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Anlaufgeschwindigkeit Malaika Mihambo - Druckversion

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RE: WM Doha, Tag 10 - (06.10.) (Gold Malaika Mihambo, Bronze Johannes Vetter) - Gerlinde - 12.10.2019

(12.10.2019, 02:47)CoachnEngineer schrieb:
(11.10.2019, 23:56)Gerlinde schrieb: Es wurde ein Lasersystem names SPECTO eingesetzt. Die Firma, die dies durchgeführt hat heißt Finnish Angular Velocity.
Warum die Werte zu allen bekannten Werten so abweichen könnte sich eben durch die fehlende Glättung der Messkurve ergeben (siehe Anhang).
Wer LAVEG-Kurven kennt sieht, dass sich ein Läufer ja keinesfalls mit gleichbleibender Geschwindigkeit fortbewegt, sondern jeder Stütz (Bodenkontakt) ein Abbremsen mit folgender Beschleunigung zur Folge hat bis zum nächsten Touchdown. Der Mittelwert ist dann erst die uns bekannte Geschwindigkeit. Ich vermute, dass Finnish Angular Velocity den absoluten Wert ausgegeben hat, der zwar irgendwie auch richtig ist, aber nicht vergleichbar mit bekannten Messungen ist.
Wie zuvor schon von mir erläutert, sind solche Systeme zur Bestimmung von Schwerpunktgeschwindigkeiten ( und nur die sind für die Weite von Bedeutung) völlig ungeeignet. Im Unterschied zu einem PKW zum Beispiel verändert sich der Massen-Schwerpunkt relativ zur Volumen Hüllkurve des Rumpfes ständig. Er ist eben kein starrer Körper. Für v-Messungen eines 100m Laufes ist der Messfehler akzeptabel, nicht aber für Absprunggeschwindigkeiten im Weitsprung. Beim vorletzten Schritt geschieht eine Verschiebung des KSP nach hinten unten, relativ zur „Körperhülle“. Berücksichtigt man dies nicht, sondern misst mit einem Laser auf die Körperhülle, erhält man eine höhere Geschwindigkeit als tatsächlich vorliegend. Genau Vice versa verhält es sich 
beim Absprung selbst. 
Ich hätte aber gedacht, dass das den DuH, die so viel Biomechanik in die LA einbringen wollen, bewusst ist. ?

Bezogen auf die exakte Schwerpunktgeschwindigkeit im unmittelbaren Moment des Absprunges wäre ich bei ihnen. Allerdings geben diese Systeme "lediglich" die maximale Anlaufgeschwindigkeit im Anlaufverlauf aus, nicht mehr und nicht weniger.

Dass sich der Körperschwerpunkt im Verhältnis zur Körperhülle verschiebt ist wohl Fakt, aber alleine ein flatterndes Trikot oder die Bewegungen der Startnummer können das Ergebnis ebenfalls beeinflussen. Die Messergebnisse sind in der Regel exakt, aber eben nicht das Objekt oder die Stelle des Objektes starr, welches angepeilt wird. Dennoch entstehen dann nicht Varianzen, die die hier erzielten Werte erklärt hätten.

So erreicht Malaika beispielsweise ihren Maximalwert bezogen auf die Anlaufgeschwindigkeit irgendwo im Bereich 4,80 vor dem Balken und kann dies ca. 1,50m aufrecht halten bevor die Geschwindigkeit weiter absinkt, bei anderen Springern kann der Wert etwas weiter vor dem Balken liegen oder näher zum Balken sein.

Ganz unbrauchbar sind diese Systeme nicht, da sie normalerweise noch den Ort der Vmax ausgeben könnten und zumindest Versuche untereinander vergleichbar machen. Da die maximale Anlaufgeschwindigkeit dann doch sehr stark zur erzielten Weite korreliert sind derartige Messungen durchaus interessant und deshalb auch weltweit im Einsatz.


RE: WM Doha, Tag 10 - (06.10.) (Gold Malaika Mihambo, Bronze Johannes Vetter) - Gertrud - 12.10.2019

Zitat:Gerlinde:
Aber ok, ihr seid ja die Weitsprungexperten! Fahne

Wir sind zwar vielleicht Weitsprungexperten, aber keine Biomechaniker und Spezialtechniker. Daher finde ich diese Form der Diskussion am Schnittpunkt Theorie/ Praxis sehr befruchtend. Thumb_up ‌Genau das habe ich immer auf den unterschiedlichen Gebieten gewollt, damit wir exakte Hinweise und Hilfen für die Leistungsentwicklung und Gesundheit bekommen. Ich denke immer an das Spinnenraster, in dem man sich als Trainer in seinen Anwendungen möglichst nahe auf den äußeren Kreis in seinem Wissen und Handeln bewegen sollte. Übrigens hat die Polizei auf LAVEG-Geräte umgestellt: Ist nichts mehr mit Austrudeln lassen und Durchschnittgeschwindigkeit. Sie treffen jetzt genaue Punkte.

Bei Mihambo ist bei der Weite eine enorm gute Technik bis auf das "Einstielen" am Brett zu sehen. Das sieht man aus der seitlichen Perspektive nicht prägnant, womit sie die Fußdruckpunkte nicht exakt belastet und trifft. Bei einem stärkeren Bremsstoß wäre sie wie Wester gefährdet. Hier sollten die funktionell anatomischen Kenntnisse greifen. Die Auswirkungen auf Knie-, Hüft- und WS-Strukturen lassen auf Dauer grüßen!!! - Ich habe bei Sabine enorm viel Wert auf diese gesunden Positionen gelegt. Ich habe mir schon damals durch enorm viele Detailarbeit diese Kenntnisse erworben, wobei ich natürlich am Wissen von Spezialfachleuten partiziert und dafür bezahlt habe.

Man kann natürlich innerhalb seiner individuellen Grenzen, ererbten Mitbringsel und Krankheiten Statiken zu verändern versuchen. Man kann manchmal auch alle Register ziehen und trotzdem nicht das erwünschte Ziel erreichen. Man kann aber auch "Klippen umschiffen". Man muss es nur wissen. Daran arbeite ich unentwegt. Ich verstehe sehr gerne Zusammenhänge und finde mich mit Verletzungen, die lauern, nicht gerne ab. Sportliche Langlebigkeit hängt von der Trainer- und AuA-Akribie in ganz bestimmten Inhalten ab. Das sehen wir auch jetzt wiede an K.Mayer und (zu) vielen anderen.

Kleiner Tipp für die Moderatoren: Es wäre besser, wenn man innerhalb des Alphabetes bei den Mitgliedern z.B. auch noch ordnet. Danke! 

Gertrud


RE: WM Doha, Tag 10 - (06.10.) (Gold Malaika Mihambo, Bronze Johannes Vetter) - lor-olli - 12.10.2019

@CoachnEngineer,

Mir ist durchaus bewusst, dass eine präzise Messung des Körperschwerpunktes "so simpel" nicht ist, ich bin bei der Geschwindigkeit mit der die Messwerte ausgegeben wurden auf die einfache optische Auswertung zurück gegriffen wurde. Warum?

- Die Streubreiten der Sprunggeschwindigkeiten waren nicht nur bei den verschiedenen Springerinnen so groß, sondern auch bei einer Springerin über mehrere Versuche - wenn ein Sprung nicht verunglückt, sind Unterschiede von einem Meter auch nicht "typisch"

- Für eine exakte Messung des Körperschwerpunktes sollte die Lichtverhältnisse gleichmäßig und ungestört sein, das ist im Stadion nicht der Fall (mit Athleten und Offiziellen die sich an der Anlage entlang bewegen)

- Es lässt sich auf den Fernsehbildern keine Messeinrichtung erkennen die störungssicher installiert ist, so dass ich vermutete, dass man auf die Kamerabilder zurückgegriffen hat (Ich habe das selbst schon gemacht)

- In der Summe der angegebenen Werte und ihrer Streubreite und dem Rest der "technischen Spielereien" im Stadion ging ich auch nicht davon aus, dass hier zu wissenschaftlichen Zwecken gemessen wurde sondern um die Kamerabilder "aufzuwerten" (für den einfachen Zuschauer ja interessant)

Selbstverständlich sind Deine Anmerkungen richtig und wichtig für ein genaueres Verständnis der Zusammenhänge bzw. bezüglich Geschwindigkeit, Körperschwerpunkt, Absprungwinkel u.a. Das Malaika aber eine sehr hohe Absprunggeschwindigkeit hat erkennt man sogar mit dem bloßen Auge wenn man mehrere Filmsequenzen parallel auf dem Bildschirm ablaufen lässt. Auch das sie den Körperschwerpunkt nur wenig senkt lässt sich erkennen..

Trotzdem ein Danke für die Erläuterungen!


RE: WM Doha, Tag 10 - (06.10.) (Gold Malaika Mihambo, Bronze Johannes Vetter) - gera - 12.10.2019

die Ausführungen der Meßexperten sind sehr interessant und sicher richtig
Mir sind sie allerdings nicht sofort in allem verständlich, ich bemühe das zu verstehen.
Was ich aber in vielen Untersuchungen von Meßwerten, egal ob Killing-Hoch/OSP Hessen-Weit / IAAF-WM 2017
festgestellt habe, ist das alle diese Meßwerte nicht stimmen können.,Wenn man sie in die anerkannten Berechnungsformeln einsetzt, kommen völlig falsche Leistungsparamer bis hin zu Weiten/Höhen heraus.
Deshalb habe ich immer gesagt, dass die veröffentlichten Meßwerte kaum zu gebrauchen sind.
An den gemessenen Werten hochtechnischer Geräte muss wohl noch genauer bestimmt werden, was sie überhaupt sagen sollen und wo sie gemessen wurden...


RE: WM Doha, Tag 10 - (06.10.) (Gold Malaika Mihambo, Bronze Johannes Vetter) - Piroschka - 12.10.2019

Die Ausgangsfrage war ja, ob Mihambos Technik wirklich so perfekt ist. Wenn sowohl bei Mihambo, als auch bei Pedroso die gleiche Messtechnik zum Einsatz kam, dann ist es ja fast unerheblich, ob da ein sich wiederholender Messfehler drin ist. Ein Unterschied von 3 km/h wird so wohl kaum erklärt werden können.

Auffällig ist ja auch, dass ihr weitester Sprung, auch der am schnellsten gemessene war und die geringere Geschwindigkeit mit immer noch über 37 km/h auch gut zu den Weiten den anderen Sprünge passt, so dass zumindest davon auszugehen ist, dass wenn ein Messfehler vorliegt, dass sich dieser dann konstant durchzieht und kein Ausreißer ist.


RE: WM Doha, Tag 10 - (06.10.) (Gold Malaika Mihambo, Bronze Johannes Vetter) - matthias.prenzlau - 12.10.2019

Ich möchte einmal kurz anmerken, dass Mihambo die wahrscheinlich schnellste Deutsche in Doha war.
Wer auf Drechsler-Niveau weitspringt, hat auch deren Gechwindigkeit.
Fürs 100m-Finale hätte es vielleicht nicht gereicht, aber eine sehr tiefe 11 hätte Mihambo drauf gehabt, da bin ich mir sicher.


RE: WM Doha, Tag 10 - (06.10.) (Gold Malaika Mihambo, Bronze Johannes Vetter) - Gerlinde - 12.10.2019

(12.10.2019, 08:20)Piroschka schrieb: Die Ausgangsfrage war ja, ob Mihambos Technik wirklich so perfekt ist. Wenn sowohl bei Mihambo, als auch bei Pedroso die gleiche Messtechnik zum Einsatz kam, dann ist es ja fast unerheblich, ob da ein sich wiederholender Messfehler drin ist. Ein Unterschied von 3 km/h wird so wohl kaum erklärt werden können.

Auffällig ist ja auch, dass ihr weitester Sprung, auch der am schnellsten gemessene war und die geringere Geschwindigkeit mit immer noch über 37 km/h auch gut zu den Weiten den anderen Sprünge passt, so dass zumindest davon auszugehen ist, dass wenn ein Messfehler vorliegt, dass sich dieser dann konstant durchzieht und kein Ausreißer ist.

Also wenn eine Frau über 7,30m springt, was nicht jeden Tag passiert, darf man schon von einer guten bis individuell perfekten Technik ausgehen. Wie gesagt, Malaikas echte Anlaufgeschwindigkeit dürfte 9,8+m/s betragen.
Ähnliche Werte gab es bei Reese zu ihrer besten Zeit und man staune, auch Lena Malkus lief bei ihrer Bestleistung mit ähnlicher Geschwindigkeit an.

Ich denke was Gertrud mit dem Fußaufsatz, bzw dem "Einstielen" meint ist, dass der Absprungfuß doch sehr nach innen setzt. Solange der Fuß hier einen guten Kontakt über den sogenannten Foot-Tripod hat, mag das alles noch unproblematisch sein. Sollte sie mal den Kontakt mit Großzehballen verlieren wäre ein umknicken nicht unwahrscheinlich, was wir alle natürlich gerne verhindert sehen würden.


RE: Anlaufgeschwindigkeit Malaika Mihambo - gera - 12.10.2019

wie schwierig die Messung von Geschwindigkeiten beim Sprung ist, wissen wir nun.
Ich möchte aber hinzufügen, dass die Anlaufgeschwindigkeit nicht das Interessanteste ist.
Viel wichtiger ist, was macht der Athlet aus seiner Anlauf-V ?
Also hätte ich gern genaue Angaben zum Rücklagewinkel, zum Abdruckwinkel, zur zur Verfügung stehenden horz. V nach dem Absprung.
Das bestimmt nämlich letztlich die Weite.


RE: Anlaufgeschwindigkeit Malaika Mihambo - Gerlinde - 12.10.2019

(12.10.2019, 10:24)gera schrieb: wie schwierig die Messung von Geschwindigkeiten beim Sprung ist, wissen wir nun.
Ich möchte aber hinzufügen, dass die Anlaufgeschwindigkeit nicht das Interessanteste ist.
Viel wichtiger ist, was macht der Athlet aus seiner Anlauf-V ?
Also hätte ich gern genaue Angaben zum Rücklagewinkel, zum Abdruckwinkel, zur zur Verfügung stehenden horz. V nach dem Absprung.
Das bestimmt nämlich letztlich die Weite.

Ich sag mal ganz bewusst es gibt eine weitere Methode die Weite zu bestimmen und die heißt Maßband. Smile
Für mich bleibt die Maximalgeschwindigkeit ein wichtiger Parameter, welcher mir eine schnelle Information liefert.
Die Zerlegung in die weiteren benannten Parameter sind nicht immer sinnvoll, da sich diese ja faktisch aus technischen Fertigkeiten ergeben und erst dann das Gesamtergebnis bilden.
Die Frage, die sich mir stellt, was mache ich als Trainer nun mit derartigen Werten, natürlich gilt es diese im Sinne der Weitenmaximierung zu optimieren, aber was man oft sieht sind doch eklatante technische Defizite meist schon in der Laufmechanik selbst. Mal abgesehen von Weltklasseathleten wird hier doch mit Kanonen auf Spatzen geschossen und die eigentliche Optimierung der technischen Ausführung aus dem Blick verloren.


RE: Anlaufgeschwindigkeit Malaika Mihambo - gera - 12.10.2019

gerlinde ,

natürlich ist die Anlaufgeschwindigkeit ein 1.wichtiger Hinweis auf die mögliche Sprungweite.
Die weitere Zergliederung auf Einzelparametre zeigt aber nicht nur die technischen Fähigkeite und sie ergeben sich nicht automatisch.
Eine gute Sprungkraft wird sich immer auch in einem kleinen Umlenkwinkel zeigen.
Die besten Sprinter springen nicht automatisch auch am weitesten.
Und wo die optimale Aufteilung von horz. und vertikaler Absprunggeschwindigkeit bei jedem Athleten liegt kann man doch erst sagen,wenn die Einzelparameter bekannt sind.