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Leichtathleten als Philosophen? - Druckversion

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RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 08.05.2016

Teil 7: Das Prinzip Hoffnung

'Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin?
Was erwarten wir? Was erwartet uns?
Viele fühlen sich nur als verwirrt.
Der Boden wankt, sie wissen nicht, warum und von was...

Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen.
Seine Arbeit ist ins Gelingen verliebt statt ins Scheitern.
Hoffen, über dem Fürchten gelegen, ist weder passiv wie dieses, noch gar in ein Nichts gesperrt.
Der Affekt des Hoffens geht aus sich heraus, macht die Menschen weit, statt sie zu verengen(Enge ähnelt Angst/MZPTLK).

Die Arbeit dieses Affekts verlangt Menschen, die sich ins Werdende tätig hineinwerfen, zu dem sie selber gehören.
Sie erträgt kein Hundeleben, dass sich ins Seiende nur passiv geworfen fühlt(Seitenhieb auf Heidegger/MZPTLK)...

Wie reich wurde allzeit davon geträumt, vom besseren Leben, dass möglich wäre...
Kein Mensch lebte je ohne Tagträume.
Es kommt aber darauf an, sie immer zu kennen
und dadurch unbetrüglich, hilfreich, aufs Rechte gezielt zu halten.

Möchten die Tagträume noch voller werden, denn das bedeutet, dass sie sich genau um den nüchternen Blick bereichern,
nicht im Sinn der Verstockung, sondern des Hellwerdens.
Nicht im Sinn des bloss betrachtenden Verstands, der die Dinge nimmt, wie sie gerade sind und stehen
(bloss deskriptiv, bloss positivistisch/MZPTLK),
sondern des Beteiligten, der sie nimmt, wie sie gehen und auch besser gehen können...

Denken heisst Überschreiten(im dialektischen Sinn/MZPTLK).
So jedoch, dass Vorhandenes nicht unterschlagen, nicht überschlagen wird...
Deshalb geht wirkliches Überschreiten auch nie ins boss Luftleere eines Vor-Uns,
boss schwärmend, bloss abstrakt ausmalend...

Das Zukünftige enthält das Gefürchtete und das Erhoffte.
Der menschlichen Intention nach, also ohne Vereitlung, enthält es nur das Erhoffte.
Die Hoffnungslosigkeit ist selber, im zeitlichen wie sachlichen Sinn, das Unaushaltbarste,
das ganz und gar den menschlichen Bedürfnissen Unerträgliche...

Weshalb gerade wieder die Hoffnung, doch mit Einsperrung auf blosse Inwendigkeit
oder mit Vertröstung aufs Jenseits, von allen Kanzeln gepredigt wird...
(Paradies als 'Produkt' und als Verkaufsargument von Religionen, wobei das Produkt nicht geliefert werden muss, kann/MZPTLK)

Solange der Mensch im Argen liegt, sind privates wie öffentliches Dasein von Tagträumen durchzogen.
Von Träumen eines besseren Lebens als dem bisher gewordenen...
Konkrete Hoffnung also bricht am stärksten in die Furcht ein,
leitet objektiv am tüchtigsten auf die ursächliche Abstellung der Furcht-Inhalte hin.
Mit der kundigen Unzufriedenheit zusammen, die zur Hoffnung gehört,
weil sie beide aus dem Nein zum Mangel entspringen.

Denken heisst Überschreiten.
Freilich: das Überschreiten fand bisher nicht allzu scharf sein Denken...
Das Desiderium, die einzig ehrliche Eigenschaft aller Menschen, ist unerforscht.
Das Noch-Nicht-Bewusste, Noch-Nicht-Gewordene,
obwohl es den Sinn aller Menschen und den Horizont allen Seins erfüllt,
ist nicht einmal als Wort geschweige als Begriff durchgedrungen.

Dies blühende Fragengebiet liegt in der bisherigen Philosophie fast sprachlos da.
Träumen nach Vorwärts wurde nicht reflektiert, wurde nur mehr sporadisch gestreift,
kam nicht zu dem ihm angemessenen Begriff.
Das ungeheure utopische Vorkommen in der Welt ist eplizite fast unerhellt...

Philosophie wird Gewissen des Morgen, Parteilichkeit für die Zukunft, Wissen der Hoffnung haben
oder sie wird kein Wissen mehr haben...

Nur auf ein Verändern der Welt gerichtetes , das Verändernwollen informierendes Denken betrifft die Zukunft
(den unabgeschlossenen Entstehungsraum vor uns),
nicht als Verlegenheit und die Vergangenheit nicht als Bann.
Entscheidend ist daher nur Wissen als bewusste Theorie.
Praxis betrifft Werdendes und dann Entscheidbares,
betrachtendes Wissen dagegen kann sich per definitionem nur auf Gewordenes beziehen...

Es gibt im Gegenwärtigen, ja im Erinnerten selber einen Auftrieb und eine Abgebrochenheit,
ein Brüten und eine Vorwegnahme von Noch-Nicht-Gewordenem,
und dieses Abgebrochen-Abgebrochene geschieht nicht im Keller des Bewusstseins,
sondern an seiner Front.

So geht es hier um die psychischen Vorgänge des Heraufkommens,
wie sie für allem für die Jugend, für Wendezeiten, für die Abenteuer der Produktivität  so charakteristisch sind,
für alle Phänomene mithin, worin Ungewordenes steckt und sich artikulieren will.

Das Antizipierende wirkt derart im Feld der Hoffnung,
diese also wird nicht nur als Affekt genommen, als Gegensatz zur Furcht(denn auch die Furcht kann ja antizipieren),
sondern wesentlicher als Richtungsakt kognitiver Art...

Und ebenso ist das Jetzt und Hier, die immer wieder Angefangene in der Nähe,
eine utopische Kategorie, ja die zentralste., ist sie doch zum Unterschied vom vernichtenden Umgang eines Nichts ,
vom Aufleuchten eines Alles, noch nicht einmal in Zeit und Raum eingetreten.
Vielmehr gären die Inhalte dieser unmittelbarsten Nähe noch gänzlich im Dunkel des gelebten Augenblicks
als des wirklichen Weltknotens, Welträtsels...

Vom Antizipierenden also soll Kenntnis genommen werden,
auf der Grundlage einer Ontologie des Noch-Nicht...
Der letzte Wille ist der, wahrhaft gegenwärtig zu sein.
So, dass der gelebte Augenblick uns und wir ihm gehören
und verweile doch zu ihm gesagt werden könnte.

Der Mensch will endlich als er selber in das Jetzt und Hier,
will ohne Aufschub und Ferne in sein volles Leben(Erfüllung/MZPTLK)...

Zentralpunkt hier überall bleibt das Problem des Wünschenswerten schlechthin oder des höchsten Guts...
Erst mit der Verabschiedung des geschlossen-statischen Seinsbegriffs(Kritik an Heidegger)
geht die wirkliche Dimension der Hoffnung auf.

Die Welt ist vielmehr Anlage zu Etwas, Tendenz auf Etwas, Latenz von Etwas.
Und das so intendierte Etwas heisst Erfüllung des Intendierenden.
Heisst eine uns adäquatere Welt, ohne unwürdige Schmerzen, Angst, Selbstentfremdung, Nichts...

Versteht sich das Sein aus seinem Woher, so daraus nur als einem ebenso tendenzhaften, noch unabgeschlossenen Wohin.
Das Sein, das das Bewusstsein bedingt, wie das Bewusstsein, dass das Sein bearbeitet
versteht sich letztlich nur aus dem und in dem , woher und wonach es tendiert.
Wesen ist nicht Ge-wesenheit - konträr:
Das Wesen der Welt liegt selber an der Front.'

(Ernst Bloch: das Prinzip Hoffnung 1959)


Einer der schönsten und motivierndsten Texte der Philosophie.
Hier drückt sich Optimismus, Idealismus, Teleologie,
aber auch Materialismus, Utilitarismus, Pragmatismus aus.
Und vor allem ein Plädoyer für eine potentiell höhere Dignität des Menschen, die er sich selbst schaffen kann.

Bloch wendet sich damit auch gegen:
- Descartes's Konzeption res cogitans/res extensa
- Kant, der objektiv-real Mögliches nicht suffizient reflektiert habe
- Nietzsche, der weitgehend ohne Systematisierung auskommen zu sollen meinte
   und rigiden Systematikern sogar Rechtschaffenheit absprach
- Freud, der zu sehr im Unbewussten der Vergangenheit herumrührte
   und den physischen und psychischen Hunger der Masse der Menschen viel zuwenig im Blick hatte
- den Positivismus, der Reales nicht nur teilweise ignoriert, sondern verstellt
   und in seiner Eindimensionalität proaktiv kaum neue Stufen im historischen Prozess evoziert
- Sartre, denn Nicht-Sein ist nicht Nichts, sondern ein Nicht im Sein,
   somit ein Noch-Nicht-Sein, das zum Sein aufgehoben werden kann
- Heidegger mit sener (zu) statischen Seinslehre, der die Zeit als dialektische Instanz unter-/ver-schätzte.
   Denn: 'Die Welt ist ein Experiment, das die Materie durch uns mit sich selbst anstellt.'

Hegels missverständlicher und meistens missverstandener Satz: 'alles Vernünftige ist wirklich, und alles wirkliche ist vernünftig'
ist nach Bloch sowohl konservativ wie revolutionär.
Wahrheit ist nach Hegel die Übereinstimmung eines Inhalts mit sich selbst.
Bloch sieht diese Identität in utopischer Perspektive - was Hegel seiner Meinung nach zuwenig elaboriert hatte.

Wie auch immer, alles philosophische Denken ist nach ihm Systematik:
'Philosophie ohne Systematik ist purer Dilettantismus.'
Er folgt damit auch Hegel, der System und Methode - Dialektik-immanent - nicht trennte.
Und sowohl Hegels Dialektik wie auch seine Subjekt-Objekt-Beziehung
kann/muss als verändernd-praktische Arbeitsbeziehung verstanden werden.

Aber: das Sollen komme bei Hegel zuwenig, zumindest explizit nicht vor,
dies habe Marx stärker herausgearbeitet.
Er habe programmatisch die Hoffnung mit der Realität verknüpft, sogar ein Bündnis beider begründet.
Liegt das an Hegels Kurzsichtigkeit oder an seiner (gebotenen) Vorsicht?
Er war zu Zeiten des Spätfeudalismus und der Restauration im preussischen Obrigkeitsstaat
trotz seiner für Normalsterbliche schwer verständlichen Diktion schon recht mutig,
während Marx später im liberaleren London arbeitete.

Bloch versucht also, eine Weiterentwicklung des spekulativen  Materialismus zu schaffen:
'Die Wurzel der Geschichte ist der arbeitende, schaffende, die Gegebenheiten umbildende und überholende Mensch.
Hat er sich erfasst und das Seine ohne Entäusserung und Entfremdung in realer Demokratie begründet,
so entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint, und wo noch niemand war: Heimat.'

Erst die Entfremdung(von Heimat) treibt den Menschen dazu, anders zu werden, als er ist.
Und die Hoffnung bewegt ihn dazu, mehr von dem zu werden, was er noch nicht ist.
Der Mensch als handungs-fähiges(und - williges?) Subjekt, das aus seinen körperlichen  und psychischen Bedürfnissen heraus
Ist-Zustände transzendieren kann/will//muss (Kant: Ich kann, weil ich will, weil ich muss).

Von einer Ontologie des Noch-Nicht-Seins kommt Bloch zu einem spekulativen, dynamischen Multiversum
einer räumlich-zeitlichen mehrschichtigen Dialektik, wo Sein und Bewusstsein zusammenwirken, idealerweise zusammen sind.
Die Hoffnung wird zum Selbstbewusstsein und zum Motor eines menschenzentrierten menschlichen Fortschritts.

Weil nach Bloch die Zukunft nicht unwiderruflich geschieden ist von der Gegenwart,
weil sie als Hoffnung, Tendenz und objektive Möglichkeit bereits in dieser existiert,
kann er Zuversicht und sogar Gewissheit haben, dass es keine absolute Notwendigkeit gibt.

Also ist Freiheit möglich, damit Wahlfreiheit und Verneinungsfreiheit.
Der Mensch kann wählen, was er tut oder nicht tut.
Was er leistet oder nicht leistet.
Und warum, wie und wieviel.

Blochs Hoffnungsphilosophie hat affektioale, intentionale und agonale Elemente.
Die spekulative Idee und die sich mit der Materie, dem Gegenstand befassende,
ihn transformierende Welterfahrung arbeiten und wirken zusammen.
Der Mensch geht durch das Noch-Nicht der Hoffnung, um zur ersehnten Heimat der Identität gelangen zu können.
Das Noch-Nicht-Haben, das Noch-Nicht-So-Sein, die Insuffizienz
ist der häufigste Zustand, der Regelfall des Mängel- und Wandlungswesens Mensch.
'Der Hunger verwandelt sich in eine Sprengkraft gegen das Gefängnis der Entbehrung.'

'Die Hoffnung geht als zentrale Funktion des fortschrittlichen Bewusstseins auf einen objektiv angelegten,
subjektiv zu erkennenden  und zu verwirklichnden Realzustand der Welt aus.'
In der Hoffnung wird das Zentrum der subjektiven Existenz getroffen.
'Die reale Möglichkeit ist nichts anderes als dialektische Materie
und die Materie ist das Möglichkeitssubstrat des dialektischen Prozesses.'

Das erinnert an Aristoteles, der der Materie eine Konstitution des Potentiellen zugesprochen hatte.
Für Bloch gibt es keine Bewegung ohne Materie, keine Materie ohne Bewegung,
beide alternieren auch nicht miteinander,
sondern Bewegung ist die Verwirklichungsweise der Materie,
Materie ist der Verwirklichungsinhalt der Bewegung.
'Das Reich der Tendenz und Latenz, der konkreten Utopie, ist die Materie.'

Die Bewegung des Experimentum Mundi transzendiert in die Immanenz hinein,
mit Ankunft, Identität, Heimat im Sinn, als Sinn.
Auch abstrakte Utopien haben einen Sinn, denn sie haben einige wichtige, wirkungsvolle Eigenschaften:
- Sie bringen die Ablehnung der aktuellen Lebenssituation zum Ausdruck
   (Unfreiheit, soziale Lage, oder auch unbefriedigende Leistung im Sport/MZPTLK).
- sie wenden sich gegen die Anpassung an den Status Quo,
- sie bieten Kriterien für die Mängel der herrschenden Zustände
- sie entwickeln Elemente eines kritischen Bewusstseins 
- sie bestärken jene, die von den Möglichkeiten einer besseren Welt(einer besseren Sport-Leistung/MZPTLK) überzeugt sind.

Die Welt trägt ein Telos mit sich:
die Möglichkeit der Aufhebung der Entfremdung durch die Identität von Subjekt und Objekt.
Bloch verknüpft Materie und Utopie, denn als Substrat realer Möglichkeiten ist die Materie utopisch aufgeladen.
Sein und Bewusstsein sind nur imaginierte oder methodische (selbst-)Unterschiede der Materie.
Bloch will die Materie aus der Abschottung gegen den menschlichen Geist befreien.

Um den Traum vom besseren Leben zu zu realisieren,
muss das Subjekt nicht nur intendieren, sondern intervenieren.
Es trifft dabei auf Offenheit: auf die Latenz der Welt und die Tendenz des Objekts.

Das Dunkle des gelebten Augenblicks, das unmittelbare Jetzt
kann vom Menschen nicht mit Kontemplation und müssigem Verweilen gelebt und genossen werden.
(Einspruch MZPTLK:: Das ist ein, oder besser das Telos, aber natürlich nicht permanent)
Der Mensch ist jederzeit an der Front, an der Schnittstelle zum Noch-Nicht,
zur Offenheit des objektiven Hintergrunds.

Diese Verortung und gleichzeitige Offenheit des Weltknotens, Welträtsels
sollte der Mensch als Chance be- und er-greifend nutzen und als antizipierender Tatmensch
die ihm (an-)gebotene Offenheit im Rahmen seines gewünschten Nach-Möglichkeit-Seienden
und des (er-)öffnenden In-Möglichkeit-Seienden gestalten.

Das In-Möglichkeit-Seiende:
- das formal Mögliche, was nach den Regeln der formalen Logik infrage kommt
- das sachlich-objektiv Mögliche, was nach derErkenntnistheorie angenommen werden kann
- das sachhaft-objektgemäss Mögliche, was gegenstandstheoretisch realisierbar erscheint
- das objektiv-real Mögliche, die Latenzen und Tendenzen der (selbstschöpferischen Prozess-)Materie.


Reicht das, was Bloch uns sagen will?
Ist es reine Aporie, dialektiküberspringende Potenzlehre, idealistische Spekulation ohne empirische Probe,
Abdriften in chaotische Affirmationen, illusionäre Irrung und Wirrung?

Sicherlich musss sich die Philosophie u.a. mit der Technologieentwicklung, der Empirischen Sozialforschung,
der Globalisierung, der Digitalisierung und der Psychologie auseinander setzen,
sonst kann sie - zu Recht - nicht ernst genommen werden.

Aber auch immer mit der Religion.
Nach Bloch ist es wohlfeil,  kurzsichtig und falsch, die Religion zur Illusion zu erklären,
weil die konkreten Nöte, die die Menschen zu religiösen Surrogaten verführen,
aus der Welt geschaffen werden müssten - was schlechterdings unmöglich ist.

'Denn Hoffnung und/auf die Errichtung des irdischen Paradieses sind nicht die Bestimmung des Menschen.'
Der Mensch ist durch die Phantasie und die Hoffnung charakterisiert, beide sind sich bedingende Kooperanten,
die die Veränderung der Welt nach Massgabe der Wünsche und der Möglichkeiten bearbeiten.

Die so in der Möglichkeit gegründete Welt ist nur als (Wandlungs-)Prozess denkbar:
jeder Prozess bietet Chancen und Risiken, Leistung-Geber und -Nehmer,
Erfolg und Misserfolg, Gewinner und Verlierer, Profiteure und Geschädigte.
Darum muss dem Prinzip Hoffnung unabdingbar das Prinzip Verantwortung(Teil 10) beigeordnet werden.

Bloch hatte Grenzen des Machbaren nicht oder unzureichend ausbuchstabiert:
- Menschen-(Un-)Mögliches, Endlichkeit der menschlichen Existenz
- Limitierte Naturressourcen
- Technologische Grenzen(Bloch war in den 50er Jahren sehr optimistisch bezüglich Atomenergie)
- Grenzen durch nicht-operationalisierbare Komplexität
- Insuffiziente menschliche Moralität
- Begrenztheit sozialer Vermittelbarkeit von Zielen, demokratische Konsensbildung, Anerkennungsproblematiken
- Grenzen finanzieller Ressourcen
- Prioritätendilemmata

Viele Menschen scheuen das Noch-Nicht, die Potentialität im Guten (wie im Schlechten) und vor allem das eigene Engagement.
Konformismus, Besitzstandwahrung und Klammern am Status Quo sind weit verbreitet.
Es gibt Viele, die mehr oder weniger tolle Ideen haben, aber nichts oder zuwenig draus machen.
Böse Zungen sagen, das sind alles Kopien, keine Originale.

Originelle Menschen versuchen, die Kluft zwischen Vision und Realität.zu schliessen.
In manchen Kulturen ist es verbreiteter als anderswo, kritisch zu sein, die Meinungen Anderer zu hinterfragen
und die initiative zu ergreifen, die Dinge zu verbessern.

Wenn es mehr Meinungsfreiheit gibt und Raum, um Wandel herbei zu führen,
dann kann die Zahl der initiativen Menschen wachsen.
Zum Beispiel wollen die Menschen in einer gerechten Welt leben.
Es ist schwer zu akzeptieren, dass die Welt unfair ist.
Die einen könnten sagen, dass das System gerecht sei,
sie aber nicht wert seien, besser behandelt zu werden.

Steigt aber der Druck der Ungerechtigkeiten und werden Informationen bekannt,
dass Andere, die  ihnen ähnlich sind, (viel) besser behandelt werden,
dann wird das System nicht mehr akzeptiert.

Intelligenz ist die Fähigkeit, zu lernen und zu verlernen, also Dinge in Frage zu stellen,
Denk- und Urteilsfähigkeit.
Konformisten hingegen denken und handeln so:
Ich bin anderer Meinung, aber ich mache trotzdem, was Du sagst,
weil ich Angst habe, meine Meinung zu sagen.

In New York gab es eine Tafel, auf der Jeder aufschreiben konnte, was er im Leben am meisten bedauerte.
Fast alle Dinge, die dort standen, waren verpasste Chancen.

Damit kommen wir zum Teil 8: Motivation.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - lor-olli - 16.05.2016

Sorry MZ wenn ich noch zurückgreife ohne auf Deinen post einzugehen…

Pollux verwendete den Begriff Leistungserwartungssport als diskutierenswert und ich bin nun schon eine Weile an genau diesem Begriff hängen geblieben, kenne ich ihn doch vor allem aus Reha-medizinischen-Texten oder auch aus sportpädagogischen Untersuchungen (Schulsport). Ich vermute mal das Pollux aber auf die "Erwartungshaltung der extremen sportlichen Leistung" abzielte und diese Erwartungshaltung uns (den Zuschauern), den "Verdienern" (Sponsoren, Veranstalter, Verbände) und in der Konsequenz auch den Sportlern zuschrieb.

Wir sind ja auch fleißig bemüht dieser Haltung Genüge zu tun in dem wir Fragen diskutieren wie "Weltrekorde die 2016 wackeln könnten"… Der Sport hat sich wahrlich gewandelt - gar nicht so sehr in der Ausübung selbst, aber vor allem in seiner gesellschaftlichen Wahrnehmung / Erwartung / Wirkung / Bedeutung. Die Frage die sich mir aufdrängt: Gefährdet eine solche Veränderung nicht das Wesen des Sportes in seiner Substanz? (Bewegungs- und / oder Wettbewerbskultur als Pinzip hin zu einer inzenierten Unterhaltung mit “Bewegung als Garnitur") Wenn ich mir die Auswüchse in Dopingfragen und andern Betrugsversuchen anschaue…


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 16.05.2016

Pollux sollte zunächst näher umreissen, was er darunter versteht.
Es geht immer um Leistung.
Ohne Leistung kein Spass, keine Ästhetik, keine Gesundheit, kein Erfolg.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 16.05.2016

Bloch? Das ist doch geschichtsphilosophischer Optimismus mit eschatologischer Zutat. (Verlegung der christlichen Heilsgeschichte ins Diesseits) Das hat zwei Konsequenzen. Verklärung des „Fortschritts“ zur universalgeschichtlichen Bewegung oder organisierte Realitätsvermiesung (im Licht des Traumes vom ganz ‚Anderen’). Vor allen, wenn solche Erwartungen ins ‚Heil auf Erden’ enttäuscht werden. Beides geht aber auch sehr gut zusammen: wie beim MZ! 

Der Fokus auf Erwartungen steht zur sportlichen Leistung immer in einem prekären Verhältnis. Wenn ich einen Bauherrn mit der Fertigstellung eines Hausbaus beauftrage, kann ich hinreichende Sicherheit erwarten. Wenn ich das Gleiche in Bezug auf die Bestätigung einer pers. Bestzeit (bei WM, OS etc. ) von einem Athleten erwarte, bin ich ein sportlicher Ignorant. Man tut es aber trotzdem - und feiert die Sieger als Helden der Handlungs-Souveränität. Das ist dann noch ne Steigerung in Richtung Realitätsferne. Aber so ist der Sportdiskurs! 

Ich überzeichne diesen Aspekt natürlich – aber nur deshalb, weil man die Ignoranz dadurch befördern kann, dass man Arbeitsleistung und sportliche Leistung in einen Topf wirft. Damit sich dem Sport eine symbolische Dimension zuweisen lässt, die er gar nicht hat. Erwartungen gehören zwar zum Sport, und wo der Mensch ausgemessen wird sind sie selbstverständlich. Aber eine realitätsorientierte Erwartung hat einen Kontrapunkt. Denn im Wettkampfsport dominiert immer das Prinzip HOFFNUNG: der Athlet muss HOFFEN, dass sich seine Erwartungen erfüllen. (Und darf träumen, was darüber hinaus geht) Denn immer sind Bedingungen im Spiel, die nicht in der Macht des Handelnden liegen. „Leistung“ aber ist ein absoluter Handlungsbegriff. D.h. man verkennt dabei den Geschehnis-Charakter, dem sich ein Sportler im Wettbewerb überlässt. Wäre es nicht so, könnten Sieger - oder Leute deren Erwartungen sich erfüllen, - nicht überwältigt, sondern allenfalls zufrieden sein. 

Aber es gibt natürlich auch hier schlechte Utopien. Als Utopien der Machbarkeit. Und deshalb werden Sieger als Helden der Handlungs-Souveränität gefeiert. Wo andere fatalistisch sind, überlassen SIE halt nichts dem Zufall. Oder haben eine Methode zum Abrufen der Höchstleistung incl. Sicherheitsgarantie parat. Die Märchenstunden in der medialen Vermittlung lassen hier wenig Träume offen. Und deshalb gibt es auch symbolische Formen der Instrumentalisierung des Sports. 

‚Eigenleistung’ war mal Begriff, mit dem sich Lenk gegen die neomarxistische Kritik am sog. ‚Leistungsterror’ einer selbstverliebten Leistungsgesellschaft wandte. Aber damit wollte Lenk keineswegs jenen symbolischen Status Quo herstellen, den gewisse Sport-Theoretiker in die Welt gesetzt hatten: dass sich das industriegesellschaftliche Leistungsprinzip am besten im Sport spiegelt. Weil da so schön gemessen wird- und die Ergebnisse klarer und eindeutiger sind wie sonst nirgendwo. Lenk war klar, dass die moderne Gesellschaft in erster Linie zur Erfolgsgesellschaft tendiert. (Damit das Leistungsprinzip eher „hintergeht“) Wusste er aber auch, dass sich das Faszinosum der sportlichen Eigenleistung arbeitspsychologisch und optimierungsfunktional instrumentalisieren lässt? Egal, wie ignorant das schon im Ansatz ist? (Den Film nicht vergessen!) 

Im Grunde ist der philosophische Hintergrund des Sports existenzial dimensioniert. Auch wenn Sisyphos nicht der richtige Protagonist ist, wie manche Sportpädagogen meinen. Aber es gibt ja noch jene Ästhetiker, die vom „Genießen“ des Ungewissen im Wettbewerb sprechen. Die Jungs haben offensichtlich die falsche Spieltheorie verinnerlicht, denn unvermittelt kann der Mensch nicht mehr zur ‚Oase des Glücks’ zurück! Ästhetik ist war der richtige Begriff. Aber bereits im Glückszugriff des Akteurs offenbart sich ein weit größerer Horizont. Dazu braucht man den Leistungsbegriff aber nur, sofern man’s nötig hat, sich von ‚Leistungsverweigerern’ abzugrenzen. Aber diese Gesellschafts-Pädagogik sollte man nicht am falschen Platz kultivieren – und schon gar nicht den falschen Leuten überlassen!

Klar genug?


RE: Leichtathleten als Philosophen? - lor-olli - 17.05.2016

Danke Pollux, schön das DU unsere Leistungserwartungen erfüllst Wink

Ohne jede Tonalität: ganz so trivial ist die Erklärung nämlich nicht, nicht einmal für Philosophen deren Fokus eben nicht auf diese Thematik abzielt. Die Argumentation ist nachvollziehbar, Hans Lenk (den rudernden Philosophen  ) hier anzuführen konsequent - (viel geehrt aber vermutlich weniger gelesen der Vielschreiber, 150? 200? Bücher. z.B. S.O.S. Save Olympic Spirit, mühsam für Nichtphilosophen wie mich, als Einsteiger für mich diente seine Sicht auf > Olympia 1972: A Dilemma?).

Am Beispiel Lenk als Person zeigt sich aber auch die relative Wahrnehmung von Leistung. Als Goldruderer (1960) kennen ihn vielleicht noch einige, als Philosophen ebenfalls einige aber sicher nicht zu viele, dabei sind die Auszeichungen und Ehrungen die er erhielt (ich musste natürlich nachschauen) “rekordleistungsverdächtig“! Bekannheitsgrad im Bevölkerungsschnitt? Da schlägt ihn vermutlich jeder Fußballer…

Der Begriff der Leistung hat sich seit dem mittelhochdeutschen auch “ziemlich“ geändert - war es ursprünglich ein “Gefolgschaft erbringen“ haben “wir Freien“ uns freiwillig(?) zu ihrem Sklaven gemacht. (oder nicht?). Leistung ist etwas das wir vermessen, erst dann wird es zur wahrgenommenen Leistung, zum Vergleich, da passt der Sport natürlich gut und wenn er sich auch noch in Metern und Sekunden erfassen lässt perfekt. Dem Umstand, dass Rekorde etwas sehr außergewöhnliches sind versuchen geneigte Verkäufer von Sportevents durch Ankündigen von Weltrekorden(bzw. Versuchen) zu nutzen. Der “inflationäre“ Gebrauch dieser Ankündigungen und das einigermaßen regelmäßige Eintreffen dieser Rekorde ergeben leicht die Illusion das sei “normal“. Die angeheizte Erwartung muss dann aber auch erfüllt werden, denn wenn lange nichts geschieht, wir nicht Zeugen einer “Sensation“ werden, wenden wir uns gelangweilt ab - nix mehr mit endlosem Geld verdienen. Sicher auch einer der Gründe für Betrugsversuche jeder Art (Doping, manipulierte Spiele, versteckte Motoren in Fahrrädern, ich warte auf den heimlich die Abdruckskraft steigernden Sportschuh Wink )

Die Frage wäre: ist diese Entwicklung umkehrbar (im Spitzensport), oder bedeutet eine Abwendung davon das Ende des Spitzensports? Ein Ende Olympias? (nicht notwendigerweise 2016, aber tendenziell). Ist die vermeintliche Vergleichbarkeit von Weltrekorden (Bedingungen sind NIE wirklich identisch) in der Leichtathletik nicht letztlich ein Fluch? Spiele lassen sich leichter rein am Wettkampfcharakter “messen“, der messbare Vergleich bezieht sich eben nur auf das jeweilige Spiel - weltmeisterlich im Halbfinale ist kein Titel, ein Ausscheiden im Halbfinale mit PB wird immerhin anerkannt…


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 18.05.2016

Um (potentielle) Zusammenhänge zwischen Sport- und 'richtiger' Welt zu illustrieren:

Eine aktuelle Befragung an 1660 Angestellten im Auftrag der BKK Pronova ergab:
- 86 % haben zeitweise Stress am Arbeitsplatz
- 38 % stehen unter ständigem Termindruck
- 37 % melden schlechtes Arbeitsklima
- 36 % haben emotionalen Stress
- 34 % haben Belastung durch Überstunden
- 30 % beklagen ständige Erreichbarkeit oder Rufbereitschaften auch nach Feierabend

Besonders die 19-39jährigen sind stark belastet, weil sie mehr von Flexibilisierung und Digitalisierung betroffen sind.

- 66 % haben Nacken-Verspannungen
- 63 % Rückenschmerzen
- 51 % Schmerzen an Schultern, Armen, Händen
Weiter werden genannt: Kopfschmerzen, Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen, Depressionen, Burnout.

Und seit langer Zeit werden Wohlstandskrankheiten wie Haltungsfehler und -Schäden,
Übergewicht, hoher Butdruck, Kreislaufprobleme, Diabetes, usw... beklagt.

Was hat das alles mit Sport, mit Leistung, mit Motivation, mit Lebensqualität zu tun Huh


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Pollux - 18.05.2016

@Lor-Olli

Leistung als „Gefolgschaft erbringen“ hat mir super gefallen. Daher als Plauder-Geschenk ein kleines Schmankerl über die Gefolgschaft der Zeit. 

Adelbert von Chamisso: Das Dampfross

Schnell! Schnell, mein Schmied! Mit des Rosses Beschlag!
Derweil du zauderst, verstreicht der Tag. – 
Wie dampfet dein ungeheures Pferd!
Wo eilst du so hin, mein Ritter wert? –

Schnell! schnell, mein Schmied! Wer die Erde umkreist
Von Ost in West, wie die Schule beweist,
Der kommt, das hat er von seiner Müh',
Ans Ziel um einen Tag zu früh.

Mein Dampfross, Muster der Schnelligkeit,
Lässt hinter sich die laufende Zeit,
Und nimmt's zur Stunde nach Westen den Lauf,
Kommt's gestern von Osten schon wieder herauf.


@MZ
Verordne den Leuten einfach zusätzliche 10000 Schritte pro Tag! Aber ne heilsgeschichtliche Leistung ist das erst, wenn dir keiner die GEFOLGSCHAFT versagt.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 22.05.2016

(Leistungs-)Motivation
Teil 8/1:  Wünsche, Anreize,  Motive
, Ziele


'To dream the impossible dream
To reach the unreachable star...

This is my quest: to follw that star
No matter how hopeless, no matter how far...'
(Joe Darion)

'Hush now child and don't you cry
Your folks might understand you by and by
Move on up towards your destination
Though you may find from time to time complications...

So what we have to do is move on up for a greater day
Just you gonna make it
You put your mnd to it
you can surely do it

Take nothing less than the supreme best
Do not obey for most people say cause you can past the test
So what we have to do is move on up and keep on wishing
Remember your dream is your only scheme so keep on pushing!'
(Curtis Mayfield)

'Ich bin davon überzeugt, dass sich Erfolg und Freude ganz automatisch einstellen,
wenn man sich treu bleibt.
Das ist nicht immer leicht.
Man stösst auf Unverständnis, Ablehnung oder auch Missgunst.

Erfolg heisst für mich, nicht immer die Erste zu sein.
Es geht vielmehr darum, egal, was man tut,
man sollte es aus vollster Überzeugung und mit viel Leidenschaft machen.
Das gibt die Kraft, kurze aber auch längere Durststrecken zu überwinden, die nun mal nicht ausbleiben.

Ich habe mir mein Ziel gross aufgeschrieben und an die Wand gehängt: 70 Meter!
Das motiviert mich in den Momenten,
in denen ich mit mir und meiner Leistung unzufrieden bin.'
(Anna Rüh)

'Die Möglichkeit ist nicht die Wirklichkeit, doch auch sie ist eine Wirklichkeit:
dass der Mensch eine Sache tun oder lassen kann.
Möglichkeit bedeutet Freiheit
Aber die Existenz der Möglichkeiten oder Freiheiten reicht noch nicht aus:
es gilt, sie zu erkennen und sich ihrer bedienen zu können.
Sich ihrer bedienen zu wollen.'
(Antonio Gramsci)

'Macht Euch frei von der Bewertung Anderer.
Also geht raus, setzt Euch keine Grenzen und gebt alles, was Ihr habt'
(Thomas Kurschilgen)

'Geht raus und spielt Fussball'
(Franz Beckenbauer)

'Just do it'
(Sportartikel-Werbung)

'Erfolg kommt dann, wenn Du mit Leidenschaft tust, was Du liebst.
Um grosse Dinge zu erreichen, muss man den Mut haben zu träumen,
den Mut haben, sich anspruchsvollen Zielen zu stellen und konsequent zu handeln.'
(Idriss Gonschinska)

'If you try and fail,
you might be disappointed.
But if you don't try,
you will be disappointed'
(Asbel Kiprop)

'Es ist wahr. Ich will alle 14 Achttausender bezwingen.
Nicht meine Sponsoren, nicht die Erwartungshaltung in der Öffentlichkeit, nicht meine Konkurrenten..
ICH will es.'
(Reinhold Messner 1986)

'Ich gehe eher kritisch mit mir um.
Denn nur wer das tut, verliert seine Ziele nicht aus den Augen
und hat die Chance, mehr Glücksmomente zu erleben.

Man muss aber erstmal eine Basis haben von der aus man sein Glück schmiedet.
Wahres Glück ist etwas, dass man sich für kein Geld der Welt kaufen kann.
Das kann man sich nur erarbeiten, das hat nur der Tüchtige, der Mutige.'
(Wladimir Klitschko 2015)

'Ich spiele um des Spielens willen'
(Hans Schäfer 1963)

'Warte nicht darauf, dass Geschichte geschieht.
Erschaffe sie.!'
(Shep Gordon)

Der Psychologe Langenkamp betreute die Leichtathleten bei den OS 2008 in Peking:
'Hoch leistungsfähige,und -willige Mitarbeiter, die trotz Mühens nicht weiter kommen
und sich zudem nicht geachtet fühlen, geraten in ein erhebliches Risiko,
durch kleinste Störungen gesundheitlich oder leistungsbezogen anfällig zu werden.
In gleicher Weise hoch beanspruchte, aber mit ihren Tätigkeiten zufriedene,
weil unter anderem in ihren Leistungen geachtete Arbeiter erleben ihren Stress produktiv, ja sogar antreibend.
Solche Wirkungszusammenhänge liessen sich auch bei den HocheistungsathletInnen und deren TrainerInnen feststellen.'

Er  kennt 3 Typen von Top-AthletInnen:
1. Souverän-Erfahrene
2. Unbekümmerte, von positiv-ignorant bis naiv-katastrophierend
3. Stabile Selbstbildner: ich gebe mein Bestes, mehr geht nicht

Duda hat einen Fragebogen zur Aufgaben- und Ich-Orientierung im Sport entwickelt:
'Ich fühle mich beim Sport dann besonders erfolgreich, wenn:
A-O:
- ich eine neue Fertigkeit lerne und daraufhin Lust bekommen, noch mehr zu üben
- ich etwas tue, das mir Spass macht
- ich durch Üben eine neue Technik lerne
- ich hart an mir arbeite
- etwas, das ich gerade neu lerne, mich dazu anregt, weiter zu machen
- ich das Gefühl habe, das Gelernte gut zu beherrschen
- ich einfach mein Bestes gebe
I-O:
- Ich der Einzige bin, der die Technik oder die Sportart gut kann
- ich besser bin als Andere
- die Anderen Fehler machen, ich nicht
- die Anderen nicht so gut sind wie ich
- ich die meisten Punkte, Tore, die beste Leistung erziele
- ich der Beste bin

Nach Fuchs sucht ein Aufgaben-orientiertes(intrinsisch motiviertes) Induviduum optimale Herausforderungen,
bei denen man seine Fähigkeiten verbessern, etwas Neues lernen und darüber ein idiosynkratisches System
persönlicher Gütemasstäbe, Zielsetzungen und Selbstbelohnungsstrategien entwickeln kann.
Eine solche Aufgabenorientiertheit begünstigt die Herausbildung eines hohen Kompetenzerlebens,
interne Kontrollerwartungen, positive Emotionen, eine angemessene Anstrengungsbereitschaft und hohe Persistenz

Ich-orientierte(extrinsisch motivierte) Individuen zeigen Tendenz,
sich weniger optimale Herausforderungen zu suchen(zu schwere oder zu leichte),
sie konzentrieren sich auf das Erreichen äusserer Zustände(will Bester sein) oder äussere Ereignisse(will gelobt werden),
weil solche externen Rückmeldungen zur Grundlage des Selbstkonzepts der eigenen Fähigkeit gemacht werden.

Personen mit Ich-Orientierung sind in besonderer Weise auf äussere Beurteilungen angewiesen.
An Stelle interner treten externe Gütemasstäbe und Zielsetzungen
und an die Stelle autonomer Selbstbelohnungsstrategien treten abhängig machende Fremd-Belohnungssysteme.

Ich mache den Sport dann weniger für miich und meine ureigenen Ziele,
sondern mache mich zu sehr abhängig von den Massgaben Anderer.
Hier liegen Gründe für verringerte Persistenz und Drop-Out-Biographien, vor allem auch von Dopern.

Nach Fuchs sind Verhaltens- und Situations-spezifische Kognitionen,
vor allem Konsequenzerwartungen, Selbstwirksamkeits-Überzeugungen, Risiko-Kognitionen(z.B. Scheitern können)
und soziale Unterstützungserwartungen die stärksten und zuverlässigsten Prädikatoren der Sport-Motivation.

Vor allem ältere Sporttreibende haben aufgrund entsprechender Konsequenzerwartungen
die Einstellung entwickelt, dass Sport aus gesundheitlichen Gründen gut ist.
Die rationale Einsicht wird hier gegen innere und äussere Widerstände selbstwirksam.
Man kann oft sogar von einer bewussten Kosten-Nutzen-Kalkulation sprechen.
Bei Jüngeren spielt das eine gering(er)e Rolle.

Auch hier wird deutlich, dass Motivation ein Produkt aus Person und Umwelt darstellt.
Die Motivation ist am grössten, wenn sowohl Anreize wie Erfolgs-Wahrscheinlichkeit
auf einem Niveau sind, das Bewegung(Motion) in die Sache bringt.

Rheinbergs Risiko-Wahl-Modell zeigt das auch sehr gut:
Die Motivation ist dann am höchsten, wenn die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs und die Anreize zum Erfolg sich annähern.

Anreize nennt Kurz auch (sportliche) Sinnperspektiven:
- Körperlichkeit, Fitness, Gesundheit
- Eindruck, Erlebnis, Sensation
- Ausdruck, Ästhetik, Gestaltung
- Leistung, Aktivierung, Selbstbewusstsein
- Spannung, Dramatik, Abenteuer
- Miteinander, Geselligkeit, Gemeinschaft
- Geld

In der Ökonomie spielen Anreizsysteme eine herausragende Rolle:
1. Anreiz-Objekte(materielle, immaterielle Anreize)
2. Anreiz-Quellen(intrinsisch/extrinsisch)

Kämpfe hat in ihrer Dissertation 2009 ein Anreizspektrum des (Leistungs-)Sports entwickelt
und anhand von Befragungen von 60(erste Studie) und 156(2. Studie) HochleistungssportlerInnen Folgendes ermittelt:

1. Studie                                     Aneignungsphase     Entwicklungsphase     Hochleistungsphase
-----------------------------------------------------------------------------------------------------    
Spass an der Sportart               9,48                              8,56                                7,35
Soziale Kontakte                       8,00                              6,20                                5,50
Selbstbewusstsein steigern     7,24                              6,76                                5,35
Anerkennung bekommen        6,16                              6,52                                6,73
Sich mit Anderen messen       6,00                              7,16                                7,19
Höheres Niveau erreichen      5,84                              7,72                                7,50
Aktiv und gesund leben            4,48                              3,80                                3,46
Normen und Werte vermitten  3,52                              3,40                                3,46
Karrierechancen haben            2,68                              2,76                                4,85
Geld verdienen                          1,44                              1,96                                3,54

2.Studie(von MZPTLK gerundete Werte)

Hoffnung auf Erfolg                    2,00                              2,16                                2,37
Furcht vor Misserfolg                 0,90                               0,90                               0,79
Aufgaben-Orientierung             2,15                               2,21                               2,28
Ego-Orientierung                       1,89                               1,89                               2,01
Tätigkeits-Orientierung             3,02                               3,00                               2,94
Zweck-Orientierung                   2,92                              3,15                               3,41
Selbst-Wirksamkeit                    2.11                               2,19                               2,35
Intrinsische Motivation               7,58                               7,83                              7,38
Extrinsische Motivation              4,26                               4,69                              5,80
Spass an der Sportart                 8,02                               8,01                              7,48
Niveau verbessern                      6,13                               7,66                              7,30
Anerkennung erhalten                6,15                               6,41                              6,14
Geld verdienen                            2,33                               2,98                              5,57

Allem ist gemeinsam, dass ein besserer oder möglicht guter Soll-Zustand erstrebt wird,(a greater day, siehe oben).
Heckhausen: ' Leistungsmotivation ist das Bestreben, die eigene Tüchtigkeit in all jenen Tätigkeiten zu steigern,
oder möglichst hoch zu halten, in denen man einen Gütemasstab für verbindlich hält
und deren Ausführung deshalb ge- oder miss-lingen kann.'

Ausgangspunkt einer leistungsmotivierten Handlung ist eine bestimmte Situation/Bedingung,
die die individuelle Disposition der Leistungsmotive beim Menschen anregt.

Gabler nennt 4 Leistungs-Motivkomponenten(in Anlehnung an Heckhausen):
1. Individuelles Anspruchsniveau gemäss eines als für sich selbst anerkannten Gütemasstabs(beeinflusst Zielsetzung und  Bewertung)
2. Kausalattributierung(Ursachen-Zurechnung), Entscheidend: was hält DER HANDELNDE für ursächlich?
    Lokation der Kontrolle: Verhalten internal oder external verursacht-
    Wesentliche Attributionsfaktoren: Fähigkeit, Anstrengung, Aufgaben-Schwierigkeit, Zufall
    Interne Attribution bewirkt meistens stärkere Motivation, bessere Nachhaltigkeit und ausgeprägtere emotionale Reaktionen als externe.
3. Multithematischer Anreiz einer Handlung, diverse andere Anreize werden je nach individueller Einstellung unterschiedlich bewertet.
    z.B.  Macht, Anerkennung...
4. Individuelle Ausprägung der Dispositionen Hoffnung auf Erfolg und Furcht vor Misserfolg.
    Erfolgsmotivierte orientieren sich mit Emotionen und Kognitionen verstärkt am Erfolg sowie Mitteln und Wegen , diesen zu erreichen.
    Miss-Erfolgsmotivierte streben ebenfalls Erfolg an, es steht aber Vermeidung von Misserfolg im Fokus,
    da hier der Misserfolg einen höheren negativen Anreiz als der Erfolg einen positiven hat.

Jeder hat Wünsche, Anreize Motive,Ziele - er ersehnt 'a greater day-'
Also müssten Alle motiviert sein und entsprechend handeln - oder?

Der 8fache Olympiasieger Mark Spitz weiss es besser:
'Viele ersehnen Medaillen, aber nur Wenige sind bereit, das dafür Erforderliche zu tun.'

Handeln ist nicht nur das Ergebnis motivationaler Dispositionen, sondern auch volitionaler Prozesse(Handlungskontroll-Prozesse),
situativer Gegebenheiten und persönlich verfügbarer Ressourcen.

Und hinter jedem Busch lauern die fiesen kleinen Teufelchen Teufel  der (Selbst-)Sabotage,
die unsere Träume von Erfolg und vom besserem Leben versauen und verhindern. Angry
Dafür brauchen wir ein ganzes Kapitel...


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 27.05.2016

Habe keine Zeit zur Zeit, der nächste Teil muss noch warten.
Zur Überbrückung ein kleiner Scherz von mir:

Ein Philosoph und ein Neurobiologe sitzen im Restaurant, der Kellner bringt die Karte.
- Danke vielmals, aber ich bin Neurobiologe, ich glaube nicht an den freien Willen.
  Bringen Sie mir, was sie wollen.
Der Philosoph wundert sich: Aber dann hat doch der Kellner einen freien Willen?
- Kann sein, aber der ist ja auch kein Neurobiologe!


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 21.06.2016

Der nächste Teil braucht noch etwas Reifezeit.
Um die Entwöhnten und Dürstenden zu trösten, noch einer:

In den alten Zeiten des kalten Krieges treffen sich Reagan und Breshnew zu einem Wettlauf.
Breshnew verliert.
Die Partei-nahe Zeitung Prawda(Wahrheit) schreibt:
Breshnew wurde grossartiger 2., Reagan nur Vorletzter.