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Olympia in Peking - Druckversion

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RE: Olympia in Peking - ThomZach - 06.02.2022

Ich empfinde es hier so, liebe Freunde, dass man mir genau das vorwirft, was man selber tut: Keine Bereitschaft zu zeigen, in die Diskussion einzusteigen, sondern nur lächerliche Begründungen eben dafür. Ich habe aber Verständnis dafür, dass man mit mir nicht diskutieren will, weil man ja dann auf Gedanken und Argumente eigehen müsste, die man in seiner eigenen geistigen Entwicklung schon vor langer Zeit ausgeschlossen und für falsch zu halten beschlossen hat. Man ist belesen und für jeden Disput gerüstet, und jetzt soll man wieder ganz unten anfangen?! Jetzt all das abermals oder nun doch noch in Frage zu stellen, bedeutet ja fast, sich selbst in Frage zu stellen. Schließlich identifiziert sich doch jeder mit seinen Ansichten, Meinungen und Festlegungen. Es ginge ans berühmte Eingemachte. Da gleitet man dann lieber ins Unsachliche ab, verzeiht sich Pauschalheiten und Wisch-Urteile - Hauptsache man kann sich raushalten, ohne in den Verdacht zu geraten, sich zu drücken.
In meinem Verständnis drückt sich hier der eine oder andere ganz gewaltig. Aber auch das ist verzeihlich: Niemand ist verpflichtet einem dahergelaufenen Hochspringer ein Repetitorium in Logik oder Philosophie zu verabreichen. Aber muss man ihn deshalb gleich in die Rubrik "Sportler sind grundsätzlich dumm" einordnen? Vielleicht bin ich ja dumm und brauche Eure Hilfe. Vielleicht seid aber auch Ihr die Dummen. Und das herauszufinden interessiert Euch natürlich nicht. Ich weiß nur, dass mir noch kein Philosophie-Lehrer oder -Professor gesagt hat, meine Art zu denken sei inakzeptabel und führe zu nichts. Im Gegenteil: Sowas habe ich nur von Herrn Professor W. Killing gehört, als ich ihm erklärt habe, wie ich Hochsprungtechnik interpretiere und erkläre. Seine Kollegen in den gehobeneren Fakultäten haben mich dagegen ermutigt, meine kreativie Destruktivität weiter zu kultiviern. Allerdings sollte ich außerdem "so nebenher" auch die Großen Werke studieren und mich daran orientieren. Und das ging bei mir nicht zusammen. Die Großen Meister haben mich nur von mir selbst und meinen eigenen Gedanken abgelenkt - bis auf einige wichtige Anstöße. Und die Akademiker in deren Gefolge mit ihrer geschwurbelte Sprache haben mich abgschreckt. SO wolte ich nie werden noch denken. Ich musste dagegen sein und halten und dagegen handeln, schreiben.
So wie ich mich über die Flop-Hysterie hinweggesetzt habe und meinen Straddle weiter und weiter verbessert habe, bis kein Flopper mehr mithalten konnte. Und dann bis ich nicht mehr konnte - aber nicht wegen des Flops sondern wegen der schwindenden Anerkennung und der wachsenden Entrüstung. Bis ich nirgendwo mehr Unterstützer fand. Alle hatten sich abgewandt von dem alten, peinlichen Trotzkopf. Und heute zieht man den Hut vor einer Claudia Pechstein, die das Glück hat, bei ihren jüngeren Konkurrenten noch mithalten zu können. Ich will mich nicht mit ihr oder gar Al Oerter gleichstellen, der mit 48 noch WR hätte werfen und 1980 und 84 nochmal Olympiasieger hätte werden können. Solche Karrieren sind nur Werfern und Langstrecklern möglich. Außerdem war ich ja gar kein richtiger Sportler, nur so ein Magier vor und über der Latte. Und so empfinde ich auch meine Gedankenspiele und Logeleien als Semantische Magie, die freilich nichts vortäuschen will noch kann, sondern mit schroffen Aussagen kniffelige Fragen stellt. Dabei entwickle ich eine überraschende Trefferquote (nicht -sicherheit) wie ich an der Verwirrung und Empörung die ich stifte ersehen kann. Danke für die inspirierenden Stunden, Euer Thomas


RE: Olympia in Peking - ThomZach - 06.02.2022

(06.02.2022, 16:37)Mkfan schrieb: Irgend ein Mindestmaß an gleichen Bedeutungen setzen wir ja wohl voraus, sonst könnte es keine Verständigung über irgend etwas geben. Dann sollten wir uns halt auch hüten, sie willkürlich zu nutzen, wie sie uns eben in den Kram passen. Das macht Thomas. Das greife ich auf und setze ihm meine Überlegungen entgegen. Daran kann ich nichts Verwerfliches sehen.
Ich habe Achtung vor dem Hochspringer Zacharias. Seine Gedankengänge finde ich - wenn sie von seinem ja nun wirklich ungewöhnlichen Lebenslauf weg ins Grundsätzliche abgleiten - eher krude. Schon merkwürdig, dass man sich offensichtlich schämen muss, wenn man mal ein paar Bücher mühsam von vorn bis hinten durchgearbeitet (und dann hoffenlich auch richtig verstanden) hat.

Da schießt aber einer gehörig ins Leere. Ich habe ja gerade die Bedeutung gewisser Wörter infragegestellt und neue entgengesetzt, weil ohnedies eben keine Verständigung möglich ist sondern ja gerade die herrschenden Missverständnisse entstanden sind. Folglich kann von "willkürlicher Nutzung" nicht die Rede sein.
Du hast im Übringen keine "Achtung vor dem Hochspringer", denn den kann man nicht achten. Bestenfalls kannn man seine Sprünge bestaunen. Seine Gedankengänge dagegen sind nicht nur achtenswert sondern beachtlich und haben mit seinem "ungewöhnlichen Lebenslauf" nichts zu tun. Den führst Du nur als Anamnese an, um mich als PsychoKlienten hinzustellen. Und jene "gleiten auch nicht ins Grundsätzliche ab", sondern tauchen ins Tiefgründige. Und von dort betrachtet nützt es mir nichts, dass Du irngendwann einmal Deinen inneren Schweinehund überwunden und ein paar Bücher mühsam von vorne bis hinten durchgearbeitet hast, denn es hat Dich der Wahrheit nicht nähergebracht. Nur einem vermessenen Glauben. Und das sage ich nicht als angemaßtes Urteil sondern als grundsätzliche Weisheit, die man in den meisten Büchern vergeblich sucht, wohl aber anderswo findet und hört. Denn es gibt mehr als nur die Abendländische Kultur.
Vielleicht projiziere ich hier auch nur meine eigene Selbstherrlichkeit auf Dich und Deine Äußerungen. Wir sollten das beide immer wieder mal prüfen. Undecided


RE: Olympia in Peking - ThomZach - 06.02.2022

Lieber MKfan. Nur damit Du weißt wovon du schreibst, wenn es um meinen “ungewöhnlichen Lebenslauf” geht: In einer Klasse mit 50 wilden Nachkriesschülern galt ich wohl als der Rebellischste. Ich wurde gegeißelt und gegängelt, wie und wo es nur ging. Dabei wurden die Schulaufgaben als Strafarbeiten missbraucht. Erst in einem Internat in Italien erfuhr ich mit 12 Jahren, dass lernen und gute Noten auch Spaß machen konnten. Ein Jahr darauf galt ich in der Asconeser Eliteschule “Collegio Papio” als besonders intelligent, obwohl oder weil das ausschließlich benediktinische Kollegium hinnehmen musste, dass ich evangelisch (protestantisch) war und nicht in die Kirche musste. Trotzdem war ich von Jesus und Konsortium begeistert.
Mit 17/18, auf der „Oberprima“ zum „Grand Bacc“ gab es jede Woche 9 Stunden reinen Philosophie-Unterricht. An der Académie de Strasbourg wurden meine Prüfungsarbeiten mehrfach „lobend erwähnt“ bzw. als überdurchschnittlich bewertet. Dagegen war das Uni-Studium in Berlin und Mainz mehr dünne, fade „Denkgeschichte“. Und wie in allen anderen Fächern fühlte ich mich verloren und nicht angesprochen. Auch der Zufall wollte mir keinen Kommilitonen senden, der meine Einstellungen geteilt hätte. Und so war nach sechs Jahren sinnloser Scheinesammelei das Sportstudium meine seelische und „akademische“ Rettung.
Vor diesem Teil meines Lebenslaufs habe ich selber Respekt. Und jeder Fachmann würde es respektieren, wenn ich darauf bestünde, meine Definition von „Ideologie“ zu verfechten, um sie dann in einer These zu verwenden. Ich bitte um Verzeihung, dass ich dies auch hier versucht habe. Ich hatte nicht mit solch massiver, ja fundamentaler Kompetenz in der Runde gerechnet.
Für Euch eine verpasste Chance zu einem neuen, befreiten Umgang mit dem Popanz „Ideologie“. Ich hatte meinen Spaß. Ihr offenbar auch. Also alles olympisch...


RE: Olympia in Peking - ThomZach - 06.02.2022

Kleine, wichtige Ergänzung: Philosophie studieren oder betreiben ist gänzlich zweierlei. Man muss das Eine nicht lassen, um das Andere zu tun, noch umgekehrt. Aber man sollte beide Tätigkeiten angemessen schätzen. Und niemandem dabei willkürliche Vorschriften machen. Auch wenn nur die eine Seite staatlich gefördert wird. Die andere ist ungleich wichtiger, denn sie steht jedem offen und das muss sie auch. Letztlich ist jeder sich sein eigener Priester und Denker. Und ... Ideologe.


RE: Olympia in Peking - ThomZach - 06.02.2022

(03.02.2022, 10:42)Mkfan schrieb: Wesen, Gene, festgelegt, kein freier Wille, keine Möglichkeit zur Vernunft etc. pp.

Ein merkwürdiges Weltbild, das sich vor allem auf einseitige Kenntnisnahme menschlichen Scheiterns bezieht. Natürlich gehört das Scheitern zu uns dazu. Es macht uns aber ebensowenig gänzlich aus wie das Gelingen, für das die Zivilisationsgeschichte ebenso viele - wenn nicht noch mehr - Beispiele bereithält. 
Es steht mir nicht zu (eigentlich niemandem), andere charakterlich zu beurteilen oder gar abzulehnen. Aber misanthropische Züge können enttäuschter Liebe zum Menschen ebenso entstammen wie einem vielseitig begabten Dilettantismus, der überall interessiert auf Oberflächen umherkrabbelt und sich voreilig eine Meinung bildet, sich aber nirgends die Arbeit zumutet, wirklich tief zu schürfen. 
Mich persönlich enttäuschen solch existentielles Gejammer und die zugleich mit ihm einhergehenden Urteile über das, was sich nicht beweisen lässt, sondern bloßer Glaube ist (s. o.). Wir haben nicht alles in der Hand. Aber vieles!

Arroganter geht's nicht. Mir gegenüber und den Tatsachen, die Du nicht siehst und nicht kennst. Du stehst vor einer meterhohen Wand und verstehst gar nichts. Du glaubst an Dich und Dein Denken und Deine Studien und bist offenbar unfähig an Dir zu zweifeln. Das musste ich schnell noch losweden. Die Ehrlichkeit zwingt mich dazu. Und doch ist das alles so egal! Es kommt sowieso alles wie es kommt. Denn Deine Hände sind ja auch so gekommen wie sie mussten. Oder hast Du Dich selbst erschaffen?Confused


RE: Olympia in Peking - ThomZach - 07.02.2022

An Mkfan: Ich versuchs nochmal versöhnlicher.
Deine Ideologie, die Du Philosophie oder sonst wie nennen magst, gestattet Dir ganz unabhängig und willkürlich zu entscheiden, wann und wo Du das Lebens in der Hand hattest und wann nicht. Ich nehme an (aus Erfahrung) dass Du im Erfolgsfall alles in der Hand hattest, um Dir selbst den Erfolg gutzuschreiben. Und im Scheitern hattest Du es nicht in der Hand, damit Du nicht die Verantwortung dafür ertragen musstest. Du bist also Dein Leben lang dazu verdammt, das Leben in den Griff zu bekommen und daran zu glauben dass es Dir gelingt, um dann im Misserfolgsfall die Schuld woanders zu suchen. Der Schuldgedanke an sich gründet in der willkürlichen Annahme, dass wir einen Freien Willen haben und deshalb für unser Handeln und dessen Konsequenzen die Verantwortung tragen müssen. ZB um vor Gott zu bestehen und vor dem Pfaffen zu beichten.
Neuere Untersuchungen zum Freien Willen zeigen nun aber leider, dass es einen solchen absolut nicht gibt. Es ist schon neurologisch nicht möglich. Also sind wir auch nicht verantwortlich. Freiheit und Verantwortung sind Hirngespinnste, die uns erlauben, unsere Mitmenschen zu verurteilen und zu misshandeln. Und uns selbst zu verherrlichen, wenn uns scheint, wir hätten alles richtig gemacht.
Das lässt sich zB auch wunderbar in der Erziehung verwirklichen. Wenn die Kinder so werden wie wir sie uns vorgestellt und gewünscht haben, sind wir stolz auf unsre elterliche Leistung. Und wenn nicht, dann suchen wir die Ursachen für unser elterliches Scheitern woanders. Wo bleibt da die Bemühung um Objektivität?! Die uns zu der Einsicht führen könnte, dass wir die Gene unserer Kinder nie in der Hand hatten, noch haben werden. Und dass diese allein den Lebensweg aller Menschen bestimmen – auch wenn wir uns das aus Mangel an gutwilliger Übung nicht vorstellen können.

Ich bin zu ehrlich geboren, um mir Verdienste anzudichten, die ich nicht habe. Und deshalb weiß ich, dass meine sportlichen Erfolge nicht mein Verdienst im Sinne der Sport-Ideologie waren. Sie haben mich selbst überrascht. Ich kann nicht einmal sagen, ICH hätte mich selbst überrascht. Ich habe gar nichts geleistet. Es ist mir passiert, widerfahren. Es war genial aber nicht mein Werk. Nie. Wenn ich „zu Werke (zuwerke) ging“, bin ich meistens gescheitert, weil ich „es“ nicht geschehen lassen konnte sondern es selbst in der Hand haben zu müssen glaubte. Aber es war auch nicht damit getan, „es“ in anderer Hände zu legen, Gottes Hände womöglich. Nichts hat je geholfen. Es geschah immer alles ohne dass ich es in der Hand hatte. So sehr ich mich auch bemühte und mir einredete, jetzt hab ich es aber verdient!! Ich wollte stolz auf mich sein können und wusste doch, ich war immer nur Werkzeug, nicht Handwerker. Aber für jeden Misserfolg legte ich mir Entschuldigungen und Ausreden zurecht. Obwohl ich doch wusste, besser ahnte, nur „Spielball der Götter“ zu sein. Manchmal habe ich gedacht, ein Misserfolg träfe mich als Strafe dafür, dass ich mir Erfolge selbst anrechnete, anstatt einfach nur demütig zu danken. Und immer wieder bemühte ich mich, alles richtig zu machen, anstatt die Welt in mir, mit mir spielen zu lassen. Aber dann hätte ich mir die Faulheit verzeihen dürfen, zu der ich neigte.
Ich halte es im Ernst für weise zu glauben, das Gott die Menschen nur geschaffen hat, ihn und seine Schöpfung zu preisen. Aber nicht einmal dazu sind wir fähig. Und deshalb erlauben wir uns, sie einfach zu verbrauchen, ja zu zerstören.
Ich vermute, solche Gedanken kommen Dir abstrus und selten dämlich vor. Und es ist wohl auch das Beste, dabei zu bleiben, bevor noch Dein Weltbild evaporiert. Ich wollte hier nur mal einen Blick auf meine Ideologie unterbreiten.
Ich glaube es ist ganz unmöglich, ein Weltbild ohne innere Widersprüche zu zeichnen. Denn die Welt selbst ist voller Widersprüche. Und Harmonie ist der gelungene Versuch, sich damit zu arrangieren. Ein Weltbild ganz ohne Widersprüche ist jedenfalls künstlich zurechtgebogen.


RE: Olympia in Peking - Mkfan - 07.02.2022

(07.02.2022, 00:09)ThomZach schrieb: An Mkfan: Ich versuchs nochmal versöhnlicher.
Deine Ideologie, die Du Philosophie oder sonst wie nennen magst, gestattet Dir ganz unabhängig und willkürlich zu entscheiden, wann und wo Du das Lebens in der Hand hattest und wann nicht. Ich nehme an (aus Erfahrung) dass Du im Erfolgsfall alles in der Hand hattest, um Dir selbst den Erfolg gutzuschreiben. Und im Scheitern hattest Du es nicht in der Hand, damit Du nicht die Verantwortung dafür ertragen musstest. Du bist also Dein Leben lang dazu verdammt, das Leben in den Griff zu bekommen und daran zu glauben dass es Dir gelingt, um dann im Misserfolgsfall die Schuld woanders zu suchen. Der Schuldgedanke an sich gründet in der willkürlichen Annahme, dass wir einen Freien Willen haben und deshalb für unser Handeln und dessen Konsequenzen die Verantwortung tragen müssen. ZB um vor Gott zu bestehen und vor dem Pfaffen zu beichten.
Neuere Untersuchungen zum Freien Willen zeigen nun aber leider, dass es einen solchen absolut nicht gibt. Es ist schon neurologisch nicht möglich. Also sind wir auch nicht verantwortlich. Freiheit und Verantwortung sind Hirngespinnste, die uns erlauben, unsere Mitmenschen zu verurteilen und zu misshandeln. Und uns selbst zu verherrlichen, wenn uns scheint, wir hätten alles richtig gemacht.
Das lässt sich zB auch wunderbar in der Erziehung verwirklichen. Wenn die Kinder so werden wie wir sie uns vorgestellt und gewünscht haben, sind wir stolz auf unsre elterliche Leistung. Und wenn nicht, dann suchen wir die Ursachen für unser elterliches Scheitern woanders. Wo bleibt da die Bemühung um Objektivität?! Die uns zu der Einsicht führen könnte, dass wir die Gene unserer Kinder nie in der Hand hatten, noch haben werden. Und dass diese allein den Lebensweg aller Menschen bestimmen – auch wenn wir uns das aus Mangel an gutwilliger Übung nicht vorstellen können.

Ich bin zu ehrlich geboren, um mir Verdienste anzudichten, die ich nicht habe. Und deshalb weiß ich, dass meine sportlichen Erfolge nicht mein Verdienst im Sinne der Sport-Ideologie waren. Sie haben mich selbst überrascht. Ich kann nicht einmal sagen, ICH hätte mich selbst überrascht. Ich habe gar nichts geleistet. Es ist mir passiert, widerfahren. Es war genial aber nicht mein Werk. Nie. Wenn ich „zu Werke (zuwerke) ging“, bin ich meistens gescheitert, weil ich „es“ nicht geschehen lassen konnte sondern es selbst in der Hand haben zu müssen glaubte. Aber es war auch nicht damit getan, „es“ in anderer Hände zu legen, Gottes Hände womöglich. Nichts hat je geholfen. Es geschah immer alles ohne dass ich es in der Hand hatte. So sehr ich mich auch bemühte und mir einredete, jetzt hab ich es aber verdient!! Ich wollte stolz auf mich sein können und wusste doch, ich war immer nur Werkzeug, nicht Handwerker. Aber für jeden Misserfolg legte ich mir Entschuldigungen und Ausreden zurecht. Obwohl ich doch wusste, besser ahnte, nur „Spielball der Götter“ zu sein. Manchmal habe ich gedacht, ein Misserfolg träfe mich als Strafe dafür, dass ich mir Erfolge selbst anrechnete, anstatt einfach nur demütig zu danken. Und immer wieder bemühte ich mich, alles richtig zu machen, anstatt die Welt in mir, mit mir spielen zu lassen. Aber dann hätte ich mir die Faulheit verzeihen dürfen, zu der ich neigte.
Ich halte es im Ernst für weise zu glauben, das Gott die Menschen nur geschaffen hat, ihn und seine Schöpfung zu preisen. Aber nicht einmal dazu sind wir fähig. Und deshalb erlauben wir uns, sie einfach zu verbrauchen, ja zu zerstören.
Ich vermute, solche Gedanken kommen Dir abstrus und selten dämlich vor. Und es ist wohl auch das Beste, dabei zu bleiben, bevor noch Dein Weltbild evaporiert. Ich wollte hier nur mal einen Blick auf meine Ideologie unterbreiten.
Ich glaube es ist ganz unmöglich, ein Weltbild ohne innere Widersprüche zu zeichnen. Denn die Welt selbst ist voller Widersprüche. Und Harmonie ist der gelungene Versuch, sich damit zu arrangieren. Ein Weltbild ganz ohne Widersprüche ist jedenfalls künstlich zurechtgebogen.

 Hallo Thomas,
auch wenn wir nie übereinkommen werden, nehme ich deine Hand gerne an. Der Satz: "Und willst du nicht mein Bruder sein, dann schlag ich dir den Schädel ein" hat mich immer geschüttelt. Auch wenn sich tiefe gedankliche Gräben zwischen uns Menschen auftun, so gibt es doch immerhin auch Brücken, die uns alle verbinden. 
Deinem genetischen Ansatz, der ja eigentlich ein religiöser ist (alles ist vorherbestimmt), folge ich nicht. Ich halte unser Verhalten und Handeln für eine Mischung aus Veranlagung (Genen), Zufälligkeit der Umgebung, sozialen Kontakte und gedanklichen Auseinandersetzungen (inkl. ELternhaus, Wissensgeschichte) sowie der Folgen unserer mehr oder weniger freien Entscheidungen. Meine Fehler und mein Scheitern schiebe ich gleichfalls nicht, wie von dir angenommen, anderen oder den Umständen in die Schuhe, sondern einzig mir selbst. Wir können nur versuchen, nicht immer wieder die selben Fehler zu machen. (Und in dem Punkt, dass dies gerade in der Politik "himmelschreiend" oft vorkommt, sind wir uns einig).
Dennoch kann ich damit leben, dass wir Fehler machen, auch und gerade, wenn wir versuchen sie zu vermeiden. Wir sind nicht Gott (sofern es ihn gibt, aber mein Weltbild der menschlichen Vorläufigkeit, zu der Erfolge wie Scheitern gehören, kommt deutlich besser ohne ihn aus). Eine geschlossene Philosophie habe ich auch nicht. Und von daher keinen Standpunkt, der mir quasi richterliche Urteile erlaubt. Ich messe die Aussagen meiner Mitmenschen an deren eigenen Maßstäben, an Forderungen der Vernunft an Stringenz und innerer Widerspruchsfreiheit (näherungsweise, versteht sich). All dies rechne ich mir nicht zum Verdienst an (auch nicht im Dienst irgendeiner Weltanschauung), sondern ich folge einfach der Notwendigkeit. Denn sonst gibt es kein Verstehen.
In diesem Sinne alles Gute!!


RE: Olympia in Peking - MZPTLK - 07.02.2022

'Neuere Untersuchungen zum freien Willen zeigen, dass es einen solchen überhaupt nicht gibt.'

Das ist die Lachnummer des Tages.
Ein Widespruch in sich.
Alter, kalter Kaffee.
Schon Kaulquappen hatten einen freien Willen.
Die ganze Evolution sowieso.


RE: Olympia in Peking - RalfM - 07.02.2022

Die Evolution hatte einen Freien Willen?

@Atanvarno

Bitte verschiebe in den sog. Philosophen-Talk. Das hat ja mit Olympia in Peking nicht mehr wirklich zu tun (die haben ja nichtmal Kaulquappen Anfang Februar).


RE: Olympia in Peking - ThomZach - 07.02.2022

Lieber Mkfan. Als Kinder sagten und hörten wir oft den Satz "Wer nicht will der hat schon." Und wenn ich nicht damit gerechnet hätte, hier mit meinen Thesen auf Widerstand zu stoßen (der sich schon im Rahmen der Erbitterung bewegt) hätte ich im Kontakt mit den vielen anderen Menschen nie gemerkt, wie anders sie ticken. Es wäre auch naiv (eine meiner Kernkompetenzen) zu glauben, ich könnte auf diesem Wege hier Gleichgesinnte gewinnen. Was ich also wollte ist, dem ein oder anderen Sucher meine Sichtweise anbieten, um mich gegebenenfalls mit ihm auszutauschen. Deine Reaktion offenbart nun die Tatsache, dass es dem Mensch, zumindest Dir, näherliegt, sich zu empören um seine Meinung zu verteidigen, als sich zu öffnen um sie zu überdenken.
Fürs Überdenken siehst Du nun aber überhaupt keine Veranlassung, wobei ein "Guter Philosoph" dafür auch keine Veranlassung braucht, denn er hört niemals damit auf. Warum? Weil er die permanente Gefahr erkannt hat, dass Meinungen meist wie Bretter vorm Kopf fungieren. Nur indem man sie in Frage gestellt hält, bleibt man offen für neue Hinweise, also für weiteren Fortschritt, während man mit dem Brett vor den Augen oder Scheuklappen nur noch das wahrnehmen kann, was - wie Du so schön formuliert hast - einem in den Kram passt. Also mit der eigenen Meinung vereinbar ist.
Nun hab ich Dich wenigstens daran erinnert, dass es Meinungen wie die hier von mir exponierte auch noch gibt. Und wenn sich das in Deinem Leben wiederholt, wird es ja vielleicht doch noch zu einem Gewinn.
Danke, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, Deinen Standpunkt ausführlicher zu erklären. So konnte ich jedenfalls überprüfen, ob sich für mich daraus neues ergibt. Und ich sehe, es ist genau der Standpunkt, den ich für wert gehalten habe, überwunden zu werden.
Nun haben wir hier zwei Standpunkte, und es geht darum, eine Präferenz zu beschließen. Und da helfen objektive oder logische Argumente nicht mehr weiter. Man kann wohl nur beschließen, welche Sicht einem selber besser bekommt. Und diese Wahl steht wohl am Ende jedes noch so langen, mühsamen Studiums.
Bleibt die Frage ob wir bei dieser Wahl frei sind. Oder ob sich bei der Wahl nicht das angeborene Wesen durchsetzt und uns nur die Einbildung lässt, frei zu sein.
Es bleibt natürlich jedem ungenommen, sich frei zu wähnen, auch wenn er es de facto nicht ist. 1985 formulierte ich: "Die Gedanken sind frei. Und die Menschen ihre Sklaven." Heute neige ich eher hierzu: "Die Gefühle sind frei. Und die Gedanken ihre Sklaven." In Mode ist derzeit das Gegenteil: "Man muss nur das Richtige denken, dann erfüllen sich alle Wünsche."