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Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Druckversion

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RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - RalfM - 03.11.2020

(03.11.2020, 08:18)lor-olli schrieb: Bleibt gesund! (in einem K-Hs in HH lag der Anteil der intensiv behandelten Corona-Patienten unter 50 Jahren in den letzten 3 Monaten bei ungefähr 40%)

Im DIVI
https://www.intensivregister.de/#/intensivregister 
dann "Zeitreihen" anklicken, unteres Diagramm
"Anzahl gemeldeter intensivmedizinisch behandelter COVID-19-Fälle an Anzahl belegter Intensivbetten (*d)" kann jeder ersehen, dass die Anzahl sog. "Corona-Patienten" im letzten Monat um etwa 2000 Personen absolut angestiegen ist, während die Gesamtzahl der Belegung gleich geblieben ist. Es handelt sich ganz offenbar um ein Umlabeln. 

Dieses K-Hs kenne ich nicht und nicht die Zahlen. Trotzdem äußere ich sofort die Vermutung, dass sich das Durchschnittsalter der "Corona-Patienten" (sog.) nicht wesentlich vom Durchschnittsalter aller Patienten auf dieser Intensivstation unterscheidet. Die Zahl für die letzten drei Monate wird ja ohnehin durch die letzten zwei Wochen dominiert.

Bedrohungsszenarien werden gerade gezielt aufgebaut. Das ist hoffentlich nicht, was Du mit wissenschaftlich-politischer Schnittstelle meinst.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - lor-olli - 04.11.2020

@RalfM
DU interpretierst "Bedrohungsszenarien werden gerade gezielt aufgebaut", gibt es Belege dafür?
DU interpretierst die Belegzahlen in einigen Kliniken als Beweis, bist Du wirklich mit der Lage der Kliniken im Einzelnen vertraut?

Hintergrund: Ich kenne in mehreren Kliniken die Situation vor Ort, Betten sind tatsächlich nicht das große Problem solange die Infektionszahlen nicht dramatisch steigen, allerdings fehlt überall qualifiziertes Personal. Das ist keine neue Situation sondern dem Umstand geschuldet, dass Kliniken Geld verdienen müssen ("unrentable" Kliniken sind eine ganze Reihe geschlossen worden). Der Hauptkostenfaktor der Kliniken sind nicht medizinisches Gerät oder anderes, sondern der Personalkostenanteil - insbesondere bei den Hochqualifizierten. Für die Arbeit auf einer Intensivstation benötigt eine ausgebildete Krankenschwester oder Pfleger eine längere Zusatzausbildung (etwas unterschiedlich gehandhabt in einigen Bundesländern) die in der Regel die Klinik bezahlen muss… in der Konsequenz wird also seit ca. 10 Jahren konsequent "auf Reserve" gefahren. Ärzte wirken am Ende einer 72 Stunden Schicht wirklich nicht fit…(sie DÜRFEN sogar zwischenzeitlich schlafen Teufel ‌, wenn sie es denn schaffen und nicht beim nächsten Notfall sofort wieder geweckt werden…) Vorgesehen sind auf den Intensivstationen eigentlich 1,5 Personalfaktor, de facto sind es in einigen Kliniken nicht einmal 1,0 - im Normalbetrieb!

Das Mediziner und Klinikchefs kein Bedrohungsszenario aufbauen sollte sich jedem sofort erschließen der den Betrieb kennt. Politiker wären schlecht beraten diese Stimmen zu überhören - D ist nur deswegen glimpflich durch die Krise gekommen, weil die Infektionszahlen im europäischen Vergleich SEHR gering sind, ohne die Maßnahmen sähe die Situation völlig anders aus. Hier wird meiner Meinung nach kein Bedrohungsszenarion aufgebaut, eher wird die Situation vor Ort von den Betroffenen recht nüchtern geschildert - die ist alles andere als beruhigend.

Von der Politik wird viel erwartet, aber auch sie fährt nur auf Sicht, soll dennoch die Strecke zum glücklichen Ziel festlegen - die Beispiele aus eigentlich ALLEN an Deutschland grenzenden Anliegerstaaten zeigen genau, dass die Umsicht und das schnelle Handeln eben NICHT übertrieben ist. Laissez faire in Pandemiezeiten ist der Irrweg, alle Staaten die gut durch diese Krise kommen haben schnell und konsequent gehandelt (Auch wenn man die Zahlen aus China z.B. mit sehr großer Skepsis sehen muss)

Die Auswirkungen fehlender Lehrkräfte merkt man dann erst immer in ein paar Jahren nach der nächsten PISA Studie, fehlendes medizinisches Personal sehr schnell…
China meint auch wirtschaftlich die Krise überwunden zu haben, der Binnenmarkt kompensiert dort noch einiges, der Export hat aber einen deftigen Knick erfahren, D ist was den Export betrifft in einer ähnlichen Situation - auch ohne hohe Infektionszahlen, die niedrigen sind aber entscheidend, wenn es um den Neustart NACH der Pandemie geht… es ist also ebenfalls umsichtig weiter als bis Weihnachten zu denken, handeln und planen.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Atanvarno - 04.11.2020

Uwe Janssens (Präsident DIVI) findet (obgleich er die aktuelle Situation als kritisch sieht) schon, dass bspw. von Christian Drosten unrealistische Bedrohungszenarien aufgebaut werden.

"Herr Drosten sollte sich aus der Diskussion um Kapazitätsengpässe auf Intensivstationen heraushalten"


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - lor-olli - 04.11.2020

Im Gegensatz zu Janssens arbeitet Drosten jeden Tag in der Charité, kennt also die Lage vor wohl besser als Janssens…
Klar haben beide ihre eigenen Präferenzen, solche Unterschiede höre ich hier ja auch immer wieder, dennoch sind die Bedrohungszenarien keine Spekulation, sondern angesicht von heute über 20000 Neuinfektionen durchaus realistische Abschätzungen. Ungebremst würden diese Zahlen sich wie in Frankreich und anderen Ländern entwickeln und 50000 Neuinfektionen würde man auch in D deutlich im Gesundheitswesen spüren - ich finde es richtig und maßvoll genau dies zu verhindern.

Noch ein Wort zu Schweden, es gibt da schon ein paar Unterschiede auch ohne Pandemie:
- In Schweden darf Alkohol nur in speziellen Läden und nur bis 20.00 verkauft werden, dazu auch nur in begrenzten Mengen,  - Restaurants müssen um 23.00 Uhr schließen,
- die kleinen "Vergnügungsviertel" sind recht übersichtlich und werden gut kontrolliert - es gibt keine Verbote, aber die Polizei spricht Dich direkt an, wenn Dein Alkoholkonsum zu reichlich bemessen scheint - auch ohne Pandemie. Die soziale Kontrolle ist viel stärker als hier in D, ich fand das immer ein wenig aufdringlich, auch wenn die Polizisten angehalten sind freundlich vorzugehen…Angel
- Richtig eng ist es normalerweise eher in den Bürogegenden, da jetzt aber SEHR VIEL im homeoffice stattfindet (ein Anrecht haben die Schweden in vielen Branchen schon länger), sind die Städte auch ohne lockdown abends regelrecht verweist, nur ein Teil der Restaurants hat abends noch auf, weil einfach die Gäste fehlen > alles freiwillig oder vorauseilender Gehorsam - wie man mag. Das würde in D oder Südeuropa glaube ich nicht funktionieren… Teufel
Die Skandinavier halten aber im normalen Leben sowieso immer eine gewisse körperliche Distanz, Schlange stehen mit einem Menschen fast auf Hautkontakt wie im deutschen Supermarkt habe ich da nie erfahren, gedrängelt wird auch nicht. (Fand ich immer sehr sympathisch).

Es gilt bei allen Planungen eben immer mehr zu bedenken als die reinen Zahlen hergeben.

Etwas worüber ich hier auch oft den Kopf schüttele ist, dass man z.B. kein Training in Kleingruppen und unter BEachtung der Hygienemaßnahmen zulässt, nicht einmal draußen - da stoße ich auf taube Ohren, der Aufwand und die Argumentation "warum die, aber z.B. keine Musikveranstaltungen etc.) scheint den meisten Verantwortlichen zu groß (?).  Mein Vorschlag es doch zumindest auszuprobieren fand auch keine Mehrheit - Demokratie halt, trotzdem schade!


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Astra - 05.11.2020

Als jemand, der sich mit dem Lockdown von Kinos und Theater rumschlägt, sehe ich manches etwas anders.
Ich habe gesehen, welche Mühen die Kinos auf sich genommen haben, um den Spielbetrieb unter Corona-Bedingungen aufrecht zu halten. Gab es überhaupt einen nachverfolgbaren Corona-Fall im Kino oder im Theater?
Das gilt natürlich auch für Sport an der frischen Luft.
In Kirchen dürfen ja auch weiterhin Gottesdienste stattfinden (an die hat man sich nicht rangetraut).
Das Problem sind aber ganz sicher die Kneipen, Bars, Restaurants etc.
Klar gibt es da auch welche, die die Regel einhalten und in denen der Kellner mit Maske über Nase und Mund herumläuft, aber leider nicht in allen. Ich habe gerade wieder einen Artikel in meiner Lokalzeitung gelesen, dass die Stadtpolizei nicht wenige Verstöße in Restaurants feststellen mussten.
Diese Gruppe ist der Grund für die rigiden Anordnungen. Durch die Dummheit einiger, werden viele andere geschädigt.
PS: Trotz meiner Kritik halte ich die Maßnahmen z.Zt. für notwenig, da man leider in Deutschland viele Menschen nicht dazu bringen kann, die Regeln ohne Anordnung einzuhalten.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - lor-olli - 05.11.2020

@Astra,
keine Frage, die Maßnahmen sind deswegen, oder scheinen deswegen je nach Standpunkt, nicht wirklich perfekt weil hier ein grobes Raster verwendet wird. Warum wird nicht weiter differenziert? Es ist immer ein Abwägungsproblem und aktuell ist man bei "allem was dem Vergnügen dient" eher rigoros vorgegangen - unabhängig vom tatsächlichen Risiko.

Die Logik ist aber auch nicht ganz zu verleugnen, das Infektionsrisiko steigt mit der Zeit des Beisammenseins, ab 10-15 min gibt es ein gesteigertes Risiko weil sich Aerosole in der Luft sammeln - doof wenn man dann z.B. im Kino die Maske abnimmt - habe ich allerdings auch selbst gemacht. (War aber mit der Infektion auch schon "durch", obendrein waren im Saal nur 8 Personen) Deswegen versucht man auch die Personenzahl in Räumen klein zu halten, die Belastung der Raumluft ist entsprechend geringer (z.B. beim Friseur, bei unserem darfst Du draußen warten wenn Du zu früh zum Termin kommst… Wink

Wir werden erst in 1-2 Jahren sehen, wer mit der Strategie richtig liegt, Schweden nimmt es eher lässig (aber die Bevölkerung ist sowieso überwiegend dizipliniert), Frankreich und Spanien gehen sehr streng vor - die Bevölkerung hält dagegen es überwiegend weniger diziplinert…

Für die relativ "stumpf-simplen Anordnungen" gibt es aber auch ein Argument, es wird sonst in Zentren unglaublich schwer ohne intensive Kontrolle festzustellen ob oder wo es Verstöße gibt. Muss nicht einmal absichtlich sein, hier hat die Polizei Meldung gemacht, weil Pflegepersonal eines Altenheims VOR dem Haus stand und rauchte, ca. 12 Personen dicht gedrängt und natürlich ohne Maske (wie auch sonst?)

Die Schweden gehen davon aus, dass die Pandemie eh läuft, ohne Maßnahmen schneller, mit Maßnahmen langsamer - wir machen gerade einen Testlauf zur Überprüfung… Fakt ist aber auch, dass Schweden die "Triage" (der Begriff war zur Entstehungszeit übrigens NUR positiv belegt!) im Vorfeld des Krankenhauses vornehmen, über 80jährige schwer Infizierte werden ab einer 50% Belegung der intensivmedizinischen Betten nicht mehr ins Krankenhaus verlegt > das hat die hohe Todeszahl zu Beginn verursacht, mittlerweile werden Alte und Risikopersonen ebenfalls konsequent abgeschottet - die Todesrate sank drastisch. Schweden geht davon aus, dass der Schaden für die Wirtschaft eh da ist, aber rigorose Maßnahmen sich nur eine sehr begrenzte Zeit durchhalten lassen ohne das die Menschen rebellieren (in Südeuropa bestätigt sich das in einigen Städten). Auch dieses System hat Nebenwirkungen, weil es keinen angeordneten Lockdown gibt, gibt es auch keine staatlichen Hilfen und die Restaurants haben einen z.B. einen Besucherschwund von über 50%…

Es gibt kein Patentrezept, man wird nie alle zufrieden stellen, die globale Entwicklung sieht aber nicht wirklich beruhigend aus > gestern gab es 570000 Neuinfektionen und über 9000 Tote an einem Tag Tendenz leider steigend > https://www.worldometers.info/coronavirus/worldwide-graphs/#daily-cases

worldometers verwendet übrigens nur offizielle staatliche Zahlen, wie genau die sind müsste man im Einzelfall anschauen - für China habe ich z.B. meine Zweifel, egal wie drastisch der lockdown war.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Robb - 07.11.2020

(02.11.2020, 11:39)Atanvarno schrieb: Zahlen aus dem DIVI für Bayern

Anzahl der belegten Intensivbetten am 1.10.
3076

Anzahl der belegten Intensivbetten am 1.11.
2953

Es sind also 123 Betten weniger belegt. Frei waren den ganzen Monat über 1000 Betten.

Das einzige was sich geändert hat, ist ist die Zusammensetzung des Patientenbestandes in Intensivbehandlung, nicht jedoch die Auslastung der Betten
Und was willst du uns damit sagen?  Es wurden/werden Eingriffe verschoben, damit Betten für den unvermeidlichen Anstieg an Patienten frei sind. Und nochmal: Wer am 01.11. mit Covid auf der Intensivstation liegt, hat sich 2-3 Wochen vorher infiziert. Am 15.10. hatten wir 28000 bestätigte Neuinfektionen in den sieben Tagen davor, aktuell liegt die 7-Tage Fallzahl bei 110000. Oder umgerechnet. Am 15.10 waren es im Schnitt 4000 Neuinfektionen täglich, jetzt sind es 15700.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Robb - 07.11.2020

Ein Beitrag aus einem Krankenhaus in München: https://www.zdf.de/politik/laenderspiegel/personalmangel-auf-intensiv-100.html

Darin wird die jetzt schon kritische Situation gut erklärt. Vor allem wird auch verdeutlicht, wieviel schwieriger und anstrengender die Arbeit auf einer Intensivstation durch Covid geworden ist. Und es wird verdeutlicht, dass zwar auch dieses Krankenhaus Betten in Reserve hat, aber kein Personal für diese Betten. Laut Video dauert die Weiterbildung für eine Krankenschwester auf der Intensivstation zwei Jahre, also kein Mangel, der sich schnell beheben läßt.
https://www.zdf.de/politik/laenderspiegel/personalmangel-auf-intensiv-100.html


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - RalfM - 07.11.2020

https://www.youtube.com/watch?v=alllAJBhOA4


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Atanvarno - 07.11.2020

(07.11.2020, 19:54)Robb schrieb: Und was willst du uns damit sagen? 

Dass die Krankenhäuser die Sache nach wie vor im Griff haben. Aktuell belegte Betten in Bayern 2985.

Die punktuell auftretenden Überlastungssituationen unterscheiden sich durch nichts von den 2018 punktuell aufgetretenen Überlastungssituationen.

Im von noch viel höheren Infektionszahlen betroffenen Großbritannien liegt auch keine Überlastung vor

NHS NOT IN CRISIS Hospital intensive care no busier than normal even without Nightingales raising doubts whether Second Lockdown needed