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Vorstellung zum Trainereinsatz - Druckversion

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Vorstellung zum Trainereinsatz - Gertrud - 23.11.2018

Die zentralen Fragen sind, wie man die vorhandenen Trainer richtig und effektiv einsetzt und wie man sich die zukünftige Struktur im besten Falle vorstellt. Ich habe den Eindruck, dass man sich ein „Gerüst“ von möglichst vielen hauptamtlichen Trainern im DLV mit einer möglichst hundertprozentigen Unterbringung der Protagonisten bei diesen Trainern mit jährlichen mehrfachen „Kasernierungen in zentralen TL“ vorstellt. Nur so kann man natürlich die vollständige Folgsamkeit sicherstellen. Man versucht, erfolgreiche Trainer in dem System zu integrieren und einzubinden. Manch einer geht dabei verloren oder entscheidet sich anders und bricht aus dem System aus. Man versucht, das System von oben nach unten aufzubauen.

Das geschieht z.B. momentan auch in einigen Großvereinen, den TuT die „Gießkanne von oben nach unten“ ohne ein Mittel der Gegenwehr z.B. der Disziplin- oder AuA-Wahl aufzustülpen. Da denken ein oder zwei Personen für den Rest und der Rest hat zu gehorchen. Wie aber steht es dann um die Stimmung?  

Ich persönlich spreche mich für sehr demokratische Verfahren mit Wahlmöglichkeiten aus. Ich würde vor allem die sehr guten Trainerinnen und Trainer (TuT) einbinden wollen, ohne sie hauptberuflich zu beschäftigen, wenn sie sich anderweitig gut etabliert haben. Nur dort kann man auf ehrliche, unabhängige Zusammenarbeit setzen.

Außerdem würde ich Personen einbinden, die sich ein unheimliches Wissen angeeignet haben und hier ein mobiles Korrekturgremium entwickeln.

Eine Sache würde ich auch noch anpacken. Es gibt Trainer, die sich autodidaktisch fortbilden und sofort z.B. in Prüfungen zum A-Trainer einsteigen können. Dann sollte man das auch gewähren, ohne die einzelnen Vorläufer (C- und B-Trainerausbildung) zu durchlaufen. Das Potential vieler Nicht-Abiturienten wird heutzutage sogar im Studium genutzt. Auch Meister dürfen disziplinabhängig studieren. Ein Beckenbauer hatte keinen Trainerschein und hat die Mannschaft zur WM geführt. 

Wie denkt ihr darüber und welche Verbesserungsvorschläge habt ihr? Ich lasse mich sehr gerne auf andere, sehr gute Sichtweisen ein.

Gertrud


RE: Vorstellung zum Trainereinsatz - krebsan - 27.11.2018

Ich kenne mich ja mit deutschen Verhältnissen nicht so aus. Aber mir scheint, das Bemühen geht um Professionalisierung. Also darum, den Athleten einen Trainer zur Seite zu stellen, der umfassend und verlässlich über eine längere Zeit die Betreuung übernehmen kann.
Wenn andere das quasi ehrenamtlich übernehmen können/wollen, umso besser. Vermutlich aber, und das deckt sich mit meinen Erfahrungen, stösst das dann doch irgendwann an Grenzen.
In der Schweiz haben aktuell viele Vereine Wartelisten. Weil es an Infrastruktur, vor allem aber Trainern fehlt. Auch das ein Grund, über die Anstellung eines bezahlten Trainers nachzudenken, auch wenn es hier meist nicht um einen Spitzensporttrainer geht. Die Grundidee, die besten Trainer zu den Jüngsten, wäre zudem auch noch zu beachten (wird ja kaum je so umgesetzt).
Zum Quereinstieg in die Ausbildung: Natürlich sollte der grundsätzlich möglich sein, aber nicht plötzlich die Regel werden. Auch einem Beckenbauer hätte vermutlich eine Trainerausbildung nicht geschadet, auch wenn er letztlich "nur" mit ausgebildeten Spielern gearbeitet hatte, und seine Tätigkeit mehr Strategie/Coaching als Training war. Und natürlich hatte er auch noch ein paar Assistenztrainer zur Seite.


RE: Vorstellung zum Trainereinsatz - Gertrud - 27.11.2018

(27.11.2018, 10:49)krebsan schrieb: Ich kenne mich ja mit deutschen Verhältnissen nicht so aus. Aber mir scheint, das Bemühen geht um Professionalisierung. Also darum, den Athleten einen Trainer zur Seite zu stellen, der umfassend und verlässlich über eine längere Zeit die Betreuung übernehmen kann.
Wenn andere das quasi ehrenamtlich übernehmen können/wollen, umso besser. Vermutlich aber, und das deckt sich mit meinen Erfahrungen, stösst das dann doch irgendwann an Grenzen.
In der Schweiz haben aktuell viele Vereine Wartelisten. Weil es an Infrastruktur, vor allem aber Trainern fehlt. Auch das ein Grund, über die Anstellung eines bezahlten Trainers nachzudenken, auch wenn es hier meist nicht um einen Spitzensporttrainer geht. Die Grundidee, die besten Trainer zu den Jüngsten, wäre zudem auch noch zu beachten (wird ja kaum je so umgesetzt).
Zum Quereinstieg in die Ausbildung: Natürlich sollte der grundsätzlich möglich sein, aber nicht plötzlich die Regel werden. Auch einem Beckenbauer hätte vermutlich eine Trainerausbildung nicht geschadet, auch wenn er letztlich "nur" mit ausgebildeten Spielern gearbeitet hatte, und seine Tätigkeit mehr Strategie/Coaching als Training war. Und natürlich hatte er auch noch ein paar Assistenztrainer zur Seite.

Die hauptamtlichen Trainer werden teilweise omnipräsent eingesetzt, so dass sie zu einer gezielten autodidaktischen Fortbildung kaum Zeit haben. Die "stationären" Trainer an den OSP sind in der Hinsicht besser dran. Allerdings ist immer eine Jobabhängigkeit gegeben. Es ist schwierig, mal athletenlose Zeiten zu überbrücken, ohne die rote Karte zu bekommen.  

Die Idealform ist eine unabhängige Trainertätigkeit bei möglichst auch finanzieller Unabhängigkeit mit Zugang zu den besten Trainingsstätten in einer Pensionärsposition. Die Trainer/innen müssen natürlich etwas "verrückt" im guten Sinne sein. Wink ‌Der DLV sollte diese Trainer/innen nur nutzen!!!  Thumb_up ‌Ein "Einheitsbrei im Trainereinsatz" lässt viele Ressourcen unberücksichtigt.

Es wird immer wieder Trainer/innen geben, die nur "den Rahm abschöpfen" und andere auch zum großen Teil für sich arbeiten lassen. Ich beobachte das gerade in einem Großverein, wo man eine Person in Verbindung und Wissen der DLV-Disziplinschiene völlig kaltstellt und einen potentiellen Athleten einfach kanalisiert, wobei die Weichen längst hinter dem Rücken der momentanen Person gestellt sind. Diese hauptamtliche Person ist ganz einfach machtlos. Solche Dinge können mir normalerweise nicht passieren, wenn man den Athleten nicht in finanzieller Hinsicht "umbiegt".  Wink ‌Die Mittel der Athletenkanalisierung sind schier unerschöpflich, wie uns die Vergangenheit immer wieder gezeigt hat. Da bringt auch oft die Einsicht 30 Jahre nach der Aktivenzeit nichts.  HuhWink

Ich halte die vertikale Trainerstruktur bei einem/r Trainer/in bei herausragenden Talenten für die beste Lösung. Ich würde mir eine junge Athletin oder einen jungen Athleten mit hervorragendem Talent wünschen, an dem ich alles in meinem Kopf an Sportinhalten Befindliche anwenden kann - und das möglichst ohne die Einflussnahme von außen und mit Inanspruchnahme der DLV-Servicestationen. Ich würde alle die mir zur Verfügung stehenden Gesundheitsregister ziehen. 

Gertrud


RE: Vorstellung zum Trainereinsatz - krebsan - 27.11.2018

Nichts spricht dagegen, dass verrückte Pensionierte rund um die Uhr und gratis auf dem Platz stehen. Nur darauf kann ein Verband ja nicht seine Struktur aufbauen.
Ausserdem habe ich es auch schon erlebt, dass bei einem Ausfall dieses Trainiers, z.B. aus gesundheitlichen Gründen, alles zusammenbricht.
Ich wüsste allerdings nicht, was dagegen spricht, dass talentierte Sportler sich bei einer Trainer-Koryphäe melden und dort trainieren. Ein solches Angebot würden sicherlich viele Talente gerne in Anspruch nehmen. Nur sind sie vielleicht dann doch wieder zu wenig talentiert, dass sich der Einsatz lohnt?


RE: Vorstellung zum Trainereinsatz - dominikk85 - 27.11.2018

Das problem ist doch das die meisten nebenamtlichen trainer nicht all ihre Freizeit der Fortbildung und dem Training opfern können und auch der Arbeitgeber nicht immer verständnis hat das man weniger flexibel ist.

natürlich kann ein trainer der keine familie hat, halbtags arbeitet oder lehrer ist und all seine freizeit opfert so effektiv sein wie ein vollzeit trainer, aber bei den meisten Teilzeit trainern geht der job vor und auch die familie die die meisten Ü35 jährigen haben fordert ihr recht.

ein workaholic wie frau schäfer ist doch die absolute ausnahme unter teilzeit trainer, die meisten sind zwar engagiert, aber doch in ihrer Zeit limitiert.


RE: Vorstellung zum Trainereinsatz - Diak - 27.11.2018

Dass wir Haupt- und nebenamtliche Strukturen brauchen, ist doch unbestritten, dass der Verband hier eine zentrale Aufgabe hat, die richtigen Leute zu finden, auch.
Das Problem beginnt mit der Ausschließlichkeit - sehr gute Ehrenamtler, auch auf Bundestrainerebene werden systematisch benachteiligt, Hauptamtlichkeit per se als Qualitätskriterium gesehen. Das ist natürlich grober Unsinn. Selbstverständlich gibt es einen Haufen Ehrenamtler, die sehr viel bessere Arbeit machen als viele Hauptamtler. Natürlich gibt es noch einen größeren Haufen, der nicht in der Lage ist, Talente angemessen zu betreuen. In der Invidualsportart Leichtathletik muss es darum gehen, für jede/n Athlet*in den/die richtige Trainer*in am richtigen Standort zu finden und dieses Team zu unterstützen.
Stattdessen werden mit zentralistischen Methoden jede Menge hoffnungsvolle Talente und sogar Topathlet*innen bei Kolleg*innen gebündelt, die sich um die entstehende Menge an Athlet*innen nicht angemessen kümmern können und häufig leider auch nicht die breite Kompetenz haben, sehr unterschiedliche Disziplinen abzudecken.
Engagierten und talentierten Nachwuchstrainern den Eindruck zu vermitteln, entweder Du begibst Dich in das prekäre Geschäft der Hauptamtlichkeit, wo Du mit den richtigen Leuten den richtigen Schnaps trinken und zur richtigen Zeit den richten Athlten nach oben bringen musst, oder Du bleibst ein netter Ehrenamtler, dem die Talente weggenommen werden, egal, ob Du gute Arbeit machst, hält gute Leute davon ab, sich als Trainer entwickeln zu wollen. So zu kommunizieren ist dumm. Und gerade mächtig in.
Trotzdem läuft es bei uns noch moderat im Verhältnis zu anderen Sportarten. Natürlich können mündige Athlet*innen sich die richtigen Trainer*innen suchen und mit ihnen Erfolg haben. Das aber dann gegen das System - und die Kraft muss man erst einmal aufbringen neben Dualer Karriere und anderen Entwicklungsaufgaben...


RE: Vorstellung zum Trainereinsatz - Gertrud - 27.11.2018

(27.11.2018, 15:29)Diak schrieb: Dass wir Haupt- und nebenamtliche Strukturen brauchen, ist doch unbestritten, dass der Verband hier eine zentrale Aufgabe hat, die richtigen Leute zu finden, auch.
Das Problem beginnt mit der Ausschließlichkeit - sehr gute Ehrenamtler, auch auf Bundestrainerebene werden systematisch benachteiligt, Hauptamtlichkeit per se als Qualitätskriterium gesehen. Das ist natürlich grober Unsinn. Selbstverständlich gibt es einen Haufen Ehrenamtler, die sehr viel bessere Arbeit machen als viele Hauptamtler. Natürlich gibt es noch einen größeren Haufen, der nicht in der Lage ist, Talente angemessen zu betreuen. In der Invidualsportart Leichtathletik muss es darum gehen, für jede/n Athlet*in den/die richtige Trainer*in am richtigen Standort zu finden und dieses Team zu unterstützen.
Stattdessen werden mit zentralistischen Methoden jede Menge hoffnungsvolle Talente und sogar Topathlet*innen bei Kolleg*innen gebündelt, die sich um die entstehende Menge an Athlet*innen nicht angemessen kümmern können und häufig leider auch nicht die breite Kompetenz haben, sehr unterschiedliche Disziplinen abzudecken.
Engagierten und talentierten Nachwuchstrainern den Eindruck zu vermitteln, entweder Du begibst Dich in das prekäre Geschäft der Hauptamtlichkeit, wo Du mit den richtigen Leuten den richtigen Schnaps trinken und zur richtigen Zeit den richten Athlten nach oben bringen musst, oder Du bleibst ein netter Ehrenamtler, dem die Talente weggenommen werden, egal, ob Du gute Arbeit machst, hält gute Leute davon ab, sich als Trainer entwickeln zu wollen. So zu kommunizieren ist dumm. Und gerade mächtig in.
Trotzdem läuft es bei uns noch moderat im Verhältnis zu anderen Sportarten. Natürlich können mündige Athlet*innen sich die richtigen Trainer*innen suchen und mit ihnen Erfolg haben. Das aber dann gegen das System - und die Kraft muss man erst einmal aufbringen neben Dualer Karriere und anderen Entwicklungsaufgaben...

Sie treffen wunderbar genau den Punkt bzw. die relevanten Punkte! Super! Thumb_up ‌Diesen Kampf wollen viele Ehrenamtlichen nicht mehr gehen. Somit bricht eine sehr große Menge an kompetenten Trainerinnen und Trainern weg. Ich denke nur an Hansjörg Holzamer, dem in Deutschland keiner das Wasser z.B. im Hürdenlaufen reichen kann.  

Gertrud


RE: Vorstellung zum Trainereinsatz - dominikk85 - 27.11.2018

Ich denke es gibt auch eine gewisse versorgungsmentalität im Verband das man sich sagt die nebenamtlichen brauchen die Kohle nicht weil sie einen Job haben und der hauptamtliche Kollege den man vielleicht noch früher vom gemeinsamen Wettkampf kennt soll mit einem Job versorgt werden, vor allem wenn sie selber verdiente Sportler waren.


RE: Vorstellung zum Trainereinsatz - Gertrud - 27.11.2018

(27.11.2018, 18:15)dominikk85 schrieb: Ich denke es gibt auch eine gewisse versorgungsmentalität im Verband das man sich sagt die nebenamtlichen brauchen die Kohle nicht weil sie einen Job haben und der hauptamtliche Kollege den man vielleicht noch früher vom gemeinsamen Wettkampf kennt soll mit einem Job versorgt werden, vor allem wenn sie selber verdiente Sportler waren.

Ich glaube, dass es z.B. HjH und mir primär nicht um "Kohle" geht. Wir sind beide sehr leidenschaftliche Arbeiter. Uns muss man nur arbeiten lassen und eventuell auch mal mit Athleten bedienen. Das ist in den letzten 20 Jahren nicht geschehen. Da ist es doch nur logisch und menschlich, dass wir zeitweilig unsere enormen Wissensinformationen "gebunkert" und nicht publik gemacht haben. Allerdings lassen HjH und ich uns heute nicht mehr ausbeuten. 

Es ist genug Geld vorhanden. Es kommt eben auf die richtige Verteilung an. So sehe ich die Situation. 

Gertrud


RE: Vorstellung zum Trainereinsatz - Hesse - 27.11.2018

An anderer Stelle kam der Vorschlag schon mal: Frau Schäfer - setzen Sie sich hin, holen Sie Jake dazu und beginnen Sie ein umfassendes Leichtathletik-Werk zu schreiben. Ich kaufe mir eines der ersten Exemplare! Versprochen! Alle hätten etwas davon. Die Athleten/-innen, Trainer, Sie, die LEICHTATHLETIK! Auf an's Werk!!