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Sprinttechnik - Druckversion

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RE: Sprinttechnik - Gertrud - 07.09.2014

Sicherlich kann man nicht alles über einen Kamm scheren. Man muss sich schon die "Rosinen" individuell technisch und auch wohl biomechanisch herauspicken. Wenn wir nur mal Bolt und Johnson miteinander vergleichen, dann ist Johnson mit seinem langen Oberkörper und seiner Haltung, als hätte er einen Besenstiel verschluckt, eine ganz andere Liga. Auch sein Kniehub ist sehr gering. 

Ich halte es insofern für äußerst problematisch, nur die Körpergröße als entscheidenden Faktor zu selektieren. Man muss schon sehr genau in der Analyse hinschauen, was auf den eigenen Schützling vielleicht passt.

Sicherlich ist Bolt ein Ausnahmesprinter erster Güte von den Ausmaßen, seiner unerschrockenen Mentalität, seinen muskulären Zubringerwerten her, die ich auf sehr spezielle Maßnahmen nach dem zurückführe, was mir vorliegt. Da ist schon sehr fundiert trainiert worden. Trotzdem wird es irgendwann wieder einen Menschen geben, dessen Umfeld die anatomischen Klippen besser handhabt und somit Ausfallzeiten zumindest stark minimiert.

Gertrud


RE: Sprinttechnik - Gertrud - 07.09.2014

Zitat:„Die Kräfte, die durch den M. quadrizeps im Kreuzband erzeugt werden, sind abhängig von der resultierenden Kraft, die den Tibiakopf nach vorn zieht. Diese Resultierende ist wiederum abhängig vom Winkel zwischen Patellarsehne und Tibiaschaft. Mit abnehmender Beugung soll sich die Resultierende, die den Tibiakopf nach vorne zieht, erhöhen.
Mit zunehmender Kniestreckung erhöht sich die im Band gemessene Kraft bis auf circa 207 N in voller Streckung.
Die vektorielle Zerlegung der auf die Tibia wirkenden Kräfte zeigt,
dass die ischiocrurale Muskulatur mit zunehmender Kniestreckung ihre Wirksamkeit verliert, den Tibiakopf zu sichern. 
Außerdem wird die Kraftentfaltung der ischiocruralen  Muskeln durch die Stellung des Hüftgelenkes beeinflusst. Bei gestrecktem Hüftgelenk werden sie weniger vorgedehnt und damit passiv insuffizient.“
„Der Begriff „neuromuskuläre Kontrolle“ bezeichnet die unbewusste Aktivierung von dynamischen Stabilisatoren eines Gelenkes auf mechanische Stimuli. Propriozeption (afferente Informationen über die Stellung des Gelenkes) ist die sensorische Quelle für Informationen, die die neuromuskuläre Kontrolle eines Gelenkes ermöglichen. Propriozeptive Informationen werden von verschiedenen Mechanorezeptoren gemeldet, die in Muskeln, Gelenken (Bändern und Kapsel) und in der Haut vorkommen.“
„Die motorische Kontrolle erfolgt auf drei Ebenen: Spinale Reflexe, Hirnstamm-Kontrolle und kognitive Programme.“
 
1 Beispiel:  nach der Umkehrpunkt des Kniegelenks in der vordere Schwungphase, Fußgelenk bewegt sich weiter nach vorne – nach unten (anfersen – auspendeln),  Knie streckt sich – IMG verliert Kraft „Wirksamkeit“  den Tibiakopf zu sichern  (Trägheitsmoment des Unterschenkels).  Wird in dieser Moment Huftstrecker aktiv? Überstreckung im Knie ist nur mit der Verletzung möglich.
Also: Anfersen kann sein, aber Umkehr  des Fußgelenks und des Kniegelenks muss gleichzeitig
stattfinden!
2 Beispiel:  Weltelite Sprinter haben größerer Kniewinkel  (Stutzphase, Vertikalmoment),  
Weltelite Sprinter haben kleinere  Amortisation (Stutzphase, Vertikalmoment). ( Ralf Buckwitz )
In die Stutzphase - Vertikalmoment, muss Huftstrecker aktiv sein, aber: „mit zunehmender Kniestreckung, die ischiocrurale Muskulatur  ihre Wirksamkeit verliert, den Tibiakopf zu sichern“.
Meine Meinung: Kniegelenk nimmt  „automatisch“ die Position (Kniewinkel) wo IMG genügend Kraft entwickeln kann um „den Tibiakopf zu sichern“. 
 
v.b.
Bitte schauen Sie sich die Sprintbilder bei Bolt mal ganz genau an, wo er was wann und wie stark beugt oder streckt!
Entscheidend beim Lombardschen Paradoxon ist z.B. der Bodenkontakt, wo dann die Ischios wirken. Es gibt hier keine volle Streckung, weshalb die Ischios nicht außer Funktion sind. Zudem gibt es an der Tibia nicht nur Kräfte, die eine Schublade bewirken, sondern auch zum Ausgleich quere Kräfte, die neutralisieren. Die Schublade entsteht vorrangig bei Umkehrung des punctum fixum und mobile des Unterschenkels.
Zudem geraten die Kniegelenke mit seinen beteiligten Muskeln in der Stützphase unter exzentrischen Druck, so dass die Funktion der Ischios absolut nicht ausgeschaltet ist.


RE: Sprinttechnik - Hellmuth K l i m m e r - 07.09.2014

(07.09.2014, 15:47)Gertrud schrieb: Sicherlich kann man nicht alles über einen Kamm scheren.
Wenn wir nur mal Bolt und Johnson miteinander vergleichen, dann ist Johnson mit seinem langen Oberkörper und seiner Haltung, als hätte er einen Besenstiel verschluckt, eine ganz andere Liga. Auch sein Kniehub ist sehr gering. 
Genau, auf diesen Vergleich habe ich schon lange gewartet. Michael   J o h n s o n   war alles andere als ein techniches Vorbild/Leitbild! Aber er hat mit seinen körperlichen Fähigkeiten (ohne Anfersen!, ohne Körpervorlage [um den KSP optimal zu treffen], ohne greifenden Fußaufsatz) Weltklasseleistungen vollbracht.
Jeder muss aus seinen Bedingungen/Vorzügen das Beste machen; jede "Übertragung" des Stils auf einen anderen wird immer nicht klappen.
Das Schielen auf das Leitbild Bold ist genauso falsch wie das Kopieren der jeweiligen aktuellen Weltbesten.
Aber ich denke, dass im Sprint dennoch ein Leitbild vorhanden ist - aus ganz früher Zeit: 1960 ---> Armin Harry Smile


H. Klimmer / sen.


RE: Sprinttechnik - MZPTLK - 07.09.2014

(07.09.2014, 14:34)Knueppler schrieb: Bei den Frauen gab es aber FloJo, die immerhin 10,49 lief. Ja, ich weiß .... Die Wahrscheinlichkeit, dass sie gedopt war, sehe ich bei 95%.
Mit FloJo begann damals auch die Diskussion über das Greifen, bzw.  wurde forciert. Laut Letzelter/Letzelter hatte diese Diskussion bereits 1985 begonnen.
99,5 %.
Darum hat sie ja auch die frappierende Schrittverlängerung hinbekommen.
Die Chose mit dem 'Greifen' funktioniert auch nur bei kräftigerem Abdruck/Backmechanics.
Bei ihr deutlich zu sehen, wenn man 1984 und 1988 vergleicht.


RE: Sprinttechnik - Knueppler - 07.09.2014

(07.09.2014, 18:32) MZPTLK schrieb: 99,5 %.
Darum hat sie ja auch die frappierende Schrittverlängerung hinbekommen.
Die Chose mit dem 'Greifen' funktioniert auch nur bei kräftigerem Abdruck/Backmechanics.
Bei ihr deutlich zu sehen, wenn man 1984 und 1988 vergleicht.

99,5 % ??
 Das ist die Wahrscheinlichkeit für Michael Johnson.


RE: Sprinttechnik - MZPTLK - 07.09.2014

Was ich bei der Diskussion schon lange nicht verstehe, ist der 'Ausschluss' von Gatlin.
Als ob die anderen -erwischt oder nicht- clean wären.
Jedenfalls lohnt sich ein genauerer Blick auf seine Sprinttechnik.
Mir gefällt sie.


RE: Sprinttechnik - Knueppler - 07.09.2014

Hallo MABISZ äääähhhh MZPTLK,

bzgl. Gatlin hatte ich gestern oder vorgestern mal 'ne Frage gestellt.
Ich habe gedacht, dass wenigstens Du und auch icheinfachma darauf antworten .... ok wir haben Wochenende und man weiß ja nie, wer Zeit und Lust hat.


RE: Sprinttechnik - MZPTLK - 07.09.2014

(07.09.2014, 19:14)Knueppler schrieb: Hallo MABISZ äääähhhh MZPTLK,

bzgl. Gatlin hatte ich gestern oder vorgestern mal 'ne Frage gestellt.
Ich habe gedacht, dass wenigstens Du und auch icheinfachma darauf antworten .... ok wir haben Wochenende und man weiß ja nie, wer Zeit und Lust hat.
MABISZ??
Ist das was Schlimmes?

Gatlin schwebt, vor allem auch unterstützt durch eine sehr kraftvolle und effektive Armarbeit.
Vorne unter 45 Grad, hinten etwa bis zu 130 Grad!
Wenn er so weiter macht, konvertiert er zum Dreisprung.Tongue
Das Strecken und Spreizen der Finger hat er sich wieder abgewöhnt, das scheint ihm gut zu tun.
Müssen die deutschen SprinterInnen diesbezüglich jetzt alle wieder umschulen??Angel
Ansonsten ein natürlich-runder Laufstil, ohne übertriebene Forcierung der FM.

Viele Wege führen nach Rom, aber diesen halte ich für einen der besten.


RE: Sprinttechnik - runny - 07.09.2014

Was bringt das Spreizen der Finger für Effekte mit sich und was ist daran gut/schlecht?


RE: Sprinttechnik - MZPTLK - 07.09.2014

(07.09.2014, 19:59)runny schrieb: Was bringt das Spreizen der Finger für Effekte mit sich und was ist daran gut/schlecht?
Es soll Spannung auf den UA bringen. Es gibt dazu einen Thread 'Hände und Arme beim Sprint'.