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Leichtathleten als Philosophen? - Druckversion

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RE: Leichtathleten als Philosophen? - lor-olli - 13.07.2015

Als Zehnkämpfer war ich es gewohnt nicht als erster ins Ziel zu kommen und trotzdem noch die 1500m zu laufen… Sind Leistungsgedanken im Angesicht der kommenden Niederlage auch gegen "Übermenschen" (zur Sicherheit und Erklärung = Doper in Überzahl!), ohne philosophische Basis möglich? (Das Gute, Schöne, Wahre… und nein, ich bin ganz sicher kein "Steiner")

Sollte mich mein Kommentar wegen der Bemerkung zum Tod der Philosophie zurückwerfen? Die Philosophie krankt meines Erachtens am Zeitgeist, "Philosophen" wie Precht mutieren zu Medienstars, während die denkerischen Schwergewichte oft erst im Nachgang eine Würdigung erfahren und das auch überwiegend nur durch "Eingeweihte". Wittgenstein stellte sich in Cambridge vor und der Dekan der philosophischen Falkultät bekannte anschließend: "ich habe ihn nicht verstanden…" (wem geht das nicht so Wink), auch menschlich war Ludwig W. wohl medienuntauglich (Asperger-Syndrom!?), aber heute unzweifelhaft anerkannt. Diskreditiert dieser Umstand die Philosophie oder nicht eher die Gesellschaft und ich sehe die aktuelle Situation sich eher verschärfen.

Philosophie hat eine wichtige Aufgabe, zunehmend wichtiger auch in unserer Zeit: die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft (wer telebücher liest quick and dirty > http://www.heise.de/tp/ebook/ebook_22.html, aber durchaus interessante Gedanken). Quantenmechanische Effekte, Raumdimensionen, medizinisch- technische Innovationen, z.B. in der Genetik, Fortschritte in der Entwicklung der Semantik des maschinellen Denkens, bedürfen dringend einer philosophischen Evaluierung, doch weit entwickelte Nationen diskutieren lieber ob die Evolutionstheorie an Schulen gelehrt werden sollte oder doch eher das "grand design"… (Nun ja, Idioten gab es in jeder Epoche, aber gleich 30% der Bevölkerung?)

Im Zusammenhang müssten wir vielleicht auch die Leichtathletik betrachten, ist das was im sportlichen Spitzenbereich abläuft überhaupt noch "moralisch" vertretbar? Ich sehe in Peking z.B. ein 100m Finale kommen, in dem vermutlich kein Ungedopter dabei ist und soll mich begeistern? Philosophie hat einst die großen Richtungen definiert, heute droht sie sich in Stellungskriegen zu Altbekanntem zu verlieren. (sorry für die Überspitzung, aber ich denke wir sollten die ausgetretenen Pfade des öfteren mal verlassen - auch in der Phiosophie)

- So, das ist nun die andere Wange die ich hinhalte Wink


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 13.07.2015

Kann dir keine Backpfeife geben. Habe nicht ganz verstanden, worauf du hinauswillst.

Zuerst der Übermensch. Muss von dem die Rede sein, wenn man sich auf Herrn N. bezieht? Muss nicht! V.a. nicht, wenn von Kontingenz im Sport oder der symbolischen Bedeutung des Sports die Rede sein soll. Ihr Jungs kriegt euch damit ja nicht mehr ein. Und immer ist der Leistungsbegriff im Vordergrund. So, als wäre und müsse der Sport ein Spiegel der sog. Leistungsgesellschaft sein. (Ist ja ein bekannter Topos) Leistung ist aber nur ein Aspekt. Daneben gibt es Dinge, die nicht vom Leistenden abhängen. Du kannst sagen: das lässt sich vernachlässigen. Oder: alles hängt vom Handelnden ab. Aber das behauptest du dann nicht als Realist, sondern als Utopist. Ich verstehe, warum das geschieht. Aber besser wird es dadurch nicht. Und bedenkenswert ist es umso mehr, als dass der Sport von Erwartungskollektiven überfrachtet ist.

Dann zum Zeitgeist. Muss ich „Medienstar“ Precht kennen, um mich in Philosophie auszukennen? Oder wie der Zeitgeist mit Philosophie umgeht? Ich kann natürlich auch die Philosophie von Bayern München studieren. Dennoch wird nicht die in den Bibliotheken verbleiben, solange diese Welt sich dreht. Sondern die Bücher von Wittgenstein und Co. Ob ein Dekanchen oder ne Pappnase auf der Straße ihm das eigene Nichtverstehen vorwirft, ist absolut gleichgültig. 

Dann zu den Richtungen. Warum sollte die Philosophie in einer wissenschaftlich-technischen Welt noch die große Richtung vorgeben können. Sie wird auf diesem Feld weitgehend reaktiv verfahren. Also auch zu den philosophischen Ansprüchen von Wissenschaftlern Stellung nehmen, welche mit Weltdeutungen aufwarten. Dass man Evolutionstheorie lehren kann und trotzdem Religion unterrichtet, kann man als Philosoph für sehr weise halten. (Obwohl man es nicht muss) Im Übrigen können beide Disziplinen falsch verstanden werden. 

Ach so, dann gibt es ja noch die Moral oder eine Vernunftidee des Rechts! Ist die ohne Physik möglich? Glaub schon. Müssen wir dadurch irgendwie weiter kommen? Oder reicht es nicht auch, dass wir uns des Angemessenen vergewissern? Wobei das Zurück-geworfen-Werden auch nicht immer von Nachteil ist. Das Gute vom Schönen (und vom Wahren) zu trennen, war z.B. eine sinnvolle Form der kulturellen Ausdifferenzierung. Aber man kann auch hinter sie zurücktreten. Wenn mich der Sport fasziniert - und ich nicht auf totaler Niveaulosigkeit verbleibe - tue ich das in bestimmter Weise nämlich immer.   

Muss mich das dann weiterbringen? Falsche Frage! Big Grin


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 13.07.2015

(13.07.2015, 07:31)Pollux schrieb: Aber alle Positionen werden dem Begriff „Leistung“ einen anderen Stellenwert zubilligen. Darüber nachzudenken, wäre höchst bedeutsam. Aber das nur am Rande. Denn bis dahin kommen wir garantiert nicht. Muss man ja auch nicht, gel! 
Dahin kommen wir garantiert, weil ich am Wochenende ein etwas längeres Pamphlet an dieser Stelle schreiben werde.
Es wird für jeden genügend interessante Anknüpfungspunkte geben.
Das Thema Leistung gehört konstituierend zur Leichtathletik,
aber natürlich auch zum Leben und zur Gesellschaft überhaupt.
Bedeutsamst und interessantst also auch sogar für Hellmuth.

@Pollux + Lor-Olli: Prima, weiter so!


RE: Leichtathleten als Philosophen? - lor-olli - 13.07.2015

Nur kurz, (gleich wird mir nämlich meine Zahnärztin auf den abgebrochenen Zahn fühlen), das "Dekanchen" welche(r oder s) Wittgenstein nicht verstand war Bertrand Russell, immerhin der Doktorvater von Wittgenstein, die Irritation bestand auch nur anfänglich und lag wohl in der Person von Wittgenstein begründet. (Welcher es vorzog andere nicht zu Wort kommen zu lassen Wink)

Philosophie wird auch zukünftig die Geister bewegen und erhitzen, dass sie eine "große Richtung" vorgeben sollte ist ein Missverständnis. Es ist nur auffällig, dass die aktuellen Philosophen wenig bis gar nicht die aktuellen Fragen der Gegenwart reflektieren, dabei bräuchte die "Informationsgesellschaft" dringend eine normative Kraft abseits der Politik, angesichts von "BigData", den Fehlentwicklungen bezüglich totaler (digitaler) Kontrolle, Machbarkeitswahn, Aushöhlung demokratischer Prinzipien etc.

"…dann gibt es ja noch die Moral oder eine Vernunftidee des Rechts!…" da habe ich meine (auch politischen) Zweifel, es mangelt an ausreichend theoretischer Erörterung, mehr aber noch an realer praktischer Umsetzung (auch in der Diskussion, immerhin gibt/gab es einige wenige Aufrechte wie Stéphane Hessel der forderte "Empört Euch"!)

So, wenn von mir nix mehr kommt, gebe ich mich der Schmerzkontemplation hin Wink (ach, kann ich ab, außerdem hat Frau Dr. ein "zartfühlendes Händchen")


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 15.07.2015

Der Machbarkeitswahn wurde von Denkern bereits thematisiert, da hast du noch in die Windeln geschissen. Angel Und wenn sich heute Leute mit Big Data beschäftigen, greifen sie nicht selten auf solche Analysen zurück. (Muss aber nicht der Fall sein) Statt Anekdoten zum Besten zu geben und den jovialen Platzanweiser zu spielen - vielleicht erst mal intensiv was lesen. Aber wenn du z.B. einen Habermas konsultierst, um die Aushöhlung demokratischer Prinzipien zu reflektieren, kostet das halt sehr viel Anstrengung. Für den Zeitgenossen üblicherweise viel zu viel! 

Mit einem unreflektierten Leistungsbegriff kann man dem Machbarkeitswahn übrigens auch erliegen. Denn er beinhaltet u.a. eine Überbietungslogik - samt entsprechender Eigendynamik. Also: Wann „knackst“ du die 7 Meter im Stabhochsprung? Langsam wird es nämlich Zeit, in solche Leistungsbereiche vorzustoßen. Die symbolische Bedeutung liegt schließlich auf der Hand. 

PS: Das weiß auch Onkel MZ! Deshalb muss er auch intensiv grübeln. Wie schon einige vor ihm. 


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 15.07.2015

(15.07.2015, 07:50)Pollux schrieb: Das weiß auch Onkel MZ! Deshalb muss er auch intensiv grübeln. Wie schon einige vor ihm. 
Huch! Kannst Du Gedanken lesen?

Geh' LorOlli mal nicht so pampig an, er wird noch gebraucht.
Aber ich muss zugeben, es haftet ihm schon etwas von einem jovialen Platzanweiser an.
Das kommt sicher auch daher, weil er Admin eines anderen Forums ist.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 15.07.2015

Kein Hellseher! Weiß nur, wie intensiv sich die Bubies aus dem einschlägigen Gewerbe  mit dem sportlichen Leistungsgedanken auseinandergesetzt haben: z.B. die Krockows, die Offes, die Adams, die Ortegas, die LENKS, die Rigauers, die Gebauers, die Königs, die Schürmanns, die ‚Sloter-Nietzsches’, die Seels - und wie sie noch alle heißen. Sie intus zu haben und dennoch eine originelle Variante zu liefern - oder gar noch viel weiter auszugreifen, kann ein Geplauder schon sehr interessant machen. Folglich weiß ich nur, was du als Allesleser immer schon wusstest.  

Also, wann lieferst Du? 


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 15.07.2015

(15.07.2015, 15:29)Pollux schrieb: Also, wann lieferst Du? 
Sach ich doch, am Wochenende, wenn nichts dazwischen kommt.
Zum Beispiel brütendes Wetter, da kann ich nicht brüten.

Schlotterdick hat auch einige Irrungen und Wirrungen hinter sich,
aber es hat ihm mehr genützt als geschadet

Ich bin natürlich kein Allesleser, und vor allem den letzten 30 Jahren habe ich wenig mitbekommen.
Aber machternixe, das kann den Blick schärfen.

Die Schwierigkeit wird sein, die Unmenge Stoff auf sagen wir etwa 10 Seiten zu konzentrieren.
Aber man gönnt sich ja sonst nichts.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 16.07.2015

Hitze? Dann musst du in die Berge! So wie die beiden Philosophen hier - beim Nachdenken über Leistung.  Idea


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 16.07.2015

(16.07.2015, 07:51)Pollux schrieb: Hitze? Dann musst du in die Berge! So wie die beiden Philosophen hier - beim Nachdenken über Leistung.  Idea
Die wollten wohl nicht an ihre Leistungsgrenzen gehen. Tongue