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Doping in Mikrodosierung: Hocheffektiv und nicht nachweisbar - Druckversion

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Doping in Mikrodosierung: Hocheffektiv und nicht nachweisbar - lor-olli - 05.05.2015

Das französische Fernsehen hat entweder den Versuch unternommen den Umsatz am Mikrospritzen (wie z.B. für Insulin) zu vervielfachen, oder sie decken die erschreckende Realität heutigen Dopings auf.  Ob es nötig war zu dieser Beweisführung einen "Real-Test" vorzunehmen und die Testpersonen dann auch noch live schwärmen zu lassen stelle ich mal in Frage.

Ich verlinke mal auf einen deutschsprachigen Artikel > http://www.sueddeutsche.de/sport/geheimstudie-zu-doping-befluegelt-von-der-mini-dosis-1.2464301
Der franz. Fernsehbeitrag ist nicht überall frei zu sehen (IP-Block, man muss vielleicht "tricksen", aufschlussreich ist er allemal)
> http://www.francetvinfo.fr/sports/dopage/video-ils-se-dopent-volontairement-pendant-un-mois-l-effet-est-spectaculaire_893529.html


RE: Anti-Doping-Gesetz - Atanvarno - 05.05.2015

Hier ein nicht IP-blockierter Link: Klick

Und die vorhersehbare Reaktion der WADA: Kritik an der Studie

Ein paar Anmerkungen von mir zu der Studie:
Auch wenn in der Süddeutschen geschrieben wird "Acht Ausdauerathleten mit europäischem Leistungsniveau" - Cédric Fleureton beispielsweise ist seit 2010 nicht mehr spitzensportlich aktiv, die europäische Vizemeisterschaft im Triathlon hat er 2006 gewonnen.

Doppel-Blind und ein Vergleichstest gegen "Normaldosierungen" wäre natürlich aussagekräftiger (wobei der Aufschrei wegen des Menschenexperiments dann noch größer gewesen wäre).

Wäre auch interessant gewesen zu erfahren, ob es signifikante Unterschiede (non-responder, heavy responder) gab.

D.h. zu schreiben, Doping macht 10-20 Sekunden schneller über 3000m ist keine legitime Schlussfolgerung für austrainierte Hochleistungssportler.
Das soll nicht heißen, dass ich die grundsätzliche Wirksamkeit von Doping bestreite oder den Wert der Studie kleinreden möchte. Aber ich habe etwas gegen reißerische Schlussfolgerungen, die man aus mit Amateuren durchgeführten Studien auf Spitzensportler überträgt.


RE: Doping in Mikrodosierung: Hocheffektiv und nicht nachweisbar - lor-olli - 05.05.2015

Um die Wirkung der geteseten Substanzen weiß man ja schon eine Weile, was man mit dieser Studie belegen kann ist zweierlei:
1.) die getesteten Substanzen sind auch in Mikrodosierung wirksam
2.) durch den schnellen Abbau sinkt das Risiko "erwischt" zu werden, schon sehr kurze Zeit später ist kein Doping mehr nachweisbar

Die Problematik ist so offensichtlich, ich sehe allerdings weitere Gefahren: Die Dosis ist so gering, dass jetzt viele glauben, damit sinke auch das Risiko von Nebenwirkungen - eine fatale Fehleinschätzung! Die geringen benötigten Mengen sind obendrein auch viel leichter zu schmuggeln und zu verstecken - es wird keine "zweite Garage" benötigt, als Versteck reicht hier schon eine leere Dose mit Nahrungsergänzungmitteln…
Ob diese Praxis in der Spitze wirklich so unbekannt ist bezweifele ich, nun wissen es eben auch "Millionen Amateure"


RE: Doping in Mikrodosierung: Hocheffektiv und nicht nachweisbar - Atanvarno - 05.05.2015

(05.05.2015, 18:38)lor-olli schrieb: Ob diese Praxis in der Spitze wirklich so unbekannt ist bezweifele ich,
Hat das jemand allen Ernstes behauptet? Microdosing ist ein Schlagwort das in den entsprechenden Diskussionen seit Jahren fällt.


RE: Doping in Mikrodosierung: Hocheffektiv und nicht nachweisbar - Gertrud - 05.05.2015

Das erklärt vieles, warum sich einige so sicher fühlen - natürlich nur im Ausland!

Gertrud


RE: Doping in Mikrodosierung: Hocheffektiv und nicht nachweisbar - ap-hh - 07.05.2015

(05.05.2015, 17:42)Atanvarno schrieb: Doppel-Blind und ein Vergleichstest gegen "Normaldosierungen" wäre natürlich aussagekräftiger (wobei der Aufschrei wegen des Menschenexperiments dann noch größer gewesen wäre).


In den Zeitungsartikeln zum Thema ist neben den Berichten zu (objektiv messbaren) Leistungssteigerungen auch immer von einem (subjektiv) gesteigerten Wohlbefinden der Probanden die Rede. 
Kann es wirklich ausgeschlossen werden, dass diese subjektive Befindlichkeit der Probanden dazu geführt hat, dass sie beim Training einfach "mehr zutrauen" und einfach nur ihr natürlich vorhandenes Leistungssteigerungspotential besser ausschöpfen (um es mal laienhaft auszudrücken)?

Ich meine, ein Vergleichstest Microdosierung gegen Placebo-Präparat wäre m.E. auch sinnvoll gewesen, um einen solchen Placebo-Effekt auszuschließen.


RE: Doping in Mikrodosierung: Hocheffektiv und nicht nachweisbar - lor-olli - 07.05.2015

Ich gebe folgendes zu bedenken: Wenn wir z.B. von Hormonen reden, geht es um Dosierungen im Nanogramm Bereich, dass ist oft an der Grenze des messbaren, trotzdem haben selbst diese Mengen oft eine erhebliche Wirkung! Eine Blindstudie würde sicherlich den psychologischen Einfluss ausschließen helfen, allerdings sind uns die Wirkungsweisen der getesteten Dopingsubstanzen "bestens" bekannt. Die Frage war doch eher ob auch eine Wirkung eintritt bei bisher unüblicher Dosierung, nicht so sehr "wie viel". 

Es sollen ja letztlich auch keine "Rezepte" erstellt werden, sondern die Frage geklärt werden, wenn diese nicht nachweisbaren Dosismengen eine Wirkung erzielen, wie reagieren wir darauf in der Frage der Dopingfahndung? Können wir überhaupt reagieren? Überrollt uns jetzt diese Welle, bis z.B. die genetische Manipulation auch dieses Doping überflüssig macht?

Es gibt und gab immer Doping, schon in der Antike, neu ist die Qualität "sehenden Auges verarscht" zu werden, wenn nicht einmal mehr die "Alibi-Dopingproben" irgendetwas besagen, in der Hochzeit des kalten Krieges war ja zumindest das Publikum blauäugig…


RE: Doping in Mikrodosierung: Hocheffektiv und nicht nachweisbar - Atanvarno - 07.05.2015

(07.05.2015, 15:02)lor-olli schrieb: Die Frage war doch eher ob auch eine Wirkung eintritt bei bisher unüblicher Dosierung, nicht so sehr "wie viel".
Die Frage ist schon relevant. Wenn die Mikrodosierungen nur bei Amateuren wirksam sind, bei austrainierten Hochleistungssportlern aber keine oder minimale Wirkung haben, ist eben nicht der komplette Anti-Doping-Kampf durch nicht erkennbares Microdosing in Frage gestellt.


RE: Doping in Mikrodosierung: Hocheffektiv und nicht nachweisbar - lor-olli - 08.05.2015

Ich vermute dieser Beitrag des französischen Fernsehens war weniger ein wissenschaflticher, als ein politischer Beitrag. Die französische Politik hat ziemlich laut den Kampf gegen das Doping ausgerufen, das Fernsehen greift die Debatte auf und provoziert ein wenig, mit einer gesteigerten Aufmerksamkeit für den eigenen "investigativen Journalismus" als Nebeneffekt.
Eines hat nämlich The Guardian und seine hartnäckige Unterstützung der Aufklärer in brisanten Fällen (NSA, GCHQ) gezeigt: Es rechnet sich auch wirtschaftlich "so" auf den Putz zu hauen.

Das Problem einer Blindprobe ist aber auch noch ein anderes, welcher aktive Leistungssportler würde sich angesichts der doch empfindlichen Strafen in Frankreich bei Doping dafür hergeben? Oder Strafbefreiung für Teilnehmer dieser Studie? Dann wäre der Andrang vermutlich SEHR groß.


RE: Doping in Mikrodosierung: Hocheffektiv und nicht nachweisbar - Hellmuth K l i m m e r - 09.05.2015

In der heutigen Print-Ausgabe des "SPIEGEL" (9.5.) wird wegen der Nichtnachweisbarkeit des "Mikrodopings" in Erwägung gezogen, Spitzenathleten auch nachts (bisher nur zwischen 6.00 und 22.00 Uhr!) zu Kontrollen aufzusuchen.

"Das muss es geben!" , so der franz. NADA-Verantwortliche.

Das Klagen der betroffenen Frauen und Männer höre ich jetzt schon, von wegen der Störung der Privat- und Intimsphäre ...

(Die Frage ist derzeit nur noch die der Verhältnismäßigkeit - wie oft und wann soll getestet werden?)

H. Klimmer / sen.