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Start Holloway - Träner - 21.03.2022

Die Startposition von Holloway macht mich nachdenklich. Sie ist selbstverständlich disziplinspezifisch dem Anlauf zur ersten Hürde geschuldet. Obwohl groß, ist der vordere Block(so mein Eindruck aus den Videoaufnahmen) näher an der Startlinie als dies einer mittleren Startposition eines Sprinters entspricht. In der Fertigstellung geht er sehr hoch- m.E. höher als alle anderen Endlaufteilnehmer, ich würde diese Position gerne von der Seite sehen.
In Zeitlupe sieht es aus ,als ob er die ersten Schritte in den Boden stampfen würde. Er richtet sich schnell auf ( die erste Hürde wartet) und ist den anderen Weltklasseläufern schon nach wenigen Metern klar voraus.
Nun meine Frage an die Experten: Gibt es Zeitmessungen für die ersten 10m eines Sprinters/Hürdenläufers?
Ist Holloway auf dieser Distanz schneller als beispielsweise Colemann ? Wenn ja, müsste man dann Starttechniken der Sprinter  überdenken?
Macht mich ruhig nieder, wenn ich ich als alter Trainer irre- obwohl beileibe kein Laptop-Trainer bin ich für Brainstorming offen.


RE: Start Holloway - MZPTLK - 21.03.2022

Das wird er ausprobiert haben. Ob er das auch beim 100 flach so macht, müsste man mal gucken.
Jedenfalls geht er volles Rohr mit Vorlage an und über die erste Hürde,
macht zwischen den Hürden Schrittverkürzungen mit vermutlich minimiertem Tempoverlust
und ist in der Lage, hinter der letzten Hürde bis ins Ziel sofort und voll umzuschalten auf seine optimale Schrittlänge.

Er ist ein Beispiel dafür, dass es nicht auf Kniestreckung über der Hürde ankommt,
und dass vor der Hürde die Entscheidung fällt, wie schnell die Überquerung stattfindet
und nicht hinter der Hürde, etwa durch schnelles Landen des Schwungbeins.


RE: Start Holloway - TranceNation 2k14 - 21.03.2022

(21.03.2022, 21:19)MZPTLK schrieb: und dass vor der Hürde die Entscheidung fällt, wie schnell die Überquerung stattfindet

Idea Exclamation

Dies kann man nicht genug betonen. Die besten Überquerungen sind die, bei denen (zumindes das Kickbein betreffend) schon vor der Hürde alles klar ist - auch mental!


RE: Start Holloway - runner5000 - 21.03.2022

https://www.youtube.com/watch?v=HXCAVIvgvxs
Von 52:30 - 53:00 min gibt es eine Grafik, wo der Speed in 15 m Abschnitten aufgeschlüsselt wurde.


RE: Start Holloway - Gertrud - 21.03.2022

(21.03.2022, 19:35)Träner schrieb: Die Startposition von Holloway macht mich nachdenklich. Sie ist selbstverständlich disziplinspezifisch dem Anlauf zur ersten Hürde geschuldet. Obwohl groß, ist der vordere Block(so mein Eindruck aus den Videoaufnahmen) näher an der Startlinie als dies einer mittleren Startposition eines Sprinters entspricht. In der Fertigstellung geht er sehr hoch- m.E. höher als alle anderen Endlaufteilnehmer, ich würde diese Position gerne von der Seite sehen.
In Zeitlupe sieht es aus ,als ob er die ersten Schritte in den Boden stampfen würde. Er richtet sich schnell auf ( die erste Hürde wartet) und ist den anderen Weltklasseläufern schon nach wenigen Metern klar voraus.
Nun meine Frage an die Experten: Gibt es Zeitmessungen für die ersten 10m eines Sprinters/Hürdenläufers?
Ist Holloway auf dieser Distanz schneller als beispielsweise Colemann ? Wenn ja, müsste man dann Starttechniken der Sprinter  überdenken?
Macht mich ruhig nieder, wenn ich ich als alter Trainer irre- obwohl beileibe kein Laptop-Trainer bin ich für Brainstorming offen.

Also stimmt es doch, dass die Startposition außergewöhnlich ist! Ich habe zunächst gedacht, mich vertan zu haben; aber er hat wirklich beide Kniegelenke bei "On your marks" auf dem Boden. Die Startstellung ist aus der seitlichen Perspektive eher eng im Vergleich zu den anderen. Der hintere Fuß ist auf der Höhe etwa der anderen, der vordere Fuß ist eng am hinteren, also etwas weiter von vorne weg als bei den anderen. Die Hände fassen sehr eng auf den Boden. Dann geht er später als alle anderen hoch - sehr hoch. Anscheinend kann er diese Position nicht zu lange halten. Sein hinterer Fuß überholt weit vor den anderen den vorderen Fuß. Er bleibt relativ geduckt auf den ersten Schritten im Vergleich zu den anderen Hürdenläufern. Er setzt den ersten Schritt relativ nah hinter der Startlinie in Laufrichtung auf und liegt da schon vorne. Sehr auffällig ist vor der ersten Hürde die relativ lange Neigung des gesamten Körpers nach vorne, wobei er den KSP in der Schräglinie top trifft, während alle anderen das Gesäß meist nach hinten herausnehmen.

Brillant ist seine Hürdenüberquerung von der Geschlossenheit des Oberkörpers einschließlich der Arme. Den shuffle step führt er beinmäßig wie gelehrt aus, die Armbewegungen sind anscheinend individuell auf ihn zugeschnitten. Die Füße setzen teilweise sehr außenrotiert auf, wodurch der Schritt natürlich geringfügig kürzer wird.

https://www.youtube.com/watch?v=LiyP9IWhaIw
Grant Holloway 60 m Hurdles 1. Place World Indoor Championships Belgrade 2022

Gertrud


RE: Start Holloway - Sprunggott - 22.03.2022

(21.03.2022, 19:35)Träner schrieb: Die Startposition von Holloway macht mich nachdenklich. Sie ist selbstverständlich disziplinspezifisch dem Anlauf zur ersten Hürde geschuldet. Obwohl groß, ist der vordere Block(so mein Eindruck aus den Videoaufnahmen) näher an der Startlinie als dies einer mittleren Startposition eines Sprinters entspricht. In der Fertigstellung geht er sehr hoch- m.E. höher als alle anderen Endlaufteilnehmer, ich würde diese Position gerne von der Seite sehen.....
Ich hatte es in einem anderen "Post" schon einmal geschrieben. Wir sehen eine typische Bock-Gestalltung vom "Rocket-Start". Nix ungewöhnliches in US nur in Deutschland (weil hinterm Berg) nicht so bekannt. 
Bietet sich bei den Hürden durch die "zwanghafte" Schrittgestaltung im Anlauf auch an!

Ich weiß das bis vor ein par Jahren am OSP Berlin (bei J. May/ Dr. Buckwitz) für die HürdensprinterInnen eine super Diagnostik gemacht wurde Block-Kraft li & re - Schrittlängen - alle Flug / Bodenkontakt-Zeiten - 3D Vid. - KSP Projektion - Krafmessplatte vor und nach der Hürde.... und alles in Echtzeit!


RE: Start Holloway - Gertrud - 22.03.2022

(22.03.2022, 09:04)Sprunggott schrieb:
(21.03.2022, 19:35)Träner schrieb: Die Startposition von Holloway macht mich nachdenklich. Sie ist selbstverständlich disziplinspezifisch dem Anlauf zur ersten Hürde geschuldet. Obwohl groß, ist der vordere Block(so mein Eindruck aus den Videoaufnahmen) näher an der Startlinie als dies einer mittleren Startposition eines Sprinters entspricht. In der Fertigstellung geht er sehr hoch- m.E. höher als alle anderen Endlaufteilnehmer, ich würde diese Position gerne von der Seite sehen.....
Ich hatte es in einem anderen "Post" schon einmal geschrieben. Wir sehen eine typische Bock-Gestalltung vom "Rocket-Start". Nix ungewöhnliches in US nur in Deutschland (weil hinterm Berg) nicht so bekannt. 
Bietet sich bei den Hürden durch die "zwanghafte" Schrittgestaltung im Anlauf auch an!

Ich weiß das bis vor ein par Jahren am OSP Berlin (bei J. May/ Dr. Buckwitz) für die HürdensprinterInnen eine super Diagnostik gemacht wurde Block-Kraft li & re - Schrittlängen - alle Flug / Bodenkontakt-Zeiten - 3D Vid. - KSP Projektion - Krafmessplatte vor und nach der Hürde.... und alles in Echtzeit!

A. Merritt hat sie nicht angewendet und ist super gelaufen. Der rocket-start ist wirklich ein alter Hut. Die Form des späten Hochgehens in die Fertig-Position habe ich so extrem noch nicht gesehen. Also - es gibt auch immer individuelle Lösungen. Man sollte natürlich experimentieren, weil auch die Athletengröße eine Rolle spielt.

Entscheidend ist bei biomechanischen Auswertungen, dass sie auf dem neuesten Stand sind und die Protagonisten auch erreichen. HjH hat damals sehr eng mit der Frankfurter Gruppe um Eberhard Nixdorf kooperiert und heraus ist ein DR von Flo Schwarthoff herauskommen, der bis heute Bestand hat. Entscheidet ist der Transfer in das gesamte Hürdensystem mit seinen praktischen Zubringern, wobei bei Flo wegen seiner Größe um 2,00m ganz individuell verfahren worden ist, wie mir HjH immer bestätigt hat. Manchmal muss man gar nicht alles umkrempeln. Es lohnt sich sicherlich, mit Eberhard Nixdorf Kontakt aufzunehmen. Er war auch in der Weitsprunganalyse immer sehr stark.

Es gibt in Deutschland DR in der Leichtathletik, die bereits 30 Jahre Bestand haben. Man muss auch die Historie manchmal im Auge haben.  Wink ‌Es liegt also nicht immer nur an den biomechanischen Umsetzungen. Die Gründe für Defizite liegen oft ganz woanders. Thumb_up ‌Wir haben genügend wissende Leute, die sich nicht verbiegen lassen. Man muss sie nur kennen und einsetzen.

Zum finalen Erfolg zählen vor allem Konsequenz und ein funktionierendes Netzwerk. Man muss nicht meinen, dass hervorragendes Wissen immer zum Nulltarif zu bekommen ist, während die Funktionärsspitzen A.T bezahlt werden. Ich spreche diese Dinge frontal an, damit mal Veränderungen nach unmittelbarem Leistungsbezug eintreten. WinkThumb_up Auch die ausführende Riege sollte gebührend beteiligt werden; sonst fahren demnächst nur noch Funktionäre zu den Spitzen-Events. Das ist natülich ein drastisch ‌vorgehaltener Spiegel. In der Hinsicht sind die USA weiter!!! Das entscheidende Rädchen in der Erfolgskette wird gebührend bedacht. Da kommt dann gar nicht der Eindruck auf, was nichts kostet, ist auch nichts. Es geht um gebührende Wertschätzung!!!

Gertrud


RE: Start Holloway - Träner - 22.03.2022

Zum von Sprunggott angesprochenen Rocket-Start: Bud Winter hat bereits 1964 eine Abhandlung ( "book ") über The Rocket Sprint Start geschrieben( Fearon Publishers, Palo Alto,California 94306) und dabei insbesondere die Start und Blockeinstelling von Ray Norton und Armin Hary analysiert, geht dabei auch auf den Murchison Start ein und ist der Auffassung,dass Harys Start in einigen Aspekten dem von Murchison gleicht.Herrliche Bilder und Zeichnungen.
Obwohl uralt, m.E. immer noch aktuell. Aber genug der Geschichte: Holloway startet wieder anders! Gertrud hat es ( viel besser,als ich es kann) in etwa beschrieben.
Meine Frage war jedoch, ob es überlegenswert ist, diese Startposition auf den Flachsprint zu übertragen-beginnend damit,wer ist schneller über 10m, Boyd oder die Weltklasse im Flachsprint.


RE: Start Holloway - Träner - 22.03.2022

Korrektur zu meinem letzten Schreiben:In der letzten Zeile muss es natürlich Holloway ( nicht: Boyd) heissen...Bin halt FCK-Fan, seht mir auch das nach....


RE: Start Holloway - Gertrud - 22.03.2022

(22.03.2022, 11:18)Träner schrieb: Zum von Sprunggott angesprochenen Rocket-Start: Bud Winter hat bereits 1964 eine Abhandlung ( "book ") über The Rocket Sprint Start geschrieben( Fearon Publishers, Palo Alto,California 94306) und dabei insbesondere die Start und Blockeinstelling von Ray Norton und Armin Hary analysiert, geht dabei auch auf den Murchison Start ein und ist der Auffassung,dass Harys Start in einigen Aspekten dem von Murchison gleicht.Herrliche Bilder und Zeichnungen.
Obwohl uralt, m.E. immer noch aktuell. Aber genug der Geschichte: Holloway startet wieder anders! Gertrud hat es ( viel besser,als ich es kann) in etwa beschrieben.
Meine Frage war jedoch, ob es überlegenswert ist, diese Startposition auf den Flachsprint zu übertragen-beginnend damit,wer ist schneller über 10m, Boyd oder die Weltklasse im Flachsprint.

Ich wundere mich immer wieder, dass andere Nationen so fortschrittlich agieren. Es gibt häufig neue Versuche in der Technik, während bei uns in der Hinsicht nicht viel kommt. Auch bei einem M. Jacobs hat man zu ganz außergwöhnlichen, noch nie dagewesenen Trainingsmethoden jenseits von Bolts Trainingsmitteln gegriffen. Ich liebe Menschen, die kreativ und fortschrittlich sind und sich nicht in die Komfortzone zurückziehen. Wir brauchen hier Aufbruchstimmung hinsichtlich Innovationen. Thumb_up ‌Ich würde viele Gelder ganz anders einsetzen.

Gertrud