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RE: Sprinttechnik - MZPTLK - 24.08.2014

(23.08.2014, 22:45)Knueppler schrieb: Was das Scharren anbetrifft, müssen wir das Pferd anders aufziehen. Beim Fußaufsatz gibt es idR einen Bremsstoß. Es geht darum, diesen Bremstoß zu minimieren. Sofern der Fuß beim Aufsatz eine horizontale Geschwindigkeit von 0 km/h hat, ist dieser gleich Null. Da der Körper aber eine Geschwindigkeit von 40 km/h (oder wie auch immer) hat, sollte der Fuß entgegen die Laufrichtung - also zum Körper hin - geführt werden. Und das mit einer möglichst hohen Geschwindigkeit. 

Und ... wie gesagt ... man versucht mit dem Fuß dem Körper über den Stützpunkt zu ziehen.  Und ..  der Kniewinkel sollte aufgrund des Lombardschen Paradoxons einen gewissen Winkel nicht unterschreiten.
Genau.
Mit Scharren kann immer nur gemeint sein, dass -bei welcher Geschwindigkeit auch immer- der Fuss schneller ist, als der Boden nach hinten 'wegläuft'.


RE: Sprinttechnik - Hellmuth K l i m m e r - 24.08.2014

(23.08.2014, 22:45)Knueppler  schrieb: Was das Scharren anbetrifft, [...]
Beim Fußaufsatz gibt es idR einen Bremsstoß. Es geht darum, diesen Bremstoß zu minimieren. Sofern der Fuß beim Aufsatz eine horizontale Geschwindigkeit von 0 km/h hat, ist dieser (der Bremsstoß) gleich Null. Da der Körper aber eine Geschwindigkeit von 40 km/h (oder wie auch immer, bei Bolt : 44.72 kmh! - Ergä. v. hek)) hat, sollte der Fuß entgegen der Laufrichtung - also zum Körper hin - geführt werden. Und das mit einer möglichst hohen Geschwindigkeit. 
Genau das isses! Smile 
Und wenn man Wildtiere beobachtet, nicht nur Katzen, Geparde, Gazellen, ..., dann kann man das in Perfektion sehen. Bei einer Sendung von Grizimek sah ich Superzeitlupen von galoppierenden Nashörnern und war überrascht, dass sich diese Kolosse geradezu ästhetisch bewegten.
A l l e s   hängt beim qualifiziertem Sprint vom Fußaufsatz ab.Wink
(Und beim Weitsprung erst recht. Exclamation )

H. Klimmer / sen.


RE: Sprinttechnik - dominikk85 - 24.08.2014

(24.08.2014, 09:24)MZPTLK schrieb:
(23.08.2014, 22:45)Knueppler schrieb: Was das Scharren anbetrifft, müssen wir das Pferd anders aufziehen. Beim Fußaufsatz gibt es idR einen Bremsstoß. Es geht darum, diesen Bremstoß zu minimieren. Sofern der Fuß beim Aufsatz eine horizontale Geschwindigkeit von 0 km/h hat, ist dieser gleich Null. Da der Körper aber eine Geschwindigkeit von 40 km/h (oder wie auch immer) hat, sollte der Fuß entgegen die Laufrichtung - also zum Körper hin - geführt werden. Und das mit einer möglichst hohen Geschwindigkeit. 

Und ... wie gesagt ... man versucht mit dem Fuß dem Körper über den Stützpunkt zu ziehen.  Und ..  der Kniewinkel sollte aufgrund des Lombardschen Paradoxons einen gewissen Winkel nicht unterschreiten.
Genau.
Mit Scharren kann immer nur gemeint sein, dass -bei welcher Geschwindigkeit auch immer- der Fuss schneller ist, als der Boden nach hinten 'wegläuft'.

denke ich auch. wobei es genaugenommen wohl heißen müsste "weniger langsam als der boden". Einen aktiven vortrieb vor dem KSP wird wohl niemand erzielen können, aber immerhin kann man die geschwindigkeit des fußes soweit dem entgegenkommenden boden angepasst werden, dass er bremsstoß so klein wie möglich gehalten wird. ganz eliminieren kann man ihn wohl nicht, so viel speed und power kann man mit der "scharr" bewegung einfach nicht erzeugen.

aber von der vorstellung her sollte man es zumindest versuchen.


RE: Sprinttechnik - Gertrud - 24.08.2014

Es gibt wissenschaftlich aus meinen Recherchen heraus noch keine ganz klare Sicherheit, wie viel Bremskraft gebraucht wird. Man hält es teilweise nicht für richtig, die Bremskraft vollständig eliminieren zu wollen, weil das neuromuskuläre System diese Kraft angeblich für genügende Muskelkraft benötigt, die für die Vortriebskraft benötig wird. Entscheidend ist auch der Anteil des Fallens des KSP während der Bremsphase, wobei eine zu kurze Zeit angeblich die horizontalen Kräfte minimiert. Aus meiner Sicht gibt es noch viel Forschungsarbeit zu erledigen. 

Gertrud


RE: Sprinttechnik - MZPTLK - 24.08.2014

(24.08.2014, 12:42)Gertrud schrieb: Es gibt wissenschaftlich aus meinen Recherchen heraus noch keine ganz klare Sicherheit, wie viel Bremskraft gebraucht wird. Man hält es teilweise nicht für richtig, die Bremskraft vollständig eliminieren zu wollen, weil das neuromuskuläre System diese Kraft angeblich für genügende Muskelkraft benötigt, die für die Vortriebskraft benötig wird. Entscheidend ist auch der Anteil des Fallens des KSP während der Bremsphase, wobei eine zu kurze Zeit angeblich die horizontalen Kräfte minimiert. Aus meiner Sicht gibt es noch viel Forschungsarbeit zu erledigen.
Man muss immer dran denken, dass der Bodenkontakt in Sekundenbruchteilen abläuft(unter 1/10 Sek.),
da werden sich Bremseffekte nicht eliminieren lassen.
Wir haben nicht die Hinterbein- Ausstattung von Geparden.

Sicher(Tidow/Wiemann1994, Mann 1999, Letzelter 2005, Mattes 2008)  scheint zu sein, dass wir höhere Geschwindigkeiten über Schrittlängenzunahme
bei gleichen Flugzeiten und reduzierten Kontaktzeiten erzielen können/sollten.
Es hatte sich in allen Untersuchungen gezeigt,
dass die Stützzeiten mit zunehmender Qualifikation/Geschwindigkeit kürzer werden.

Ich kann die von Gertrud zitierten Bedenken gut nachvollziehen.


RE: Sprinttechnik - Knueppler - 24.08.2014

Wenn der Unterschenkel weiter auspendelt als normal, dann hat der Fuß einen längeren Weg rückwärts in gleicher Zeit zurück zu legen. Das bedeutet eine höhere rückwärts gerichtete (Fuß-)Geschwindigkeit. Wenn dazu noch eine kleine Beugung des Kniegelenks kurz vor dem Bodenkontakt kommt, dann ist die rückwärts gerichtete Geschwindigkeit noch höher.
So denke ich mir, könnte es sein.

Aber ich gebe Gertrude Recht ... es gibt noch viel zu forschen.

Ein Usain Bolt läuft allerdings so, wie von mir beschrieben (das betrifft insbesondere die geringfügige Kniebeugung kurz vor dem Bodenkontakt)


RE: Sprinttechnik - dominikk85 - 25.08.2014

(24.08.2014, 13:15)Knueppler schrieb: Wenn der Unterschenkel weiter auspendelt als normal, dann hat der Fuß einen längeren Weg rückwärts in gleicher Zeit zurück zu legen. Das bedeutet eine höhere rückwärts gerichtete (Fuß-)Geschwindigkeit. Wenn dazu noch eine kleine Beugung des Kniegelenks kurz vor dem Bodenkontakt kommt, dann ist die rückwärts gerichtete Geschwindigkeit noch höher.
So denke ich mir, könnte es sein.

Aber ich gebe Gertrude Recht ... es gibt noch viel zu forschen.

Ein Usain Bolt läuft allerdings so, wie von mir beschrieben (das betrifft insbesondere die geringfügige Kniebeugung kurz vor dem Bodenkontakt)

wobei man bei dem auspendeln aufpassen muss, dass die hüfte oben bleibt und man den fuß wieder zurückholt.

manchmal sieht man bei Läufern, dass sie das bein nach vorne strecken und nach vorne greifen (weit vor dem KSP landen), so dass man quasi in einem "stemmschritt" landet und das hintere knie noch hinten ist, während der vordere fuß weit vorne mit gestrecktem bein landet.


RE: Sprinttechnik - hkrueger - 25.08.2014

Hallo,

danke an alle die auf meine Fragen eingegangen sind. Besonders Knueppler und MZPTLK haben mir mit Ihren Antworten weiter geholfen!


MZPTLK hat in einem seiner Beiträge (vom 21.8)  angedeutet, dass mit einer Verstärkung der Armarbeit beträchtliche Reserven stecken.

(21.08.2014, 11:10)MZPTLK schrieb: Bytheway: Ich hatte woanders schon mehrfach erwähnt, dass ich beträchtliche  Reserven -bis zu 2 Zehntel- in der Verstärkung der Armarbeit der deutschen SprinterInnen sehe.

Wie genau soll die Verstärkung gelingen? Geht es hier um die Schwungmasse? Könnten man z.b. mit 1kg Hanteln laufen, um dem Athleten den Effekt spürbar zu machen?
Oder hast du in eine ganz andere Richtung gedacht?


RE: Sprinttechnik - MZPTLK - 25.08.2014

(25.08.2014, 18:23)hkrueger schrieb:
(21.08.2014, 11:10)MZPTLK schrieb: Bytheway: Ich hatte woanders schon mehrfach erwähnt, dass ich beträchtliche Reserven -bis zu 2 Zehntel- in der Verstärkung der Armarbeit der deutschen SprinterInnen sehe.

Wie genau soll die Verstärkung gelingen? Geht es hier um die Schwungmasse? Könnten man z.b. mit 1kg Hanteln laufen, um dem Athleten den Effekt spürbar zu machen?
Oder hast du in eine ganz andere Richtung gedacht?
1 Kilo ist ein bisschen heftig für den Anfang.
Aber in die Richtung sollte es gehen.
Die Idee ist überhaupt nicht neu, ich habe das um 1980 mal selbst ausprobiert, bzw. mit einigen Probanden geübt.

Man denkt oft nur an die unteren Antriebe beim Sprint, ich bin der Überzeugung, dass der Mensch mit dem ganzen Körper laufen sollte und das Training entsprechend ausgestalten sollte.

Der AHA-Effekt kommt, wenn man nach lockerem Steigerungslauf fliegende 30,40 m mit übertriebenem Armeinsatz(gleichzeitig oder im Wechsel mit grösserem Radius, grösserer Amplitude, höherer Frequenz) läuft, und dabei die unteren Antriebe passiver bewegt, schon fast hinterher 'schleifen' lässt.

Dann wird einem bewusst, was Armarbeit bewirken kann, und wo die Reserven stecken.
Es geht dabei wie gesagt nicht nur um die Arme, sondern um die gesamte Bewegungskette, also auch besonders um den Rumpf.

Vielen US-Sprintern erzählt man damit nichts neues, dem Olympiasieger von  1992 Linford Christie auch nicht.


RE: Sprinttechnik - Hellmuth K l i m m e r - 26.08.2014

(25.08.2014, 19:11)MZPTLK schrieb: Man denkt oft nur an die unteren Antriebe beim Sprint, ich bin der Überzeugung, dass der Mensch mit dem ganzen Körper laufen und das Training entsprechend ausgestalten sollte.

Dann wird einem bewusst, was Armarbeit bewirken kann, und wo die Reserven stecken.
Es geht dabei wie gesagt nicht nur um die Arme, sondern um die gesamte Bewegungskette, also auch besonders um den Rumpf.
Der wohl koordinierte Armeinsatz (!) kann viel bewirken, und Bewegungsbegabte, Sprinttalente machen immer alles gut koordiniert.
Nur ganz Begriffsstutzige (ich gestatte mir mal das unter Trainern verpönte: "Bewegungsidiot!") müssen das lernen.

Bei allen la. Disziplinen, m. E. aber besonders bei den Absprüngen, ist eine tausendstel Sekunden genaue Koordination der Arm-Bein-Bewegung nötig. Ich sah z. B. gelegentlich schon Weitspringer die schon kurz vor der Absprungstreckung auf dem Balken die/beide Arme einsetzten. Manfred Steinbach orientierte in einem "LdLA"-Beitrag (1960?) auf diese   s o   wichtige Absprungkoordination, die er als "Absprunggestalt" bezeichnete.
Wer dabei seine Fehler nach tausenden Absprüngen, eine nicht präzise zeitliche Abstimmung, nicht bemerkt - dem ist nicht (oder doch?) zu helfen. Rolleyes

H. Klimmer / sen.