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Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's? - Druckversion

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RE: Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's? - MZPTLK - 14.03.2015

(13.03.2015, 21:57)ThomZach schrieb:
(13.03.2015, 18:00)Gertrud schrieb: Es gibt natürlich immer viele Wege, die zu demselben Resultat führen.  Nicht überall, wo Gold glänzt, überleben die Gelenke unbeschadet.
Der Begriff Philosophie wird schon immer und heute immer achtloser benutzt und dann eben missbraucht. Philosophie ist die Liebe zum Wissen, also der Wille, nach der Wahrheit zu suchen. Wenn man die Wahrheit gefunden zu haben glaubt, ist das bereits eine Ideologie. Das Wort Ideologie ist aber negativ konnotiert. Zu Unrecht, denn jede Überzeugung bezieht sich auf eine Ideen-Lehre.
Die Demokratie ist eine Ideologie. Die Religionen sind mystische, oder mythische oder esoterische oder rituelle Ideologien. Die Lehre, dass der Flop die beste aller denkbaren Hochsprung-Techniken sei, ist eine Ideologie. Keine Philosophie. Die Philosophie heißt, dass man nicht weiß aber wissen will.
Sie ist offen für das Lernen aus Erfahrung, Belehrung, Experiment, auch wenn man schon noch so viel gelernt hat und zu wissen glaubt.
Wenn man entschlossen handeln will, muss man wissen was man will und wie man es zu erreichen versuchen will. Dazu braucht man eine verbindliche Annahme, mehr als Thesen und Hypothesen. Ein Glaubens-Konstrukt, eben eine Ideologie.
Die kann beim Hochsprung die Überzeugung enthalten, dass nur mit ausgeprägten Schwungelementen maximale Höhen erreicht werden können.
Sieht man also Springer die solche nicht zeigen, schließt man daraus, dass sie höher springen würden, wenn sie sie einsetzen würden. Aus der Sicht der Philosophie weiß man, dass das ein Irrtum sein kann. In einer Ideologie hat dieser Zweifel keinen Platz. Die meisten Menschen handeln also nach Ideologien, weil man mit einer philosophischen Haltung nur schwer entschlossen handeln kann.
Was ich sagen wollte ist, dass man eine Lehre nicht als Philosophie bezeichnen darf, auch wenn das, aus den USA stammend, auch bei uns leider üblich geworden ist. In den USA sagt man auch style anstatt technique. Was genau so daneben ist.
Philosophie ist letztlich die Wissenschaft, die die Aufgabe hat, Ideologien (Lehren) hervorzubringen, also Ansichten und Methoden, die in der Praxis zum Wohl von Mensch oder/und Natur beitragen. Dazu gehören als erstes Ethik und Moral. Der Rest ergibt sich daraus.
Als Hochspringer stehe ich nicht für eine Lehre oder Ideologie, weil ich dafür zu viel weiß. Ich stehe staunend vor dem Wunder, dass Menschen aus eigener Kraft soooo hoch fliegen können. Und ich nehme an, sie haben es geschafft ihr Talent zur vollen Entfaltung zu bringen. Das geht nur, wenn sie nicht von Trainern in die Irre geführt worden sind. Wenn ich Verstöße gegen die Biomechanik und Technikprinzipien sehe, muss ich die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass sie diese auch bei bester Anleitung nicht überwinden können, weil damit ihr Talent überfordert ist. Wo ein Menschen seine Grenzen hat, kann man nur sondieren.
Dazu sage ich lieber nichts.


RE: Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's? - ThomZach - 14.03.2015

(14.03.2015, 10:13)MZPTLK schrieb: Dazu sage ich lieber nichts.
Faul oder feige? Farbe bekennen. Nehme an: Aus akademischer Sicht untragbar: 6! Bin auch auf diesem Gebiet ein Ketzer. Im Studium hieß es von den Professoren immer: "Sehr interessante Betrachtung, aber..." Und dann kam die Akademische Etikette. Es gibt schon lange keine Philosophen mehr, nur noch Ideologen die sich Philosophen nennen.


RE: Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's? - MZPTLK - 14.03.2015

(14.03.2015, 10:35)ThomZach schrieb:
(14.03.2015, 10:13)MZPTLK schrieb: Dazu sage ich lieber nichts.
Faul oder feige? Farbe bekennen. Nehme an: Aus akademischer Sicht untragbar: 6! Bin auch auf diesem Gebiet ein Ketzer. Im Studium hieß es von den Professoren immer: "Sehr interessante Betrachtung, aber..." Und dann kam die Akademische Etikette. Es gibt schon lange keine Philosophen mehr, nur noch Ideologen die sich Philosophen nennen.
Weder noch.
Es gibt nicht DIE 'akademische' Sicht.
Untragbar? Wer möchte, bitte sehr!
Der letzte Satz ist sehr schwach.
Ich lag schon richtig damit, nichts zu sagen.


RE: Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's? - ThomZach - 14.03.2015

Zitat:Es gibt nicht DIE 'akademische' Sicht.
Untragbar? Wer möchte, bitte sehr!
Der letzte Satz ist sehr schwach.
Ich lag schon richtig damit, nichts zu sagen.
Dann sag doch auch nichts... LOL
Mit "Untragbar" war ich selbst gemeint.
Bin ich ja für die meisten Fachwelten. Aber:

ALLES OFF TOPIC!!


RE: Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's? - ThomZach - 14.03.2015

(14.03.2015, 10:57)MZPTLK schrieb:
(14.03.2015, 10:37)gera schrieb: ob Ideologie oder Philosophie, egal, ich habe mir zum Hochsprung eigene Gedanken gemacht, und so z.B. einen neuen Sprungstil, den " rotary jump " vorgeschlagen.
OFF TOPIC!!


RE: Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's? - Gertrud - 14.03.2015

(13.03.2015, 18:03)W. Kronhard schrieb: Wenn man den Sowjetischen-Russischen Hochsprung unter die Lupe nimmt, sieht man dass alles Beste aus der Praxis heraus entstanden ist. Genau so wie in Deutschland. Nirgend wo habe ich Vorschläge aus der theoretischen Wissenschaft gesehen, die hinweise auf neue Bewegungen in der Technik beinhalten. Dabei ist es echt kurios dass die nicht verstandene theoretische Wissenschaft in der Bewegungslehre voller gute Dinge ist. Mein Wissen habe ich genau da entdeckt. Seitdem lese ich nichts mehr, mache nur noch nach Bedarf Entdeckungen. Und die Trennung zwischen den Theoretikern und realem Sport ist enorm. ... 

Dass du heute nicht mehr liest, kann man anderen nicht empfehlen. Du hast Ausbildungen als Diplom-Sportlehrer und Physiotherapeut absolviert. Damals waren Bücher sicher auch deine Begleiter. Aus diesen Kenntnissen lässt sich eine Menge ableiten. Nur darf man nicht vergessen, dass histologisch immer mehr passiert, was man ins Training einbinden sollte. Wir fischen in einigen Inhalten noch ganz schön im Trüben. Ich habe letztens einem Wissenschaftler meine Bedenken im Kraftbereich vor allem in der Verletzungsprophylaxe genannt. Er hat mich bestätigt. In der Hinsicht leistet die Wissenschaft schon viel. Es muss nur umgesetzt und eventuell abgewandelt werden. Wir haben auch in Deutschland sehr kluge Köpfe. Man muss sie nur "anzapfen".

Es fehlt an Menschen, die genau an der Schnittstelle von Theorie und Praxis wie du und ich arbeiten. Ich halte die Kopplung beider Inhalte für enorm wichtig und trainingsrelevant. Die strikte Trennung bringt nichts. Besonders eine Kollegin, der ich auf ihre vielen Anfragen hin viele Trainingsinhalte für die SuS zukommen lasse, sagt oft: „Deine Übungen stehen in keinem Lehrbuch!“ Es gibt sehr viel Übungspotential, das ich aufgrund meiner praktischen Erfahrung und meiner theoretischen Kenntnisse modifiziert oder kreiert habe. Ich lese wirklich ein Menge und recherchiere unentwegt, verbinde aber die neuen Kenntnisse und Erkenntnisse sofort mit der praktischen Anwendung. Die Theorie schwebt dann nicht unnütz im leeren Raum. Deshalb halte ich es in der Ausbildung von Trainern für unglaublich wichtig, ihnen die Schemata beizubringen, Übungen zu kreieren und nicht nur abzukupfern, ohne die Assoziationen dahinter zu verstehen. Es bringt nichts, wenn man in Fortbildungen z. B. das übliche Bankdrücken als ungesund bezeichnet. Man muss den Trainern das Rüstzeug geben, die Fehler in der Bewegung genau aufgrund von Kenntnissen orten zu können, die übliche Übung auszutauschen oder unter modifizierten Bedingungen eventuell durchführen zu lassen. (Aber es gibt wesentlich bessere, schulterschonende Übungen!). Für den Hochsprung ist aus meiner Sicht die beidbeinige Kniebeuge z. B. überhaupt nicht erste Wahl (Ich habe weit über 20 Punkte dagegen aufgelistet.).

Gertrud


RE: Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's? - W. Kronhard - 14.03.2015

(14.03.2015, 20:51)Gertrud schrieb: Dass du heute nicht mehr liest, kann man anderen nicht empfehlen.  Damals waren Bücher sicher auch deine Begleiter. Aus diesen Kenntnissen lässt sich eine Menge ableiten. Nur darf man nicht vergessen, dass histologisch immer mehr passiert, was man ins Training einbinden sollte. Wir fischen in einigen Inhalten noch ganz schön im Trüben. Ich habe letztens einem Wissenschaftler meine Bedenken im Kraftbereich vor allem in der Verletzungsprophylaxe genannt. Er hat mich bestätigt. In der Hinsicht leistet die Wissenschaft schon viel. Es muss nur umgesetzt und eventuell abgewandelt werden. Wir haben auch in Deutschland sehr kluge Köpfe. Man muss sie nur "anzapfen".
Es fehlt an Menschen, die genau an der Schnittstelle von Theorie und Praxis wie du und ich arbeiten. 
Liebe Gertrud,
Recht hast du in vielen Ansichten. 
Nur besonderes Wissen ist auch eine besondere Last. Wozu noch vergrößern? 
An deinem Beispiel sieht man genau, dass es für ganz ganz wenigen interessant ist. Wenn, dann im Anfängerbereich. 
Hätte nur jemand von den Verantwortlichen Mut das Wissen im Hochsprung was in Deutschland rumschwebt zu konzentrieren, könnte man aus der Misere, bei so vielen Talenten, schnell raus sein. Nur dafür fehlt, aus meiner Sicht und Erfahrung, die Größe. Lieber weiter auf Zufall warten. 
Ich werde mich persönlich weiter auf das praktische Realisieren konzentrieren. 
Wünsche dir deine Ruhe zu finden. Mich beruhigt meine praktische Tätigkeit. Und Wissen, wenn es mir nicht reicht, werde ich sofort durch Nachdenken auffüllen.


RE: Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's? - Gertrud - 15.03.2015

(14.03.2015, 21:35)W. Kronhard schrieb: Nur besonderes Wissen ist auch eine besondere Last. Wozu noch vergrößern? 
An deinem Beispiel sieht man genau, dass es für ganz ganz wenigen interessant ist. Wenn, dann im Anfängerbereich. 

Wenn ich dich nicht aus Telefonaten kennen würde, könnte ich besonders den letzten Teil deines Satzes als Frechheit empfinden. Wink Ich nehme an, dass du es sprachlich vielleicht nicht richtig formuliert hast. Mich haben meine Athleten im Topbereich immer ganz gut verstanden. 

Mich belastet nicht viel Wissen. Ich würde eher unter mangelndem Wissen leiden.

Gertrud


RE: Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's? - W. Kronhard - 15.03.2015

(15.03.2015, 00:42)Gertrud schrieb:
(14.03.2015, 21:35)W. Kronhard schrieb: Nur besonderes Wissen ist auch eine besondere Last. Wozu noch vergrößern? 
An deinem Beispiel sieht man genau, dass es für ganz ganz wenigen interessant ist. Wenn, dann im Anfängerbereich. 

Wenn ich dich nicht aus Telefonaten kennen würde, könnte ich besonders den letzten Teil deines Satzes als Frechheit empfinden. Wink Ich nehme an, dass du es sprachlich vielleicht nicht richtig formuliert hast. Mich haben meine Athleten im Topbereich immer ganz gut verstanden. 

Mich belastet nicht viel Wissen. Ich würde eher unter mangelndem Wissen leiden.

Bin froh, liebe Gertrud, dass Telefonate so gut korrigierend wirken. Meine Aussage bezieht sich nur auf jetzige Zeit, und nicht auf deine mehr als erfolgreiche aktive Trainerzeit. Wenn Sportler und der Trainer sich nicht richtig verstehen, dann kommt nichts kscheides raus, ist für mich selbstverständlich. Muss schon ein harmonisches Team sein, eben starkes Kettenglied. 
Dass Du auch jetzt im Spitzensportbereich mit deinem gesammelten Wissen, Forschungslust, Übungsvorstellungen und deinen praktischen Möglichkeiten, sehr behilflich sein könntest, natürlich aus meiner Sicht, wird offensichtlich ignoriert. Wenn benutzt, dann im Anfängerbereich.
Konkret meine ich dass momentan dein Wissen und deine Möglichkeiten im Praktischen für den Hochleistungssport nicht abgerufen wird.
Hoffe habe mich jetzt verständlicher geäussert.
Frechheit ist oft ein Selbstschutz. In diesem Fall brauchte ich das nicht.

Gruß  


RE: Deutsche Hochsprungmisere - Woran liegt's? - Gertrud - 15.03.2015

(15.03.2015, 09:37)W. Kronhard schrieb: Dass Du auch jetzt im Spitzensportbereich mit deinem gesammelten Wissen, Forschungslust, Übungsvorstellungen und deinen praktischen Möglichkeiten, sehr behilflich sein könntest, natürlich aus meiner Sicht, wird offensichtlich ignoriert. Wenn benutzt, dann im Anfängerbereich.
Konkret meine ich dass momentan dein Wissen und deine Möglichkeiten im Praktischen für den Hochleistungssport nicht abgerufen wird.  
Anfragen gab es; aber bei bestimmten Leuten setze ich mein Wissen ein, bei anderen aus bestimmten Gründen nicht!

Gertrud