube oder auch eingeladene (gedopte) Altstars - icheinfachma - 12.08.2018

(12.08.2018, 14:49)muffman schrieb: ok, lor-olli. Radsport schauen und unterstützen ist nicht ok, aber Leichtathletik schauen ist in Ordnung.
Bin mal afk, lachen.
Thumb_up ‌ Genau das ist die von mir angesprochene unausgewogene Sichtweise.


RE: Legenden in der Sandgrube oder auch eingeladene (gedopte) Altstars - Angerländer - 12.08.2018

(12.08.2018, 14:23)Atanvarno schrieb: Ich teile diese pessimistische Sicht auf den Menschen nicht, halte sie teilweise für eine Schutzbehauptung mit der das eigene unmoralische Verhalten entschuldigt werden soll, weil ja die ganze Welt so verkommen ist. Sie ist es nicht und es lohnt sich für die moralischen Standards die unserer Gesellschaft zugrunde liegen zu kämpfen und dazu zählt auch der Anti-Doping-Kampf.

Die Menschen sind noch viel verkommener als wir beide uns das vorstellen können. Nicht alle. Es gibt nicht nur schwarz und weiß. Aber leider gibt es einen gewissen Anteil, der entscheidenden Einfluss auf unsere Gesellschaft nimmt.
Doping ist nicht unbedingt ein Problem der Sportler, sonders des Systems, welches im Hntergrund die Fäden zieht. Die Sportler sind am Ende immer die Verlierer. Ob psychisch, physisch oder philosophisch. So ist es, so war es und so bleibt es!


RE: Legenden in der Sandgrube oder auch eingeladene (gedopte) Altstars - Atanvarno - 12.08.2018

@Angerländer
So sollte es eben nicht bleiben, Fatalismus ist sicher die schlechteste Einstellung

Kleine Leseempfehlung

Psychologie des Dopings

Die Konsequenz aus deinem Fatalismus ist die Dopirngfreigabe, warum ich die nicht will, ist im verlinkten Thread erklärt.