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Kugelstoß Angleittechnik - Druckversion

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+--- Thema: Kugelstoß Angleittechnik (/showthread.php?tid=4377)

Seiten: 1 2


Kugelstoß Angleittechnik - CoachnEngineer - 27.05.2021

(26.05.2021, 22:51)Gertrud schrieb: Das waren noch Zeiten:

https://www.youtube.com/watch?v=qGX1NXV-22s
Ryan Crouser High School

Hier geht´s um Gewichtszunahmen.  Wink

Gertrud

ich (ebenfalls kein Wurf-Fachmann) finde auch seine Angleittechnik zu High School-Zeiten bereits weit fortgeschritten. Vielleicht ist auch diese Fähigkeit zu außerordentlich exakter Technik-Arbeit ein Schlüssel zu seinen Leistungen. Insbesondere die Druckbeinarbeit (frühes aktives Eindrehen etc.) ist aus meiner Sicht besser als bei vielen heutigen Weltklasse-Athleten (sicher nur noch wenige mit Angleittechnik) zu beobachten. Oder sehen das die Wurf-Experten völlig anders? Bei vielen Topleuten sehe ich immer noch weit nach hinten aufgestellte Fussspitzen in der Wurfauslage, kein Eindrehen von Fuss und Knie, damit keine optimale Hüftaktivität. Wird das in Expertenkreisen nicht als Key-Kriterium angesehen? ich bin da wirklich irritiert, da ich es mal anders gelernt habe und mich frage, warum es so wenig umgesetzt
wird.
siehe hier: https://www.mdr.de/sport/andere_sportarten/video-saechsisches-trio-triumphiert-in-dortmund-100_zc-adefaef1_zs-2eb002b3.html
Sieht für mich so aus, dass C. Schwanitz nach 20 Jahren Ausbildung nicht auf dem technischen Stand des 16-jährigen Ryan Crouser ist Undecided

Gruß,
Rainer


RE: Fragwürdige Leistungssprünge - krebsan - 17.07.2021

(27.05.2021, 10:43)CoachnEngineer schrieb: Insbesondere die Druckbeinarbeit (frühes aktives Eindrehen etc.) ist aus meiner Sicht besser als bei vielen heutigen Weltklasse-Athleten (sicher nur noch wenige mit Angleittechnik) zu beobachten. Oder sehen das die Wurf-Experten völlig anders? Bei vielen Topleuten sehe ich immer noch weit nach hinten aufgestellte Fussspitzen in der Wurfauslage, kein Eindrehen von Fuss und Knie, damit keine optimale Hüftaktivität. Wird das in Expertenkreisen nicht als Key-Kriterium angesehen?

Die Bewertung der Angleittechnik würde mich auch interessieren. Gefällt mir auch sehr gut.


RE: Kugelstoß Angleittechnik - Gertrud - 17.07.2021

(27.05.2021, 10:43)CoachnEngineer schrieb:
Zitat: 

ich (ebenfalls kein Wurf-Fachmann) finde auch seine Angleittechnik zu High School-Zeiten bereits weit fortgeschritten. Vielleicht ist auch diese Fähigkeit zu außerordentlich exakter Technik-Arbeit ein Schlüssel zu seinen Leistungen. Insbesondere die Druckbeinarbeit (frühes aktives Eindrehen etc.) ist aus meiner Sicht besser als bei vielen heutigen Weltklasse-Athleten (sicher nur noch wenige mit Angleittechnik) zu beobachten. Oder sehen das die Wurf-Experten völlig anders? Bei vielen Topleuten sehe ich immer noch weit nach hinten aufgestellte Fussspitzen in der Wurfauslage, kein Eindrehen von Fuss und Knie, damit keine optimale Hüftaktivität. Wird das in Expertenkreisen nicht als Key-Kriterium angesehen? ich bin da wirklich irritiert, da ich es mal anders gelernt habe und mich frage, warum es so wenig umgesetzt
wird.

Gruß,
Rainer

Es gibt auch in Werferkreisen sehr unterschiedliche Meinungen. Das starke Eindrehen ist von der orthopädischen Seite aus falsch. Auch beim Diskuswerfen wird ja das flotte Eindrehen gelehrt. Ich habe mich lange mit Liesel Westermann darüber unterhalten, die den Ansatz auch anders sieht, eben nicht im starken Eindrehen unten.

Ich lehre das starke Eindrehen im Siebenkampf auch nicht mehr. Ich mische mich da aber absolut nicht ein. Sollen sie ungestört ihren Weg vor allem in der Gesundheitsprophylaxe gehen. Ich gehe meinen Weg nach meinen Vorstellungen aus funktioneller Sicht. Ich zäume die Technik in anderen Key-points auf. Entsprechend anders wähle ich natürlich die Zubringer aus - ebenso würde ich Drehstoßer und Angleiter niemals identisch trainieren. Das sind zwei Paar völlig unterschiedliche Paar Schuhe. Ich halte aber unterschiedliche Standpunkte für gut. "Durch Reibung entsteht Wärme!" Wink ‌Wenn ein andere/r Trainer/in mal andere Lösungen sieht, schalte ich sofort auf eine bessere als meine Lösung um. 

Gertrud


RE: Kugelstoß Angleittechnik - MZPTLK - 17.07.2021

Man muss kein 'Experte' sein oder irgendeiner 'Schule' angehören.
Beim Angleit-Kugelstossen gab/gibt es 2 Techniken der unteren Antriebe(Kurzbeschreibung):
1. Kurzes Angleiten, Druckfuss etwa in Ringmitte, weite Beinstellung, kein oder geringes Eindrehen
   Oft in Osteuropa/DDR gelehrt. Erfordert schnelles, kontinuierliches Weiterarbeiten bei Landung des Druckfusses
   und(vorteilhaftes) 'Hebeln' über die Kugel-abgewandte Körper(Balken-)Seite.
   Nachteil: stark verkürztes Einwirken der Druckseite.
2. Langes schnelles Angleiten, engere Fusstellung, Eindrehen, dadurch Vorspannung, längerer Beschleunigungsweg
   der Druckseite, höheress Ausstossen. Eigentlich nur Vorteile, wenn man das Eindrehen nicht übertreibt
   und dadurch Verletzungen oder zumindest Verschleiss riskiert. Unter Eindrehen verstehe ich nicht Eindrehen
   bis zum Anschlag vor/beim Bodenkontakt, und dann nichts mehr, sondern vor allem Eindrehen während
   des Einsatzes der Druckbeinsete.

Übrigens gab es schon in den frühen 70er Jahren eine intensive Diskussion über die Drehstosstechnik in der Fachzeitschrift Leichtathletik..
Daher ist mir unverständlich, wie die Kugelstoss-'Experten' in BRD + DDR  30, 40 Jahre im Tiefschlaf verbringen konnten.

Athletinnen wie Stephanie Storp haben 1. extrem interpretiert. MMn hätte sie weiter stossen können, wenn sie auch vom Körperbau her für 2. weniger prädestiniert war.

Ich vertrete die Auffassung, dass nicht nur der Kopf, sondern auch die Füsse die Bewegung führen sollten.
Das gilt vor allem beim Hammerwerfen, die Füsse sollten immer in Hammerrichtung zeigen,
mit leichtem Vor- und Nachpendeln.

Je leichter die Geräte werden, desto mehr kann und sollte man mit Verwringungen arbeiten(Speer)
- allerdings nur bei sehr gut entwickelter spezieller Muskulatur.


RE: Kugelstoß Angleittechnik - CoachnEngineer - 17.07.2021

(17.07.2021, 10:43)Gertrud schrieb:
(27.05.2021, 10:43)CoachnEngineer schrieb:
Zitat: 

ich (ebenfalls kein Wurf-Fachmann) finde auch seine Angleittechnik zu High School-Zeiten bereits weit fortgeschritten. Vielleicht ist auch diese Fähigkeit zu außerordentlich exakter Technik-Arbeit ein Schlüssel zu seinen Leistungen. Insbesondere die Druckbeinarbeit (frühes aktives Eindrehen etc.) ist aus meiner Sicht besser als bei vielen heutigen Weltklasse-Athleten (sicher nur noch wenige mit Angleittechnik) zu beobachten. Oder sehen das die Wurf-Experten völlig anders? Bei vielen Topleuten sehe ich immer noch weit nach hinten aufgestellte Fussspitzen in der Wurfauslage, kein Eindrehen von Fuss und Knie, damit keine optimale Hüftaktivität. Wird das in Expertenkreisen nicht als Key-Kriterium angesehen? ich bin da wirklich irritiert, da ich es mal anders gelernt habe und mich frage, warum es so wenig umgesetzt
wird.

Gruß,
Rainer

Es gibt auch in Werferkreisen sehr unterschiedliche Meinungen. Das starke Eindrehen ist von der orthopädischen Seite aus falsch. Auch beim Diskuswerfen wird ja das flotte Eindrehen gelehrt. Ich habe mich lange mit Liesel Westermann darüber unterhalten, die den Ansatz auch anders sieht, eben nicht im starken Eindrehen unten.

Ich lehre das starke Eindrehen im Siebenkampf auch nicht mehr. Ich mische mich da aber absolut nicht ein. Sollen sie ungestört ihren Weg vor allem in der Gesundheitsprophylaxe gehen. Ich gehe meinen Weg nach meinen Vorstellungen aus funktioneller Sicht. Ich zäume die Technik in anderen Key-points auf. Entsprechend anders wähle ich natürlich die Zubringer aus - ebenso würde ich Drehstoßer und Angleiter niemals identisch trainieren. Das sind zwei Paar völlig unterschiedliche Paar Schuhe. Ich halte aber unterschiedliche Standpunkte für gut. "Durch Reibung entsteht Wärme!" Wink ‌Wenn ein andere/r Trainer/in mal andere Lösungen sieht, schalte ich sofort auf eine bessere als meine Lösung um. 

Gertrud

Danke für die detaillierte Rückmeldung, dass das Thema in der Tat kontrovers diskutiert wird.
Zum orthopädischen Teil des Themas: Ist es tatsächlich orthopädisch gesünder, durch die Position zu gehen wie bei Schwanitz im u.a. Video zu sehen mit starker Scher-/Knick-belastung im Knie just in der Phase in der die maximale Kraft ausgelöst wird? Wenn die Fussspitze noch nach hinten zeigt, die rechte Hüfte aber nach vorne möchte, müssen doch starke Verdrehungen über das Bein gehen, insbesondere wenn die Hüftgelenkbeweglichkeit ggf. auch eingeschränkt ist. Ich denke, eine etwas ausgeprägtere frühere Eindrehung des Fußes ist sicher in der Landephase belastender, aber dann, wenn die Kraft entfaltet wird, arbeitet das Knie im wesentlichen schon in seiner anatomisch vorgegebenen Richtung.
Gibt es dazu valide biomechanische Messwerte?
Außerdem werden bei den meisten Werfern im Hochleistungsbereich die orthopädischen Schädigungen zumeist im Krafttraining geschehen und nicht bei der Wettkampfübung selbst. Oder liege ich auch da falsch?


RE: Kugelstoß Angleittechnik - dominikk85 - 17.07.2021

Timmermann hat das frühe eindrehen auch nicht gemacht
[Bild: Screenshot-20210717-133906-com-google-an...outube.jpg]cloud sharing sites

Beim drehen macht es Sinn weil man den Schwung der Drehung nutzt, aber ich glaube beim angleiten bringt es gar nicht so viel. 

Ich glaube im reinen standwurf wäre es sogar besser sich von der ganzen Sohle abzudrücken. Ich trainiere Leute im baseball Bereich und da wurde früher auch eine innenrotation (squish the bug) gelehrt, aber heute wird eher gelehrt die hüftrotation von einem festen Fuß mittels außen Rotation im rechten Hüftgelenk zu initiieren und den rechten Fuß eher als Abstoßpunkt als als Start der Drehung zu nutzen und den Fuß dann passiv nachzudrehen.


RE: Kugelstoß Angleittechnik - krebsan - 17.07.2021

Ich versuche hier nachzukommen. Wie sieht es denn mit dem Fussaufsatz aus? 120°? Oder nur 90°?


RE: Kugelstoß Angleittechnik - Gertrud - 17.07.2021

(17.07.2021, 12:14)CoachnEngineer schrieb: Danke für die detaillierte Rückmeldung, dass das Thema in der Tat kontrovers diskutiert wird.
Zum orthopädischen Teil des Themas: Ist es tatsächlich orthopädisch gesünder, durch die Position zu gehen wie bei Schwanitz im u.a. Video zu sehen mit starker Scher-/Knick-belastung im Knie just in der Phase in der die maximale Kraft ausgelöst wird? Wenn die Fussspitze noch nach hinten zeigt, die rechte Hüfte aber nach vorne möchte, müssen doch starke Verdrehungen über das Bein gehen, insbesondere wenn die Hüftgelenkbeweglichkeit ggf. auch eingeschränkt ist. Ich denke, eine etwas ausgeprägtere frühere Eindrehung des Fußes ist sicher in der Landephase belastender, aber dann, wenn die Kraft entfaltet wird, arbeitet das Knie im wesentlichen schon in seiner anatomisch vorgegebenen Richtung.
Gibt es dazu valide biomechanische Messwerte?
Außerdem werden bei den meisten Werfern im Hochleistungsbereich die orthopädischen Schädigungen zumeist im Krafttraining geschehen und nicht bei der Wettkampfübung selbst. Oder liege ich auch da falsch?

Es geht um Probleme im LWS-Bereich. Man sollte - bei stark verwrungenem Oberkörper im Vorfeld in einem bestimmten Segment - en bloc nach vorne drehen. Dann passiert auch nichts. Da diese Kenntnisse nicht Allgemeingut sind, können die meisten Trainer*innen auch keine punktgenauen Übungen z. B. im Krafttraining und in den Drills konstruieren. Es wird meistens ins Blaue hinein trainiert. Ich wundere mich über nichts mehr. Man sollte schon die Schädigungsgrenzen kennen. Ich habe sehr detailliert bei einigen unserer Protagonisten diese falschen Einflussnahmen aufgelistet. 

Gertrud


RE: Kugelstoß Angleittechnik - MZPTLK - 17.07.2021

(17.07.2021, 12:14)Coach schrieb: Außerdem werden bei den meisten Werfern im Hochleistungsbereich die orthopädischen Schädigungen zumeist im Krafttraining geschehen und nicht bei der Wettkampfübung selbst. Oder liege ich auch da falsch?

So pauschal kann man das nicht beantworten.
Ich bin der Meinung, dass es im (Hoch-)Leistungsbereich bei den schweren Geräten nicht ohne schweres Krafttraining  geht.
Wenn dieses vernünftig betrieben wird, also mit sauberer Technik, keine TKB, usw., ist es nicht nur unabdingbar und leistungsfördernd, sondern auch verletzungsvorbeugend.
Eine Hauptbedingung ist allerdings, dass das Krafttraining Zielübung-orientiert ist.
Und da fangen die Schwierigkeiten und Risiken an.
Ohne Verwringungen, Traktionen, etc. gibt es nun mal keine Höchstleistungen in den Würfen.
Ganz extrem ist es beim Speerwerfen.
Wenn ich die Vorbeschleunigungen beim Speer miteinrechne, komme ich auf Belastungen des passiven Bewegungsapparates, die ein Vielfaches dessen betragen, was ich mit Hanteltraining erreichen kann.
Das gilt übrigens auch besonders für die Sprünge.

Ganz wichtig: man studiere Senioren, die Jahrzehnte löang bis ins hohe Alter eine gute Technik zeigen und auch auf gute Ergebnisse kommen!


RE: Kugelstoß Angleittechnik - Gertrud - 17.07.2021

(17.07.2021, 21:20)MZPTLK schrieb:
Zitat: 
So pauschal kann man das nicht beantworten.
Ich bin der Meinung, dass es im (Hoch-)Leistungsbereich bei den schweren Geräten nicht ohne schweres Krafttraining  geht.
Wenn dieses vernünftig betrieben wird, also mit sauberer Technik, keine TKB, usw., ist es nicht nur unabdingbar und leistungsfördernd, sondern auch verletzungsvorbeugend.
Natürlich geht es nicht ohne schwere Gewichte. Man kann auch bei anderen Übungen außerhalb der Gewichtheber sehr hoch belasten. Sabine hat in Spezialübungen enorm hoch, aber gesund belastet. 
Zitat:Eine Hauptbedingung ist allerdings, dass das Krafttraining Zielübung-orientiert ist.
Und da fangen die Schwierigkeiten und Risiken an.
Ohne Verwringungen, Traktionen, etc. gibt es nun mal keine Höchstleistungen in den Würfen.
Selbstverständlich muss das Krafttraining zielorientiert sein. Dafür plädiere ich an vorderster Front. Man muss die Strukturen je nach Disziplin belasten. Verwringungen müssen nicht ungesund sein, wenn sie in bestimmten Grenzen und an den richtigen Stellen geschehen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Unser Körper ist für Extensionen, Flexionen, Rotationen, Supinationen, Pronationen, Eversionen, Inversionen... gemacht, aber eben in gewissen Grenzen und an bestimmten Stellen. 
Zitat:Ganz extrem ist es beim Speerwerfen.
Wenn ich die Vorbeschleunigungen beim Speer miteinrechne, komme ich auf Belastungen des passiven Bewegungsapparates, die ein Vielfaches dessen betragen, was ich mit Hanteltraining erreichen kann.
Das gilt übrigens auch besonders für die Sprünge.
Auch solche Belastungen kann man wegstecken, wenn man denn prophylaktisch vulnerable Stellen entsprechend absichert. Da ist absolute Konzentration permanent gefragt. Beispiel: Wie sichere ich die Valgusstellung ab? Wie sichere ich Fußstellungen ab? Wie sichere ich weite Auslagen ab, wo das Knie vorauseilt und der Fuß temporär stehenbleibt? Bei diesen Fragen muss man nach sehr guten Lösungen suchen. Nicht jeder längste Weg ist orthopädisch sicher und verletzungsfrei. Nehmen wir die unheimlich weite Auslage beim Speerwurf bei Johannes Vetter, wo er den hinteren Fuß weit über 55° Plantarflexion, also sehr ungesund, belastet! Das mag für die Weite gut sein, aber für die Strukturen absolut kontraproduktiv auf Dauer. Das hat Röhler bisher besser gelöst.

Gertrud