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Leichtathleten als Philosophen? - Druckversion

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RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 09.02.2016

Nix Genaues weiss man nicht, höchstens Collins himself.
Solange sendet er sehr fragwürdige Signale.

Niemand hat was gegen Fortschritt und die Realisierung des (welt-)verbessernden Noch-Nicht.
Bei Collins vermute ich eine andere Art von 'Fortschritt'.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 09.02.2016

Wenn du schon vermutest, geh nicht leichtfertig mit dem Noch-Nicht um. Denn u.U. sieht auch Kollins Fortschrittsambition das Optimum NOCH NICHT realisiert. Aber diese mögliche Utopie interessiert mich nicht die Bohne!


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 14.02.2016

Das Prinzip Gerechtigkeit
Teil 4/2: Theoretiker


Ich bin mit der Gerechtigkeit verheiratet
(Nick Knatterton, Meisterdetektiv)

Anaximander: Gerechtigkeit ist ein universales Ordnungsprinzip.
Der Mensch sollte und kann sich gegenüber allem Seienden gerecht verhalten, dem Seienden gerecht werden.
Sowohl im Interesse der Natur, der Anderen und in seinem eigenen.

Aristoteles: Unterscheidet persönliche und gesellschaftliche Gerechtigkeit.
Dies betrifft aber nur Beziehungen von Einzelpersonen zueinander(Verkehrsgerechtigkeit) und zum Staat(legale, verteilende G.)
Er unterscheidet auch zwischen aus-/ver-teilender(distributiver) G. und ausgleichender, kompensierender(kommutativer) G.
Gerechtigkeit ist
- die oberste Tugend des Charakters
- ein Ordnungsprinzip der menschlichen Gemeinschaft(gleich/ungleich)
Jeder hat den Platz einzunehmen, der ihm nach der Ordnung der Gerechtigkeit(Un-)Gleichheit zukommt.
Glückskonzeption als Schlüssel der Individualmoral.
Gerechtigkeit als Kernbegriff der Staatsmoral.
Die 'alten Griechen' sahen ein Handlung dann als gerecht an,
wenn Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt wurde.
Diesen Geist des 'suum cuique'(Jedem das Seine) haben die Römer gern übernommen.

Man muss dabei immer bedenken, dass die Polis Athen im 5. Jahrhundert v.u.Z. etwa 300.000 Bewohner umfasste.
Nur etwa 11 % davon durften politisch mitwirken und an den Ratsversammlungen teilnehmen.
Vor allem Sklaven, Frauen, Einwanderer waren ungleich.
Das Streben nach den höchsten Gut, nach lohnenswerten Zielen, nach der umfassenden Glückseligkeit
fällt mit dem Streben nach Gerechtigkeit zusammen, aber nur für diese relativ homogene Elite,
nicht oder weniger für die Masse.
Die Gerechten dieser Elite opfern sich nicht für (soziale)Gerechtigkeit oder erleiden persönliche Nachteile,
sie wollen ein gelungenes Leben führen und zur persönlichen Vollendung gelangen.
Viele müssen unfrei sein, damit Wenige frei sein können.
Das entspricht einer uralten kosmologischen Idee der geordneten Welt.

Nietzsche: 'Jedem das Seine geben, das wäre Gerechtigkeit wollen und das Chaos erreichen.'
Er war u.a. ein Anhänger des hinduistischen Manu-Gesetzes, das ein anti-egalitäres Kastensystem beinhaltete.
Liegt dem eine Egalitätsvorstellung zugrunde, einer höherstufigen Egalität,
welche nur durch Ungleichbehandlung erreichbar ist?
Nietzsche lehnt den Vergeltungsgedanken ab, er hält V. als Begründung von Strafen für einen irrationalen Racheakt,
der durch christliche Lehren(Höllenfeuer) gestützt wird.
Dass Vergeltung (auch) als ausgleichende Gerechtigkeit(Aristoteles) Sinn machen könnte, als ex-post-Kompensation des Schadens und als ex-ante-Abschreckung, ignoriert er oder schätzt er gering.
Würde Dopern keine Vergeltung(Sperre, finanzielle Kompensation, usw.) drohen,
würde man dann noch Wettkampfsport machen?
Oder trifft für Nietzsche die Einschätzung von Abaelardes zu:
'Wir mögen die Strafe nicht, die gerecht ist,
wohl aber die Handlung, die ungerecht ist'?

Brundage: 'Sport findet statt ohne die Ungerechtigkeiten von Kasten, Rassen, Herkunft, Geld, Bildung...
Auf dem Sportfeld steht und fällt Jedermann nach seiner Leistung.
Daher gewinnt der Sport Anziehungskraft und Integrationskraft.
Aufstiege im Sport sind auf Leistung rückführbar.
Im Sport findet die undurchsichtige Komplexität sozialer Beziehungen,
die Rangzuweisung nach nicht recht einsehbaren Kriterien,
die schwere Durchschaubarkeit beruflicher Leistungen keine Parallele.
Soziale Anerkennung, Aufstieg, Integration wird also doch noch möglich
über das System gemeinsam verstandener und akzeptierter Werte.
Dem Sportler dadurch Befriedigung verschaffend, Achung, Anerkennung gebend,
durch Qualitäten, die im Alltag verborgen bleiben, nicht wirken.'

Rawls sieht für die Gesamtgesellschaft einen Vorrang der Gerechtigkeit vor der Leistungsfähigkeit.
Im Subsystem Sport wird die Gerechtigkeit durch die Leistungsfähigkeit erstrebt.
Sportliche und soziale Gerechtigkeit/Fairness sind nicht deckungsgleich.
Güterausgleich-Fairness ist anders gestrickt als Wettkampf-Fairness.
Aber: das mit der sportlichen Fairness Gezeigte kann in die Gesellschaft hinein wirken.
Das dem Sport immanente Versprechen der besonderen Chancengerechtigkeit
durch Honorierung von Talent, Vorbereitung und messbarer Leistung ist für solche Menschen attraktiv,
die im 'richtigen Leben' sozial benachteiligt sind und Anerkennung brauchen.

Wagner fragt, nach welchen Prinzipien Gesellschaften Güter und Privilegien(Geld, Ehre, Freizeit, Spass, Karriere, Luxus, usw.) verteilen:
A-Prinzip: Ahnen, Alter(statische Kulturen)
G-Prinzip: Geburt, Geschlecht(keine noch so grosse Leistung kann die Vorteile verschaffen, die der 'richtige' G-Faktor liefert)
L-Prinzip: Jedem nach seinen Leistungen = Leistungsprinzip, erfolgreiche Vermarktung vorausgesetzt
S-prinzip: Sozialprinzip. Egalitärer Ansatz, Alle sollen gleiche (Start-)Chancen haben.
B-Prinzip: Bedürfnisprinzip. Jedem nach seinen Bedürfnissen
I-Prinzip: Ideologie, Interessenidentifikationsbereitschaft, Gesinnung, Glauben, Loyalität bis zur Korrumpierung
              Zu beobachten oft bei grossen Organisationen wie Verbänden, Parteien, Religionen, etc,
              besonders, wenn diese deterministisch orientiert und strukturiert sind, und natürlich bei Despotien
Diese 6 stehen zwar im Wettbewerb, sind aber immer zugleich gültig und mehr oder weniger präsent und durchschlagend.
Für jeden historischen Moment müsste man - alle notwendigen Infos vorausgesetzt - die Rangfolge dieser Prinzipien herausdestillieren können.
Dies wäre nützlich für (Schnell-)Analysen von Staaten, Parteien, Unternehmen, Organisationen(wie Fifa, Iaaf, IOC...)
Auch Kulturschocks, ®Evolutionäre Prozesse als Rangwechselprozesse können so verstanden werden.
Z.B. sollte bei der Russischen Revolution das G- durch das S-Prinzip ersetzt werden.
In evolutionären Prozessen wird gleitend, verlustmindernd und harmonisierend vorgegangen,
es herrscht eine Koexistenz der Prinzipien, bis sich eine Rangordnung herausbildet.

Merkel/Krück destillieren aus diversen Gerechtigkeitstheorien
(der sogenannten Neoliberal-, Egalitar-, Kontraktualis-, Kommunitar-, International- Ismen )
2 Prinzipien für soziale Gerechtigkeit heraus:
1. Gleichverteilung der Zugangsmöglichkeiten zu notwendigen Grundgütern für die individuell zu entscheidende Entfaltung von Lebenschancen
2. Stärkung individueller Fähigkeiten, die persönliche Autonomie, Würde, Entscheidungsfreiheit, Lebenschancen und Optionsvielfalt schützen, sichern und erweitern
Daraus leiten sie 5 Dimensionen sozialer Gerechtigkeit ab:
1. Vermeidung von Armut
2. Soziale Chancen durch Bildung
3. Soziale Chancen durch einen integrativen Markt(Beschäftigungsquote, angemessene Einkommensverteilung)
4. Berücksichtigung der besonderen Situation und Rolle der Frau
5. Soziale Sicherung dergestalt, dass Sozial- und Gesundheitsausgaben im nachhaltigen Verhältnis zum Sozialprodukt stehen
Hier wird die proaktive, ex-ante, gerechte Verteilung von Zugangschancen betont.
Nachträgliche sozialstaatliche Kompensationen sollen vermieden werden
- weil sie weniger geeignet sind, Ungerechtigkeiten zu korrigieren
- weil sie höhere Kosten für die Gesamtgesellschaft verursachen
- Lebenschancen verringern
- nicht nachhaltig sind
Ex-post-Alimentation ist wegen Würde- und Autonomie-Wahrung und Teilhabegerechtigkeit der Menschen unstrittig.

Leisering sieht eine Tendenz zur Teilhabegerechtigkeit in der Gerechtigkeitsdebatte, ohne dass die Bedarfsgerechtigkeit dadurch ersetzbar wäre.
Er benennt 4 Paradigmen sozialer Gerechtigkeit:
1. Bedarfsprinzip: Staat hat die Aufgabe/Pflicht einer Bedarfsabsicherung, damit einer Umverteilung
2. Leistungsprinzip: Betonung der Leistungsgerechtigkeit, geringe Eingriffe in Marktverteilung, minimierte Absicherung bei Notlagen
3. Produktivistische Gerechtigkeit: Jedem nach seinen für die Gesellschaft erbrachten Leistungen(nicht zu verwechseln mit 2., weil hier auch z.B. Pflege Angehöriger, usw. besser honoriert würde)
4. Teilhabegerechtigkeit: rechtliche Gleichstellung, soziale Anerkennung, Beteiligung am sozialen, kulturellen und  ökonomischen Leben

Schulze-Heuling sieht aktuell eine zunehmende gefühlte Ungerechtigkeit.
Das beruhe oft auf Missverständnissen, in die sie Klarheit bringen möchte.
So müssten wir Abschied nehmen von der Forderung nach gerechten Preisen, Löhnen und Leistungsgerechtigkeit,
weil diese Formen des allgemeinen Prinzips der Tauschgerechtigkeit seien, das die intersubjektive Wertgleichheit der Tauschobjekte verlangt.
Wertgleichheit setzt die Möglichkeit einer halbwegs objektiven Wertbestimmung voraus.
Wert ist aber eine subjektive Kategorie, ein solcher ist also nicht objektivierbar, nicht allgemeinverbindlich taxierbar.
Z.B. verlieren Werte bei Notlagen, Notverkäufen ihren Wert, woraus Käufer in komfortableren Lagen exorbitante Profite schlagen können.
Ein freiwilliger Tausch kommt erst dann zustande, wenn alle Parteinen einen momentanen subjektiven Gewinn(freiwillig auch bei Notverkauf, denn die Alternative ist Verhungern, Klauen, etc.) annehmen.
Laut Schulze-Heuling liesse sich also die soziale Gerechtigkeit einer Tauschhandlung ganz einfach bestimmen:
sie ist gerecht, wenn niemand zu ihr gezwungen wurde.
Auch einen gering bezahlten Job anzunehmen ist demnach eine freiwillige Entscheidung und daher nicht ungerecht.
Freiwilligkeit schütze auch nicht vor schlechten oder falschen Entscheidungen.
Auch die Intuition, dass Gleichheit in einem engen Zusammenhang mit sozialer Gerechtigkeit stehe, sei irreführend.
Denn die Angleichung von Lebensverhältnissen sei nicht nur praktisch undurchführbar,
weil die Ausgleichstelle über alle notwendigen Informationen in allen relevanten Lebensbereichen verfügen müsste
und damit jedes Privatleben weitgehend abschaffen müsste, sondern auch theoretisch unbegründbar.
Eine logische Sackgasse bestehe auch bei der Entscheidung zwischen Gleichbehandlung und Ergebnisgleichheit.
Wegen der Unterschiedlichkeit der Individuen führt eine Gleichbehandlung immer zu ungleichen Ergebnissen.
Will man aber Ergebnisgleichheit, dann muss man die Menschen ungleich behandeln(erinnert an Gundersen-Methode beim Zehnkampf).
Das führt zu der paradoxen Situation, dass wer mehr Gleichheit in einer Hinsicht erstrebt, mehr Ungleichheit in anderer Hinsicht erreicht.
Ob das Leben eines Menschen übel ist oder nicht, hänge nicht davon ab, ob es Anderen besser oder schlechter geht , sondern einzig und allein vom Ausmass des Übels.
Nicht relationale, sondern absolute Masstäbe seien dafür entscheidend.
A soll nicht deshalb Nahrung, medizinische Versorgung oder Bildung bekommen, weil B das hat, sondern weil A ein Mensch ist.
Einem Kind soll das Lesenlernen nicht verboten werden, nur weil in der Nachbarschaft niemand lesen kann.
Wäre Gleichheit wirklich sozial gerecht, dann wäre ein Zustand, in dem es Allen schlecht geht,
gerechtigkeitstheoretisch ideal.
Oft ist von Verteilungsgerechtigkeit die Rede, wenn es eigentlich um Tauschgerechtigkeit geht,
zum Beispiel bei der Frage nach gerechten Einkommen.
Es handelt sich um eine Leistung gegen Geld.
Das gelte nun auch für die Höhe von Vermögen.
Solange diese nicht auf unrechte Weise,
sondern durch freiwillige Tauschakte, Schenkungen oder Glücksspiel zustande gekommen sind,
sei daran aus der Perspektive der sozialen Gerechtigkeit nichts auszusetzen.(o doch!/MZPTLK).
S-H. empfiehlt, der inhärenten Unfähigkeit kollektiver Systeme, soziale Gerechtigkeit zu schaffen,
damit abzuhelfen, weite Lebensbereiche ihrer Verfügung zu entziehen.
MZPTLK warnt auch davor, die kollektiven Systeme in dieser Hinsicht zu überschätzen,
warnt aber ebenso davor, den sogenannten freien Markt zu überschätzen.

Höffe sieht 2 Momente der Gerechtigkeit:
die Gegenseitigkeit und das Geschuldetsein als unverzichtbar an.
Gerechtigkeit ist schon von ihrem Begriff her sozial, weil intersubjektiv.
(MZPTLK: Es gibt auch eine inner-/intra-subjektive G.)
Auch die soziale Gerechtigkeit ist eine Sache von Gabe und Gegengabe zugleich.
Wer nur Rechte ohne Pflichten in Anspruch nimmt, hat sich von der Gerechtigkeit verabschiedet.
Die soziale Gerechtigkeit rechtfertigt Ansprüche und begrenzt sie zugleich.
Der Staat ist im Wesentlichen nur zu sekundären Leistungen fähig,
während die primären Leistungen die Bürger selbst erbringen.
In der Demokratie sind die Bürger einander neben-, nicht unter-geordnet.
Jede Verteilung enthält ein Moment maternalistischer Fürsorgementalität,
die demokratische Zusammenarbeit besteht aber in geschwisterlicher Wechselseitigkeit.
Auch liberale Gemeinwesen hätten die früher verantwortlichen Institutionen wie Familien, Sippen und Zünfte
sowohl rechtlich als auch finanziell entmachtet.
Die ausgleichende Gerechtigkeit erfordere daher eine Kompensation, eine Ausfallbürgschaft durch den Staat.
Zu hohe Bürgschaften minderten allerdings den Anreiz zur Eigenverantwortung.
Eine bevormundende Fürsorge, Alimentation zu empfangen, bedeutet kein Höchstmass an Würde.
Die Würde des Menschen werde auf Materielles verkürzt.
In dem Zusammenhang sei auch die vielerorts herrschende Lohnfindung und Tarifpolitik,
die Besitzer von Arbeitsplätzen schützt, die Besitzlosen aber diskriminiert,
im Namen der sozialen Gerechtigkeit grundlegend zu ändern(o.k. - aber wie?).
Würde man im Bildungsbereich Jedem dasselbe zukommen lassen,
würden die einen über- die Anderen unterfordert,
so dass man diesen wie jenen Gerechtigkeit verweigerte.
Generationengerechtigkeit bedeutet Gemeineigentum aller, also auch zukünftiger Menschen an der Natur.
folglich darf keine Generation den Nachfolgenden eine geplünderte oder zerstörte Natur hinterlassen.
Eine sich mehr und mehr öffnende Schere zwischen steigenden Ausgaben für den Sozial- und Gesundheitsbereich
und für die Tilgung der unvorstellbar hohen öffentlichen und privaten Schulden
hat gleichzeitig  sinkende Investitionen in die Lebenschancen der Jugend zur Folge.
Wenn der sogenannte Sozialstaat also sozial gerecht sein wolle,
müsse er sich vom Wohlfahrtsstaat und Sozialversicherungsstaat zum Sozialinvestitionsstaat transformieren.

Ebert bietet eine Typologie historischer Gerechtigkeitskonzeptionen an:
                                       
                                        Egalitäre Ansätze                                             Anti-Egalitäre Ansätze
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------    
                                         Streng                   Moderat                             Moderat                      Streng
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 
                                         Rechtliche G.         Rechtliche G.                     Rechtliche G.              Rechtliche
                                         Weitgehende          Eingeschränkte                  Soziale und                 Ungleichheit.
                                         soziale und             soziale und                        ökonomische               Soziale und
                                         ökonomische          ökonomische                      Ungleichheit                ökonomische
                                         Gleichheit               Gleichheit                                                            Ungleichheit
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Gemeinwohlethische           Thomas Morus        John S. Mill                        Demokratisierte            Platon
Ansätze                                                                                                    kath. Soziallehre          Aristoteles
                                                                       Demokratisierte                                                     Thomas v. Aquin
                                                                       katholische                        Kommunitarismus         Hobbes
                                                                       Soziallehre                        (MacIntyre)                   Vordemoktatische
                                                                                                                                                   katholische
                                                                       Kommunitarismus                                                  Soziallehre
                                                                       (Walzer)
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Individualistisch-             Marx                           Marx                                 Locke                           Kallikles
verdienstethische            (Gerechtigkeit              (G. unter                           von Hayek                     Nietzsche
Ansätze                         unter                           Knappheit)                         Nozick                         Sozial-
                                     Überfluss-                                                            Kersting                        Darwinismus
                                     Bedingungen)                                                       Dahrendorf
                            
                                     Dworkin
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Kooperationsethische      Rousseau                    Rawls                               Kant
Ansätze



Utilitarismus: habe ich nicht vergessen.
Alle Theoretiker sind Utilitaristen, der einzige Unterschied besteht im cui bono.

Cicero,  Aufklärung, Marxismus, Rawls, usw. würden den Rahmen sprengen,
ausserdem sind ihre Gedanken in Vielem hier enthalten.

Der nächste Abschnitt konzentriert sich auf die Schwergewichte Hegel und Tugendhat,
da müssen wir uns gaaaanz warm anziehen...


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 15.02.2016

Ich doziere, also bin ich! 

PS: 
Bevor du hier ne Klausur ansetzt, musst du aber noch nachbessern! Du hast z.B. so viel Ahnung von Aristoteles’ Gerechtigkeit wie ich vom Fliegenfischen. Aber du führst immerhin den Kersting in deinem Schema. Den würde ich mal lesen. Das hilft! Auch in Bezug auf deine Unterschlagungen.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 16.02.2016

(15.02.2016, 17:04)Pollux schrieb: Bevor du hier ne Klausur ansetzt, musst du aber noch nachbessern! Du hast z.B. so viel Ahnung von Aristoteles’ Gerechtigkeit wie ich vom Fliegenfischen. Aber du führst immerhin den Kersting in deinem Schema. Den würde ich mal lesen. Das hilft! Auch in Bezug auf deine Unterschlagungen.
Dann musst Du aber ne Menge Ahnung vom Fliegenfischen haben!
Immerhin habe ich mal ne Examensklausur über Aristoteles(2+) geschrieben.
Aber vielleicht hatte der Prof. auch keine Ahnung von Ari.
Ich habe ein wohlwollendes, aber kritisches Verhältnis zu ihm.
Er ist natürlich auch ein Kind seiner Zeit und der obwaltenden Verhältnisse.
Andere Philosophen vor und nach ihm sind wegen ihrer aufrührerischen Ansichten verjagt, eingeknastet oder abgemurkst worden, z.B. Sokrates, Seneca...
Eine interessante Frage wäre auch, warum und wie sich sein Schüler Alexander 'der Grosse'
zu Alexander dem grossen Massenmördermonster entwickeln konnte.
Wohl auch deswegen, weil Aristoteles Demokratie schlechtredete und elitäre Herrschaftsformen(allerdings nicht die Despotie) propagierte.
Dazu wäre noch viel mehr zu sagen, auch zur Frage, inwieweit die Nikomachische Ethik aus seine Feder stammt.

Hegel hat ja auch im Zuge der Restauration und der Demagogenverfolgung
bezüglich seiner früheren Schriften eine schwierig nachvollziehbare Kurve gemacht.
Meine These: Er brauchte was zu essen und wollte Professor bleiben.
Daher auch die Verschiedenartigkeit seiner Epigonen.

Den Kersting hielt ich nicht für sooo ergiebig, aber ich werde gern nochmal nachlesen.
Hat sich viel mit Rawls auseinander gesetzt, diesen habe ich hier 'unterschlagen',
weil er - wie einige andere, z.B. Kant - leicht zugängliches  'Allgemeingut' ist.
Ich muss einfach Mut zur Lücke an den Tag legen, sonst artet das hier noch aus.

P.S.: Die Klausur wird unerbittlich! Teufel


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 16.02.2016

Sack Zement, das ist ja mal eine diskursfreundliche Antwort!  

Aristoteles’ Auffassung der ‚iustitia distributiva’ (Verteilungsgerechtigkeit) , muss in ihrer Komplexität gesehen werden. (Das kann man natürlich mit dem Verweis auf die Sklavenhaltergesellschaft der Antike unterlassen. Dann kommen nur billige Rechnungen raus) Sie ist Teil der Ethik und zugleich Teil der Politischen Philosophie. Deren Wirkungsgeschichte reicht schließlich bis an den Übergang zur Neuzeit. 

Nur wenn man die Komplexität würdigt, wird der Kontrapunkt deutlich, den die Neuzeit setzt: die Verteilungsgerechtigkeit auf die staatliche Sicherung einer (liberalen) Privatrechtsordnung zu verkürzen. Mit den entsprechenden sozialen Folgen innerhalb der modernen Marktwirtschaft. Ich habe Kersting gewählt, weil er diesen Übergang sehr treffend markiert - und mit dem Namen Kant und dessen Philosophie des bürgerlichen Rechtszustandes verbindet. 

Das erwähne ich aber nur, damit du überhaupt einen Zugang zu Hegel findest. Dem war nämlich der emanzipative Gewinn des Übergangs ebenso klar wie der substanzielle Verlust. Und zwar gemessen an den sozialen Wirkungen des Frühkapitalismus, der sich auf die Rechtsgrundlagen der bürgerlichen Gesellschaft stützt. Was für Hegel nun kennzeichnend ist, ist der Versuch, die Grundlagen des Politischen Aristotelismus mit Kants Philosophie zu verbinden. Und zwar in einer - der modernen liberalistischen Freiheits- und Menschenrechtsidee - angemessenen Weise. Einfacher ausgedrückt: Ohne diese Verbindung bleibt dir der Zugang zu Hegel versperrt.  

Und nur am Rand: Kant war kein Utilitarist. Genauso wenig wie Aristoteles ein Utilitarist gewesen ist. Ach so: Und Nietzsche ist auf diesem Terrain ziemlich deplatziert!


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 16.02.2016

Eben, das konnte solange wirken, denn bis zur Neuzeit gab es keine einigermassene Demokratie für Alle,
weil nicht Alle gleiche Rechte hatten.
Der Volonte General kam erst im 18. Jh auf.
Aber um Ari gerecht zu werden: wenn einige Herrschaften heutzutage die Nikomachische Ethik beherzigen würden,
hätten wir ein paar Probleme weniger auf der Welt.

Natürlich hat Hegel auf seinen Vor-Denkern aufgebaut, er war kein Ignorant wie viele andere Philosophen(Namen werden nicht genannt).
Hegel konnte wenig Kenntnis vom (Früh-)Kapitalismus haben, auch er war ein Kind seiner Zeit und seines Umfeldes.
Hegels Wurzeln sind hauptsächlich der Pantheismus, organistisches Denken und Historizität.
Seine Wirkung reicht mindestens bis zum Kommunitarismus, Konstruktivismus und zum aktuellen Anerkennung-Projekt von Honneth.

Alle sind Utilitaristen, Jeder legt cui bono nur anders aus.
Übrigens waren Utilitaristen schon Vorkämpfer für demoratische Progression wie z.B. Frauenwahlrecht(cui bono, q.e.d.),
da waren viele Philosophen noch nicht mal als Spermien auf der Welt.

Den Chaoten Nietzsche habe ich auch nur ins Spiel gebracht, um Dich zu ärgern. Teufel


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 16.02.2016

Leider halte ich fast jeden deiner Sätze für falsch! 

Aber ich verstehe, wenn Ökonomen nicht vom Utilitarismus loskommen.... Cool


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 16.02.2016

(16.02.2016, 12:35)Pollux schrieb: Leider halte ich fast jeden deiner Sätze für falsch! 

Aber ich verstehe, wenn Ökonomen nicht vom Utilitarismus loskommen.... Cool

Es gibt zwei Arten, den Uti (miss-)zuverstehen:
1. ihn tiefen-philosophisch zu verstehen
2. ihn historisch-empirisch zu diskursieren
Typisch MZ eben, sorry.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 16.02.2016

Tiefenphilosophisch ist an der Tatsache, dass bei uns Verfassungsprinzipien eine kategorische Bedeutung haben, ziemlich wenig. Insbesondere die Geltung fundamentaler Menschenrechte betreffend. Diese sind gerade nicht utilitaristisch begründet. (Und nur in äußersten Notstanden dispensierbar)

Aber auch moderne Demokratien sind natürlich in der Lage, Folterwerkzeuge im Dienst - und zum Nutzen - politischer Interessen auszupacken. Mit dem Utilitarismus findet man immer eine Begründung. Einschließlich der (vermeintlichen) Verbesserung von Weltzuständen. Die Übersicht über die Handlungsfolgen obliegt dann meist einer politischen Elite. Eine demokratieferne Expertokratie ist mit dem Utilitarismus ohnehin vereinbar. 

Was die Ökonomie und ihren Zug zur „reinen Ökonomik“ betrifft, so ist die zweckrationale Rationalität des Utilitarismus selbstverständlich wie geschaffen für ökonomische „Operationalisierungen“ des Gemeinwohls. (Und der Gesamtnutzenmaximierung) Mit der Fiktion eines Kollektivsubjekts und den bekannten Schwierigkeiten mit der Gerechtigkeit.