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Leichtathleten als Philosophen? - Druckversion

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RE: Leichtathleten als Philosophen? - Atanvarno - 10.02.2015

(10.02.2015, 22:51)MZPTLK schrieb: Auch eine rein formallogische Aussage muss immer die Empirie einbeziehen, wenn sie eine Aussage über diese machen will.
Nein. Das ist ja grade das schöne an der Mathematik, dass man sie frei von jedem Wirklichkeitsbezug betreiben kann. Die Gödelschen Unvollständigkeitssätze sind immer wahr, auch in 1000 Jahre noch und auch in einem Paralleluniversum mit anderen Naturgesetzen.

Die Gleichungen, die eine Singularität am Beginn des Universums vorhersagen, sind mathematisch korrekt, es sind vielleicht nur nicht die richtigen Gleichungen zur Beschreibung unseres Universums.

Zitat:Auch eine rein formallogische Aussage muss sich der Verifikation oder Falsifikation stellen, sonst entzieht sie sich der Welt
Nein. Formallogische Aussagen sind nicht falsifizierbar im popperschen Sinn. Sie sind beweisbar wahr, falsch oder unentscheidbar.

Man muss sich als Physiker also nur bewusst sein, dass eine mathematische Theorie eventuell nicht hinreichend geeignet ist zur Beschreibung der Wirklichkeit, das ändert aber nichts daran, dass die mathematische Theorie korrekt ist.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 11.02.2015

@Ata: Alles richtig.
Du hast diie Grenzen einer bestimmten Mathematik und der formalen Logik gut aufgezeigt.
Man kann, besser sollte das wie gesagt konsistent betreiben, s.o.
Eine an der Welt, der Wirklichkeit scheiternde Mathematik oder formale Logik ist nicht mein Ding.
Ich hatte vor einigen Jahren mal einen Prof er(über-)lebt, der von der Mathematik kam und immer nur am interpolieren war, um die Mathetik an die Realität zu approximieren.

Es gibt seit etwa den 80er Jahren an vielen Instituten Lehrstühle für theoretische und für praktische Philosophie.
Das hat sich im Zuge der Spezialisierung/Arbeitsteilung herausgebildet.
Für mich gibt es nur eine Philosophie.
Ich bin Theopraktiker.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Atanvarno - 11.02.2015

(11.02.2015, 12:01)MZPTLK schrieb: Eine an der Welt, der Wirklichkeit scheiternde Mathematik oder formale Logik
Die Mathematik scheitert nicht. Es ist nur noch nicht die korrekte mathematische Beschreibung der Wirklichkeit gefunden worden (vielleicht doch ein wenig "wir werden wissen" von meiner Seite Wink)

Zitat:ist nicht mein Ding.


G.H. Hardy schrieb:Gauß und viele weniger begabte Mathematiker konnten sich vermutlich zu Recht darüber freuen, dass es auf jeden Fall eine Wissenschaft gibt [die Zahlentheorie], die aufgrund ihrer Entfernung von den gewöhnlichen Tätigkeiten des Menschen für immer ehrlich und sauber bleiben sollte

Wie man heute weiß, hat sich Hardy mit dieser Einschätzung der Zahlentheorie gründlich getäuscht, aber das zugrunde liegende Gefühl wird von vielen Mathematikern geteilt. Die Anwendbarkeit ist ein Nebenprodukt, Mathematik betreibt der echte Mathematiker um ihrer selbst Willen.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 11.02.2015

(11.02.2015, 13:43)Atanvarno schrieb: Die Mathematik scheitert nicht. Es ist nur noch nicht die korrekte mathematische Beschreibung der Wirklichkeit gefunden worden (vielleicht doch ein wenig "wir werden wissen" von meiner Seite Wink)
[...]
Die Anwendbarkeit ist ein Nebenprodukt, Mathematik betreibt der echte Mathematiker um ihrer selbst Willen.
Na das ist doch klare Kante.
Dass es so schlimm  ist, hätte sogar ich nicht vermutet. Big Grin

Aber den ersten Satz verstehe ich nicht wirklich.
Nach meinem Verständnis scheitert die Mathematik solange an der Wirklichkeit, wie sie diese nicht korrekt(mathematisch) beschreiben kann.

Das tritt...
nach meiner Kenntnis...
ist das sofort.
Unverzüglich.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Atanvarno - 11.02.2015

(11.02.2015, 21:30)MZPTLK schrieb:
(11.02.2015, 13:43)Atanvarno schrieb: Die Mathematik scheitert nicht. Es ist nur noch nicht die korrekte mathematische Beschreibung der Wirklichkeit gefunden worden

[...]den ersten Satz verstehe ich nicht wirklich.
Nach meinem Verständnis scheitert die Mathematik solange an der Wirklichkeit, wie sie diese nicht korrekt(mathematisch) beschreiben kann.
Nö. Scheitern würde sie, wenn es ihre Absicht wäre, die Wirklichkeit zu beschreiben. Ist es aber nicht. Das ist nur das, wofür die Physiker die Mathematik missbrauchen Tongue


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 11.02.2015

(11.02.2015, 21:38)Atanvarno schrieb:
(11.02.2015, 21:30)MZPTLK schrieb:
(11.02.2015, 13:43)Atanvarno schrieb: Die Mathematik scheitert nicht. Es ist nur noch nicht die korrekte mathematische Beschreibung der Wirklichkeit gefunden worden

[...]den ersten Satz verstehe ich nicht wirklich.
Nach meinem Verständnis scheitert die Mathematik solange an der Wirklichkeit, wie sie diese nicht korrekt(mathematisch) beschreiben kann.
Nö. Scheitern würde sie, wenn es ihre Absicht wäre, die Wirklichkeit zu beschreiben. Ist es aber nicht. Das ist nur das, wofür die Physiker die Mathematik missbrauchen Tongue
TeufelAngelExclamationAngryBig Grin
Ich warne Dich: einer meiner ehemaligen Klassenkumpels ist Prof für angewandte Mathetick....Teufel


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 11.02.2015

(10.02.2015, 16:28)lor-olli schrieb: Der aktuellen Diskussion in der theoretischen Physik (überwiegend die Kosmologie beteffend) zu folgen, ist ebenso spannend wie anstrengend. Es gibt mindestens 4 verschiedene Theorien, die sich teilweise diametral widersprechen und sich dennoch mathematisch sinnvoll begründen lassen…
 
 Also, auf die “Spinner“ (naja nicht alle natürlich, einige haben auch einfach nur einen Knall)
Hawkwind(mit Lemmy) haben eine weitere Theorie anzubieten in 'Master of the Universe':

'I am the centre of this Universe
the wind of time is blowing through me
and it's all moving relative to me
It's all a figment of my mind
in a world that i've designed
I'm charged with cosmic energy
Has the world gone mad or is it me?'


RE: Leichtathleten als Philosophen? - lor-olli - 12.02.2015

Mit einem einzigen Satz dieses Songtextes, haben Hawkwind im Prinzip das “ganze Dilemma“ definiert :
“It’s all a figment of my mind“
bringt es auf den Punkt, jede Verbalisierung eines Gedankens hängt zum einen von der Präzision (bzw. dem Determinismus) der Worte ab, sowie natürlich von der Korrektheit der formalen Logik (diese Fehler sind mitunter tückisch) und nicht zuletzt auch von den Prämissen, wobei wir oft unbewiesen davon ausgehen alle zu kennen…
 
In der Kosmologie sehen wir fast täglich was wir entweder nicht wissen, nicht verstehen, oder uns gar nicht erst vorstellen können. Beispiel ein “Schwarzes Loch“ scheinen wir zu kennen, aber verstehen? Nicht nur, dass es oft nicht schwarz ist (Materiestrom zum hell leuchtenden Ereignishorizont), definieren wir es über seine Masse, die wir anhand der Gravitation ermitteln – wohl wissend, dass wir die Gravitation nicht annähernd verstanden haben (In kosmologischen Dimensionen, nicht als Apfel der uns auf die Birne fällt). Und dies sind wohlgemerkt Phänomene die wir beobachten können!
 
Die Philosophie steht prinzipiell vor dem gleichen Problem, der Beschränktheit der Sprache (kaum vorstellbar bei dem Wortreichtum mancher Druckwerke) und der Beschränktheit unseres Wissens. Die Philosophen der Antike und noch viel mehr die des Mittelalters, standen vor Problemen, die uns heute nur ein verständnisloses Schulterzucken kosten.
 
Um den Bogen zur LA zurück zu spinnen brauchen wir uns nur den Hochsprung oder das Kugelstoßen anzuschauen > grundverschiedene Techniken führen zu ähnlichen oder gleichem Ergebnis. Und in der LA haben wir den Vorteil, dass wir die Vorgaben recht streng definieren – sonst wären noch ganz andere Techniken denkbar (den “Schleuderspeerwurf“ haben wir z.B. aus Sicherheitsgründen verboten, sonst stände unter Umständen ein Hammerwerfer als Medaillengewinner da Wink)
 
Das hat in der Summe aber auch etwas Beruhigendes: Es lohnt sich weiter zu denken und weiter zu forschen, wir nähern uns der “Unendlichkeit der Wahrheit“ immer noch im Schneckentempo und bei einem Annäherungsversuch wird es wohl auf immer bleiben.
 
Ist Usain Bolt die endgültige “Wahrheit“ im Sprint? Trotz seiner wirklich herausragenden Leistung und physischen Gegebenheiten zweifeln die meisten wohl daran – er kann uns trotzdem auf eine harte Geduldsprobe stellen, wenn wir denn nicht mit unerlaubten Mitteln die Annäherung oder das Überbieten versuchen.
 
Die Mathematik als “reinste der Wissenschaften“ ist letztlich nur in sich selbst “rein“, jede praktische Anwendung – egal ob Kosmologie oder der Fermat’sche Satz zwingen zu neuen Ansätzen, Prämissen und Determinismen und letztere werden dann unter Umständen zu Interdeteminismen (Lichtgeschwindigkeit?)
 
Also, Warten und Üben auf und für den 10m Weitsprung! DAS ist wohl die Essenz der LA
 
Has the world gone mad, or is it me? Vielleicht die Beste aller Fragen J


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 12.02.2015

(12.02.2015, 10:08)lor-olli schrieb: (den “Schleuderspeerwurf“ haben wir z.B. aus Sicherheitsgründen verboten, sonst stände unter Umständen ein Hammerwerfer als Medaillengewinner da Wink)
 
Die Mathematik als “reinste der Wissenschaften“ ist letztlich nur in sich selbst “rein“...
Hammerwerfer wohl nicht, der Speer ist zu leicht.
Hammerwerfer sollten auch nicht schleudern, sondern ziehen.
Für den Sieg kommen also eher Diskuswerfer in Frage.

Es gibt nach meinem Verständnis keine mehr oder weniger 'reine' Wissenschaften, was die Sujets betrifft.
Entscheidend ist die Methodik und die Begründung der Ergebnisse.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Atanvarno - 12.02.2015

(12.02.2015, 10:50)MZPTLK schrieb:
(12.02.2015, 10:08)lor-olli schrieb: Die Mathematik als “reinste der Wissenschaften“ ist letztlich nur in sich selbst “rein“...
Es gibt nach meinem Verständnis keine mehr oder weniger 'reine' Wissenschaften, was die Sujets betrifft.
Entscheidend ist die Methodik und die Begründung der Ergebnisse.

http://leichtathletikforum.com/showthread.php?tid=91&pid=16491#pid16491