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Muskuläres Training: großes und kleines Volumen - Druckversion

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Muskuläres Training: großes und kleines Volumen - Gertrud - 21.10.2018

Ich halte mich gerade an meinem Vortrag für die nächste Woche auf. U.a. gibt es einen Punkt: defizitäre bevorzugte Skala der Wichtigkeit der Kraftübungen, die allgemein fälschlicherweise angewendet wird. Je weiter es peripher geht, je mehr wird das Training vernachlässigt. Ab Knie- und Ellbogengelenk werden Übungen kaum noch durchgeführt, was zu erheblichen Verletzungsanteilen führt und man meistens repariert statt prophylaktisch trainiert.

Die muskuläre Dicke nimmt Richtung peripher immer mehr ab, was viele veranlasst, die "dünnen" Muskeln außen vouzulassen. Auch stammmäßig reduziert sich die Muskeldicke enorm, nimmt aber reziprok an Bedeutung zu. Eine Vernachlässigung des "Filets" an der Wirbelsäule hat z. B. in den Würfen enorme negative Auswirkungen, weil die großflächige Muskulatur anspringt, bevor der Stamm in schwenkender Form stabilisierend kontrolliert und volle Scherbewegungen in translatorischer Hinsicht nicht zuzulassen imstande ist.  

Aber der Teufel steckt im Detail, wobei man natürlich die segmentalen Komponenten nicht aus dem Auge lassen sollte. Nicht auf jeder Höhe liegen die ...tome (Dermatom, Myotom ...) auf einer Höhe, was sich vom Kindes- zum Erwachsenenalter erheblich verändert. Das ist in Höhe der BWS noch der Fall, geht aber weiter caudal immer mehr auseinander, da die Nerven im WS-Kanal lange abwärts laufen, ehe sie segmental austreten. Daher sind Teile z.B. am Gesäß auch nerval mit Fußregionen gekoppelt. Wer diese Zusammenhänge nicht kennt, wird keinen vernünftigen Kraftaufbau hinbekommen, weil die Stimuli der einen Region die anderen erst aktivieren, ansonsten aber "ausgenknipst" bleiben. Man wundert sich dann z.B., warum der glutaeus maximus trotz eines erheblichen Trainingsaufwandes anscheinend nicht adäquat reagiert. 

Derartige Trainingsinhalte sind den Trainnerinnen und Trainern zu vermitteln und nicht die alte Leier von gewichtheberischen Inhalten, die wirklich ins vorherige Jahrhundert für die Leichtathletik gehört.  Thumb_down ‌Mein Trainingsansatz ist folglich ein ganz anderer und eben sehr spezifisch wie die leichtathletischen Disziplinen und die individuelle Lage selbst.

Gertrud


RE: Muskuläres Training: großes und kleines Volumen - dominikk85 - 22.10.2018

In den letzten Jahren scheint sich da ein wenig die Meinung gebildet zu haben das man vor allem die großen Muskeln mit verbundübungen trainieren soll und das die kleinen Muskeln dabei ausreichend mittrainiert werden.

isolationsübungen sind dagegen ein wenig in verruf geraten.


RE: Muskuläres Training: großes und kleines Volumen - Diak - 22.10.2018

Das wollte ich auch schon lange mal nachfragen, liebe Gertrud: Ich entnehme vielen Deiner Posts zum Krafttraining, dass Du eher auf isolierte Übungen setzt, in der Tat gegen den Trend, das kann ja ein Qualitätskriterium sein =) Ich tue das nur bei Bedarf im Ausgleich bekannter Schwächen oder Dysbalancen, versuche ansonsten schon möglichst oft die Muskelkette zu belasten. Hast Du dazu eine verallgemeinerbare Auffassung oder kommt es eben - wie immer - darauf an?


RE: Muskuläres Training: großes und kleines Volumen - Gertrud - 22.10.2018

(22.10.2018, 17:16)Diak schrieb: Das wollte ich auch schon lange mal nachfragen, liebe Gertrud: Ich entnehme vielen Deiner Posts zum Krafttraining, dass Du eher auf isolierte Übungen setzt, in der Tat gegen den Trend, das kann ja ein Qualitätskriterium sein =) Ich tue das nur bei Bedarf im Ausgleich bekannter Schwächen oder Dysbalancen, versuche ansonsten schon möglichst oft die Muskelkette zu belasten. Hast Du dazu eine verallgemeinerbare Auffassung oder kommt es eben - wie immer - darauf an?

Ja, es kommt ganz darauf an. Ich habe selbst Disziplinübungen entwickelt, die strukturell und neuronal ansteuern und die mir bekannten neun Krafttrainingsformen in der Anwendung ganz genau abchecken. Ich lasse vornehmlich im strukturellen Disziplinverband trainieren, trainiere allerdings bei Defiziten ganz gezielt. Es ist im Prinzip so, dass nicht jeder Muskel z.B. mit seiner hundertprozentigen Stärke feuern soll. Beispiel: Was soll ein Athlet im Sprintbereich mit übermäßigem Kraftanteil der Ischios, wenn der Glutaeus maximus nicht entsprechend in der entsprechenden konzentierten Aktion feuert? Ganz isoliert zu trainieren, geht eh´ nicht, weil es zu viele Verschachtelungen gibt. 

Ich muss allerdings auch feststellen, das man nie auslernt. Ich halte es für sehr, sehr wichtig, dass man sich immer wieder selbst korrigiert, wenn man bessere Lösungen erfährt. Ich schwenke nach Prüfung sofort um. "Was kümmert mich das Geschwätz von gestern!" Wink ‌Ich selbst habe damals das Bankdrücken bis zum Abwinken trainiert. Ich spüre die Auswirkungen jeden Morgen, wenn ich die Arme im Bett bewege. Ich würde es heute aus verschiedenen Gründen absolut nicht mehr durchführen. 

Gertrud