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Leichtathleten als Philosophen? - Druckversion

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RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 20.01.2024

(20.01.2024, 10:40)Notalp schrieb: 'Sinn der Frage, was der Mensch Wert ist.'

Was der - einzelne - Mensch wert ist, wird sekündlich milliardenfach subjhektiv entschieden,
ob einem das passt oder nicht.
Mir passt es zum Beispiel keineswegs, dass ich von Miezen in der Discothek verschmäht werde,
nur weil ich als Sudent mit einem klapprigen Fahrrad vorgefahren komme
und irgendein lackiertes Arschloch mit dem geliehenen BMW von Pappi.

Zitat:'....berühmt gewordene Feststellung von Immanuel Kant zu erinnern: dass der Mensch keinen Wert, sondern eine Würde hat.'

Kant irrt. Würde ist ein Wert, weil sie Wert hat.
Dass der Mensch(also alle?!) einen Wert hat, der permanent oszilliert, sollte man Kant mal beibringen.

Zitat:'...falsch, die Verfassung unseres Staates als eine Werteordnung zu bezeichnen.'

Ach nein? Menschenrechte, Grundrechte haben nichts mit Werten zu tun? Ist ja völlig neu!

Zitat:'....unser Staat eine Wertegemeinschaft sei. Wer das behauptet, der vergisst den Fakt, dass auch das Dritte Reich sich als eine solche bezeichnet hat. Das ist der Grund, dass nach 1945 nicht Werte, sondern fundamentale Rechtsprinzipien das Fundament unseres staatlichen Selbstverständnisses bilden sollten. Und zwar mit klarem Blick auf die Gefahr, dass sich mit der Bezugnahme auf Werte Rechtsprinzipien aushebeln lassen.'

Absoluter Bullshit!
Mit Bezugnahme auf Nihilismus und Relativismus können erst gar keine Rechtsprinzipien zustande kommen und /oder Akzeptanz finden.

Zum Mitschreiben: Was für den einen Werte sind, also etwas wert ist, z.B. Freiheit,
wird von anderen bekämpft, die Vorteile aus der Unfreiheit derer ziehen.
Darum schliessen sich ja auch gewisse Staatenlenker zusammen,
um die Gefahren, die ihnen durch Meinungs-Freiheit und Demokratie drohen, gemeinsam abzuwehren.

Und das sogenannte 3 Reicht war ganz vorne in der Bekämpfung von Freiheit, Menschenwürde und Menschenrechten. Dabei hat man selbstvertändlich auch mit angeblich höherstehenden oder prioritären 'Werten' argumentiert, worauf Viele hereingefallen sind.
Werte sind das, was man dafür hält.

Zitat:'Wenn Lionel Messi 200 Mio wert ist und ein Doper den Wert eines dopingfreien Sports in Verwandtschaft mit der Gesichtswahrungsmoral des Sportfunktionärs anerkennt, dann besteht die Würde der Vernunft darin, den Zeigefinger an die Stirn zu tippen.'

Pollux as usual.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Notalp - 20.01.2024

Warum schreibst Du Texte, nur, um um am Ende Dir selbst zu widersprechen?  

“Und das sog Dritte Reich war ganz vorne in der Bekämpfung von Freiheit, Menschenwürde und Menschenrechten. Dabei hat man selbstverständlich auch mit höherstehenden oder prioritären “Werten” argumentiert. (...) Werte sind das, was man dafür hält.”.  

Mit Deinem Statement gibst Du mir doch Recht!!! 

Wie also steht es mit dem “Bullshit”?! Er liegt genau dort, wo du als Genius dem Philosophen Kant beibringen willst, dass die Werte “oszillieren”. Schau erst mal nach, was Kant unter der Würde versteht und warum man von ihr  zu jenen universalen Menschenrechten kommt, deren Elimination sich durch keinen  Bezug auf Werte rechtfertigen lässt. (Ob nun als Nation, die klassenlose Gesellschaft, die Nähe zu Allah, den Wert des Panslavismus o.ä.)   Das einzige, was man geltend machen kann, sind Notstände, auf die man sich berufen kann. Aber darin kommt eine Rechtfertigungspflicht zum Ausdruck. Wer glaubt, sich von dieser Rechtfertigungspflicht im Namen höherer Werte dispensieren zu können, liegt definitiv falsch.

Im Grunde wissen das auch die Machthaber von autoritären Staaten. Sie berufen sich nicht auf eine historische Mission als hochrangigem Wert. Viel eher konstruieren sie eine Notstandslage: Der Westen bedroht das Leben unsrer Kultur, unseres Glaubens und unseres way of life.   Aber das ändert nichts an der Unhaltbarkeit dieses Rechtfertigungsversuchs. Das wiederum macht deutlich, dass es erstens eine Differenz und zweitens einen eindeutigen Vorrang der Geltung von Rechtsprinzipien vor Wertebezügen gibt. Das ist auch gut so, denn Werte sind so verschieden wie Kulturen - und ihr Spektrum schließt stets auch Dimensionen eines guten Lebens ein. Insofern ist ein Universalismus nicht konstatierbar. Oder willst du einem Buddhisten erzählen, dass sein way of life nicht verallgemeinerbar ist?. Oder seine Auffassung vom Wert des Lebens? Oder willst du das Gleiche denen erzählen, die ihr Leben am Inhalt Heiliger Bücher orientieren? Das wäre vermessen und ein Universalismus das Ende kultureller Vielfalt. Wenn du dich jedoch darauf darauf beschränkst, die Anerkennung universaler Menschenrechte einzuklagen, verlangst du nichts, was auf Kosten der Vielfalt geht.  

Selbsverständlich ist auch Dir das klar, aber du unterläufst diese Gewissheit durch deinen fehlerhaften Ansatz. Und was dein Diskussionsstil betrifft, kann ich das Urteil ‘as usual’ gerne zurückgeben.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 20.01.2024

Die Würde des Menschen liegt in der Freiheit, sich zwischen Handlungsalternativen entscheiden zu können.
Dass dabei leider oft Mist rauskommt, ist seit den Einzellern bekannt.
Die Würde des Menschen wird dadurch aber nicht in Abrede gestellt.
Das ist eine im 20 Jh. kodifizierte Errungenschaft.

Die Wahrheit ist eine andere, wenn man will, höhere Kategorie.
Sie steht nicht zur Disposition durch Menschen.

Im Übrigen:
Ich mache nie Fehler.
Ich habe recht, wann immer ich will.
Und das will ich andauernd.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Notalp - 22.01.2024

Ich glaube eher an die Würde als höhere Kategorie. Denn sie besteht darin, eingestehen zu können, dass man fehlgeht. Verbunden mit dem Glauben daran, dass man dadurch der Wahrheit näher kommen kann. So gesehen bestünde die Würde darin, die eigene Perspektive überschreiten zu können. Aber wohl auch in der Einsicht, dass, wie Du sagst, die Wahrheit mit einem Für-wahr-halten nicht ineins fällt. Dennoch glauben auch Wissenschaftler daran, dass das Aufbieten guter Gründe der Wahrheit nicht systematisch zuwiderläuft. Also daran, dass es sie gibt. Wenn du sagst, wir sind dazu gezwungen, würde ich widersprechen. Wenn du sagst, dass wir bei besagter Anerkennung von unserer Freiheit den besten Gebrauch machen, würde ich Dir dagegen mit Nachdruck zustimmen.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 22.01.2024

Die Würde des Menschen über die - nicht verhandelbare - Wahrheit zu stellen,
ist Hybris.

Wahrheit darf nicht mit Wirklichkeit verwechselt werden.

Werterelativismus ist inkohärent bis gefährlich und somit nicht akzeptabel.

Wertepluralismus ist damit nicht zu verwechseln,
es gibt - kulturunabhäng - universale Prinzipien und Entscheidungs-Muster.
Menschen verschiedener Herkunft und kultureller Zugehörigkeit
weichen in relevanten moralischen Fragen nicht oder wenig voneinander ab.

Wertenihilismus reduziert Werte auf - beliebige - Wert-Vorstellungen und Sollen auf 'messbares' Sein.
Damit verlieren Werte ihre Verbindlichgkeit, Gültigkeit.
Die Wirklichkeit der Verletzung moralischer Regeln bedeutet nicht, dass diese un-wahr sind.
Es kann nicht daraus gefolgert werden, dass der Mensch nicht dazu fähig sei, moralisch Richtiges zu tun.

Die Dimension der Werte hat einen anderen ontologischen Status, einen anderen Seinsrang
als das - positivistische - natur-'wissenschaftliche' Sein(Heidegger würde hier von Seiendem sprechen).

Die Welt besteht ebensowenig nicht aus nichts
wie nur aus dem, was - natur-'wissenschaftlich' - gemessen werden kann.

Nietzsche meinte, dass Werte nur als Wert-Erfindungen existieren.
Den Beweis blieb er schuldig, er setzt voraus, was zu beweisen wäre.

Er bringt immer wieder den ökonomischen und moralischen Sinn von Wert durcheinander.
Ausserdem ist das Gute weder automatisch nützlich, wie das Böse automatisch schädlich sein muss.
(Mephistopheles: Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft)

Ein ökonomischer Wert ist verhandelbar, als Übereinkunft letztlich das Ergebnis einer Verhandlung.
Ein moralischer Wert ist seinem Wesen nach nicht verhandelbar.

Sonst könnte eine - irregeleitete, durch Drogen oder was auch immer manipulierte - 
Mehrheit sogar im Rahmen demokratischer Regeln beschliessen,
dass Kinder kannibalisiert werden dürfen.

Markus Gabriel: Es gibt moralische Tatsachen, die sich nicht auf etwas anderes reduzieren lassen,
seien es Mehrheitsmeinungen, göttliche Gebote, evolutionäre Anpassungsvorteile
oder verhaltensökonomisch messbare Wettbewerbsvorteile altruistischen Verhaltens.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Notalp - 23.01.2024

Dein erster Satz ist in Bezug auf das Wort “Hybris” schlichtweg verfehlt!  Was den letzten Abschnitt Deiner Ausführungen betrifft, so kann ich ihm insofern beipflichten, als dass es durchaus gerechtfertigt wäre, zu behaupten: “Tatsache ist, dass niemand das Folterverbot bestreiten kann, ohne falsch zu liegen.” Wo befindet sich in Bezug auf dieses Beispiel die Würde? Offensichtlich dort, wo sie auch der Artikel 1 des Grundgesetzes platziert! 

Ich stelle sie keineswegs über die “unverhandelbare Wahrheit”. Ich insistiere nur darauf, dass die ‘Würde’ auch den Anspruch vergegenwärtigt, zu prüfen, wie man zu einem Urteil über Unverhandelbarkeit gelangt und wodurch es gerechtfertigt sein kann. Man nennt das auch Philosophie. Ihre Würde besteht darin, darauf zu vertrauen, dass die Erlaubnis, über alles verhandeln zu können, eine notwendige Bedingung dafür darstellt, dass sich das Unverhandelbar Richtige herauskristallisieren kann. Dies gehört zum Geschäft der Aufklärung.   Selbstverständlich beinhaltet das ein Risiko - weil die Aufklärung auch das Potential hat, sich selbst aufzuheben. Dort, wo man sich heute über Relativismus und Nihilismus beklagt, offenbart sich dieses Potential. Ohne diesen Kontextbezug gäbe es überhaupt keine Veranlassung, sich über beides zu mokieren. Denn es gab es schon zur Anfangszeit des Denksports: als dieser sich vom Mythos der olympischen Götter emanzipierte. Also von jenen Instanzen, die das Unverhandelbare von oben dekretiert haben. Und zwar so, dass jeder Denksportler die Willkür erfahren konnte, die darin zum Ausdruck kam.  

Wenn Du’s nicht glaubst, frag Pollux: der nicht ohne Grund eine Notalp für die Verfolgten eingerichtet hat. So, jetzt muss ich los, denn ich will ihm einen Besuch abstatten. Wenn er nach Dir fragt, keine Sorge. Ich werd nur Gutes berichten!.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 23.01.2024

(23.01.2024, 17:59)Notalp schrieb: Dein erster Satz ist in Bezug auf das Wort “Hybris” schlichtweg verfehlt!  Was den letzten Abschnitt Deiner Ausführungen betrifft, so kann ich ihm insofern beipflichten, als dass es durchaus gerechtfertigt wäre, zu behaupten: “Tatsache ist, dass niemand das Folterverbot bestreiten kann, ohne falsch zu liegen.” Wo befindet sich in Bezug auf dieses Beispiel die Würde? Offensichtlich dort, wo sie auch der Artikel 1 des Grundgesetzes platziert! 

Ich stelle sie keineswegs über die “unverhandelbare Wahrheit”. Ich insistiere nur darauf, dass die ‘Würde’ auch den Anspruch vergegenwärtigt, zu prüfen, wie man zu einem Urteil über Unverhandelbarkeit gelangt und wodurch es gerechtfertigt sein kann. Man nennt das auch Philosophie. Ihre Würde besteht darin, darauf zu vertrauen, dass die Erlaubnis, über alles verhandeln zu können, eine notwendige Bedingung dafür darstellt, dass sich das Unverhandelbar Richtige herauskristallisieren kann. Dies gehört zum Geschäft der Aufklärung.   Selbstverständlich beinhaltet das ein Risiko - weil die Aufklärung auch das Potential hat, sich selbst aufzuheben. Dort, wo man sich heute über Relativismus und Nihilismus beklagt, offenbart sich dieses Potential. Ohne diesen Kontextbezug gäbe es überhaupt keine Veranlassung, sich über beides zu mokieren. Denn es gab es schon zur Anfangszeit des Denksports: als dieser sich vom Mythos der olympischen Götter emanzipierte. Also von jenen Instanzen, die das Unverhandelbare von oben dekretiert haben. Und zwar so, dass jeder Denksportler die Willkür erfahren konnte, die darin zum Ausdruck kam.  

Wenn Du’s nicht glaubst, frag Pollux: der nicht ohne Grund eine Notalp für die Verfolgten eingerichtet hat. So, jetzt muss ich los, denn ich will ihm einen Besuch abstatten. Wenn er nach Dir fragt, keine Sorge. Ich werd nur Gutes berichten!.

Auf den ganzen Schwurbelkram antworte ich nicht mehr.
Ab auf Ignore.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Atanvarno - 23.01.2024

(22.01.2024, 20:06)MZPTLK schrieb: die - nicht verhandelbare - Wahrheit

Wo kommt diese Wahrheit her, wenn sie nicht irgendwann mal ausge- und verhandelt wurde? Die Dinge, die wir als wahr ansehen, sind doch nicht vom Himmel gefallen (oder doch von den Göttern dekretiert?), sondern haben sich im Lauf der Menschheitsgeschichte entwickelt, oder? Die Wahrheit wurde verhandelt. Das, was wir jetzt als Wahrheit ansehen, hat vielleicht ein Stadium erreicht, wo sie für uns nicht mehr verhandelbar ist, aber macht sie das wirklich unverhandelbar?

Zitat:Die Wahrheit ist eine andere, wenn man will, höhere Kategorie.
Sie steht nicht zur Disposition durch Menschen.

Die Ansicht finde ich ganz und gar befremdlich. Wahrheit ist ein menschengemachter Begriff, natürlich steht der zur Disposition durch Menschen. Ohne Mensch keine Wahrheit.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - MZPTLK - 24.01.2024

Ata, ich habe keinen Bock mehr, das hier zu erklären.
Da ich mich nicht abmelden kann, bitte ich um Rausschmiss,
danke.


RE: Leichtathleten als Philosophen? - Notalp - 27.01.2024

Immerhin bezieht sich MZ auf einen üblich gewordenen Volkssport: Was man nicht verstehen kann oder will, bezeichnet man einfach als Geschwurbel. 

Ansonsten kann ich Ata nur zustimmen! Und zwar im Namen der Aufklärung! Wenn diese mit einem privilegierten Anspruch auf die Wahrheitsfähigkeit der Vernunft vertraut, dann nicht mit einem Dogmatismus!  Das war übrigens (fast) allen großen Denk-Sportlern klar. Schon Platon ließ in seinen Dialogen darüber verhandeln, oder besser (und sportlicher) darum RINGEN. Seine fiktiven Gestalten, die er gegen Sokrates’ Position antreten ließ, dokumentieren diesen Umstand. Womit die Frage nach dem Rang der Würde eigentlich schon beantwortet wäre. Zumal meine Definition von Aufklärung auch von jedem Naturwissenschaftler geteilt wird. Denn sie ist die Voraussetzung seines Handelns. Und damit auch seines Anspruchs, der Wahrheit näher zu kommen als durch Esoterik. Astrologie, Zuberei o.ä…. 

Was nun die Grenzen des Verhandelbaren betrifft: Darüber wurde auch immer schon gerungen! Komischerweise war es ein Philosoph (B. Russell), der die Auffassung für unverhandelbar hielt, dass das Universum schon ewig existiert. Deshalb fügte er hinzu: “Punkt!” Nicht viel später offenbarte sich die Lächerlichkeit seines Unterfangens. Worauf es dabei ankommt, ist, dass Russell's Dogmatismus selbstverständlich auch eine moralische Dimension in Sachen Unverhandelbarkeit enthielt - und in der impliziten Suggestivfrage lag: “Wie kannst du es wagen…?!”  In diesem Sinn ging es nicht immer schon um ein Ringen (und seine Würde), sondern wird es auch weiterhin darum gehen. Warum das so ist? Ganz einfach: Weil unser Vertrauen in die Wahrheitsfähigkeit der Vernunft keinen Beweis in der Hinterhand hat, sondern “bloß” überragend gute Gründe!