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Leichtathleten als Philosophen? - Druckversion

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RE: Leichtathleten als Philosophen? [war: Diskussionskultur in diesem Forum] - Hellmuth K l i m m e r - 18.03.2014

(18.03.2014, 19:12)ThomZach schrieb: Dafür haben wir den Weitspringer Prof. em.  Dr. Gunter Gebauer...
... den ehem. Jugendfreund von Uwe   B e y e r (!), der den deutschen Leistungssport-Fanatikern so gekonnt Paroli bot und uns den Spiegel vor hielt.   

hek


RE: Leichtathleten als Philosophen? [war: Diskussionskultur in diesem Forum] - Pollux - 19.03.2014

(18.03.2014, 21:46)Hellmuth K l i m m e r schrieb:
(18.03.2014, 19:12)ThomZach schrieb: Dafür haben wir den Weitspringer Prof. em.  Dr. Gunter Gebauer...
... den ehem. Jugendfreund von Uwe   B e y e r (!), der den deutschen Leistungssport-Fanatikern so gekonnt Paroli bot und uns den Spiegel vor hielt.   

hek

Ich weiß nicht, wie das mit dem Spiegel gemeint ist. Aber Uwe Bayer spielte wohl ein schlechtes Spiel. (Anabolika) Also kein Spiel, das mit „heiligem Ernst“ vollzogen wird - , also unter den Kriterien der Wahrhaftigkeit steht. Für Gebauer eher ein Hinweis auf eine negative Dialektik in der Entwicklung des Sports.

Aber die Dialektiker im Fahrwasser Hegels (Am Ende wird die Realität vernünftig und die Vernunft zur Realität) erheben immer den Anspruch auf das letzte Wort: Dass der ernste Sport die absolute Antithese zum „heiligen Ernst“ braucht, um zu sich selbst zu kommen. Eigentlich ein sehr elegantes Schema. Und wenn der Preis dafür die Totalkontrolle ist, hätte sogar ein Hegel nix dagegen gehabt. Jeder Nüchterne aber müsste zum Schluss kommen: Ein erbärmliches Spiel! Undecided


RE: Leichtathleten als Philosophen? [war: Diskussionskultur in diesem Forum] - Hellmuth K l i m m e r - 19.03.2014

(19.03.2014, 09:11)Pollux schrieb:
(18.03.2014, 21:46)undefined schrieb: Dafür haben wir den Weitspringer Prof. em.  Dr. Gunter Gebauer...
... den ehem. Jugendfreund von Uwe   B e y e r (!), der den deutschen Leistungssport-Fanatikern so gekonnt Paroli bot und uns den Spiegel vor hielt.   

hek

Ich weiß nicht, wie das mit dem Spiegel gemeint ist. Aber Uwe Bayer spielte wohl ein schlechtes Spiel. (Anabolika) 

@ Pollux


GEBAUER hatte sich bezüglich U. Beyer unendlich traurig zum Doping seines Freudes ausgelassen. Und er hat immer wieder die Perversion des Hochleistungssports/-sportlers kritisier und "unser" Tun hinterfragt. So stand er auf der gleichen Position wie früher der große Sportphilosoph, Ruder-O.sieger und -Trainer LENK.
hek


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 19.03.2014

@ Hellmuth: Gut, dass Du das richtig stellst.
@ Pollux. Ich schätze Deine Beiträge sehr, bin aber mit diesem an einigen Stellen nicht einverstanden. Ich glaube, Hegel würde sich wieder einmal missverstanden sehen. Keinesfalls geht es bei der (seiner) Dialektik darum, das letzte Wort zu behalten, im Gegenteil, siehe oben. Und dass Hegel für Totalkontrolle ist - von wem auch immer ausgeübt - ist - sorry - schlicht Unsinn.Angry
Popper hatte in seinem Werk 'Die offene Gesellschaft und ihre Feinde', während der Zeit und unter dem Eindruck des Faschismus und des Totalitarismus im Exil geschrieben, Hegel in die gleiche Kontrollfreak-Schublade gepackt wie Marx, Lenin und Epigonen. Da er ein gelehriger Philiosoph war, hat er das in späten Jahren korrigiert.


DER konstituierende  Begriff im dialektischen Prozess ist die Aufhebung:
1. Im Sinn von: bewahren, konservieren, tradieren
2. Im Sinn von: abschaffen, nicht berücksichtigen, revidieren
3. Im Sinn von: auf eine höhere Qualitätsstufe heben

Das (Zwischen-) Ergebnis kann sowohl 1, 2. oder 3 sein, oder eine Kombination aus allen 3en.
Klingt einfach, ist aber für die meisten Menschen nicht nachzuvollziehen Huh


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Hellmuth K l i m m e r - 19.03.2014

@ MZPTLK u. Pollux 
Obwohl ich es gut finde sich hier im Forum auch über Philosophen / Philosophie, Ethik, Moral, Werte, ... auszutauschen, auch daran zu erinnern, dass Leichtathleten genuine Nachfahren der Philosophen sind Rolleyes (ich denke an Prof. JENS!), so sollten wirs aber nicht zu weit treiben. 
Bitte immer ganz dicht bei unseren Problemen bleiben.Huh "Sonst versteht uns das Volk nicht " - meine ich (in Anlehnung an M. Sostschenko; "Die Kuh im Propeller" )


H. Klimmer 


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Atanvarno - 19.03.2014

Wo ist das Problem? Der Diskussionsfaden steht doch extra in der Plauderecke, weil er sich eben nicht mit tagesaktuellen LA-Problemen beschäftigt.
Wer sich für das Thema interessiert, liest hier mit, wem das zu hoch ist, lässt es.

Und zu aktuellen leichtathletischen Problemen kann jederzeit in den dafür vorgesehen Unterforen diskutiert werden.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - decathlonitis - 19.03.2014

Halt ein mein Freund, wer wird denn gleich an die Decke gehen?
Dies ist doch die Plauderecke, da darf ein jeder seinen Bildungsstand und sein Kommunikationsvermögen ins SPIEL werfen. Womit wir wieder bei Huizinga wären.
Ich finde es jedenfalls unterhaltsam, gespickt mit kleinen Hinweisen und Reflexionen. Daran kann sich jeder aktiv oder passiv beteiligen. Schaden tut`s bestimmt nicht! Aber ein Pflichtlesen mit persönlichen Kommentaren ist nicht vorgesehen.
Wir sind das Volk.
deca


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 20.03.2014

(19.03.2014, 18:26) MZPTLK schrieb: @ Pollux. Ich schätze Deine Beiträge sehr, bin aber mit diesem an einigen Stellen nicht einverstanden. Ich glaube, Hegel würde sich wieder einmal missverstanden sehen. Keinesfalls geht es bei der (seiner) Dialektik darum, das letzte Wort zu behalten, im Gegenteil, siehe oben. Und dass Hegel für Totalkontrolle ist - von wem auch immer ausgeübt - ist - sorry - schlicht Unsinn.Angry
Popper hatte in seinem Werk 'Die offene Gesellschaft und ihre Feinde', während der Zeit und unter dem Eindruck des Faschismus und des Totalitarismus im Exil geschrieben, Hegel in die gleiche Kontrollfreak-Schublade gepackt wie Marx, Lenin und Epigonen. Da er ein gelehriger Philiosoph war, hat er das in späten Jahren korrigiert.


ICh wäre vorsichtig mit der Zuschreibung "Unsinn". Hegels Staat hat kein Korrektiv. Hegels Staat ist sogar die letzte Bastion der List der Vernunft.Man kann das durchaus mit einer spätphilosophischen Verirrung gleichsetzen. Leugnen kann man es nicht.      
Auch ist Hegel kein Philosoph des Normativen. Hegels Objektivismus in Bezug auf die „List der Vernunft“ sagt uns nicht, wo wir bei dem Willen, das Doping zu bekämpfen, landen sollten. Vielleicht, wo wir landen können, wenn wir das reflexive Potential der Moderne nutzen. Hegels Analyse des Antagonismus der bürgerlichen Gesellschaft hätte zwar ein gewaltiges Potential, den Hintergrund der Dopingmentalität zu verorten. Damit könnte man sich gleichzeitig gegen die Auffassung zur Wehr setzen, dass die Manipulationsbereitschaft in der Logik des modernen Sports liegt. (Eine Position, die dem Standpunkt einer Negativen Dialektik nahekommt) Mit Hegel könnte man durchaus das selbst-reflexive Potential der Moderne gegenüber ihren eigenen Gefahrenherden geltend machen. 
Und es ließe sich rekonstruieren, warum es den konzentrierten Willen zur Dopingbekämpfung gibt. Und auch, warum er sich in institutionalisierten Regelungen niederschlägt. Es besteht zudem die Möglichkeit, erklärende Gründe dafür anzugeben, warum es bei der Notwendigkeit zur Totalkontrolle des Sportlers elementare Verluste zu beklagen gibt. Aber Hegels Idee der Sittlichkeit hat nicht die Substanz, um ein gesellschaftliches Interesse nach angemessener Verfassung des Sports normativ geltend zu machen. Schon gar nicht gegenüber einem Staat, der mit dem Sport u.U. ganz andere Interessen verfolgt. Diese Interessen können anspruchsvoll, aber eben auch banal sein. 


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 20.03.2014

Ich finde Deinen Betrag bemerkenswert, er bewegt sich auf hohem Niveau.
Im ersten Absatz gefallen mir einige Statements nicht so, im zweiten finde ich gute Überlegungen, die man vielleicht noch genauer erörtern könnte/sollte.

Bei all den Gesichtspunkten, die Du angesprochen hast, muss bedacht werden, dass Hegel in der vorindustriellen Zeit gelebt hat, es gab u.a. keine Eisenbahn, kein Internet, keine Demokratie, keinen organisierten Sport.
Also bitte Hegel nicht überfordern Sad, danke.

Er hatte aber natürlich Denkfiguren in die Welt gebracht, die - in für die heutigen Verhältnisse elaborierter Weise - z. B. bei der Dopingbekämpfung dienstbar gemacht werden können, Stichwort Ethikrat, o.ä. Dabei könnte man auch genauer gucken, inwieweit Hegels Kriterien von Sittlichkeit heute als Richtschnuren und Grenzsetzungen - nicht als finale Rezeptur - nicht nur für das Dopingproblem, sondern auch für die täglich millionenfach stattfindenden 'Menschenversuche' von Übungsleitern, Ärzten... Hilfe leisten können.

Hegel kann uns natürlich nicht explizit sagen, wo wir beim Thema Menschenversuche(fahrlässige Körperverletzung) und Doping=Menschenversuche(vorsätzliche Körperverletzung), genau hin sollen(Normativer Anspruch).
Er würde es auch nicht wollen, er ist viel zu clever, uns eine finale Rezeptur vorsetzen zu wollen. Der dialektische Prozess ist revolvierend, unendlich. Niemand kann ernsthaft behaupten, das war's jetzt für alle Zeiten.

So ist auch 'Hegels Staat' zu verstehen,
Du hast geschrieben: 'Hegels Staat' ist die letze Bastion der Vernunft.
Ich meine, er hätte formuliert: Der Staat sollte eine Bastion der Vernunft sein. Dabei ist die Vernunft nicht absolut und ewig, sondern immer nur  aus den Zeitläuften generiert, mit allen möglichen Irrtümern, Unzulänglichkeiten, Ungerechtigkeiten. Die absolute Vernunft kann nach Hegel immer rur eine Momentaufnahme sein. Sie ist sowohl die momentane Konstitution des Staates als auch das Korrektiv, das in der Konstitution angelegt ist.

Genauso ist es mit den Problemen des (organisierten)Sports.
Das gilt uneingeschränkt auch heute, und unsere Urururururururrenkel werden sich auch noch damit herumschlagen müssen.Angry


RE: Leichtathleten als Philosophen? - lor-olli - 20.03.2014

Dieser (jeder?) philosophische Syllogismus, der menschliches Verhalten mit diametralen Interessenskonflikten (Doping <> kein Doping etwa) zu erklären versucht, scheitert an genau dieser Logik in der Praxis. Der Determinismus ist selbst im Physikalischem umstritten, im Zusammenhang mit dem "freien Willen" finden Philosophen in endlosen Diskursen kaum Annäherung...
"Der Mensch kann tun was er will, aber er kann nicht wollen was er will" ("Schopi") zeigt sich auch an der Dopingproblematik sehr schön.

Insofern kann man trefflich das Für und Wider abwägen, ob wir damit ein (das) Problem lösen? (Mal ganz unphilosophisch gefragt..)