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orthopädische Ursachen von Shin Splints im Sprint - Druckversion

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RE: orthopädische Ursachen von Shin Splints im Sprint - icheinfachma - 25.08.2017

Ja, aus dem Grund habe ich auch vor einigen Wochen angefangen, meine Oberschenkelabduktoren zu trainieren. Für die Mitlesenden: Die OS-Abduktoren (gluteale Muskeln) haben hier vornehmlich die Rolle der Abduktion und Außenrotation im Hüftgelenk. Da bei einer Überpronation im Sprunggelenk eine Innenrotation der Tibia entsteht, verursacht eine Innenrotation der Tibia im Umkehrschluss Überpronation. Diese Tibia-Innenrotation kann durch schwache Gluteen enstehen. Die Adduktion in der Stützphase, die auch auftreten kann, kann zu einem "funktionellen X-Bein / Valgusstress" führen. Der Oberschenkle ist also adduziert, die Unterschenkel steht auch schief und durch diese Position ist schon die Pronation verstärkt. Es gibt Studien mit Fußballerinnen, bei denen ein mediales tibiales Stresssyndrom mit Abduktorentraining geheilt wurde. Fußballer sind ja oft in den Abduktoren schwächer, Frauen durch das breitere Becken noch prädestinierter.

Bei Ich hatte nach Dauerläufen immer mal ein leichtes Läuferknie (also die Variante mit Tractus iliotibialis am Condylus lateralis), was auch von schwachen Gluteen kommt. Seitdem mache ich das Beinabspreizen im Seitstütz und auch die Abduktion/Außenrotation mit starkem Gummiband um die Knie in verschiedenen in der Achtel-, Viertel- und halben Kniebeuge. Ziel sollen M. gluteus medius & minimus sowie die kranialen Fasern des M. gluteus maximus sein. Das Läuferknie trat immer mal abwechselnd rechts und links auf, aber mittlerweile wird es immer besser. Akut hilft bei Läuferknie bei mir nicht das Faszienrollen des Tractus, wohl aber das Rollen der besaten Gluteusanteile, dann lässt der Schmerz gleich nach. Ich denke, dass diese Musklen (die zu einem großen Teil in den Tractus übergehen) durch Überlastung verspannt sind und dadurch den Tractus verspannen, der dann auf den Condylus am Knie drückt. Das Ausmassieren der Verspannung aus den Gluteen lindert sofort den Zug auf dem Tractus. Insofern wäre die Faszienmassage hier der falsche Ansatz, da es nicht die Ursache des verspannten Tractus beseitigt.

Eine andere Sache, die ich vor kurzem eingeführt habe, ist das Einlaufen, funktionelle Mobilisation, kurze Fußgymnastik und Lauf-ABC barfuß auf Rasen / Kunstrasen. Dann ziehe ich die Spikes an und mache meine STL und das richtige Training. Ich habe mir mit großem Interesse mal die Neuroathletik-Website von Lars Lienhard durchgelesen. Dort stand u.a., dass bei verringertem sensorischen Input aus einer Körperregion die motorische Aktiviät in dieser Region heruntergefahren wird als Schutz. Genau das passiert beim Tragen von Schuhen. Gina Lückenkemper, die auch mit ihm zusammenarbeitet, hat mal irgendw geschrieben, dass sie auf dessen Anraten ihr Lauf-ABC barfuß macht, um die Fußmuskulatur vor dem Training zu aktivieren.

Was die Übungen anbelangt für die Ansteuerung - reicht es da, bei Lauf-ABC, später bei langsamen Läufen / STL und schließlich bei richtigen Sprints auf den richtigen Fußaufsatz zu achtne, also die Musklen einfach anzuspannen? Oder gibt es spezielle Übungen, mit denen man die Musklen aktivieren oder tonisieren kann? Ich kann ja nciht vor jedem Sprinttraining explosive 100m-Kniehebeläufe machen Smile. Oder sollte ich vielleicht sogar neuroathletische Ansätz verfolgen?

Apropos Aktivierung der Muskulatur: Eine interessante Erfahrung habe mich mal mit folgender Trainingseinheit gemacht: 2x (300m - 30s Pause - 100m; 5min Pause); 4x30s lockerer (!) (aber mit waagerechten OS) Kniehebelauf auf der Stelle (mit 30s Pause), nach dem letzten Kniehebelauf direkt ohne Pause ein 200m Sprint nahezu allout. Bei dem letzten 200m-Lauf hoben sich zumindest in der Kurve die Knie wie von allein, es war ein anderes, besseres Laufgefühl. Auf der Zielgeraden war der Effekt schon verflogen, aber mir fiel es trotzdem leicht, die Knie willkürlich zu heben. Eigentlich hätte ich nach der TE gar keine Kraft mehr haben dürfen, aber anscheinend stecken wohl enorme Kraftreserven in uns, die nur durch die richtige neuronale Aktivierung geweckt werden wollen...


RE: orthopädische Ursachen von Shin Splints im Sprint - Gertrud - 25.08.2017

Das mit dem Barfußlaufen unterschreibe ich nicht so ganz, da wir unsere Leistungen in Schuhen bringen, die Eversionswerte des Rückfußes z.B. aber barfuß und in Schuhen völlig andere sind (habe ich letztens irgendwo in einer Studie gelesen). Wir müssen immer das Ganze sehen und nicht die einzelnen Strukturen. Wie gesagt - mein momentaner Schützling fordert mich enorm in funktioneller Hinsicht. Dieses sehr detaillierte Arbeiten macht mir ungeheuren Spaß. Unser Körper ist in vielerlei Hinsicht eine "Zeitbombe", die je nach Explosionszeitpunkt früher oder später oder eben nach sehr guten Kenntnissen und Intuition gar nicht entsteht!!!

Mein Athlet und seine Mutter wissen, dass ich nie unvorbereitet ins Training komme, sondern immer wohlüberlegt arbeite. 

Es ist richtig, dass sich Regionen teilweise ausklinken. Wenn das beim Fuß geschieht, kann doch z. B. bei einem Plattfuß das Barfußlaufen auch nichts bringen. Da muss man schon an andere Quellen gehen!  Wink Die Athletinnen, die ich auf Bildern oder in Videos verstärkt barfuß laufen sah, haben mich teilweise sehr verwundert.  Thumb_down Das sind so Automatismen, die ich nicht alle unkontrolliert übernommen habe. Ich habe immer nach dem Grund meines Tuns gefragt. Ich hinterfrage grundsätzlich auch bei "Gurus"!  Wink

Gertrud


RE: orthopädische Ursachen von Shin Splints im Sprint - icheinfachma - 25.08.2017

Naja, das ist ja eher als allgemeine Ergänzung gemeint. Ich glaube nicht, dass ich durch Barfußlaufen Überpronation beheben kann. Aber vllt. eine generell höhere Spannung in den kurzen Fußmuskeln z.B.

Ich habe mir nochmal Videos angeschaut. Ich zeige während des Kniehubs eine sehr starke Abduktion im betreffenden Schwungbein. Kann das mit inaktiven Abduktoren zusammenhängen? Das Bein setze ich dann leichte adduziert auf, also mit dem Fuß nicht unter dem Hüftgelenk, sondern leichte nach medial versetzt. Das unterstützt sicher die Überpronation. Ich werde mit Video im Training daran arbeiten. Ich habe auch festgestellt, dass es eine Menge Topsprinter gibt, die auch nicht weniger Pronation als ich haben. Der gravierende Unterschied ist aber der Fußaufsatz unter dem Hüftgelenk bei den allermeisten.

Ein weiterer Unterschied ist, dass meine Ferse sofort auf den Boden aufsetzt, ich also nicht auf dem Vorfuß bleibe. Möglicherweise sollte ich auch kleine Sprünge vor dem Spiegel machen und dabei auf stabile Sprunggelenk achten. Vllt. war gar nicht ein Kraftdefizit im M. tibialis posterior, sondern eines in den Wadenmuskeln verantwortlich, welches den M. tibilalis als Antagonisten überlastet hat. Ich habe mal an einer Studie teilgenommen als Proband, bei dem auch ein MRT entstand. Dort war zu sehen, dass ich durch die zwei Jahre M. tibialis posterior-Training in diesem Muskel einen enormen Muskelquerschnitt entwickelt habe. Die Waden sind auch stark, aber wohl nicht genug aktiv, ich muss lernen, mehr Spannung im Sprunggelenk zu halten in der Stützphase.

Ich berichte mal in ein paar Wochen, ob die Ansätze funktionieren.


RE: orthopädische Ursachen von Shin Splints im Sprint - Diak - 25.08.2017

Für die korrekte Ansteuerung wirken Bodenorientierer Wunder. Flache Teller und halbhohe Hütchen für allgemeine Koordination, Sprintkoordination und submaximale Läufe.


RE: orthopädische Ursachen von Shin Splints im Sprint - icheinfachma - 25.08.2017

Ich arbeite schon länger mit solchen Mitteln. Das ist sicher ein guter Ansatz, um seine allgemeine Sprintkoordination zu verbessern, aber mit Überpronation hat es nichts zu tun.

Ich habe mir heute ein Spiegel in mein Zimmer gestellt und davor verschiedene Sprünge und Lauf-ABC-Übungen auf der Stelle ausprobiert, barfuß und in Laufschuhen. Wenn ich bewusst die Sprunggelenke in der Stützphase fest mache, kann ich die Überpronation deutlich reduzieren. An den Oberschenkelabduktoren scheint es nur zu einem geringen Teil zu liegen. Ich werde das nun versuchen, im Training zu automatisieren. Mal schauen, wie lange es dauert.


RE: orthopädische Ursachen von Shin Splints im Sprint - icheinfachma - 25.08.2017

(25.08.2017, 10:04)Gertrud schrieb: Strukturen, die über Jahre automatisiert worden sind, sind nicht in einem Monat umzuprogrammieren. Man muss dann den Mut haben, auch auf Erfolge temporär zu verzichten (manchmal sogar auf Kaderzugehörigkeit!).

Als ich mit LA begonnen habe, habe ich mich innerhalb von zwei / drei Trainingseinheiten vom Fersenlauf auf den (je nach Geschwindigkeit) Vorfuß- und Mittelfußlauf umgestellt. Das fiel mir leicht. Ich habe auch vor ein paar Monaten meinen "Sitzlaufstil" mit zu großer Kniebeugung in der Stützphase in zwei Wochen zu einem mit hoher Hüfte verbessert (tiefsten Kniewinkel der Stützphase von 139° auf 151°). Ich habe nur die richtigen cue und eine Übung gebraucht.

Ich glaube, ich kann auch langfristige Bewegungen schneller als in einem Monat umlernen. Cool


RE: orthopädische Ursachen von Shin Splints im Sprint - Gertrud - 25.08.2017

(25.08.2017, 22:56)icheinfachma schrieb: Ich glaube, ich kann auch langfristige Bewegungen schneller als in einem Monat umlernen. Cool

Man muss zwischen koordinativen Bewegungen und Haltungsschwächen unterscheiden. Man kann einen Menschen z.B. mit "Entengang" nicht von heute auf morgen umprogrammieren. Das dauert ... Bei meinem Schützling muss ich an drei unterschiedlichen Stellen ansetzen. 

Wenn einer "steifer Bock" in einem Monat einen Spagat lernen soll, halte ich das auch für unmöglich. 

Gertrud


RE: orthopädische Ursachen von Shin Splints im Sprint - Diak - 26.08.2017

(25.08.2017, 22:46)icheinfachma schrieb: Ich arbeite schon länger mit solchen Mitteln. Das ist sicher ein guter Ansatz, um seine allgemeine Sprintkoordination zu verbessern, aber mit Überpronation hat es nichts zu tun.


Dodgy doch, hat es, z.B. einbeinige Sprintkoordination mit Zugwiderstand durch enge Abstände hoher Hütchen. Barfuß und in Schuhen. Wirkt Überpronation entgegen, tonisiert und hilft bei der korrekten Ansteuerung idR mehr, als der Versuch, bewusst Teilbewegungen anzusteuern. Muss man wahrscheinlich sehen...


RE: orthopädische Ursachen von Shin Splints im Sprint - icheinfachma - 26.08.2017

Das mit dem einbeinig unterschreibe ich schon eher, da habe ich nämlich die Erfahrung gemacht, dass ich tatsächlich die Beine besser ansteuern kann. Ich habe mit Einbeinläufen z.B. sehr gute Erfahrungen gemacht. Das werde ich mal im Lauf-ABC verstärkt ausprobieren. Im Herbst habe ich ja jetzt genug Zeit dafür.

Aber was der Zugwiderstand und die Bodenorientierer dabei bewirken sollen - ich probiere es mal aus und berichte dann. Ich werde heute gleich mal einbeiniges Lauf-ABC an der Koordleiter machen.


RE: orthopädische Ursachen von Shin Splints im Sprint - Diak - 26.08.2017

Zugwiderstand bringt richtig dosiert die Hüfte in die korrekte Position und bremst die Horizontalgeschwindigkeit, was die Ansteuerung der Beine/Füße vereinfacht. Ferner hilft er dabei, den Kraftvektor dahin zu bringen, wo Du ihn haben willst.
Die Bodenorientierer helfen bei der intuitiven Ansteuerung - ungefähr so wie die Koordinationsleiter, nur flexibler und insofern besser, als sie höher sind.