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zur Hochsprungentwicklung - Druckversion

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RE: zur Hochsprungentwicklung - matthias.prenzlau - 13.12.2021

Ich sehe Parallelwälzer (z.B. J. Thomas) und Rotary Jump (siehe B. Avant)
beide als Vorreiter des Tauchwälzers.

https://www.youtube.com/watch?v=BcLBLzfVMuQ&t=31s
(ab 0:18)

Den Sowjets ist es gelungen,
aus beiden Techniken eine vollkommende Technik (Tauchwälzer) zu machen,
die sämtliche Vorteile beider Techniken miteinander verbindet.
Daher auch die rasante Entwicklung des Weltrekords durch Brumel.

Hay hat mit einer, dem Rotary Jump, ähnlichen Technik ausführlich experimentiert.
In einem meiner Fachbücher (Leichtathletik 2 - Springen) steht folgendes:

"Auf der Suche nach der biomechanisch günstigen Hochsprungtechnik
entwickelte der amerikanische Wissenschaftler Hay eine Sprungtechnik,
bei der vor allem die Lattenüberquerung bäuchlings (Klappmesserhaltung)
optimiert wurde.
Der geradlinige Anlauf ermöglicht eine sehr hohe Anlauf-, der vertikale Sprungbein-
und Doppelarmschwung eine hohe Abfluggeschwindigkeitdes Springers.
Durch eine schnelle Streckung über der Latte landet der Springer bei
dieser sog. Hay-Technik auf dem Rücken.
In der Realisierung der Gesamtbewegung sind die Vorteile der einzelnen
Bewegungsteile kaum umsetzbar. Größere Höhen als 2,15m (bei den Männern)
konnten bisher bei Wettkämpfen nicht erreicht werden."

Wer hat nun Recht?
Waren die Sowjets und amerikanischen Wissenschaftler zu dumm?


RE: zur Hochsprungentwicklung - gera - 13.12.2021

Hallo Matthias ,
Die sowj.Hochsprungtrainer waren genial, vor allem Djatschkov.
Besonders Brumel hat mit seinem angewinkeltem Schwungben sehr viel größere Anlaufgeschwindigkeiten = größere Höhen möglich gemacht.
Die amerikanische " Hay-Technik" ist nicht zu Ende gedacht. 
Der Springer soll mit gestreckten Beinen saltoartig über die Latte. Und darin liegt die Undurchführbarkeit der Technik bei großen Höhen begründet. Der Springer braucht wegen zu geringer möglicher Winkelgeschwindigkeit eine zu lange Zeit, seinen Körper um die Latte zu drehen. Und zwar ist diese notwendige Zeit größer als die für die gleichzeitig fortwährende  horizontale
Fortbewegung des Körperschwerpunktes. So wird der Athlet stets gegen die Latte getrieben, bevor er seinen Körper über die Latte bringen konnte.
" Hay " lässt sich springen bei kleiner Anlauf-V, das aber bringt ja keine große Höhe.

Rotary jump hingegen wird mit gebeugtem Schwungbein abgesprungen und die Beine bewegen sich zwischen angezogen und gestreckt, wie es gerade notwendig ist.

Die Entwicklung der Technik ist vom P.wälzer zum Tauchwälzer gegangen und dann ( leider ) von der Lattenquerung rücklings abgebrochen worden.


RE: zur Hochsprungentwicklung - matthias.prenzlau - 13.12.2021

Okay gera, ich verstehe deinen Standpunkt - auch wenn ich anderer Meinung bin.
Aber das ist ja nicht schlimm. Im Endeffekt finde ich es schön, dass ich mich mit jemanden
über meine Lieblingsdisziplin austauschen kann.


RE: zur Hochsprungentwicklung - gera - 13.12.2021

genau Matthias, ich merke, Hochsprung ist dein Ding.


RE: zur Hochsprungentwicklung - matthias.prenzlau - 13.12.2021

Ich möchte noch einmal auf den Rückwärtssalto zurückkommen.

Die Absprungposition rücklings zur Latte müsste eigentlich das Non-Plus-Ultra sein.

wie im Video:
- energischer Anlauf (hohe Anlaufgeschwindigkeit möglich)
- Radwende
- Handstützüberschlag rückwärts
- Absprung einbeinig
- Schwungbein angewinkelt, Arme oben (hoher KSP beim Absprung)
- orthopädisch gesunder Absprung (nicht nur der Fuß, der ganze Körper bildet eine gerade Einheit)
- kaum Amortisation, Absprung "durch den ganzen Körper"
--> große Kräfte können umgesetzt werden --> große Abfluggeschwindigkeiten sind möglich
- für die Rotation muss keine Sprungkraft abgezwackt werden
- Lattenüberquerung wie Flop

Im Grunde stellt diese Technik komplett neue Anforderungen an den Hochsprunger.
Zum einen die akrobatischen Fähigkeiten und zum anderen die Kraftwerte.
Das Absprungbein muss steif wie ein Baumstamm sein, sowie auch der Rest des Körpers.
Ein Absprung, wie wenn ein Bambusstab vom Boden abprallt.

Um Weltrekord zuspringen bedarf es bei 1,35m Abflughöhe (ca.1,90m Körpergröße) 1,10m Flughöhe.
Bei schätzungsweise 65° Abflugwinkel ergibt sich eine Abfluggeschwindigkeit von 5,12m/s (Flugweite 2,05m).
(Quelle. Th. Zacharias)

Die Frage ist: Wieviel Kraft in welcher Zeit muss umgesetzt werden?

Und natürlich interessiert mich allgemein deine Meinung.

Grüße


RE: zur Hochsprungentwicklung - gera - 14.12.2021

Hallo Matthias ,

Deinen Salto-Rückwärts kann ich mir als Hochsprung nicht vorstellen.
Als erstes, weil nach dem Handstützüberschlag, rückwärts m.E. kein ( vernünftiger )einbeiniger Absprung möglich ist
Und zweitens müsste bei 65 grad Abflugwinkel ( dafür ca. 39 grad Rücklage nötig ) eine Anlauf-V  von ca. 9,8 m/s erreichbar sein,  um eine Abflug-V  von 5,12 m/s zu haben. Also utopisch.
Ansonsten könnte der Athlet mit Steigehöhe 1,12 m und KSP,Ende 1,35 tatsächlich 2,46 m springen.


RE: zur Hochsprungentwicklung - matthias.prenzlau - 14.12.2021

Möglicherweise hast du Recht.
Der Absprung einbeinig erzeugt auch eine deutliche Rotation seitwärts.
Ob das so steuerbar ist, dass man sich nach dem Flick-Flack einbeinig mittig
im KSP trifft, mag ich auch zu bezweifeln.
Ob eine Amortisationsphase rückwärts einbeinig gut funktioniert, weiß ich auch nicht. 

Trotzdem wollte ich die (nette) Idee niederschreiben.  Thumb_up

Ich habe in der Familie einen jungen Turner (Leistungssport, 15 Jahre alt)
Im Sommer werde ich auf der heimischen Hochsprunganlage experimentieren.
Mal gucken...


RE: zur Hochsprungentwicklung - gera - 18.05.2022

um noch einmal auf die Defizite einzelner Techniken zurück zu kommen.
Sowohl Straddle als auch Flop haben - schon öfters erwähnt - den Nachteil, das die Anlaufrichtung nicht mit der Absprungrichtung überein stimmt.
Das sind beim Straddle etwa 15 grad Abweichung , beim Flop etwa 10 grad.
Hier wird einiges an Kraftimpuls verschenkt und es ist Optimierungsbedarf angesagt, soll der momentane Entwicklungsstillstand im Hochsprung beendet werden.


RE: zur Hochsprungentwicklung - gera - 07.08.2022

mein Beitrag zur Erneuerung DLV


RE: zur Hochsprungentwicklung - Gertrud - 07.08.2022

Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass man einen Gerd Osenberg so ignoriert. Vor ein paar Jahren war er noch Stammgast in der Leverkusener Halle. Er hat im Hochsprung nachweislich Heike Henkel den besten und vor allem einen gesunden Hochsprung-Absprung mit nur 6° Differenz zwischen Kurven- und Fußaufsatzwinkel beigebracht. Wenn man konsequent diese Linie weiterhin vertritt, dass man mit der Rente auch den sportlichen Löffel und die Hallenschlüssel abgeben muss, dann sieht es aber in naher Zukunft sehr schlecht im Hochsprung aus.

Die Doppel-Olympiasiegerin im Siebenkampf trainiert bei einem Trainer, der mein Alter haben muss. Er war auch Olympiateilnehmer wie ich in Mexiko. Lasst doch den "verrückten Alten" ihre Passion zum Nutzen des Verbandes! WinkThumb_up

Gertrud