19.06.2014, 16:30
Zitat:Pollux schrieb:
…Tolerant gegenüber jedem können nämlich nur Leute ohne Überzeugungen sein. (So dass andere Überzeugungen auch nicht falsch sein können) In dem Fall wäre T. ein Plädoyer für Gleichgültigkeit - oder Ausdruck eines ethischen Relativismus. Diese Auslegung von ‚Toleranz’ ist u.U. auf dem Vormarsch.…
Es ist das Gesetz des Wandels, welches uns nie auf der Stelle stehen lässt, im gesellschaftlichen Kontext gibt es nicht wirklich viele Fixpunkte. Selbst Scheinbare wie die 10 Gebote sind “verhandelbar“. Du sollst nicht töten – aber einen Unbewaffneten aus der obskuren Begründung der Eigengefahr heraus zu erschießen, scheint in einigen “modernen“ Gesellschaften legitim. Du sollst nicht ehebrechen – gut, breche ich eben mit der Ehe als solcher . Die Liste ließe sich beliebig fortführen und sie zeigt uns eins: der Mensch als Tier verändert sich nicht wirklich (Fressen, Fernsehen, f… äh Fortpflanzung), er verwendet Begriffe die es schon vor vielen Generationen gab, der Bedeutungsinhalt aber hat häufig mit dem ursprünglichen nahezu keinerlei Kongruenz mehr.
Toleranz entgeht dem ethischen Relativismus nur durch Bedingungsgleichheit auch von Seiten des Tolerierten, denn damit erkennt er bereits die Doktrin unserer Regeln an. Toleranz gegenüber destruktiven Gedanken und Handlungen wiederspricht unserer heute akzeptierten Auffassung und Interpretation von Toleranz (das brauchte bei eindeutigen Machtverhältnissen nicht betont zu werden, hier spräche man eher von der enger gefassten Indulgenz – früher waren die Begriffe deckungsgleich)
Wir haben aber auch noch einen anderen Aspekt im Bezug zur Toleranz zu berücksichtigen, unsere heutigen Normen selbst sind weniger stringent. (off-topic: Unverletzliche Persönlichkeitsrechte scheinen Geheimdienste nicht zu tangieren…) Lebensweisen, Lebensformen, geäußerte Ansichten, Glaubensbekenntnisse oder eben nicht, und viele Unterschiede mehr sind bei uns heute die “Norm“. Beliebigkeit? Ist das in diesem Fall nicht ein sehr konservativer Gedanke? Ist es beliebig, wenn wir die Basis der möglichen Normen verbreitern, oder tolerant?
Und bei aller Toleranz, wenn jemand unsere Spielregeln ernsthaft verletzt (justiziabel), reagieren wir genauso wenig amüsiert wie schon unsere Vorfahren, wir müssen nur nicht unbedingt Blutf ließen sehen (dafür haben wir das Fernsehen ).