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Beruf und Sport - Druckversion

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Beruf und Sport - Gertrud - 02.09.2018

Das Leben zwischen Sport und Beruf und den möglichen Folgen zeigt das Beispiel Ralf Bartels als eine Facette auf. Er hatte zum Schluss anscheinend keine andere Wahl, als das Leben in der Bundeswehr zu fristen, wenn er nicht ohne Anstellung sein wollte.
https://www.nordkurier.de/sportnachrichten/kugelstoss-held-bartels-verlaesst-den-scn-0233029609.html

Ich kann nur jedem und jeder dringend raten, nicht nur auf die Karte Leistungssport zu setzen. Dann bleiben später nicht nur Urkunden an den Wänden, eventuelle Medaillen im Schrank und viel Nostalgie und Wehmut übrig, sondern auch Freude im Berufsleben und eine Perspektive. Das Leben danach hält noch weitere Dekaden bereit, die man nicht nur der Erinnerung an den Sport widmen sollte. Habt deshalb Mut, den schwierigen dualen Weg zu gehen und vielleicht auch mal schöne Trainingslager in Südafrika zugunsten des Studiums und der Berufsausbildung auszuschlagen! Der Verband sollte dafür Verständnis aufbringen.

Auch wenn die Heimtrainer hervorragend sind, sollten die Schützlinge lieber auf Lehrgänge verzichten und die Schule und das Studium an den Wocheenden in den Fokus rücken, wenn notwendige Arbeiten anstehen. Ich halte sehr viel davon, dass Athleten auf der beruflichen Schiene nicht in Rückstand geraten. Es wäre wünschenswert, wenn diese Aktionen im Einklang mit dem Verband geschehen könnten. 
 
Gertrud


RE: Beruf und Sport - dominikk85 - 02.09.2018

Wobei das in der LA bei uns doch recht gut klappt, die meisten unserer athleten machen abi und studieren. Klar gibt es Ausnahmen wo es scheitert, aber wesentlich schlimmer ist es in sportarten wo man richtig Geld verdienen kann wie Fußball oder tennis.in diesen sportarten wird teilweise mit 16 die Schule beendet und alles auf den Sport gesetzt.

Wenn man es dann nicht schafft sieht es ganz schlecht aus und man muss mit 25 neu anfangen.

In der Leichtathletik gibt es das auch vereinzelt, aber die meisten sind so realistisch zu wissen das man davon nicht dauerhaft leben kann.


RE: Beruf und Sport - Diak - 02.09.2018

Und in diesem Zusammenhang dann bitte auch:
Wer entwickelt wann wo wie tragfähige Konzepte für duale Trainerkarrieren? Die Situation von Ralf Bartels ist wirklich berührend, aber die Idee, aus Bundes- und Landesmitteln diverse Trainerstellen in Neubrandenburg und Co dauerzufinanzieren, ist ja nun auch mindestens überholt. Die Wirkungslosigkeit des Eliteschulkonzepts im Sommersport ist empirisch hinreichend belegt (und hier besonders schön dargelegt, wie ich finde) und mitlerweile ja auch nicht mehr ganz so erfolgreich totgeschwiegen.
Es wird ein ineffizientes und häufig wenig menschliches System künstlich am Leben gehalten, auch weil darin die Möglichkeit besteht, immerhin einige Trainerstellen zu erhalten.
Der DLV-Leistungssport vertritt vehement die These, dass nur Hauptamtlichkeit zu mehr Erfolg führt, gemeinsam mit Zentralisierung und dem vertikale-Trainer-Struktur-Schwachsinn. Das führt dann dazu, dass wenige Trainer jeweils zu viele Athleten nicht immer besonders glücklich betreuen, während talentierter Trainernachwuchs kaum Chancen hat, sich zu entwickeln.
Es mangelt nicht an Lippenbekenntnissen, das für die Trainer was getan werden soll, es passiert nichts. Schlecht bezahlte befristete Stellen gibts gern weiterhin und die noch verbliebenen Ehrenämtler bekommen Weihnachten ein paar Kekse, zumindest wenn sie brav ihre Talente an die Hauptamtler abgeben, die dann häufig keine bessere Arbeit machen.
Ich weiß, es sind alles verschiedene Töpfe, aber wie viel Geld würde frei, wenn man viele erfolgarme und wenig inspirierende Hauptamtler einsparen würde, um gezielt Trainer-Athleten-Teams zu fördern, Nester zu entwickeln und nach kreativen Lösungen zu suchen, um mit sehr guten Ehrenamtlern nebenamtliche Optionen zu entwickeln, ohne das die ihre Existenz gefährden?


RE: Beruf und Sport - jonas - 02.09.2018

Neben Verletzungen ist die duale Sport-Karriere Gertruds Lieblingsthema  Wink


RE: Beruf und Sport - Gertrud - 02.09.2018

(02.09.2018, 18:39)Diak schrieb: Und in diesem Zusammenhang dann bitte auch:
Wer entwickelt wann wo wie tragfähige Konzepte für duale Trainerkarrieren? Die Situation von Ralf Bartels ist wirklich berührend, aber die Idee, aus Bundes- und Landesmitteln diverse Trainerstellen in Neubrandenburg und Co dauerzufinanzieren, ist ja nun auch mindestens überholt. Die Wirkungslosigkeit des Eliteschulkonzepts im Sommersport ist empirisch hinreichend belegt (und hier besonders schön dargelegt, wie ich finde) und mitlerweile ja auch nicht mehr ganz so erfolgreich totgeschwiegen.
Es wird ein ineffizientes und häufig wenig menschliches System künstlich am Leben gehalten, auch weil darin die Möglichkeit besteht, immerhin einige Trainerstellen zu erhalten.
Der DLV-Leistungssport vertritt vehement die These, dass nur Hauptamtlichkeit zu mehr Erfolg führt, gemeinsam mit Zentralisierung und dem vertikale-Trainer-Struktur-Schwachsinn. Das führt dann dazu, dass wenige Trainer jeweils zu viele Athleten nicht immer besonders glücklich betreuen, während talentierter Trainernachwuchs kaum Chancen hat, sich zu entwickeln.
Es mangelt nicht an Lippenbekenntnissen, das für die Trainer was getan werden soll, es passiert nichts. Schlecht bezahlte befristete Stellen gibts gern weiterhin und die noch verbliebenen Ehrenämtler bekommen Weihnachten ein paar Kekse, zumindest wenn sie brav ihre Talente an die Hauptamtler abgeben, die dann häufig keine bessere Arbeit machen.
Ich weiß, es sind alles verschiedene Töpfe, aber wie viel Geld würde frei, wenn man viele erfolgarme und wenig inspirierende Hauptamtler einsparen würde, um gezielt Trainer-Athleten-Teams zu fördern, Nester zu entwickeln und nach kreativen Lösungen zu suchen, um mit sehr guten Ehrenamtlern nebenamtliche Optionen zu entwickeln, ohne das die ihre Existenz gefährden?

Da kann ich nur sagen  Thumb_upThumb_upThumb_upThumb_upThumb_up! Die vertikale Trainerstruktur halte ich in vielen Fällen schon für sehr gut, wenn die Talente denn frühzeitig in sehr gute Hände kommen. Man darf natürlich die erfolgreichen Trainer/innen über Jahre nicht vergessen. Wenn hauptamtliche Trainer/innen berechtigte Kritik laut äußern, kann es sein, dass sie zum "Abschuss freigegeben" werden. Ich hätte mit meiner Art nicht lange in dem "Haifischbecken" überlebt.  WinkMan braucht die hauptamtliche und die ehrenamtliche Schiene, damit man sich nicht wertvolles Wissen entgehen lässt und nicht entweder oder, wobei die Hauptberuflichkeit im Sport meistens ein Schleudersitz ist, wenn man eine harte eigene Meinung vertritt. 

Gertrud


RE: Beruf und Sport - Gertrud - 02.09.2018

(02.09.2018, 18:42)jonas schrieb: Neben Verletzungen ist die duale Sport-Karriere Gertruds Lieblingsthema  Wink

Das stimmt genau. Es sind Herzensangelegenheiten, weil ich die Auswirkungen glasklar sehe!!!  Wink ‌Ich lege Wert darauf, dass beim Athleten möglichst keine Tränen fließen. Wenn ich das verhindern kann, bin ich antizipatorisch dabei.

Man muss es schaffen, das Rundumpaket um den Athleten so im Zeitmanagement vor Ort zu gestalten, dass er Beruf und Sport schafft. Das heißt z.B. die Möglichkeit des Trainings sonntags um 19 Uhr an der Stelle einer guten Wahl. Ich konnte solche Bedingungen meinen Athletinnen bieten.

Gertrud


RE: Beruf und Sport - lor-olli - 02.09.2018

@jonas,
Gertruds "Lieblingsthema" aber auch vor allem weil:
- sie auf einen langen desbezüglichen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann
- sie selbst Leistungssportlerin war (damals höchstens für einen Händedruck) und als Trainerin erfolgreich war
- sie die Msere im deutschen Leistungsport über die verschiedenen Epochen erlebt hat (Doping, Sport in der DDR, Sport im Westen und den "Niedergang der Leichtathletik" immerhin DIE olympische Kernsportart!)
- der DLV in der hauptamtlichen Verwaltung (inkl. Trainer) zu einer Art Behörde verkommt, Innovationen, Neuausrichtung unerwünscht. Querköpfe unerwünscht. Unangepasste unerwünscht. Da fällt leider viel Potenzial durchs Raster.

Die Leichtathletik ist eine Sportart für Individualisten, das gilt meines Erachtens auch für die Trainer! Wenn einer stoplert geht nicht gleiche eine ganze Sportart unter - das haben sogar die Fußballer verstanden (naja vielleicht nicht auf Bundesebene Wink …)


RE: Beruf und Sport - Diak - 02.09.2018

Dann doch gern noch dieser Artikel - und wie erfreulich, dass Brigitte offensichtlich darauf gedrungen hat, sich eben nicht mit den Federn von Hans-Jörg Thomaskamp zu schmücken, was ein Leichtes gewesen wäre...


RE: Beruf und Sport - dominikk85 - 02.09.2018

Neben und ehrenamtliche trainer zu finden wird allerdings selbst ohne die zusatzbedingung “qualifiziert“ immer schwieriger. Das ehrenamt steckt in der Krise und nicht viele wollen neben 40 Stunden Job und familie noch 20+ stunden inklusive Wochenende in ein undankbares, kaum oder nicht bezahltes hobby unter schweren Bedingungen (Finanzierung trainingsmaterialien, Helikoptereltern...) machen.

die Gesellschaft wird individueller und selbst die die sich engagieren wollen das nicht mehr in festen Strukturen machen.

das senkt auch die Qualität in kleineren Vereinen, es gibt super engagierte ausnahmen, aber viele vereine sind froh wenn sie 2 mal die woche und zum Wochenende eine Aufsichtsperson die die kinder beschäftigt (und den Eltern 2 stunden für sich gibt) inklusive fahrservice zum sportfest haben.

das ist natürlich nicht ideal aber in einigen kleinen Vereinen Realität und teilweise droht sogar diese geringe Versorgung wegzubrechen.


RE: Beruf und Sport - Gertrud - 02.09.2018

Auch hauptamtliche Trainer können nicht omnipräsent sein. Insofern entstehen oft Lücken, wenn deren Protagonisten aufhören. Dann müsste man einen solchen Leerlauf gut zu füllen versuchen.

Damals nach der Trennung zwischen Sabine und mir wäre ich in einer hauptberuflichen Position total untergegangen, weil bestimmte Leute nur darauf gewartet haben, mich nicht mehr einzusetzen. Auf der anderen Seite gab es gutverdienende Cheftrainer, die nie einen Kreismeister trainiert haben und jahrelang alle Annehmlichkeiten in Anspruch nehmen konnten. Ich habe mich oft gefragt, welche Eigenschaft mir gefehlt hat.

Mein Wissen und meine Erfahrungen waren bis heute nicht maßgebend für einen Einsatz im gehobenen Segment. Mein Wissen wollte man mit allen Raffinessen anzapfen. Da ich sehr akribisch und strategisch gearbeitet habe und noch arbeite, habe ich diese Gepflogenheiten im Anflug bemerkt und entsprechend abgeblockt. Ich habe gesammelt, was das Zeug hält und mich voll auf meine autodidaktischen Hobbies konzentriert. Heute machen von meinem Wissen einige Freunde Gebrauch. Wir sind ein kleines, aber feines Grüppchen außerhalb des Mainstreams, das sehr gute Fakten rund um die Leichtahtletik und deren Anschlusswissenschaften sammelt.

Gertrud