06.11.2015, 09:24
(05.11.2015, 15:39)Javeling schrieb: Der Marathonlauf war in der Frage enthalten und wurde von Herrn Digel sachlich beantwortet.Die Frage zum Marathon wurde leider von Digel nicht sachlich beantwortet, sondern eher tendenziös und einseitig. Das liegt entweder am Mangel an Fachwissen oder an seiner speziellen Agenda oder, und das halte ich für am wahrscheinlichsten, an einer Kombination aus beidem.
Nebenbei: Ein seriöser und informierter Journalist muss da eigentlich nachhaken und das komplexe Ursachengeflecht für die Marathonleistungen andeuten, damit Digel die Chance bekommt, sich zu verbessern, weil so kann man das nicht stehen lassen. (FAZ ist eben auch nicht mehr das was sie mal war → Medienkritik)
Es gibt viele Gründe für die aktuelle Qualität der Marathonzeiten. Das Doping der entscheidende Faktor ist, ist extrem unwahrscheinlich. Es gibt kein neues Dopingmittel was besonders im Marathon wirkt, EPO ist mittlerweile recht gut nachweisbar, die Zeiten auf anderen Laufstrecken verbessern sich nicht sensationell.
Was sind die anderen Gründe? Darüber wurde in Fachkreisen schon so häufig gesprochen, dass Digel es wissen müsste. Er sagt nix davon … entweder weiß er nix oder er hat eine Agenda, die ein fairer Sportsmann nicht haben sollte.
Für die, sie sich bisher noch nicht so damit beschäftigt haben:
Die Kenianische Tradition liegt bei den 1500m und 3000m Hindernis, durch Kip Keino begründet.
Auch wenn die 5000 und 10000 recht schnell erfolgreich in Angriff genommen wurden, Es hat recht lange gedauert, bis die Kenianer den Erfolg auf den Marathon übertragen konnten. Und die ersten richtig erfolgreichen Kenianischen Marathonläufer haben das bessere Marathontraining von den Japanern gelernt: Der erste Weltmeister Douglas Wakiihuri wurde in Japan von Kyoshi Nakamura trainiert, war aber erst ein erster Hoffnungsschimmer – der nächste WM-Titel für Kenia kam erst 2007. Der erste Olympiasieg kam erst 2004 durch Wanjiru, der auch lange in Japan lebte und trainierte. Natürlich gab es auch Europäer, die den Kenianern Nachhilfe im Marathontraining gaben, wie Canova oder Berardelli. Es waren also 2 Schritte: Ersten, den Marathon (Bzw den Unterschied zur Vorbereitung für 3000-1000) zu kapieren, zweitens, dann mit Hilfe von Spitzentrainern das Training zu dem heutigen modernen Marathontraining zu verfeinern und auf die Stärken der Kenianer abzustimmen.
Es gab also eine Verzögerung auf dem Weg zur ostafrikanischen Dominanz – einfach weil das Training für den Marathon schwieriger ist und der Marathon weniger Fehler verzeiht und die Adaption recht lange gedauert hat. Im Prinzip ist die Entwicklung im Marathon einfach eine logische Fortsetzung der Dominanz auf den kürzeren Strecken.
Die 10000m sind auf der Bahn scheintot. Die WR über 5000 und 10000 scheinen für die aktuelle Generation kaum zu schlagen, zudem ist es schwer, für die 10000 gute Pacemaker zu finden. Auf der Straße lässt sich viel mehr Geld verdienen. Also wandern viel mehr talentierte, auf den Distanzen unter dem Marathon sehr schnelle Läufer früher zum Marathon. Es bleiben nur die auf der Bahn, die sehr gute Medaillenchancen haben.
Man nennt das auch den Wanjiru-Effekt – benannt nach dem OS von 2004, der trotz einer 26'41 über 10000 auf den Marathon wechselte. Im Marathon ist es dank der Leistungsdichte auch kein Problem, hochwertige Pacemaker zu engagieren – was zur Flut an guten Zeiten beiträgt. Man darf auch getrost annehmen, dass der OS durch den leider früh verstorbenen Wanjiru weiter dazu beigetragen hat, dass junge kenianische Läufer sich mehr dem Marathon zuwenden.
Was bei all der Aufregung über die (teils qualitativ fragwürdigen) Reportagen von Seppelt u. co. gerne vergessen wird: Selbst wenn man (imo deutlich überzogen) annehmen würde, das 50% der Kenianischen Spitzenmarathonis gedopt wären bleiben noch eine Menge übrig, von deren Training die dt. lernen sollten und mit denen es clean mitzuhalten gilt.
Selbst wenn alle Kenianer gedopt wären (was extrem unrealistisch ist),. würden zahlreiche andere Nationen bleiben, an denen man sich im Marathon orientieren könnte: Allen voran Äthiopien, dann Japan. Meines Wissens gab es in keinem dieser Länder bisher einen Dopingskandal, ich weiß auch aktuell keinen begründeten Verdacht gegen Spitzenläufer aus diesen Ländern.
Da sollte sich ein Digel also sehr zurückhalten, zumal es in der dt Laufszene mit Simret Restle vor nicht allzulanger zeit einen recht prominenten Dopingfall gab.
Die Frage, die sich jeder stellen darf: Warum wollen Menschen wie Digel und viele andere glauben, dass die guten Marathonzeiten der Kenianer in erster Linie auf Doping zurückzuführen sind? Warum will diese Fraktion, zu der auch Mitarbeiter des ÖR gehören, das möglichst viele Menschen das ebenfalls glauben?
Gruß
C