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Leichtathleten als Philosophen? - Druckversion

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RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 06.01.2015

'Glaubt nicht dem Hörensagen
und heiligen Überlieferungen,
nicht Vermutungen 
oder eingewurzelten Anschauungen,
auch nicht den Worten eines verehrten Meisters.

Sondern was ihr selbst gründlich geprüft
und als Euch selbst und Anderen zum Wohle dienend erkannt habt,
das nehmet an.'

(Buddha)


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 08.01.2015

'Mit welchem Resultat könnte man studieren, wenn man es nicht mehr müsste!
Wenn man es will?
Wenn die Lehre durch weitgeöffnete Flügeltüren einzieht,
anstatt durch widerwillig eingeklemmte Türchen, wie so oft in der Jugend!'

(Kurt Tucholsky: Ich möchte Student sein)


'...Dies heisst auch, dass psychische Befindlichkeit nicht wiederum nur durch Psychisches veränderbar ist,
sondern eine wirkliche Verbesserung meiner subjektiven Lebensqualität
identisch ist mit einer Erweiterung meiner Verfügung über die objektiven Lebensbedingungen,
damit auch identisch mit meiner Bündnisbreite,
mit der Möglichkeit meines Zusammenschlusses mit anderen.'

Klaus Holzkamp: Grundkonzepte der Kritischen Psychologie)


'Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.'

(Theodor Adorno)


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 09.02.2015

Es gehört im engeren Sinne vielleicht nicht hierher,
dürfte aber für wissenschaftlich Interessierte interessant sein:

Neues Modell des Universums:
- Das Universum hat weder einen Anfang noch ein Ende
- Die Konstrukte dunkle Energie und dunkle Materie werden nicht benötigt
- Diverse Quantenkorrekturen an Einsteins Relativitätstheorie
- Die Quantengravitation muss nach wie vor mathematisch beschrieben werden

http://phys.org/news/2015-02-big-quantum-equation-universe.html


RE: Leichtathleten als Philosophen? - lor-olli - 10.02.2015

Der aktuellen Diskussion in der theoretischen Physik (überwiegend die Kosmologie beteffend) zu folgen, ist ebenso spannend wie anstrengend. Es gibt mindestens 4 verschiedene Theorien, die sich teilweise diametral widersprechen und sich dennoch mathematisch sinnvoll begründen lassen…
 
Meine mathematischen Fähigkeiten reichen nicht einmal annähernd um Fehler in der Logikfolge finden zu können, ja nicht einmal um diesen Logiken mathematisch wirklich folgen zu können – dennoch wird auch einem Nicht–Physiker klar, dass nicht alle Theorien gleichzeitig richtig sein können. Bei unserem derzeitigen Kenntnisstand ist nicht einmal auszuschließen, dass keine der bisherigen Theorien richtig ist und Einiges oder Alles wieder in der Philosophie der Metaphysik landet.
 
Wie in der Trainingswissenschaft, kann ich viel über die richtige Vorgehensweise philosophieren und theoretisieren, bis ich den Beweis antrete, bleibt es metaphysisch oder philosophisch. Das klingt erst einmal frustrierend, bietet aber andererseits auch die Chance Neues zu entdecken, “unsere“ Evolution ist letztlich auch nur vorangekommen weil häufiger jemand etwas gewagt oder versucht hat, für das andere ihn für “bekloppt“ hielten oder gar zu drastischeren Mitteln griffen. Galileo,  Kolumbus, Fosbury, die Drehstoßtechniker (ich werde hier mal keinen Urheber nennen, das haben zu viele probiert) – um mal eine unkoventionelle Liste aufzustellen  wenn wir schon von Wagnissen sprechen Wink – verließen die eingefahrenen Bahnen und erweiterten unseren Horizont, manche sogar sprichwörtlich.
 
Also, auf die “Spinner“ (naja nicht alle natürlich, einige haben auch einfach nur einen Knall)


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 10.02.2015

(10.02.2015, 16:28)lor-olli schrieb: Der aktuellen Diskussion in der theoretischen Physik (überwiegend die Kosmologie beteffend) zu folgen, ist ebenso spannend wie anstrengend. Es gibt mindestens 4 verschiedene Theorien, die sich teilweise diametral widersprechen und sich dennoch mathematisch sinnvoll begründen lassen…
Die Mathematik ist, wenn sie konsistent betrieben wird, widerspruchsfrei.
Das Elend fängt bei den Prämissen, den Axiomen an.
Wenn die nicht wahr sind im Sinne von Realität, kann Mathe nur falschen Pfaden folgen.
So kommt es zu diversen sich (scheinbar?)widersprechenden Theorien.

Solange man Realität nicht zweifelsfrei identifizieren kann, muss man auf theretischen Krücken weiter spekulieren.
Man kann dabei 2 Wege beschreiten:
1. Eine Theorie - die plausibelste? - im ersten Schritt auf Widersprüche mit sich und anderen abklopfen
    und im zweiten die Validität der Widersprüche empirisch überprüfen.     
2. Alle Theorien im ersten Schritt daraufhin abklopfen, was davon empirisch zweifelsfrei erscheint,
    im zweiten Schritt diese Essenz(en) auf Widersprüche hin überprüfen.

Auch im sehr unwahrscheinlichen Fall der Widerspruchsfreiheit wäre höchstwahrscheinlich noch keine Endgültigkeit gefunden.

Das Empirische stösst in der Kosmologie an viele Grenzen.
Ich fürchte daher, das bleibt eine ewige Baustelle.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Atanvarno - 10.02.2015

(10.02.2015, 17:24)MZPTLK schrieb: Die Mathematik ist, wenn sie konsistent betrieben wird, widerspruchsfrei.
Das ist ein Glaubenssatz, aber leider nicht beweisbar. Ich empfehle folgende Lektüre: Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme I. in: Monatshefte für Mathematik und Physik. Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig 38.1931, S. 173–198.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 10.02.2015

(10.02.2015, 18:57)Atanvarno schrieb:
(10.02.2015, 17:24)MZPTLK schrieb: Die Mathematik ist, wenn sie konsistent betrieben wird, widerspruchsfrei.
Das ist ein Glaubenssatz, aber leider nicht beweisbar. Ich empfehle folgende Lektüre: Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme I. in: Monatshefte für Mathematik und Physik. Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig 38.1931, S. 173–198.
Stimmt. Ausserdem ist der Satz partiell tautologisch/selbstreferenziell.
ABER: ich habe bewusst konsistent gesagt, weil das auch empirische Beständigkeit, Haltbarkeit meint.
Will sagen: Das empirische Untersuchungsobjekt und die (angewandte) Mathematik müssen zueinander 'passen', dann ist Konsistenz möglich.
Aber in der Kosmologie scheitert(e) das sehr oft am unzureichenden oder missinterpretierten empirischen Input.
Z.B. kommt man dem vermuteten Urknall empirisch nicht nahe, nur mathematisch. Und schon bekommt man empirische Probleme und Widersprüche...

Die hier und da bestehende formal-logische Unentscheidbarkeit in der 'reinen' Mathematik
macht mathematische Ableitungen, Extrapolationen und Modelle nicht grundsätzlich obsolet.
Auch wenn der Philosoph Otfried Höffe sagt: 'Mit Mathematik kann man die Welt nicht erklären'.
So zugespitzt ist das wohl richtig, aber die Mathematik kann bei der Welterklärung viel helfen.

Aber was bedeutet es eigentlich, wenn man beweisen zu können meint, dass etwas nicht beweisbar ist Huh


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 10.02.2015

(28.06.2014, 11:08)MZPTLK schrieb:
(28.06.2014, 10:42)Atanvarno schrieb: Gott existiert, weil die Mathematik widerspruchsfrei ist und der Teufel existiert, weil wir das nicht beweisen können (Andre Weil)
Der Weil ist aber auch ein Scherzkeks...
Mathematik widerspruchsfrei?
Und der Teufel existiert schon deshalb, weil wir existieren(frei nach Descartes)
Wir hatten beide schon mal eine Widerspruchsfreiheit in der Mathematik relativiert und Gödel dabei ins Spiel gebracht.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Atanvarno - 10.02.2015

(10.02.2015, 19:40)MZPTLK schrieb: Aber was bedeutet es eigentlich, wenn man beweisen zu können meint, dass etwas nicht beweisbar ist Huh

Warum diese Formulierung. Der Beweis ist im Fall der Gödelschen Unvollständigkeitssätze da und auch für Laien nachvollziehbar (D. Hofstadter -  Gödel, Escher, Bach enthält eine sehr gut lesbare Darstellung).

Die Bedeutung war die Widerlegung von Hilberts grundoptimistischem "wir müssen wissen, wir werden wissen"

Wir können eben beweisen, dass wir nicht alles wissen werden.

1931, als Gödel den Beweis veröffentlichte, war das revolutionär, heute ist diese Gewissheit so weit ins kollektive Bewusstsein eingegangen, dass mancher gar nicht mehr versteht, warum das mal eine welterschütternde Erkenntnis war.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 10.02.2015

(10.02.2015, 22:29)Atanvarno schrieb:
(10.02.2015, 19:40)MZPTLK schrieb: Aber was bedeutet es eigentlich, wenn man beweisen zu können meint, dass etwas nicht beweisbar ist Huh

Warum diese Formulierung. Der Beweis ist im Fall der Gödelschen Unvollständigkeitssätze da und auch für Laien nachvollziehbar (D. Hofstadter -  Gödel, Escher, Bach enthält eine sehr gut lesbare Darstellung).

Die Bedeutung war die Widerlegung von Hilberts grundoptimistischem "wir müssen wissen, wir werden wissen"

Wir können eben beweisen, dass wir nicht alles wissen werden.

1931, als Gödel den Beweis veröffentlichte, war das revolutionär, heute ist diese Gewissheit so weit ins kollektive Bewusstsein eingegangen, dass mancher gar nicht mehr versteht, warum das mal eine welterschütternde Erkenntnis war.
Gödel, Escher, Bach war vor 35 Jahren mal sehr en vogue.
Hilbert ist natürlich vorsichtig ausgedrückt sehr kühn.

Ich behaupte, dass wir nicht beweisen können, dass wir nicht alles wissen werden.

Warum?
Ganz einfach: Weil hier die Rede von der Zukunft ist.
Welche Zukunft?
Welche Dimension?
Wer und wie sind wir sagen wir in 1 Mio Jahren?

Wenn wir also zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit unseren gegenwärtigen Mitteln eine solche Behauptung aufstellen,
muss diese alle empirischen Möglichkeiten aller Zukunft implizieren.
Das ist unmöglich.

Auch eine rein formallogische Aussage muss immer die Empirie einbeziehen, wenn sie eine Aussage über diese machen will.
Auch eine rein formallogische Aussage muss sich der Verifikation oder Falsifikation stellen, sonst entzieht sie sich der Welt

(Dass ich es für extrem unwahrscheinlich und eigentlich ausgeschlossen halte, dass wir jemals alles wissen werden,
ist meine private Meinung, die die Qualität eines Glaubenssatzes hat.
Nicht mehr und nicht weniger)