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Quo vadis "Doping-Sünder" ? - Druckversion

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RE: Quo vadis "Doping-Sünder" ? - MZPTLK - 09.11.2014

Hellmuth, ganz kurz zur Sorgenstruktur von Heidegger(aus Sein und Zeit):

- Gewesenheit: schon in-der-Welt-sein
- Gegenwart: bei dem aktuell zu Be-Sorgenden sein
- Zukunft: sich vorweg sein (im Entwurf, in der Vorstellung, in den Zielen)

Das Da-Sein ist im Grunde seines Seins Sorge.
Sorge, sowohl was (Existenz-)Angst, Be-Sorgnis oder Unsicherheit betrifft
wie auch Be-Sorgung, Hingabe, kümmern(ähnlich weitgefasste Bedeutung wie 'to care' im Englischen).

Diese Mehrfachbedeutung bildet die Grundverfassung des Da-Seins ab.

Durch die Sorge ist das Da-Sein das Sein,
dem es in seinem Sein um es selbst geht.
Das Da-Sein ist an die be-sorgte Welt ausgeliefert(Geworfenheit).

Die Sorge(im Sinn von besorgen, schaffen, erledigen) kann für den Menschen 'in seinem Freisein für seine eigensten Möglichkeiten' sein Da-Sein verändern, verbessern.


Heidegger hat das dann nicht weiter verfolgt, es sollte womöglich in Band 2 von Sein und Zeit(der nie erschienen ist) ausgearbeitet werden.
Insbesonders auf die Ausarbeitung der Frage nach dem Sinn vom oder von Sein wartete man vergeblich.
Heidegger hat ja die Seinsvergessenheit angeprangert,
er ist seinem Anspruch selbst einiges schuldig geblieben.
Wusste er nicht weiter?
War Teleologie nichts für ihn?



Naja, vielleicht kann Viktor E. Frankl helfen:
'Die menschliche Existenz transzendiert sich selbst,
und das Ziel des Menschen besteht darin, sein Leben mit einem persönlichen Sinn zu erfüllen.'
Das Ziel des Lebens ist es, etwas zu verwirklichen, woran man glaubt.
Vor allem an ein für einen selbst lohnenswertes Ziel.
Und da sind wir mitten im Sport.

Der Mensch setzt sich also seinen Sinn, bzw. Meta-Sinn selbst.

Das kann er nur, wenn er zwei Seins-Weisen lebt:
- Bewusst-Sein
- Verantwortlich-Sein

Mensch-Sein bedeutet also beides,
nur wer Bewusstsein hat, kann auch verantwortlich sein.
(Baum der Erkenntnis, Vertreibung aus dem Paradies/MZPTLK)

In der von vielen Menschen empfundenen 'abgründigen Sinnlosigkeit' sieht Frankl die Ursache für einen grossen Teil psychischer Erkrankungen.

Und da sind wir mitten beim Doping:
- Bin ich mir bewusst, dass ich andere und vor allem mich betrüge?
- Macht der (Spitzen-)Sport für mich nur dann Sinn, wenn ich betrüge?

Wenn ich die letzte Frage mit ja beantworte, falle ich in eine abgründige Sinnlosigkeit.
Heidegger würde sagen, in eine Sein-Vergessenheit, aber die war schon da(Gewesenheit, s.o.).


RE: Quo vadis "Doping-Sünder" ? - MZPTLK - 09.11.2014

(09.11.2014, 18:25)Hellmuth K l i m m e r schrieb:  *) Lit.empfehlung: Alois Prinz: Hannah Ahrendt oder die Liebe zur Welt.

insel taschenbuch; 8. Aufl. 2013. ISBN 978-3-458-35872-5 - nur 10.-€
Danke für die Empfehlung, aber es ist eine Biographie.
Hannah Ahrendt hatte sich in der Philosophie nicht sehr hervorgetan.
Es gibt eine ordentliche politologische Untersuchung zum Totalitarismus,
aber Vieles von ihr bleibt relativ oberflächlich.
Jedenfalls kann ich nirgendwo einen Bezug zum Thema Doping erkennen.


RE: Quo vadis "Doping-Sünder" ? - RalfM - 10.11.2014

(09.11.2014, 21:29)Hellmuth K l i m m e r schrieb: (...) ich brauch derlei Beiträge nicht.Confused
Lass uns offen bleiben. Dieses Forum ist äußerst bereichend für Freunde der Leichtathletik, die ja oft auch über das Stadion hinaus schauen.

Als Philosoph darf gelten, wer Gedankenstriche in Begriffe fabriziert, die vorher keine hatten.

Das nehme ich hier mit und bin damit ganz zufrieden.


RE: Quo vadis "Doping-Sünder" ? - Hellmuth K l i m m e r - 10.11.2014

(09.11.2014, 22:42)MZPTLK schrieb: Hannah Ahrendt hatte sich in der Philosophie nicht sehr hervorgetan.
Es gibt eine ordentliche politologische Untersuchung zum Totalitarismus,
aber Vieles von ihr bleibt relativ oberflächlich.
Diese Einschätzung eines kenntnisreichen aber eben eines Nicht-Philosophen ist m. E. doch etwas anmaßend.
Zwar stelle ich H. AHRENDT nicht an die Seite der großen Philosophen Kant, Fichte, Nietzsche, ... aber sie hat insbesondere zum Totalitarismus und zur Einschätzung der Nazideutschen (" ... keiner war schuldig, ... alle nur Mitläufer", ... niemand hat etwas gewusst.") Kritisches angemerkt.

Und ich kann sie nur "weiterempfehlen" - insbesondere, wenn man die Deutschen der Nazizeit   u n d   das "Vergessen" in der Gegenwart betrachtet.

Und deshalb weitere Empfehlungen:
- H. AHRENDT: "Besuch in Deutschland" (m. einem Vorwort und aktuellen Bezügen zu heute v. Henryk m. BRODER) Rotbuch Verlag 1993 ISBN: 3-88022-797-7.
und:
- Margarethe von Trottas Spielfilm: Hanna Arendt, 2012.

H. Klimmer / sen.


RE: Quo vadis "Doping-Sünder" ? - lor-olli - 10.11.2014

Hannah Arendt wurde von vielen als politische Philosophin gesehen, sie selbst sah sich lieber als politische Theoretikerin, der Unterschied scheint marginal, aber er offenbart ein oftmaliges "Kernproblem" der Philosophie, die theoretische Beschäftigung um ihrer selbst Willen - das war Hannah Arendt zu wenig, ihr Fokus lag bewusst meist eher im Bezug zur Aktualität bzw. dem Bezug der aktuellen Politik zur Historie.

Um den Weg zurück auf den "Threadpfad" zu finden passt H.A. aber. In der sportphilosophischen Diskussion wäre eine solche zum Thema Doping, mit dem alleinigen Ziel eines erkenntnistheoretischen Gewinns, wohl ein bisschen wenig Wink. "Butter bei die Fische", denn das Doping zerstört den Sport eben nicht nur in der Theorie


RE: Quo vadis "Doping-Sünder" ? - MZPTLK - 10.11.2014

(10.11.2014, 11:44)Hellmuth K l i m m e r schrieb:
(09.11.2014, 22:42)MZPTLK schrieb: Hannah Ahrendt hatte sich in der Philosophie nicht sehr hervorgetan.
Es gibt eine ordentliche politologische Untersuchung zum Totalitarismus,
aber Vieles von ihr bleibt relativ oberflächlich.

Diese Einschätzung eines kenntnisreichen aber eben eines Nicht-Philosophen ist m. E. doch etwas anmaßend.
Zwar stelle ich H. AHRENDT nicht an die Seite der großen Philosophen Kant, Fichte, Nietzsche, ... aber sie hat insbesondere zum Totalitarismus und zur Einschätzung der Nazideutschen (" ... keiner war schuldig, ... alle nur Mitläufer", ... niemand hat etwas gewusst.") Kritisches angemerkt.
Wann kommt die Botschaft bei Dir an, dass man die Menschheit nicht in Philos und Nicht-Philos trennen kann?
Wörtlich übersetzt heisst es Liebe zur Weisheit, und wer hat die nicht?
Wer will schon freiwillig verblöden(auch wenn es laut GG implizit erlaubt ist)?
Fichte und vor allem Nietzsche würde ich nun gar nicht als grosse Philos bezeichnen.

Die Verdienste H. Ahrendts sind unstrittig, aber Du bist noch die Antwort auf die Frage schuldig,
ob und gegebenenfalls  wo sie was zum Thema Doping - indirekt natürlich - gesagt hat.
Sie selbst sah sich überhaupt nicht in der ersten Reihe der Philosophie, sie hatte zeitlebens zu Heidegger aufgeschaut.
Und das lag nicht daran, dass sie - neben Jaspers - seine Schülerin und 15 Jahre jünger war.

Bei Heidegger ist der Bezug klar ersichtlich: Seinsvergessenheit, Gestell, usw...


RE: Quo vadis "Doping-Sünder" ? - Pollux - 11.11.2014

Wasn hier los? Ich fahr gut gelaunt durchs Eingangstor, da kommt der Pförtner aus seinem stickigen Kabuff rausgerannt und will mir den Passierschein verweigern. Meint, er sei jetzt auch zuständig für die Prüfung eingehender Meinungsäußerungen und so. 

Ich hab mir kurz an die Stirn getippt und dann Vollgas gegeben. Da kommt mir schon der nächste entgegen. In der Dopingabteilung sei die Hölle los. „Wie, die Hölle los?“, sag ich. 
„Dort ist doch der Kammerjäger!“, meint er. 
„Weiß ich doch. Ist doch schon ne Weile. Und?“
„Na bisher ging alles gut. Aber seitdem er in der Mittagspause angefangen hat, so’n komisch Zeugs zu lesen, hat der Kerl Aussetzer. Dann geht er mit seiner Spritzpistole auf das Personal los und brüllt immerzu: „Kammerjäger-ist-kein-Eunuchenjäger-ist-ein-Dopingjäger!“ 

Ooooohhh Mann! Ich glaub, ich nehm erst mal ne Weile unbezahlten Urlaub. Am besten bis nach der Kampagne! (Wider die bangen Fragen)

Vorgezogenes PS: Im Vertrauen, der Kammerjäger ist natürlich der verkleidete Chef der Abteilung. Der mag solche Spielchen. Hält solche Inszenierungen für pädagogisch wertvoll?! ... Reichlich übertrieben, aber eigentlich gar keine so schlechte Idee, finde ich inzwischen. (Er kann mich übrigens erreichen)

Wie dem auch sei. Erst mal in Urlaub. Aber vorher noch ne klare Anweisung. Lüftet endlich mal das muffige Kabuff vom Pförtner aus! Und gebt ihm was Ordentliches zu Essen! Und – wenn’s spät wird - auch mal nen Mosel-Riesling. Damit lässt sich wachend schlafen und schlafend wachen. 

:Helau!:


RE: Quo vadis "Doping-Sünder" ? - MZPTLK - 11.11.2014

(11.11.2014, 07:54)Pollux schrieb: Wasn hier los? Ich fahr gut gelaunt durchs Eingangstor, da kommt der Pförtner aus seinem stickigen Kabuff rausgerannt und will mir den Passierschein verweigern. Meint, er sei jetzt auch zuständig für die Prüfung eingehender Meinungsäußerungen und so. 

Lüftet endlich mal das muffige Kabuff vom Pförtner aus! Und gebt ihm was Ordentliches zu Essen! Und – wenn’s spät wird - auch mal nen Mosel-Riesling. Damit lässt sich wachend schlafen und schlafend wachen.
Kleine Denksportaufgabe.
Sehr launig formuliert!


RE: Quo vadis "Doping-Sünder" ? - beity - 11.11.2014

(11.11.2014, 09:22)MZPTLK schrieb:
(11.11.2014, 07:54)Pollux schrieb: Wasn hier los? Ich fahr gut gelaunt durchs Eingangstor, da kommt der Pförtner aus seinem stickigen Kabuff rausgerannt und will mir den Passierschein verweigern. Meint, er sei jetzt auch zuständig für die Prüfung eingehender Meinungsäußerungen und so. 

Lüftet endlich mal das muffige Kabuff vom Pförtner aus! Und gebt ihm was Ordentliches zu Essen! Und – wenn’s spät wird - auch mal nen Mosel-Riesling. Damit lässt sich wachend schlafen und schlafend wachen.
Kleine Denksportaufgabe.
Sehr launig formuliert!
das stimmt, aber ich selber bin überfordertHuh


RE: Quo vadis "Doping-Sünder" ? - MZPTLK - 11.11.2014

(11.11.2014, 09:30)beity schrieb:
(11.11.2014, 09:22)MZPTLK schrieb:
(11.11.2014, 07:54)Pollux schrieb: Wasn hier los? Ich fahr gut gelaunt durchs Eingangstor, da kommt der Pförtner aus seinem stickigen Kabuff rausgerannt und will mir den Passierschein verweigern. Meint, er sei jetzt auch zuständig für die Prüfung eingehender Meinungsäußerungen und so.
Kleine Denksportaufgabe.
Sehr launig formuliert!
das stimmt, aber ich selber bin überfordertHuh
Pollux bedient sich hier eines bewährten Tricks,
er rekurriert in Form eines Gleichnisses auf real existierende Personen und Geschehnisse.

Das erinnert an Goethe: 'Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis'(Faust 2).
Das Vergängliche sind die real existierenden Personen und Geschehnisse.
Das Gleichnis will eine Kritik an denselben liefern, ohne dass der es Erzählende angegriffen werden kann.
Und auch ohne dass die Kritisierten explizit an den Pranger gestellt werden.

Man denke dabei z.B. auch an den Text von City: 'Am Fenster',
wo die Sehnsucht nach Überwindung der Mauer verklausuliert zum Ausdruck gebracht wird.